VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_93/2012  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_93/2012 vom 26.09.2012
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_93/2012
 
Urteil vom 26. September 2012
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Schneider,
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichter Denys,
 
Bundesrichter Schöbi,
 
Gerichtsschreiber Boog.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Claudio Nosetti,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
 
2. A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Dörig,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Verfahrens- und Parteikosten,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 4. Abteilung, vom 17. November 2011.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 21. Dezember 2009 kam es im Restaurant der Autobahnraststätte Neuenkirch zu einer Aussprache zwischen X.________ und A.________ wegen eines umstrittenen Leasinggeschäfts. Dieses Gespräch nahm A.________ ohne Einwilligung von X.________ mit seinem I-Phone auf. Aufgrund dieses Sachverhalts bestrafte ihn der Amtstatthalter Sursee auf Strafantrag von X.________ hin mit Strafverfügung vom 26. April 2010 wegen unbefugten Aufnehmens von Gesprächen mit einer bedingt aufgeschobenen Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 40.-, bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 250.-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage). Auf Einsprache des Beurteilten hin bestätigte der Amtstatthalter Sursee nach Durchführung einer Strafuntersuchung seinen Entscheid mit erneuter Strafverfügung vom 2. November 2010 im Schuldpunkt und setzte die Strafe auf eine Geldstrafe von 18 Tagessätzen zu Fr. 30.--, mit bedingtem Vollzug bei einer Probezeit von 2 Jahren, sowie auf eine Busse von Fr. 200.-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) herab. Auf Einsprache gegen diesen Entscheid verurteilte das Bezirksgericht Willisau A.________ mit Urteil vom 22. Juni 2011 wegen unbefugten Aufnehmens von Gesprächen zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu Fr. 30.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren sowie einer Busse von Fr. 200.-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Tage). Gleichzeitig auferlegte es A.________ die Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 3'140.-- und verpflichtete ihn, X.________ eine Parteientschädigung von Fr. 3'397.35 zu entrichten.
 
Auf Berufung des Beurteilten sprach das Obergericht des Kantons Luzern A.________ am 17. November 2011 vom Vorwurf des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen frei. Gleichzeitig auferlegte es X.________ die erst- und zweitinstanzlichen Verfahrenskosten von Fr. 5'140.-- sowie die Kosten der Verteidigung von A.________ in der Höhe von Fr. 7'999.25.
 
B.
 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei im Kostenpunkt aufzuheben. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner ersucht er um Gewährung der aufschiebenden Wirkung für seine Beschwerde.
 
C.
 
Das Obergericht des Kantons Luzern und A.________ haben sich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung vernehmen lassen. Mit Verfügung vom 1. März 2012 hat der Präsident der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
 
D.
 
Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die Oberstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme auf einen Antrag verzichtet. A.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. X.________ hat in seiner Replik zu diesen Vernehmlassungen Stellung genommen.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Am 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) in Kraft getreten. Soweit ein Entscheid noch vor Inkrafttreten der StPO gefällt worden ist, werden dagegen erhobene Rechtsmittel nach bisherigem Recht und von den bisher zuständigen Behörden beurteilt (Art. 453 Abs. 1 StPO). Für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide, die nach dem 31. Dezember 2010 gefällt wurden, gilt das neue Recht (Art. 454 Abs. 1 StPO). Ausschlaggebend für die Anwendbarkeit des alten oder des neuen Prozessrechts ist insofern das Datum des erstinstanzlichen Entscheids (BGE 137 IV 189 E. 1 und 219 E. 1.1 mit Hinweisen). Das Urteil des Bezirksgerichts Willisau datiert vom 22. Juni 2011. Damit findet die StPO Anwendung.
 
Nach Art. 448 Abs. 2 StPO behalten Verfahrenshandlungen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes angeordnet oder durchgeführt worden sind, ihre Gültigkeit. Dies gilt auch für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer als Privatkläger konstituiert hat. Nach § 35 Abs. 2 Ziff. 1 des Gesetzes über die Strafprozessordnung des Kantons Luzern vom 3. Juni 1957 (StPO/LU) war zur Privatklage berechtigt, wer nach eidgenössischem oder kantonalem Recht zum Strafantrag befugt ist. Diese Regelung entspricht Art. 118 Abs. 2 StPO, wonach der Strafantrag der Erklärung gleichgestellt ist, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilkläger zu beteiligen. Mit seiner Strafanzeige vom 23. Dezember 2009 hat sich der Beschwerdeführer als Privatkläger konstituiert.
 
