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Informationen zum Dokument  BGer 8C_850/2012  Materielle Begründung
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BGer 8C_850/2012 vom 24.01.2013
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
8C_850/2012
 
Urteil vom 24. Januar 2013
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Frésard, Maillard,
 
Gerichtsschreiber Lanz.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
W.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Sebastian Lorentz,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich,
 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 29. August 2012.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Die 1955 geborene, als Beraterin, Coach und Seminarleiterin selbstständig erwerbstätige W.________ meldete sich im Januar 2008 bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Sie verwies dabei auf seit einem Unfall vom Januar 2007 bestehende gesundheitliche Beschwerden, welche ihre Arbeitsfähigkeit einschränkten. Die IV-Stelle des Kantons Zürich traf erwerbliche Abklärungen und holte Berichte der behandelnden Ärzte sowie ein polydisziplinäres medizinisches Gutachten der MEDAS X.________, vom 3. März 2011 ein. Mit Verfügung vom 16. August 2011 verneinte sie einen Rentenanspruch mit der Begründung, es fehle an der hiefür erforderlichen Invalidität.
 
B.
 
W.________ erhob Beschwerde auf Zusprechung der gesetzlichen Leistungen, insbesondere einer Invalidenrente. Replicando legte sie ein von ihr eingeholtes neurologisches/psychiatrisches Gutachten der Dres. med. M.________ und H.________ vom 6. Februar 2012 auf. Sie beantragte hiebei neu zusätzlich, die IV-Stelle sei zur Tragung der Kosten dieser Expertise von Fr. 13'000.- zu verpflichten. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 29. August 2012 ab.
 
C.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt W.________ die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids beantragen und ihre vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern; eventuell sei die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt.
 
Erwägungen:
 
1.
 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 137 II 313 E. 1.4 S. 317 f. mit Hinweis). Trotzdem obliegt es der Beschwerde führenden Partei, sich in ihrer Beschwerde sachbezogen mit den Darlegungen im angefochtenen Entscheid auseinanderzusetzen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Das Bundesgericht prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389; vgl. auch BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584; je mit Hinweisen).
 
2.
 
Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen Invalidität und Erwerbsunfähigkeit, zum Anspruch auf eine Invalidenrente, zur Bestimmung des Invaliditätsgrades mittels Einkommens- resp. Prozentvergleich, zur Aufgabe des Arztes oder der Ärztin bei der Invaliditätsbemessung, zum Untersuchungsgrundsatz und zur Beweiswürdigung, insbesondere im Hinblick auf ärztliche Berichte und Gutachten, zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
3.
 
Es steht nach Lage der medizinischen Akten, insbesondere auch der MEDAS-Expertise vom 3. März 2011 und des Privatgutachtens M.________/H.________ vom 6. Februar 2012, fest und ist nicht umstritten, dass kein somatischer Gesundheitsschaden vorliegt, welcher die Arbeitsfähigkeit der Versicherten in relevanter Weise beeinträchtigt. Streitig ist, ob ein rentenbegründendes psychisches Leiden vorliegt.
 
3.1 Das kantonale Gericht hat hiezu erwogen, in medizinischer Hinsicht sei auf das MEDAS-Gutachten vom 3. März 2011 abzustellen. Danach sei die Arbeitsfähigkeit der Versicherten aufgrund einer Neurasthenie eingeschränkt. Es werde aber eine Restarbeitsfähigkeit von 80 % sowohl in der angestammten wie auch in einer leidensangepassten Tätigkeit bestätigt. Damit erübrige sich die Frage nach der Überwindbarkeit des psychischen Leidens. Die von der erwähnten Arbeitsunfähigkeit ausgehende Invaliditätsbemessung, welche aufgrund der konkreten Verhältnisse mittels Prozentvergleich zu erfolgen habe, ergebe einen Invaliditätsgrad von 20 %. Damit werde der für einen Rentenanspruch mindestens erforderliche Invaliditätsgrad von 40 % nicht erreicht.
 
3.2 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist nicht die MEDAS-Expertise, sondern das Gutachten M.________/H.________ als massgeblich zu betrachten. Darin wird gestützt auf die Diagnosen "rezidivierende, zwischen leicht- bis mittelgradig schwankende, ängstlich gefärbte depressive Episoden (ICD-10: F33.01); anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10: F 45.4); Persönlichkeitsstörung vom narzisstischen, zur Somatisierung neigenden Typ (ICD-10: F61.0)" eine 50%ige Einschränkung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit bestätigt.
 
3.3 Das kantonale Gericht hat sich eingehend mit den medizinischen Akten auseinandergesetzt und einlässlich dargelegt, weshalb es zum Ergebnis gelangt ist, es sei auf das MEDAS-Gutachten und nicht auf die Expertise M.________/H.________, soweit davon abweichend, abzustellen.
 
