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Informationen zum Dokument  BGer 8C_407/2012  Materielle Begründung
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BGer 8C_407/2012 vom 18.07.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_407/2012
 
Urteil vom 18. Juli 2012
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
 
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille,
 
Gerichtsschreiberin Berger Götz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
P.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Rouven Brigger,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 23. März 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1965 geborene P.________ ist gelernte Bankkauffrau und war zuletzt seit 1. Februar 2000 als Sachbearbeiterin für die X.________ AG tätig, als sie sich am 21. Oktober 2009 unter Hinweis auf Rückenschmerzen, Kraftlosigkeit in den Beinen sowie andauernde Kopfschmerzen bei der Invalidenversicherung zum Bezug von Leistungen anmeldete. Nachdem sie sich bereits am 10. Juni 2009 einer Diskektomie Th11/12 unterzogen hatte, musste am 16. Dezember 2009 eine Re-Diskektomie durchgeführt werden (Operationsberichte des Prof. Dr. med. M.________, Facharzt für Neurochirurgie FMH, Klinik Y.________, vom 10. Juni und 16. Dezember 2009). Nach Abklärung der gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse, sowie nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach ihr die IV-Stelle Bern rückwirkend ab 1. April 2010 bis 30. September 2010 eine befristete halbe Rente, basierend auf einem Invaliditätsgrad von 50 %, zu (Verfügung vom 18. April 2011).
 
B.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 23. März 2012 ab.
 
C.
 
P.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid des kantonalen Gerichts sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung und Anordnung einer gutachterlichen Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner lässt sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersuchen. Der Beschwerdeschrift liegen Berichte des PD Dr. med. E.________, Facharzt für Neurochirurgie, Neurochirurgische Abteilung Spital C.________, vom 26. März 2012 und des Dr. med. B.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie FMH, Klinik Z.________, vom 2. April 2012 bei.
 
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten beigezogen. Es ist kein Schriftenwechsel durchgeführt worden.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
 
2.
 
2.1 Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Derartige Umstände können namentlich in formellrechtlichen Mängeln des angefochtenen Entscheids liegen, mit denen die Partei nicht rechnete und nach Treu und Glauben nicht zu rechnen brauchte, oder darin, dass die Vorinstanz materiell in einer Weise urteilt, dass bestimmte Sachumstände neu und erstmals rechtserheblich werden. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (Urteil 9C_920/2008 vom 16. April 2009 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 135 V 163, aber in: SVR 2009 BVG Nr. 30 S. 109). Das Einbringen von Tatsachen oder Beweismitteln, die sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereignet haben oder entstanden sind (sog. echte Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (Urteil 8C_748/2011 vom 11. Juni 2012 E. 2.1 mit Hinweis).
 
2.2 Die im Verfahren vor Bundesgericht neu aufgelegten Berichte des PD Dr. med. E.________ und des Dr. med. B.________ vom 26. März 2012 bzw. 2. April 2012 stellen echte Noven dar, welche im vorliegenden Verfahren unbeachtlich sind.
 
3.
 
Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Rechtsgrundlagen zutreffend wiedergegeben. Es betrifft dies insbesondere die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der Invalidität (Art. 8 ATSG [in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG]), zur Ermittlung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG), zu den Voraussetzungen und zum Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG [in der seit 1. Januar 2008 in Kraft stehenden Fassung] und zum Beweiswert und zur Würdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352). Gleiches gilt für die Rechtsprechung, wonach bei rückwirkender Zusprechung einer abgestuften oder befristeten Invalidenrente nebst der Revisionsbestimmung des Art. 17 Abs. 1 ATSG die Bestimmung über die Änderung des Leistungsanspruchs bei einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit (Art. 88a Abs. 1 IVV) analog anzuwenden ist, weil noch vor Erlass der ersten Rentenverfügung eine anspruchsbeeinflussende Änderung eingetreten ist mit der Folge, dass diese mitberücksichtigt wird (Urteil 8C_670/2011 vom 10. Februar 2012 E. 5.1 mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.
 
4.
 
4.1 Das kantonale Gericht stellt nach eingehender und pflichtgemässer Würdigung der medizinischen Aktenlage - insbesondere gestützt auf die Berichte des Dr. med. A.________, Facharzt für Innere Medizin, Physikalische Medizin und Rehabilitation FMH, Regionaler Ärztlicher Dienst D.________ (RAD) vom 13. April, 28. Mai und 6. Oktober 2010 - fest, die Versicherte sei nach einer seit August 2008 andauernden 100%igen Arbeitsunfähigkeit seit 16. März 2010 (drei Monate nach der Rezidivoperation vom 16. Dezember 2009) zu 50 % und seit dem 16. Juni 2010 (sechs Monate nach der Rezidivoperation vom 16. Dezember 2009) - sowohl in ihrer angestammten Beschäftigung wie auch in einer leidensangepassten Tätigkeit - zu 100 % arbeitsfähig, wobei in der angestammten, rein sitzenden Tätigkeit eine um 20 % reduzierte Leistungsfähigkeit bestehe (da sie diesfalls wiederholte Pausen, mit der Möglichkeit abzuliegen oder herumzugehen, benötige). Auf letzteren Zeitpunkt hin nahm die Vorinstanz eine Verbesserung des Gesundheitszustandes an, weshalb sie die Befristung der ab 1. April 2010 zugesprochenen halben Rente auf 30. September 2010 als korrekt qualifizierte.
 