2.
 
Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat (lit. b). Zur Beschwerde legitimiert ist u.a. die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Ziff. 5; vgl. BGE 137 IV 246 E. 1.3.1).
 
Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann der Privatkläger die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache selber getrennt werden können. Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.3.2; 133 I 185 E. 6.2).
 
Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Verfahren Strafantrag gestellt und ist von der Vorinstanz zur Tragung sämtlicher ordentlicher und ausserordentlicher Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens verurteilt worden. Insoweit ist der Beschwerdeführer vom angefochtenen Urteil beschwert und hat ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG (vgl. BGE 136 IV 29 E. 1.9; ferner Urteil des Bundesgerichts 6B_89/2009 vom 29.10.2009 E. 1.2.3).
 
Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde in Strafsachen ist einzutreten.
 
3.
 
3.1 Die Vorinstanz auferlegt dem Beschwerdeführer aufgrund des Ausgangs des Berufungsverfahrens alle Verfahrenskosten beider kantonaler Instanzen und verurteilt ihn zur Bezahlung einer Parteientschädigung an den Beschwerdegegner 2. Sie stützt sich dabei auf den Umstand, dass die Aufnahme des Gesprächs vom 21. Dezember 2009 durch die Drohungen des Beschwerdeführers provoziert wurden (angefochtenes Urteil S. 17, vgl. auch S. 10 ff.).
 
3.2 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, dem Privatkläger könnten bei Antragsdelikten die Verfahrenskosten nur auferlegt werden, wenn er das Verfahren mutwillig oder grob fahrlässig eingeleitet oder dessen Durchführung erschwert hat. Andernfalls wäre die Einreichung einer Strafklage bei Antragsdelikten mit einem nicht abschätzbaren und erheblichen Kostenrisiko verbunden (Beschwerde S. 13 f.). Zudem sei zu berücksichtigen, dass er nach dem im Zeitpunkt der Strafanzeige noch geltenden kantonalen Strafprozessrecht automatisch als Privatkläger galt. Er habe im vorliegenden Verfahren weder eine Zivilforderung noch im Anschluss an das Untersuchungsverfahren irgendwelche Beweisanträge gestellt. Er habe auch nicht an den Verhandlungen vor den kantonalen Instanzen teilgenommen. Dass der Beschwerdegegner 2 von der Staatsanwaltschaft angeklagt und von der ersten Instanz schuldig erklärt worden sei, belege, dass die Strafklage nicht mutwillig oder grob fahrlässig erhoben worden sei. Es sei daher nicht zulässig, ihm die Kosten aller Instanzen aufzuerlegen (Beschwerde S. 14 f.). In Bezug auf die Auferlegung der zweitinstanzlichen Kosten bringt der Beschwerdeführer vor, ob eine Partei obsiege oder unterliege, hänge davon ab, in welchem Ausmass ihre vor dem Berufungsgericht gestellten Anträge gutgeheissen würden. Stelle eine Partei, welche kein Rechtsmittel ergriffen habe, aber zu einer allfälligen Stellungnahme eingeladen worden sei, keine Anträge, so könne sie weder obsiegen noch unterliegen und daher auch nicht kostenpflichtig werden. Da er im zweitinstanzlichen Verfahren keine Anträge gestellt habe, sei er im Verfahren nicht unterlegen, so dass ihm keine Kosten auferlegt werden könnten. Aus demselben Grund habe er auch keine Entschädigung an den Beschwerdegegner 2 zu entrichten (Beschwerde S. 15). Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts, soweit die Vorinstanz annehme, er habe die Aufnahme des Gesprächs durch Drohungen provoziert (Beschwerde S. 16 ff.).
 
4.
 
Zunächst ist zu prüfen, ob das angefochtene Urteil in Bezug auf die Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf den Beschwerdeführer als Antragsteller und Privatkläger vor Bundesrecht standhält.
 
