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Informationen zum Dokument  BGer 2C_115/2013  Materielle Begründung
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BGer 2C_115/2013 vom 09.04.2013
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_115/2013
 
Urteil vom 9. April 2013
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Seiler, Kneubühler,
 
Gerichtsschreiber Winiger.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Amt für Migration des Kantons Zug,
 
Aabachstrasse 1, Postfach 857, 6301 Zug,
 
Regierungsrat des Kantons Zug, Regierungsgebäude am Postplatz, Postfach 156, 6301 Zug.
 
Gegenstand
 
Aufenthaltsbewilligung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 29. November 2012.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Der ägyptische Staatsangehörige X.________ (geb. 1976) heiratete am 2. Februar 2009 in Hurghada (Ägypten) die in der Schweiz mit einer Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA lebende Deutsche Y.________ (geb. 1965). Am 5. März 2010 reiste er in die Schweiz ein und erhielt am 8. März 2010 eine bis 27. Mai 2013 gültige Aufenthaltsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Familiennachzug bzw. Verbleib beim Ehegatten, berechtigt zur Erwerbstätigkeit".
 
1.2 Am 9. September 2011 trennte sich Y.________ von ihrem Ehemann und am 23. September 2011 zog dieser aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung aus.
 
1.3 Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs widerrief das Amt für Migration des Kantons Zug am 1. Februar 2012 - aufgrund der definitiven Auflösung der Familiengemeinschaft - die Aufenthaltsbewilligung von X.________ und wies ihn aus der Schweiz und den Schengener Staaten weg. Der Regierungsrat bzw. das Verwaltungsgericht des Kantons Zug bestätigten am 4. September 2012 bzw. 29. November 2012 diesen Entscheid.
 
1.4 X.________ beantragt mit Beschwerde vom 1. Februar 2013 die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug; weiter sei ihm die Aufenthaltsbewilligung nicht zu entziehen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Zudem beantragt er unentgeltliche Rechtspflege.
 
Auf die Anordnung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.
 
2.
 
2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig - d.h. in willkürlicher Weise - oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft erscheint (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255; 133 III 350 E. 1.3 S. 352). Willkür liegt nicht bereits dann vor, wenn eine andere Sicht ebenfalls vertretbar oder sogar zutreffender erschiene, sondern nur, wenn sich die vorinstanzliche Beurteilung als offensichtlich unhaltbar erweist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt bzw. in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148 mit Hinweisen). Auf rein appellatorische Kritik an der Beweiswürdigung tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 136 II 101 E. 3 S. 104 f.).
 
2.2 Die vorliegende Eingabe genügt den entsprechenden Anforderungen kaum (vgl. LAURENT MERZ, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 52 ff. zu Art. 42 BGG): Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, bloss die bereits vor der Vorinstanz erhobenen Einwände zu wiederholen; mit deren Ausführungen dazu setzt er sich nicht weiter auseinander. Zwar behauptet er, die Beweiswürdigung und die Feststellung des Sachverhalts seien unzutreffend oder würden Fragen aufwerfen, er legt indessen nicht dar, inwiefern die Darlegungen der Vorinstanz als offensichtlich unhaltbar gelten müssten (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG; "qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht": BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Dies ist auch nicht ersichtlich.
 
3.
 
3.1 Der Beschwerdeführer hat als Ehegatte einer EU-Bürgerin gestützt auf das Freizügigkeitsrecht grundsätzlich einen Anspruch auf die Bewilligung, solange die Ehe formell fortbesteht (Art. 7 lit. d des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit [FZA; SR 0.142.112.681] i.V.m. Art. 3 Anhang I FZA; Urteil des EuGH vom 13. Februar 1985 C-267/83 Diatta, Rec. 1985 S. 567; BGE 130 II 113 E. 8 S. 127 ff.). Dieses Recht steht indessen unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs (BGE 130 II 113 E. 9 S. 129 ff.); fehlt der Wille zur Gemeinschaft und dient das formelle Eheband ausschliesslich dazu, die ausländerrechtlichen Zulassungsvorschriften zu umgehen, fällt der entsprechende Anspruch dahin (Urteile 2C_886/2011 vom 28. Februar 2012 E. 3.1; 2A.557/2002 vom 3. Juni 2004 E. 5). Die abgeleitete Bewilligung des Drittstaatsangehörigen kann in diesem Fall mangels Fortbestehens der Bewilligungsvoraussetzungen gestützt auf Art. 23 Abs. 1 VEP (SR 142.203) i.V.m. Art. 62 lit. a (falsche Angaben oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen) oder lit. d AuG (Nichteinhalten einer mit der Verfügung verbundenen Bedingung) widerrufen werden.
 
