BGer 5D_201/2012 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
BGer 5D_201/2012 vom 22.02.2013 | |
Bundesgericht
| |
Tribunal fédéral
| |
Tribunale federale
| |
{T 0/2}
| |
5D_201/2012, 5D_202/2012
| |
Urteil vom 22. Februar 2013
| |
II. zivilrechtliche Abteilung
| |
Besetzung
| |
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
| |
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
| |
Gerichtsschreiber Zbinden.
|
Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
| |
vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter,
| |
Beschwerdeführerin,
| |
gegen
| |
Y.________,
| |
vertreten durch Advokat Dr. Jonas Schweighauser,
| |
Beschwerdegegnerin.
| |
Gegenstand
| |
5D_201/2012
| |
Abschreibungsgebühr (vorsorglicher Unterhaltsbeitrag),
| |
5D_202/2012
| |
Abschreibungsgebühr (Schlichtungsgesuch),
| |
Verfassungsbeschwerden gegen die Verfügungen
| |
des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
| |
Der Präsident, vom 21. November 2012.
| |
Sachverhalt:
| |
A.
| |
A.a Mit Urteil des Zivilgerichtspräsidiums Basel-Stadt vom 8. August 2003 wurde die Ehe von X.________ und A.________ geschieden. Die elterliche Sorge über die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder Y.________ (geb. 1994) und B.________ (geb. 1996) wurde beiden Eltern anvertraut. Im Übrigen genehmigte die angerufene Instanz die Vereinbarung vom 2. April 2003 und die Zusatzvereinbarung vom 3. Juni 2003 der Parteien über die Nebenfolgen der Scheidung. Der Ehemann verpflichtete sich, an den Unterhalt der Kinder bis zur Vollendung des 18. Altersjahres monatlich und im Voraus mit Fr. 2'000.-- beizutragen, wobei die Unterhaltspflicht über die Mündigkeit hinaus vorbehalten blieb.
| |
A.b Am 22. Oktober 2012 klagte die inzwischen volljährige Y.________ (Tochter) gegen X.________ (Mutter) auf Bezahlung monatlicher Unterhaltsbeiträge von Fr. 2'000.-- rückwirkend ab dem 1. August 2012. Des Weiteren ersuchte sie darum, die Mutter gestützt auf Art. 303 ZPO zu angemessenen vorsorglichen monatlich vorauszahlbaren Unterhaltsbeiträgen von Fr. 1'500.-- zu verpflichten.
| |
A.c Mit Verfügung vom 24. Oktober 2012 stellte die Schlichtungsbehörde des Zivilgerichts Basel-Stadt das Schlichtungsgesuch der Tochter vom 22. Oktober 2012 der Mutter zu und lud die Parteien zur Schlichtungsverhandlung vor; auf die Erhebung eines Kostenvorschusses wurde verzichtet.
| |
A.d Mit Verfügung vom 26. Oktober 2012 stellte das Einzelgericht in Familiensachen des Zivilgerichts Basel-Stadt das Gesuch der Tochter vom 22. Oktober 2012 betreffend vorsorglichen Unterhalt der Mutter zu, verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses und lud die Parteien zur Verhandlung über das Gesuch vor. Des Weiteren wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass die Schlichtungsverhandlung im Verfahren SB 2012.1038 im Anschluss an die Verhandlung stattfinde.
| |
B.
| |
Die Mutter gelangte gegen die erwähnten Verfügungen (A.c und A.d) je mit separater Beschwerde an das Appellationsgericht Basel-Stadt und stellte in beiden Verfahren ein Gesuch um aufschiebende Wirkung, welches der Präsident des Appellationsgerichts mit Verfügung vom 15. bzw. 19. November 2012 abwies. Nachdem die Tochter ihre Klage zurückgezogen hatte, nahm die Mutter mit Eingabe vom 20. November 2012 ihre Beschwerden zurück. Je mit separater Verfügung vom 21. November 2012 schrieb der Präsident des Appellationsgerichts die beiden Verfahren als durch Rückzug der Beschwerde erledigt ab und überband der Mutter je die Kosten von Fr. 200.--.