4.1 Gesetzliche Grundlage bildet Art. 427 StPO. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung können der Privatklägerschaft die Verfahrenskosten, die durch ihre Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind, auferlegt werden, wenn das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen wird (lit. a), die Privatklägerschaft die Zivilklage vor Abschluss der erstinstanzlichen Hauptverhandlung zurückzieht (lit. b) oder die Zivilklage abgewiesen oder auf den Zivilweg verwiesen wird (lit. c). Voraussetzung ist, dass der Privatkläger einen Antrag oder mehrere Anträge zum Zivilpunkt gestellt hat (Jürg Bähler/Christof Riedo, Kosten kosten - Geld und Nerven, Jusletter 13. Februar 2012 Rz 65). Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen, können gemäss Art. 427 Abs. 2 StPO bei Antragsdelikten die Verfahrenskosten der antragstellenden Person, sofern diese mutwillig oder grob fahrlässig die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat, oder der Privatklägerschaft auferlegt werden, soweit nicht die beschuldigte Person rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat (Art. 427 Abs. 2 lit. b mit Verweisung auf 426 Abs. 2 StPO).
 
4.2
 
4.2.1 Als Privatklägerschaft gilt nach Art. 118 Abs. 1 StPO die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin bzw. -kläger zu beteiligen (vgl. Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO). Gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung ist der Strafantrag (Art. 30 StGB) dieser Erklärung gleichgestellt. Damit kommt ohne weiteres der antragstellenden Person die prozessuale Stellung einer Privatklägerin zu. Die geschädigte oder die antragsstellende Person kann indes nach Art. 120 Abs. 1 StPO jederzeit erklären, dass sie auf die ihr zustehenden Rechte verzichtet. Dabei gilt der Verzicht auf die Beteiligung als Privatklägerschaft nicht als Rückzug des Strafantrages (MAZZUCHELLI/POSTIZZI, Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2011, Art. 118 N 6 und Art. 120 N 3).
 
4.2.2 Die Bestimmung von Art. 427 Abs. 2 StPO differenziert hinsichtlich der Kostenauflage zwischen der antragstellenden Person und der Privatklägerschaft. Während der Privatklägerschaft die Verfahrenskosten bei Freisprechung der beschuldigten Person oder Einstellung des Verfahrens ohne Einschränkung auferlegt werden können, ist dies beim Antragsteller, der auf seine Parteistellung verzichtet hat, nur bei mutwilliger oder grob fahrlässiger Einleitung des Verfahrens oder bei Erschwerung der Durchführung desselben zulässig. In diesem Punkt stimmen der deutsche und der italienische Gesetzestext indes mit der französischen Fassung der Bestimmung nicht überein. Nach der französischen Formulierung können die Verfahrenskosten auch der Privatklägerschaft nur auferlegt werden, wenn sie die Einleitung des Verfahrens mutwillig oder grob fahrlässig bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat ("En cas d'infractions poursuivies sur plainte, les frais de procédure peuvent, aux conditions suivantes, être mis à la charge de la partie plaignante ou du plaignant qui, ayant agi de manière téméraire ou par négligence grave, a entravé le bon déroulement de la procédure ou rendu celle-ci plus difficile:...").
 
4.2.3 Im bundesrätlichen Entwurf zu einer Schweizerischen Strafprozessordnung vom 21. Dezember 2005 lautete die einschlägige Bestimmung (Art. 434 Abs. 2 E-StPO) folgendermassen:
 
Bei Antragsdelikten können die Verfahrenskosten der Privatklägerschaft auferlegt werden:
 
a) wenn das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen wird; und
 
b) soweit die beschuldigte Person nicht nach Artikel 433 Absatz 2 kostenpflichtig ist.
 
