BGer 1B_4/2013 | |||
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BGer 1B_4/2013 vom 23.01.2013 | |
Bundesgericht
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Tribunal fédéral
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Tribunale federale
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{T 0/2}
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1B_4/2013
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Urteil vom 23. Januar 2013
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I. öffentlich-rechtliche Abteilung
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Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Merkli,
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Gerichtsschreiber Störi.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt J. Mischa Mensik,
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gegen
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Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8026 Zürich.
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Gegenstand
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Untersuchungshaft.
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Beschwerde gegen den Beschluss vom 3. Dezember 2012 des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer.
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Sachverhalt:
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A.
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Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat führt gegen X.________ eine Strafuntersuchung wegen mehrfacher Schändung im Sinn von Art. 191 StGB. Sie verdächtigt ihn, sich in seiner Funktion als als Anästhesiepfleger an verschiedenen Patientinnen sexuell vergangen zu haben, als sie sich nach einer Operation im Aufwachraum befanden und nicht in der Lage waren, sich gegen seine Übergriffe zur Wehr zu setzen. X.________ wurde am 14. September 2011 festgenommen und am 16. September 2011 in Untersuchungshaft versetzt.
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Am 1. November 2012 verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft gegen X.________ bis zum 31. Januar 2013.
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Am 3. Dezember 2012 wies das Obergericht des Kantons Zürich die Beschwerde von X.________ gegen die Haftverlängerung ab. Es erwog, dieser sei der ihm vorgeworfenen Straftaten dringend verdächtig, und es bestehe Fluchtgefahr. Mildere Ersatzmassnahmen - etwa eine Schriftensperre - könnten die Fluchtgefahr nicht ausreichend bannen, und die Weiterführung der Haft sei verhältnismässig.
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B.
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Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, diesen Entscheid des Obergerichts aufzuheben und ihn, eventuell unter Anordnung von geeigneten Ersatzmassnahmen, umgehend aus der Haft zu entlassen. Subeventuell sei der Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung.
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C.
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Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft verzichten auf Vernehmlassung.
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Erwägungen:
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1.
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Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Haftentscheid des Obergerichts. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG gegeben. Der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Haftentlassung ist zulässig (BGE 132 I 21 E. 1). Der Beschwerdeführer ist durch die Verweigerung der Haftentlassung in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und damit zur Beschwerde befugt (Art. 81 Abs. 1 BGG). Er macht die Verletzung von Bundesrecht geltend, was zulässig ist (Art. 95 lit. a BGG). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.
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2.
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Untersuchungshaft kann unter anderem angeordnet werden, wenn ein dringender Tatverdacht in Bezug auf ein Verbrechen sowie Fluchtgefahr besteht (Art. 221 Abs. 1 StPO).
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Für die Annahme von Fluchtgefahr genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe für sich allein nicht. Eine solche darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Vielmehr müssen konkrete Gründe dargetan werden, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe kann immer nur neben anderen, eine Flucht begünstigenden Tatsachen herangezogen werden (BGE 125 I 60 E. 3a; 117 Ia 69 E. 4a; 108 Ia 64 E. 3; 107 Ia 3 E. 6).
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3.
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3.1 Der Beschwerdeführer wird von 11 Frauen unabhängig voneinander beschuldigt, sich an ihnen sexuell vergangen zu haben. Damit ist der dringende Tatverdacht in Bezug auf die mehrfache Begehung eines Verbrechens (Art. 191 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 StGB) offensichtlich erstellt, und zwar gleichgültig darum, ob die Frauen von sich aus zur Polizei gingen oder sich auf ein von der Staatsanwaltschaft an verschiedene vom Beschwerdeführer betreute Patientinnen gerichtetes Schreiben hin meldeten. Abgesehen davon, dass sich die Zahl der gegen den Beschwerdeführer geführten Verfahren um vier verringerte, hat sich in Bezug auf den Tatverdacht seit dem ersten in dieser Sache ergangenen Entscheid des Bundesgerichts 1B_126+146/2012 vom 28. März 2012 nichts Wesentliches geändert.