| |
C.
| |
Die Mutter (Beschwerdeführerin) gelangt mit zwei separaten, aber inhaltlich identischen Verfassungsbeschwerden vom 24. Dezember 2012 (Postaufgabe) an das Bundesgericht. Sie beantragt im Wesentlichen, die beiden angefochtenen Verfügungen aufzuheben und von der Erhebung einer Abschreibungsgebühr abzusehen bzw. die Kosten dem Staat zu überbinden. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
| |
Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
| |
Erwägungen:
| |
1.
| |
1.1 Die Verfahren 5D_201/2012 und 5D_202/2012 betreffen die gleiche Rechtsfrage; an beiden Verfahren sind die gleichen Parteien beteiligt und die Beschwerdeführerin hat in beiden Verfahren identische Rechtsschriften eingereicht. Die Beschwerdeverfahren sind daher zu vereinigen und in einem Urteil zu behandeln (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 BZP).
| |
1.2 Angefochten sind letztinstanzliche kantonale Entscheide, mit denen der Präsident des Appellationsgerichts je das vor dem Appellationsgericht hängige Beschwerdeverfahren infolge Rückzuges der Beschwerde abgeschrieben und der Beschwerdeführerin die jeweiligen Kosten auferlegt hat. Das vor Bezirksgericht hängige Hauptverfahren in der Sache ist bereits durch Rückzug der Klage erledigt worden. Damit handelt es sich bei den angefochtenen Verfügungen um Endentscheide im Sinn von Art. 90 BGG (vgl. BGE 137 I 461 E. 4.4 S. 165 mit weiteren Hinweisen). Sind einzig die Gerichtskosten strittig und war der Streitwert in der Hauptsache gegeben, so ist das in der Sache zulässige Rechtsmittel ungeachtet der strittigen Höhe der Gerichtskosten auch zu deren ausschliesslichen Anfechtung zulässig (BGE 137 III 47 [Parteientschädigung] und Urteil 4A_146/2011 vom 12. Mai 2011 E. 1.3 [Gerichtskosten]). Im vorliegenden Fall ging es in der Sache um Unterhaltsbeiträge für ein mündiges Kind und damit um eine Zivilsache gemäss Art. 72 Abs. 1 BGG vermögensrechtlicher Natur, wobei der erforderliche Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) offensichtlich gegeben war (Art. 51 Abs. 4 BGG). Ist die Beschwerde in Zivilsachen in der Sache und damit auch für die vorliegend angefochtenen Kostenentscheide gegeben, erweist sich die Verfassungsbeschwerde als unzulässig (Art. 113 BGG e contrario). Die Beschwerdeführerin war Partei in den kantonalen Verfahren (Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG). Da ihr überdies Kosten auferlegt worden sind, verfügt sie über ein schützenswertes Interesse an der Anfechtung der besagten Entscheide (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Die fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichten Verfassungsbeschwerden sind als Beschwerden im Sinn von Art. 72 ff. BGG entgegenzunehmen.
| |
2.
| |
2.1 Als Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV rügt die Beschwerdeführerin, ihr sei seit ihrer Eingabe vom 20. November 2012 (Rückzug der Beschwerde) das rechtliche Gehör nicht mehr gewährt worden.
| |
2.2 Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich kein Recht auf eine separate Anhörung zu der vom Gericht gestützt auf den Verfahrensausgang ins Auge gefassten Kosten- und Entschädigungsregelung (Urteil des Bundesgerichts B 15/05 vom 29. März 2006 E. 10.1 mit Hinweis auf BGE 115 Ia 101 E. 2 S. 102 f.). Davon abzuweichen besteht auch im vorliegenden Fall kein Anlass, zumal sich die Beschwerdeführerin anlässlich des Rückzuges des Rechtsmittels zur Kostenfrage äussern konnte und dies auch getan hat. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.
| |
3.
