BGer 6B_849/2011 | |||
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BGer 6B_849/2011 vom 06.07.2012 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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6B_849/2011
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Urteil vom 6. Juli 2012
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Strafrechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Mathys, Präsident,
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Bundesrichter Denys, Schöbi,
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Gerichtsschreiber Borner.
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Verfahrensbeteiligte | |
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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X.________,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Fristwiederherstellung (vorsätzliche Tötung usw.),
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Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
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des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 25. November 2011.
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Sachverhalt:
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A.
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Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X.________ am 23. August 2011 unter anderem wegen vorsätzlicher Tötung zu 15 Jahren Freiheitsstrafe. Gegen dieses Urteil meldete (auch) die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich Berufung an. Die Urteilsbegründung ging bei ihr am 16. September 2011 ein. Die 20-tägige Frist, die Berufungserklärung einzureichen (Art. 399 Abs. 3 StPO), begann am 17. September 2011 und endete am 6. Oktober 2011.
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Die Staatsanwaltschaft übergab nach eigener Darstellung am 5. Oktober 2011 die Berufungserklärung dem internen Kurierdienst. Diese traf am 7. Oktober 2011 beim Obergericht des Kantons Zürich ein. Am 20. Oktober 2011 ersuchte die Staatsanwaltschaft um Fristwiederherstellung.
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B.
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Das Obergericht wies am 25. November 2011 das Gesuch, die Frist wieder herzustellen, ab.
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C.
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Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.
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Erwägungen:
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1.
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Die Beschwerdeführerin macht geltend, wie in jahrelanger, unangefochtener und problemloser Praxis habe sie die Berufungserklärung einen Tag vor Fristablauf dem behördlichen und beamteten internen Kurier übergeben, wobei sie immer davon habe ausgehen können und dürfen, dass die Sendung anderntags beim Obergericht einging. Angesichts dieser bewährten Praxis widerspreche es dem Grundsatz von Treu und Glauben (überspitzter Formalismus), wenn die Vorinstanz Art. 91 Abs. 2 StPO im konkreten Fall derart formstreng und am Buchstaben haftend interpretiere. Zudem könne unter den erwähnten Umständen nicht von einem Verschulden der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 94 Abs. 1 Satz 2 StPO ausgegangen werden.
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1.1 Die 20-tägige Frist des Art. 399 Abs. 3 StPO ist eine gesetzliche, mithin nicht erstreckbare Frist. Eine Wiederherstellung der Frist ist nur unter den Bedingungen des Art. 94 StPO möglich. Deshalb beruft sich die Beschwerdeführerin vergeblich auf das Verbot des überspitzten Formalismus.
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1.2 Eine Partei kann die Wiederherstellung einer versäumten Frist verlangen, wenn sie unter anderem glaubhaft macht, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft (Art. 94 Abs. 1 StPO). Ein Verschulden von Hilfspersonen wie z.B. Boten ist der Partei wie eigenes Verschulden anzurechnen (BGE 114 Ib 67; CHRISTOF RIEDO, Schweizerische Strafprozessordnung, Basler Kommentar, Art. 94 N. 58).
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Die Vorinstanz hält fest, die verspätete Zustellung durch den Kurierdienst sei nicht auf ein aussergewöhnliches Vorkommnis wie Naturereignisse, Unfall oder Krankheit zurückzuführen. Die Gefahr einer verspäteten Zustellung bestehe bei jedem Kurierdienst, was sich die Beschwerdeführerin anrechnen lassen müsse (angefochtener Entscheid S. 3 lit. d/e). Letztere lässt diese Erwägungen unwidersprochen. Insbesondere legt sie nicht dar, dass der interne Kurier die Frist schuldlos verpasst habe. Folglich hat die Vorinstanz das Gesuch, die Frist wieder herzustellen, zu Recht abgewiesen.
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2.
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Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Gerichtskosten werden keine erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Für die unaufgeforderte Stellungnahme des Beschwerdegegners ist er nicht zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2.
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Es werden keine Kosten erhoben.
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3.
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Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
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4.
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Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 6. Juli 2012
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Mathys
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Der Gerichtsschreiber: Borner
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