4.2 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Beweiswürdigungsregeln, da die Vorinstanz auf die Aussagen des RAD-Arztes abgestellt habe, obwohl diese den Anforderungen an ein Gutachten nicht genügen würden. Die Einschätzungen des Dr. med. A.________ seien weder schlüssig noch nachvollziehbar, insbesondere werde keine nähere Erklärung geliefert, weshalb er den Gesundheitszustand im April 2010 noch als "problemlos" und nur fünf Monate später als "nicht zufriedenstellend" einschätze. Folglich scheine es problematisch, dass die Vorinstanz dem Gutachten des Dr. med. A.________ dennoch erhöhte Beweiskraft zugemessen habe. Die Ausführungen des behandelnden Prof. Dr. med. M.________ seien zu wenig gewichtet worden.
 
4.2.1 Die Vorinstanz begründet allerdings einlässlich, weshalb sie dem Bericht des RAD-Arztes vom 13. April 2010 und dessen Stellungnahmen vom 28. Mai und 6. Oktober 2010 vollen Beweiswert zuerkennt und zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit vollumfänglich darauf abstellt. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin revidiert Dr. med. A.________ seine Einschätzung im Bericht vom 13. April 2010, wonach ein Gesundheitsschaden medizinisch nicht ausgewiesen sei, in seiner Stellungnahme vom 6. Oktober 2010 nicht. Vielmehr verneint er darin neurologische Ausfälle nach wie vor, er hält jedoch fest, das Resultat der zweifachen Rückenoperation durch Dr. med. M.________ sei unbefriedigend, es liege ein sogenanntes "failed back surgery syndrome" vor. Durch die verminderte Belastbarkeit der Wirbelsäule könnten Lasten weniger gut getragen und gehoben werden und es bestehe zudem eine erhöhte Ermüdbarkeit. Möglicherweise seien zwar mechanische sowie chronische neuropathische Schmerzen vorhanden, diese seien jedoch belastungsabhängig, niederschwellig und höchstens mit zunehmender Belastung (längeres Sitzen) zunehmend. Damit erklärt sich die von ihm attestierte 20%ige Leistungseinschränkung in einem ganzen Pensum bei einer rein im Sitzen zu verrichtenden Tätigkeit. Die von Dr. med. A.________ angegebenen Gewichtslimiten zwischen 5 und 10 kg tragen dem Syndrom in einer angepassten, wechselbelastenden 100%-Beschäftigung bei voller Leistungsfähigkeit Rechnung.
 
4.2.2 Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin setzt sich das kantonale Gericht mit der abweichenden Einschätzung der Arbeitsfähigkeit namentlich durch Prof. Dr. med. M.________ auseinander und erläutert nachvollziehbar, weshalb diese die Beurteilung durch den RAD-Arzt nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen vermag. Die vom behandelnden Facharzt im Bericht vom 25. März 2010 angegebene 100%ige Arbeitsunfähigkeit wird einzig mit der "langen chronifizierten Vorgeschichte" begründet. Im Bericht vom 8. September 2010 beschreibt Prof. Dr. med. M.________ einen "soweit" zufriedenstellenden Befund im Bereich der operierten Diskushernie und stellt auch in den übrigen Etagen keine relevante Pathologie fest, attestiert der Versicherten aber in der Folge mit Arztzeugnis vom 18. März 2011 weiterhin eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit. Mit Blick darauf ist die Vorinstanz willkürfrei zum Schluss gelangt, dass die Berichte des Prof. Dr. med. M.________ kein abweichendes Beweisergebnis zu begründen vermögen.
 
4.2.3 Folglich geht auch die damit verbundene Rüge, weder Vorinstanz noch IV-Stelle hätten ein ausführliches, neutrales Gutachten angeordnet, obwohl die Beschwerdeführerin an sehr heftigen Rückenschmerzen leide und nur 30 Minuten am Tag sitzen könne, ins Leere. Die Vorinstanz durfte in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 137 V 64 E. 5.2 S. 69; 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148; 124 V 90 E. 4b S. 94) - ohne gegen den Untersuchungsgrundsatz zu verstossen (Art. 61 lit. c ATSG) - auf weitere medizinische Abklärungen verzichten, weil davon keine entscheidrelevanten neuen Erkenntnisse zu erwarten waren.
 
4.3 Nach dem Gesagten kann von einer offensichtlich unrichtigen oder unvollständigen vorinstanzlichen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts oder von einer willkürlichen Würdigung der Aktenlage keine Rede sein. Die übrigen Faktoren der Invaliditätsbemessung werden nicht angefochten. Für eine nähere Prüfung von Amtes wegen besteht kein Anlass. Unter Hinweis auf den von der IV-Stelle ab 16. März 2010 auf 50 % und ab 16. Juni 2010 auf 13 % resp. 9 % bezifferten Invaliditätsgrad hat das kantonale Gericht folglich zu Recht die auf den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2010 befristete halbe IV-Rente geschützt.
 
5.
 
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels erledigt wird.
 
6.
 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird infolge Aussichtslosigkeit abgewiesen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die unterliegende Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 18. Juli 2012
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Ursprung
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz
 
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