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Informationen zum Dokument  BGer 6B_127/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_127/2013 vom 03.09.2013
 
{T 0/2}
 
6B_127/2013
 
 
Urteil vom 3. September 2013
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Boog.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ S.A.,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Isenring,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Nichtanhandnahme einer Untersuchung (Betrug),
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 20. Dezember 2012.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
3.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 3 und 8 StGB sowie von Art. 310 StPO. Sie macht geltend, es stehe nicht eindeutig fest, dass keine schweizerische Strafhoheit bestehe. Beim grenzüberschreitenden Betrug kämen für die Bestimmung der schweizerischen Gerichtsbarkeit sowohl der Ort, wo die beabsichtigte Bereicherung eintreten soll, als auch der Ort der schädigenden Vermögensdisposition in Frage. Dem Ort der Vermögensverfügung komme das gleiche Gewicht zu wie demjenigen der arglistigen Täuschung, der Irrtumserregung, oder des Vermögensschadens. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz sei der einzelzeichnungsberechtigte E.________ den Darlehensvertrag zur Finanzierung des Geschäfts mit der D.________ in Genf eingegangen, wo auch seine Büros lägen. Die Vorinstanz hätte das Verfahren somit eröffnen und nach Genf abtreten müssen (Beschwerde S. 6 f.).
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3.2. Die Strafanzeige nennt als täuschende Handlungen die Darstellung der D.________ als staatlichen Betrieb, die Anmietung entsprechender Räumlichkeiten in einem Staatsgebäude, die angeblich hohe Reputation der Beschuldigten, namentlich von A.________ als Experte für Isotope in Russland, die Vorspiegelung eines existierenden Marktes und eines hohen Marktwertes des Isotops SE-74 durch Weiterleitung fiktiver Kaufofferten sowie die Zusicherung eines Exklusivkaufrechts.
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3.3. Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, ein Anknüpfungspunkt im Sinne von Art. 8 Abs. 1 StGB sei gestützt auf das Territorialprinzip (Art. 3 StGB) nicht gegeben. Die mutmasslich begangene Straftat habe wahrscheinlich an mehreren Orten stattgefunden. Aus der Strafanzeige ergäben sich indes nicht genügend Hinweise dafür, dass die Tat auf schweizerischem Staatsgebiet ausgeführt worden sei. Die aus dem Zeitraum vor Abschluss des Hauptvertrages vom 25. April 2007 stammenden Belege, namentlich zwei Hotelrechnungen und ein Zugticket, seien nicht stichhaltig. Zudem seien sowohl der Hauptvertrag als auch die beiden Zusatzverträge vom 4. Juni 2008 und vom 8. Juli 2008 unter Abwesenden geschlossen worden. Dies folge bezüglich des Hauptvertrags aus den Angaben der Beschwerdeführerin selbst und bezüglich der Zusatzverträge aus den Stempeln neben der Unterschrift der Beschuldigten. Wo E.________ die Verträge unterschrieben habe, sei unerheblich, da es bei der Bestimmung des Ausführungsortes nicht auf die Handlungen des Getäuschten, sondern auf diejenigen der Täter ankomme. Dass die Beschuldigten das Isotop SE-74 in die Schweiz gebracht, im Zollfreilager Zürich gelagert und der Beschwerdeführerin in Zürich übergeben hätten, bilde keinen Anknüpfungspunkt für die schweizerische Zuständigkeit. Weder die Lagerung des Kaufgegenstandes in Zürich noch dessen Übergabe an die Beschwerdeführerin seien Täuschungshandlungen (angefochtener Beschluss S. 8 ff.). Der Ort des Eintritts des Vermögensschadens liege in Panama, der Erfolgsort der Bereicherung in Russland. Wo der Irrtum eingetreten sei, lasse sich nicht feststellen. In der Schweiz (Genf) liege einzig der Ort der Vermögensdisposition, d. h. der Ort, wo die Beschwerdeführerin bzw. der für sie handelnde E.________ den Darlehensvertrag zur Finanzierung des Geschäfts mit der D.________ eingegangen sei. Soweit dieser Ort als Erfolgsort anerkannt werde, erscheine er im Zusammenhang der Geschehensabläufe als derart untergeordnet, dass sich sachlich nicht rechtfertige, einzig aufgrund dieses Ortes die Zuständigkeit der Schweizer Behörden zur Strafverfolgung zu bejahen. Schliesslich vermöge auch die Überweisung des Kaufpreises von einem Konto der Darleiherin bei einer Bank mit Sitz in Zürich auf ein ausländisches Konto der D.________ die schweizerische Gerichtsbarkeit nicht zu begründen (angefochtener Beschluss S. 12 f.).
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Erwägung 4
 