Die geltende Fassung von Art. 427 Abs. 2 StGB geht auf einen dem Antrag seiner vorberatenden Kommission folgenden Beschluss des Ständerates zurück. Mit der vorgenommenen Änderung wollte der Ständerat in Abweichung vom bundesrätlichen Vorschlag (Art. 118 Abs. 3 E-StPO) der geschädigten Person bei Antragsdelikten den Verzicht auf die Beteiligung als Privatkläger ermöglichen, ohne dass damit zwingend der Rückzug des Strafantrags verbunden sein sollte (vgl. AB 2006 S 1011 und 1058 f.; AB 2007 N 952 und 1032; vgl. auch YVONA Griesser, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber (Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, Art. 427 N 8 f.; THOMAS DOMEISEN, Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2011, Art. 427 StPO N 9; vgl. auch Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, Art. 427 N 9). Diese Abänderung des bundesrätlichen Entwurfs erforderte eine Anpassung der Bestimmungen über die Kostenregelung. Danach sollte die antragstellende Person, die als Privatklägerin am Verfahren teilnimmt, grundsätzlich auch das volle Kostenrisiko tragen, während diejenige Person, die nur Strafantrag stellt und sich als Privatklägerin zurückzieht, einzig bei trölerischem Verhalten kostenpflichtig wird. Dass dem Privatkläger bei einem Antragsdelikt die Kosten des Verfahrens uneingeschränkt auferlegt werden können, entspricht daher dem Willen des Gesetzgebers und ergibt sich unmissverständlich aus der Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (BBl 2005 1327 Ziff. 2.10.2), wonach die Bestimmung (Art. 434 E-StPO) der Grundtendenz des Entwurfs folge, die einerseits darin besteht, die Verfahrensrechte der Privatklägerschaft auszudehnen, ihr aber andererseits vermehrt Kostenpflichten aufzuerlegen (a.M. Bähler/Riedo, a.a.O., Rz. 84).
 
4.2.4 Die Regelung von Art. 427 Abs. 2 StPO ist dispositiver Natur. Das Gericht kann von ihr abweichen, wenn die Sachlage dies rechtfertigt (vgl. auch Botschaft, a.a.O., S. 1327). Die Verfahrenskosten sind damit bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens nicht zwingend von der Privatklägerschaft zu tragen. Über die Gründe, nach welchen sich die Überwälzung der Verfahrenskosten auf die Privatklägerschaft richtet, schweigt sich das Gesetz indes aus. Das Gericht hat also nach Recht und Billigkeit zu entscheiden (Art. 4 ZGB).
 
4.3 Der Beschwerdeführer erhob am 3. Februar 2010 Strafklage, mit der er beantragte, der Beschwerdegegner sei des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen gemäss Art. 179ter StGB schuldig zu sprechen und angemessen zu bestrafen und es seien bei ihm und bei seiner Firma Hausdurchsuchungen durchzuführen und sämtliche Mobiltelefone und Audioaufzeichnungen auf EDV-Anlagen sicherzustellen. An der erstinstanzlichen Hauptverhandlung nahm er nicht teil (Akten Bezirksgericht Willisau act. A 20). Mit Schreiben vom 23. Mai 2011 liess er sich lediglich zu den Beweisanträgen des Beschwerdegegners vernehmen, ohne eigene Anträge zu stellen (Akten Bezirksgericht Willisau act. A 16). Er reichte auch keinerlei Beweisanträge ein und forderte weder Schadenersatz noch Genugtuung.
 
4.4
 
4.4.1 Die Verlegung der Kosten richtet sich nach dem Grundsatz, wonach Kosten zu tragen hat, wer sie verursacht. So gründet namentlich die Kostentragungspflicht des Beschuldigten im Falle eines Schuldspruchs auf der Annahme, dass er die Verfahrenskosten als Folge seiner Tat veranlasst hat (DOMEISEN, a.a.O., Art. 426 StPO N 2; Griesser, a.a.O., Art. 426 N 1).
 
Der Beschwerdeführer hat sich - abgesehen von der Erhebung der Strafklage - an dem gegen den Beschwerdegegner geführten Strafverfahren nicht aktiv beteiligt. Insofern hat er keine Kosten verursacht. Es können ihm daher grundsätzlich keine Kosten auferlegt werden. Zwischen ihm, der allein deshalb dem Privatkläger gleichgestellt wird, weil er Strafantrag gestellt hat, und dem Antragsteller, der gemäss Art. 120 Abs. 1 StPO ausdrücklich auf die ihm zustehenden Rechte verzichtet und infolgedessen nur bei mutwilliger oder grob fahrlässiger Einleitung des Verfahrens kostenpflichtig wird (Art. 427 Abs. 2 StPO), besteht im Grunde kein Unterschied. Auch in Bezug auf den Zivilpunkt können der Privatklägerschaft gemäss Art. 427 Abs. 1 StPO bei Freispruch des Beschuldigten Verfahrenskosten nur auferlegt werden, wenn sie diese durch entsprechende Anträge verursacht hat.
 
Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Strafantrag stellende Privatkläger, der sich nicht aktiv am Verfahren beteiligt, bei Freispruch des Beschuldigten generell kostenpflichtig werden soll, während bei vom Privatkläger angezeigten Offizialdelikten die Kostentragungspflicht auf Verfahrenskosten beschränkt ist, die durch dessen Anträge zum Zivilpunkt verursacht worden sind (vgl. Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, Art. 432 N 3 zur Entschädigungspflicht des Privatklägers bei Obsiegen der beschuldigten Person).
 
Im Übrigen verwandeln sich auch im Bereich der Antragsdelikte die aufgrund von Verfahrensanträgen der Privatklägerschaft vorgenommenen Handlungen in behördliche Verfahrenshandlungen, für welche grundsätzlich der Staat verantwortlich ist und daher die Kosten tragen muss (vgl. Botschaft zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006, S. 1327; DOMEISEN, a.a.O., Art. 427 StPO N 2).
 
Dem Privatkläger, dessen Beteiligung sich auf die Beantragung der Bestrafung (Art. 30 Abs. 1 StGB) beschränkt und auf die ihm zustehenden Verfahrensrechte verzichtet, können daher Kosten nur in besonderen Fällen auferlegt werden (vgl. auch Bähler/Riedo, a.a.O., Rz 77). Ein solcher ist hier nicht ersichtlich. Angesichts des Umstands, dass das Amtstatthalteramt und die erste Instanz zu Schuldsprüchen gelangt sind, lässt sich jedenfalls nicht sagen, dass das Verfahren ohne Anlass und ohne hinreichende Grundlage eingeleitet worden und dessen Durchführung erschwert worden wäre.
 
Die Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten verletzt schon aus diesen Gründen Bundesrecht.
 
4.4.2 Das angefochtene Urteil hält auch insoweit nicht vor Bundesrecht stand, als die Vorinstanz die Kostenverlegung damit begründet, die umstrittene Aufnahme des Gesprächs vom 21. Dezember 2009 sei durch Drohungen des Beschwerdeführers provoziert worden (angefochtenes Urteil S. 17 Ziff. 4.1). Auch wenn der Beschwerdegegner nach Auffassung der Vorinstanz im konkreten Fall befugt war, das Gespräch mit dem Beschwerdeführer ohne dessen Zustimmung aufzunehmen, rechtfertigt dies nicht, die Verfahrenskosten auf Letzteren zu überwälzen. Der Beschwerdegegner wurde von der Staatsanwaltschaft und der ersten Instanz schuldig gesprochen. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer mit seinem Strafantrag kein zum vorneherein aussichtsloses Strafverfahren angestrengt hat. Dass er als Antragsteller am Verfahren als Privatkläger beteiligt war, lag im Wesentlichen in dem zur Zeit der Antragstellung geltenden kantonalen Strafprozessrecht begründet (vgl. § 35 StPO/LU). Die Interessenlage des Beschwerdeführers präsentierte sich ähnlich wie diejenige einer Person, die ein Offizialdelikt zur Anzeige bringt und die deshalb nur unter den restriktiven Voraussetzungen von Art. 427 Abs. 1 bzw. Art. 417 StPO zur Übernahme der Verfahrenskosten verpflichtet werden kann.
 
Die Vorinstanz verletzt das ihr zustehende Ermessen und damit Art. 427 Abs. 2 StGB, wenn sie dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Bezirksgericht mit dem einzigen Argument auferlegt, dass er durch sein Verhalten den Grund dafür gesetzt hat, dass der Beschwerdegegner das umstrittene Gespräch aufgenommen hat.
 
5.
 