Die Beschwerdeführerin sieht in der vorinstanzlichen Beurteilung eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung.
 
Dieses Vorbringen richtet sich zunächst gegen die Verneinung einer Persönlichkeitsstörung durch das kantonale Gericht. Dieses hat indessen dargelegt, weshalb es hier dem MEDAS-Gutachten und nicht der Expertise M.________/H.________ folgt. Eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung kann darin nicht gesehen werden. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung hat sich die Vorinstanz hiebei auch nicht psychiatrische Fachkenntnisse angemasst. Die vom kantonalen Gericht getroffenen Folgerungen werden vielmehr durch die MEDAS-Expertise gestützt. Darin wird der Versicherten eine auffällige Persönlichkeit attestiert, was die MEDAS-Fachärzte aber bei der psychiatrischen Beurteilung nicht dazu führte, auf eine eigentliche Persönlichkeitsstörung zu schliessen.
 
Die Vorinstanz hat auch den vom MEDAS-Psychiater geäusserten Verdacht auf einen psychosenahen Prozess in rechtmässiger Weise gewürdigt. Aus den diesbezüglichen Ausführungen der Versicherten wird nicht klar, ob diese das Vorliegen einer Psychose postulieren will. Eine solche kann indessen verlässlich ausgeschlossen werden, zumal in keinem der aufliegenden psychiatrischen Beurteilungen, einschliesslich der Expertise M.________/H.________, eine entsprechende Diagnose gestellt oder gar zur Begründung einer Arbeitsunfähigkeit angegeben wurde.
 
Ein weiterer Einwand geht dahin, der medizinische Sachverhalt sei in neuropsychologischer Hinsicht ungenügend abgeklärt worden, da die an der MEDAS-Begutachtung beteiligten Fachärzte über keine entsprechende Zusatzausbildung verfügten. Das kantonale Gericht hat hiezu erwogen, der neurologische und der psychiatrische MEDAS-Experte hätten sich mit der geklagten raschen Erschöpfbarkeit auseinandergesetzt und diese der Neurasthenie zugerechnet. Weiterer neuropsychologischer Abklärungen bedürfe es nicht. Diese Beurteilung ist nicht offensichtlich unrichtig, zumal auch die Gutachter M.________ und H.________ gemäss Expertise vom 6. Februar 2012 keine kognitiven Auffälligkeiten festgestellt haben, welche weiterer Abklärung bedurft hätten.
 
Geltend gemacht wird sodann, das MEDAS-Gutachten vom 3. März 2011 sei noch nicht nach den Grundsätzen gemäss dem - erst später ergangenen - BGE 137 V 210 eingeholt worden. Im Sinne des Urteils 9C_945/2012 (recte: 9C_495/2012) vom 4. Oktober 2012 könne nicht auf diese Expertise abgestellt werden. Auch dieser Einwand ist unbegründet, zumal hier, anders als in dem mit Urteil 9C_495/2012 beurteilten Sachverhalt, keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens vorliegen.
 
Sämtliche Einwände der Versicherten vermögen somit nicht, die Sachverhaltsfeststellung durch das kantonale Gericht als offensichtlich unrichtig erscheinen zu lassen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die vorinstanzliche Beurteilung in anderer Weise bundesrechtswidrig wäre.
 
3.4 Die vorinstanzliche Beurteilung, wonach sich der psychische Gesundheitszustand - unabhängig davon, ob er als überwindbar zu betrachten ist - erwerblich nicht in einem rentenbegründenden Invaliditätsgrad auswirkt (E. 3.1 in fine hievor), ist nicht umstritten und gibt keinen Anlass zu Weiterungen. Die Beschwerde ist demnach im Rentenpunkt abzuweisen.
 
4.
 
Das Privatgutachten M.________/H.________ vom 6. Februar 2012 war, wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, für die Beurteilung des Rechtsstreits nicht massgebend. Es kann entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung auch nicht gesagt werden, die Einholung der Expertise sei erforderlich gewesen, da die Verwaltung gebotene Abklärungen unterlassen habe. Das kantonale Gericht hat daher den Antrag, die Kosten dieser Expertise seien der Verwaltung zu überbinden, zu Recht abgewiesen (Art. 61 lit. g ATSG; RKUV 2005 Nr. U 547 S. 221, U 85/04 E. 2.1 mit Hinweisen; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 113 zu Art. 61 ATSG; vgl. auch Art. 45 Abs. 1 ATSG). Die Beschwerde ist somit auch diesbezüglich unbegründet und abzuweisen.
 
5.
 
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Beschwerdeführerin zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 24. Januar 2013
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Ursprung
 
Der Gerichtsschreiber: Lanz
 
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