4.1. Nach Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt. Sie verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt (Art. 309 Abs. 4 StPO). Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a) oder wenn Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b). Hat die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung eröffnet, stellt sie gemäss Art. 319 Abs. 1 StPO das Verfahren ein, wenn u.a. kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a), oder wenn kein Straftatbestand erfüllt ist (lit. b).
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Erwägung 4.2
 
4.2.1. Gemäss Art. 3 Abs. 1 StGB ist dem Schweizerischen Strafgesetzbuch unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder ein Vergehen verübt. Nach Art. 8 Abs. 1 StGB (aArt. 7 Abs. 1 StGB) gilt ein Verbrechen oder ein Vergehen als da begangen, wo der Täter es ausführt oder pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist. Fallen Handlungs- und Erfolgsort auseinander (Distanzdelikte), bestehen somit mehrere Tatorte, denen dasselbe Gewicht zukommt. Dies ergibt sich aus der tatbeständlichen Einheit von Handlung als Verwirklichung des Tatvorsatzes und Erfolg als Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts. Die Anerkennung des Erfolgsorts als Tatort beruht auf dem Gedanken, dass die Anwendung des inländischen Strafrechts zum Schutz der im Inland gelegenen Rechtsgüter auch dann geboten ist, wenn diese durch eine Handlung im Ausland angegriffen werden (vgl. Martin Böse, in: Nomos Kommentar, Strafgesetzbuch, 4. Aufl. 2013, Bd. 1, § 9 N 2; Gerhard Werle/Florian Jessberger, Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 12. Aufl., Berlin 2006 ff. § 9 N 3; für den Erfolgsort als bloss subsidiäres Anknüpfungskriterium Popp/Keshelava, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, Art. 8 StGB N 9).
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4.2.2. Ein Betrug im Sinne von Art. 146 StGB gilt als dort ausgeführt, wo der Täter jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen oder unter Ausnützung eines Irrtums zu einem Verhalten bestimmt, das den sich Irrenden oder einen Dritten am Vermögen schädigt (vgl. Nay/Thommen, in: Basler Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Art. 340 N 9 [zum Gerichtsstand des Begehungsorts; aufgehoben mit Wirkung ab 1. Januar 2011]). Bei schriftlichen Täuschungshandlungen liegt der Ausführungsort dort, wo der Täter die Schrift geschrieben und versandt hat (vgl. Schweri/Bänziger, Interkantonale Gerichtsstandsbestimmung in Strafsachen, 2. Aufl., 2004, N 77 und 106). Als Ort des Erfolgs gilt nach der Rechtsprechung sowohl der Ort der schädigenden Vermögensverfügung bzw. der Schädigung des Vermögens als auch derjenige, an dem die beabsichtigte Bereicherung eingetreten ist oder hätte eintreten sollen (BGE 125 IV 177 E. 2a; 117 Ib 210 E. 3b/cc; 109 IV 1 E. 3c). So gilt der Erfolg als in der Schweiz eingetreten, wenn das Opfer der Schädigung eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz ist, auch wenn ein Grossteil der deliktischen Handlung im Ausland verübt wurde (BGE 124 IV 241 E. 4c).
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4.3. Die Vorinstanz erwägt in Bezug auf die Vermögensverfügung als Anknüpfungspunkt, das Bundesgericht habe sich bis anhin noch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Ort, an welchem die Verfügung vorgenommen werde, als Erfolgsort gelten könne oder als eine blosse Zwischenwirkung zu verstehen sei (angefochtener Beschluss S. 6). Wenn die Frage, ob der Ort der Vermögensdisposition als Erfolgsort gilt, höchstrichterlich noch nicht entschieden ist und im Schrifttum zudem beachtliche Gründe für eine derartige Auffassung vorgebracht werden, lässt sich nicht ernsthaft annehmen, die Zuständigkeit der Schweizer Behörden zur Strafverfolgung sei offensichtlich nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung kann der Umstand, dass Präjudizien zur Anwendung des materiellen Strafrechts fehlen, denn auch ein Kriterium darstellen, das im Zweifel für eine Anklageerhebung spricht (Urteil des Bundesgerichts 1B_528/2011 23. März 2012 E. 2.4). Ob tatsächlich Anklage erhoben wird, entscheidet sich in einem differenzierenden Abwägungsprozess, der die Eröffnung einer Untersuchung voraussetzt.
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Erwägung 5
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 20. Dezember 2012 aufgehoben und die Sache ans Obergericht zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen sowie an die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich zur Eröffnung einer Untersuchung zurückgewiesen.
 
2. Es werden keine Kosten erhoben.
 
3. Der Kanton Zürich hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. September 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Boog
 
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