Zu prüfen ist weiter die Frage, ob die Vorinstanz dem Beschwerdeführer zu Recht die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt und ihn zur Leistung einer Entschädigung für die Kosten der Verteidigung an den Beschwerdegegner 2 verpflichtet hat.
 
5.1 Gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO tragen die Parteien die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens. Als unterliegend gilt auch diejenige Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird oder die das Rechtsmittel zurückzieht. Fällt die Rechtsmittelinstanz selber einen neuen Entscheid, so befindet sie darin nach Abs. 3 auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung.
 
Nach Art. 432 Abs. 1 StPO hat die obsiegende beschuldigte Person gegenüber der Privatklägerschaft Anspruch auf angemessene Entschädigung für die durch die Anträge zum Zivilpunkt verursachten Aufwendungen. Obsiegt die beschuldigte Person bei Antragsdelikten im Schuldpunkt, so können gemäss Art. 432 Abs. 2 StPO die antragstellende Person, sofern diese mutwillig oder grob fahrlässig die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat, oder die Privatklägerschaft verpflichtet werden, der beschuldigten Person die Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte zu ersetzen.
 
5.2 Der Beschwerdeführer verzichtete mit Schreiben vom 15. November 2011 auf die Teilnahme an der zweitinstanzlichen Verhandlung (vgl. auch zweitinstanzliches Verhandlungsprotokoll). Mit Eingabe vom 4. Oktober 2011 teilte er zudem mit, dass er weder Anschlussberufung erhebe noch Antrag auf Nichteintreten stelle.
 
5.3 Das angefochtene Urteil hält auch in Bezug auf die Verlegung der zweitinstanzlichen Kosten und den Anspruch des Beschwerdegegners 2 auf eine Parteientschädigung vor Bundesrecht nicht stand. Ausgangspunkt bildet der Umstand, dass der Beschwerdeführer sich nach Einreichung der Strafklage am Verfahren nicht mehr beteiligt und namentlich keine Anträge gestellt hat. Als private Partei kann im strafrechtlichen Verfahren nur obsiegen oder unterliegen, wer Anträge gestellt hat. Verzichtet sie darauf, können ihr keine Kosten auferlegt werden (DOMEISEN, a.a.O., Art. 428 StPO N 6; Griesser, a.a.O., Art. 428 N 2 mit Hinweis auf die Praxis der zürcherischen Rechtsmittelinstanzen; vgl. für das bundesgerichtliche Verfahren Marc Thommen, Kosten und Entschädigungen in strafrechtlichen Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht, forum poenale 2009, S. 53/54; ferner Urteil 6B_588/2007 vom 11.4.2008 E. 5). Der Beschwerdeführer hat im zweitinstanzlichen Verfahren keine Anträge gestellt. Es können ihm daher keine Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren auferlegt werden. Dieselben Erwägungen gelten, soweit die Vorinstanz den Beschwerdeführer verpflichtet, dem Beschwerdegegner seine Aufwendungen für die angemessene Ausübung seiner Verfahrensrechte zu ersetzen (Art. 432 Abs. 2 StPO), weil diese Entschädigungspflicht ebenfalls an das Unterliegen anknüpft. Im Übrigen ist die Bestimmung über die Verpflichtung zum Ersatz der Aufwendungen der beschuldigten Person ebenso wie die Kostentragungspflicht der Privatklägerschaft gemäss Art. 427 Abs. 2 StPO dispositiver Natur. Die Verpflichtung zur Bezahlung einer Parteientschädigung ist an die pflichtgemässe Ausübung des Ermessens gebunden. Die Erwägungen zur Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten (E. 4.4) gelten hier entsprechend.
 
Die Beschwerde erweist sich als begründet.
 
6.
 
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Bei diesem Ausgang wird der Beschwerdegegner, der mit seinem in der Vernehmlassung gestellten Antrag unterliegt, grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG) und hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Entschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdegegner die rechtsfehlerhafte Verlegung der Verfahrens- und Parteikosten durch die Vorinstanz nicht zu verantworten hat, rechtfertigt es sich indes, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 4 BGG) und dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zulasten des Kantons Luzern zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 17. November 2011 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Der Kanton Luzern hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 26. September 2012
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Boog
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).