| |
3.1 Die Beschwerdeführerin sieht ihren Anspruch auf einen Entscheid innert angemessener Frist als verletzt, weil das Appellationsgericht die Verfügungen betreffend aufschiebende Wirkung erst kurz vor der Hauptverhandlung in der Sache mitgeteilt habe.
| |
3.2 Nach Art. 29 Abs. 1 BV hat jede Person in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist. Eine Verletzung dieser Bestimmung ist gegeben, wenn die zuständige Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde den verlangten Entscheid nicht binnen der Frist erlässt, welche nach der Natur der Sache und nach der Gesamtheit der übrigen Umstände als angemessen erscheint (BGE 131 V 407 E. 1.1 S. 409; 130 I 312 E. 5.1 S. 331). Dabei sind insbesondere die Art des Verfahrens, die Schwierigkeit der Materie, das Verhalten der Beteiligten und auch die Bedeutung der Angelegenheit für den Rechtsuchenden zu berücksichtigen (BGE 130 I 312 E. 5.2 S. 332; 125 V 188 E. 2a S. 191; 119 Ib 311 E. 5b S. 325).
| |
3.3 Die Beschwerden wurden am 9. bzw. 12. November 2012 eingereicht. Die fraglichen Verfügungen betreffend aufschiebende Wirkung ergingen am 15. bzw. 19. November 2012, womit das Appellationsgericht innert angemessener Frist über die aufschiebende Wirkung entschieden hat. Daran ändert nichts, dass die Entscheide betreffend aufschiebende Wirkung nur kurz vor der Hauptverhandlung vor dem Zivilgericht in der Sache ergangen sind. Die Beschwerdeführerin zeigt denn auch nicht auf, dass sie das Appellationsgericht auf die unmittelbar bevorstehende Verhandlung hingewiesen hat.
| |
4.
| |
4.1 Der Präsident des Appellationsgerichts hat der Beschwerdeführerin in Anwendung von Art. 106 ZPO die Kosten der Beschwerdeverfahren auferlegt und zur Begründung ausgeführt, es entspreche der Praxis des Appellationsgerichts, von der Erhebung von Kosten abzusehen, wenn das Verfahren vor der Leistung des Kostenvorschusses erledigt werden könne. Von dieser Regel werde abgewichen, wenn bereits zuvor richterlicher Aufwand entstanden sei. Die Beschwerdeführerin habe in beiden Verfahren um aufschiebende Wirkung ersucht, die mit eingehender Begründung habe abgewiesen werden müssen. Damit rechtfertige es sich, ihr die Kosten aufzuerlegen, umso mehr als auf die Rechtsmittel gar nicht hätte eingetreten werden können.
| |
4.2 Wie sich aus den angefochtenen Verfügungen ergibt, ist das in beiden Verfahren gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen worden. Damit aber hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie in Anwendung von Art. 106 Abs. 1 ZPO davon ausgegangen ist, die Beschwerdeführerin sei unterlegen. Was diese unter dem Titel Willkür gegen die Begründung der angefochtenen Verfügungen vorbringt, ist nicht geeignet, die angefochtenen Entscheide als im Ergebnis bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Darauf ist nicht weiter einzugehen.
| |
5.
| |
Damit sind die Beschwerden abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat jedoch die Gegenpartei für das bundesgerichtliche Verfahren nicht zu entschädigen, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist.
| |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
| |
1.
| |
Die Beschwerdeverfahren 5D_201/2012 und 5D_202/2012 werden vereinigt.
| |
2.
| |
Die Verfassungsbeschwerden werden als Beschwerden im Sinn von Art. 72 ff. BGG entgegengenommen und abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
| |
3.
| |
Die Gerichtskosten von Fr. 400.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
| |
4.
| |
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Der Präsident, schriftlich mitgeteilt.
| |
Lausanne, 22. Februar 2013
| |
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
| |
des Schweizerischen Bundesgerichts
| |
Der Präsident: von Werdt
| |
Der Gerichtsschreiber: Zbinden
| |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |