BGer 6B_204/2012 | |||
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BGer 6B_204/2012 vom 11.06.2012 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_204/2012
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Urteil vom 11. Juni 2012
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Mathys, Präsident,
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Bundesrichter Denys, Schöbi,
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Gerichtsschreiber C. Monn.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Einziehung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
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des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer,
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vom 7. März 2012 (SK 11 368 HAR).
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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1.
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Anlässlich einer Personenkontrolle am 30. April 2011 auf dem Bahnhofplatz in Thun wurde im Rucksack von X.________ ein Messer gefunden. Da er sich nicht bewusst war, dass es sich um ein verbotenes Wurfmesser handelte, wurde er am 1. Dezember 2011 durch das Einzelgericht Oberland von der Anschuldigung der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition vom 20. Juli 1997 (WG; SR 514.54) freigesprochen.
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Am 7. März 2012 zog das Obergericht des Kantons Bern das Messer in Anwendung von Art. 31 Abs. 3 WG definitiv ein.
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X.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht und beantragt, das Messer sei ihm wieder auszuhändigen. Er sei mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
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Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat sich nicht vernehmen lassen.
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2.
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Im vorliegenden Verfahren geht es nur um die Einziehung des Messers. Soweit sich der Beschwerdeführer mit etwas anderem befasst (z. B. den Umständen der Personenkontrolle), ist darauf nicht einzutreten.
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3.
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Das Bundesgericht ist im vorliegenden Verfahren grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diese können nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV sind. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid im bemängelten Punkt offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 137 I 1 E. 2.4). Die angebliche Willkür ist präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Diesen Voraussetzungen genügt das Vorbringen, ein Polizist habe vor Gericht gelogen, nicht.
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4.
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Im Übrigen kann in Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtenen Entscheid S. 5/6).
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4.1 Die Vorinstanz stellt zunächst gestützt auf einen mündlichen Bericht der zuständigen Fachstelle in Bern fest, dass es sich beim fraglichen Messer um ein verbotenes Wurfmesser im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. c WG handelt. Inwieweit das Recht im Sinne von Art. 95 BGG nicht nur einen mündlichen, sondern zudem einen schriftlichen Bericht der Fachstelle vorschreiben würde, ergibt sich aus der Beschwerde nicht und ist auch nicht ersichtlich.
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Der Beschwerdeführer stellt in Abrede, dass es sich beim eingezogenen Messer um ein Wurfmesser handle. Seine diesbezüglichen Argumente dringen indessen nicht durch. Gemäss der seit dem 12. Dezember 2008 in Kraft stehenden neuen Fassung von Art. 4 Abs. 1 lit. c WG fallen alle Wurfmesser unter den Waffenbegriff des Gesetzes (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Bundesgesetzes über Waffen, Waffenzubehör und Munition vom 11. Januar 2006, BBl 2006 2729). Folglich geht der Vergleich mit den Ausmassen eines in der Migros erhältlichen Küchenmessers an der Sache vorbei, da es sich bei einem Küchenmesser unbestreitbar nicht um ein Wurfmesser handelt. Nicht ausschlaggebend ist auch der Umstand, dass das heute in Frage stehende Messer bereits früher eingezogen, dem Beschwerdeführer im September 2008 aber wieder zurückgegeben wurde. Zu jenem Zeitpunkt war die neue Fassung des Waffengesetzes noch nicht in Kraft, und die Frage, ob es sich um ein verbotenes Wurfmesser handle, war denn auch 2008 kein Thema (angefochtener Entscheid S. 4).
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4.2
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Eine Waffe, die von einer Person ohne Berechtigung getragen wurde, wird zunächst beschlagnahmt (Art. 31 Abs. 1 lit. a WG). Sie wird in Anwendung von Art. 31 Abs. 3 WG definitiv eingezogen, wenn die Gefahr missbräuchlicher Verwendung besteht. Der Begriff Gefahr missbräuchlicher Verwendung ist nach der Rechtsprechung weit zu verstehen und deckt praktisch alle Varianten ab, bei denen eine Rückgabe an den Eigentümer ausser Betracht fällt (BGE 135 I 209 E. 3.2.2 S. 215). Eine Rückgabe kommt nicht in Frage, wenn der Betroffene die beschlagnahmte Waffe verbotenerweise getragen und es sich dabei nicht um eine einmalige Entgleisung gehandelt hat, sondern die Gefahr besteht, dass er die Waffe im Sinne des Beschlagnahmegrundes von Art. 41 Abs. 1 lit. a WG auch in Zukunft verbotenerweise tragen wird. In solchen Fällen muss eine definitive Einziehung angeordnet werden (ebenso schon HANS WÜST, Schweizer Waffenrecht, Zürich, 1999, S. 194). Die entsprechende Prognose trifft der Richter unter Würdigung der konkreten Umstände und der Verfassung der betroffenen Person (Urteil 2C_469/2010 vom 11. Oktober 2010, E. 3.6 mit Hinweisen).
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Die Vorinstanz erachtet es aufgrund seiner Uneinsichtigkeit als wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer das Wurfmesser auch in Zukunft an öffentlich zugänglichen Orten ohne Waffentragbewilligung mit sich tragen werde, weshalb die Gefahr einer erneuten missbräuchlichen Verwendung zu bejahen sei (angefochtener Entscheid S. 6).
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Der Beschwerdeführer zeigt sich auch vor Bundesgericht in Bezug auf die Gefährlichkeit des Messers nach wie vor als uneinsichtig und bestreitet insbesondere nicht, dass er es auch in Zukunft an öffentlich zugänglichen Orten tragen könnte. Unter diesen Umständen ist die Gefahr einer erneuten missbräuchlichen Verwendung gegeben, eine Rückgabe des Messers ausgeschlossen und die definitive Einziehung nicht zu beanstanden.
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5.
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Aus welchem Grund der Beschwerdeführer mit Fr. 2'000.-- entschädigt werden müsste, ergibt sich aus der Beschwerde nicht. Darauf ist nicht einzutreten.
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6.
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Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das nachträglich gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
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3.
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Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 11. Juni 2012
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Mathys
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Der Gerichtsschreiber: Monn
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