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3.2 Das Gleiche gilt in Bezug auf das Bestehen von Fluchtgefahr. Einerseits droht dem Beschwerdeführer eine empfindliche Freiheitsstrafe. Der obere Strafrahmen für mehrfache Schändung liegt bei 15 Jahren (Art. 191 i.V.m. Art. 49 Abs. 1 StGB). Das abgekürzte Verfahren, welches die Staatsanwaltschaft offenbar anstrebte, lässt Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren zu (Art. 358 Abs. 2 StPO), und die Einschätzung der Staatsanwaltschaft in ihrer Vernehmlassung ans Obergericht vom 16. November 2012, dem Beschwerdeführer drohe eine Strafe von deutlich über 2 Jahren, erscheint keineswegs als von vornherein unvertretbar. Zudem muss er zusätzlich mit einem Berufsverbot im Sinn von Art. 67 StGB rechnen, was sein berufliches Fortkommen in der Schweiz stark behindern würde. Die strafrechtlichen Folgen, mit denen der kroatisch-schweizerische Doppelbürger für den Fall einer Verurteilung zu rechnen hat, stellen einen starken Anreiz für eine Flucht in seine ursprüngliche Heimat dar; dort wäre er vor einer weiteren Strafverfolgung sicher, da Kroatien eigene Staatsangehörige nicht ausliefert. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, dass sich dies nach dem bevorstehenden EU-Beitritt von Kroatien ändern würde. Das erscheint indessen höchst zweifelhaft und steht jedenfalls nicht fest. Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, indem sie Fluchtgefahr bejahte.
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Mildere Ersatzmassnahmen im Sinn von Art. 237 StPO wie eine Schriftensperre, die Leistung einer Kaution oder die Auferlegung einer Meldepflicht etc. sind nicht geeignet, den Beschwerdeführer zuverlässig an einer Flucht hindern, auch wenn sie kumuliert ausgesprochen würden. Sie könnten wohl höchstens dazu beitragen, dass eine allfällige Flucht frühzeitig entdeckt würde. Aus dem Umstand, dass es in andern Fällen unter anderen Voraussetzungen als ausreichend erachtet wurde, dem Betroffenen den Aufenthaltsort vorzuschreiben und die Einhaltung dieser Auflage durch eine sogenannte elektronische Fussfessel zu kontrollieren, um eine Flucht zu verhindern, lässt sich keineswegs ableiten, dass der Beschwerdeführer durch die Fortsetzung der Haft in menschenrechtswidriger Weise diskriminiert würde.
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3.3 Der Beschwerdeführer wurde am 14. September 2011 verhaftet und wird sich bei Ablauf der hier angefochtenen Haftverlängerung am 31. Januar 2013 rund 15 ½ Monate in Haft befunden haben. Diese Haftdauer rückt noch nicht in grosse Nähe der für den Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe, und es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Verfahren nicht mit der gebotenen Beschleunigung vorangetrieben würde, will doch die Staatsanwaltschaft nach dem im Januar 2013 erwarteten Eingang eines Gutachtens umgehend Anklage erheben. Die Fortführung der Haft unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit ist in zeitlicher Hinsicht zurzeit noch nicht zu beanstanden.
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4.
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Die Beschwerde ist demnach abzuweisen. Damit wird der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat indessen ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gestellt, welches gutzuheissen ist, da die Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos war und die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ausgewiesen scheint (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).
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Der vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in Rechnung gestellte Aufwand von 27 Stunden erweist sich allerdings als unangemessen hoch. Das ergibt sich bereits daraus, dass auf den ersten 25 von insgesamt 47 Seiten der Beschwerdeschrift die Verfahrensgeschichte aus Sicht des Beschwerdeführers dargestellt wird und die eigentliche, vom Bundesgericht zu beurteilende und damit für den Ausgang des Verfahrens allein relevante Kritik am angefochtenen Entscheid erst ab S. 26 ff. vorgetragen wird. Die Entschädigung wird daher pauschal auf Fr. 1'500.-- festgesetzt.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1.
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2.
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Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen:
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2.1 Es werden keine Kosten erhoben.
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2.2 Rechtsanwalt Mischa Mensik, wird für das bundesgerichtliche Verfahren als amtlicher Verteidiger eingesetzt und mit Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.
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3.
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Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 23. Januar 2013
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Störi
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