3.2 Der Beschwerdeführer lebt spätestens seit dem 23. September 2011 von seiner Gattin getrennt. Konnte in einer Anfangsphase allenfalls noch davon ausgegangen werden, dass die Eheleute wieder zusammenfinden würden, war dies bei Erlass der Verfügung durch das Amt für Migration am 1. Februar 2012 nicht mehr der Fall, auch wenn der Beschwerdeführer geltend macht, sie hätten versucht, "die Ehe wieder zu kitten". Seine Gattin hatte zu diesem Zeitpunkt jedoch mehrfach klar zum Ausdruck gebracht, dass die Beziehung gescheitert war und sie die Scheidung wünschte (vgl. angefochtener Entscheid E. 4). Der Beschwerdeführer beruft sich somit auf eine inhaltsleere, nur noch formell fortbestehende Ehe, um sein Anwesenheitsrecht zu sichern. Hierzu dient die freizügigkeitsrechtliche Nachzugsregelung für Drittstaatsangehörige indessen nicht; nur wenn die Voraussetzungen des Verbleiberechts (vgl. Art. 4 Anhang I FZA) erfüllt sind, besteht freizügigkeitsrechtlich ein entsprechender Anspruch fort. Die Bewilligung war dem Beschwerdeführer zum Verbleib bei seiner Gattin erteilt worden; mit dem materiellen Scheitern der Ehe und der ausschliesslich noch ausländerrechtlich motivierten Anrufung des Ehebands sind die Bewilligungsvoraussetzungen dahingefallen und durfte die bis zum 27. Mai 2013 gültige Bewilligung deshalb vorzeitig widerrufen werden.
 
4.
 
4.1 Ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern haben unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 1 AuG Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Der Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG). Da EU-Bürger und ihre Angehörigen freizügigkeitsrechtlich nicht schlechter gestellt werden dürfen als Schweizer Bürger in der gleichen Situation (vgl. Art. 2 FZA), kann sich der Beschwerdeführer - losgelöst von der Bewilligungssituation seiner Gattin - auf diese Bestimmung berufen; die entsprechenden Voraussetzungen sind indessen nicht gegeben. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau haben sich nach den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen (vgl. E. 2.1 hiervor) spätestens am 23. September 2011 getrennt. Ihre in der Schweiz gelebte Ehegemeinschaft hat deshalb unbestrittenermassen keine drei Jahre gedauert (vgl. BGE 136 II 113 E. 3.3 S. 117 ff.).
 
4.2
 
4.2.1 Entgegen der Kritik des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz auch zu Recht einen Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG verneint: Danach besteht der Bewilligungsanspruch fort, falls wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. Nach Art. 50 Abs. 2 AuG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dazu (BGE 137 II 345 E. 3.2.2 S. 349) kann dies namentlich der Fall sein, wenn die ausländische Person mit abgeleitetem Aufenthaltsrecht Opfer ehelicher Gewalt geworden ist oder wenn ihre soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint. Dabei ist entscheidend, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und von ihr vorgezogen würde. Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 42 Abs. 1 abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sein muss (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350 und das Urteil 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.2).
 
4.2.2 Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, Opfer ehelicher Gewalt geworden zu sein, kann auf den angefochtenen Entscheid (E. 6a) verwiesen werden: Wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, müssen die physische oder psychische Zwangsausübung und deren Auswirkungen von einer gewissen Konstanz bzw. Intensität sein (BGE 138 II 229 E. 3.2.1 S. 233); allgemein gehaltene Behauptungen oder Hinweise auf punktuelle Spannungen genügen dagegen nicht (BGE 138 II 229 E. 3.2.3 S. 235). Was der Beschwerdeführer - wie schon vor der Vorinstanz - dazu vorbringt, vermag die erwähnten Anforderungen bei Weitem nicht zu erfüllen.
 
4.2.3 Sodann legt der Beschwerdeführer auch nicht dar, inwiefern seine Rückkehr besondere Probleme stellen würde, die in einem hinreichend engen Zusammenhang zur ursprünglich anspruchsbegründenden Ehe und dem damit verbundenen bisherigen (bewilligten) Aufenthalt im Land stünden (vgl. E. 4.2.1 hiervor). Wurden wie im vorliegenden Fall keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft und war der Aufenthalt im Land nur von kurzer Dauer, besteht kein Anspruch auf einen weiteren Verbleib, auch wenn der Betroffene hier nicht straffällig geworden ist, gearbeitet hat und sich inzwischen auch etwas in einer Landessprache auszudrücken vermag. Der Beschwerdeführer hat den Grossteil seines Lebens in der Heimat verbracht. Es ist nicht ersichtlich, warum unter diesen Umständen seine erneute Integration in seiner Heimat besondere Probleme stellen würde (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.3 S. 350).
 
5.
 
5.1 Der angefochtene Entscheid verletzt somit kein Bundes- oder Konventionsrecht. Die Beschwerde kann ohne Schriftenwechsel im Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden. Für alles Weitere wird ergänzend auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). Mit dem vorliegenden Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
 
5.2 Da dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung vor Bundesgericht infolge Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren nicht entsprochen werden kann (Art. 64 BGG), hat der unterliegende Beschwerdeführer grundsätzlich die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers wird indessen bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen. Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. April 2013
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Winiger
 
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