BGer 2C_343/2013 | |||
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BGer 2C_343/2013 vom 13.09.2013 | |
{T 0/2}
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2C_343/2013
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Urteil vom 13. September 2013 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Donzallaz,
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Bundesrichter Kneubühler,
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Gerichtsschreiberin Hänni.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Pablo Blöchlinger,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Migrationsamt des Kantons Zürich, Berninastrasse 45, 8090 Zürich,
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Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.
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Gegenstand
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Aufenthaltsbewilligung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Kammer, vom 20. Februar 2013.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. X.________ (geb. 1981) stammt aus Chile. Sie gelangte erstmals am 21. November 1983 mit ihren Eltern als Flüchtling in die Schweiz, wo der Familie Asyl erteilt wurde. Ab dem 29. November 1988 war sie im Besitz einer Niederlassungsbewilligung des Kantons Zürich. Am 30. Juli 1993 kehrte die Familie in die Heimat zurück. Am 1. Oktober 2001 reiste X.________ wieder in die Schweiz ein zwecks eines Vorbereitungskurses für ein Hochschulstudium im Kanton Freiburg, wo sie eine Aufenthaltsbewilligung erhielt. Nachdem sie sich an der Universität Zürich immatrikuliert hatte, stellte sie am 22. August 2002 ein Gesuch um Wiedererteilung der Niederlassungsbewilligung. Der Kanton Zürich erteilte ihr daraufhin am 22. Oktober 2002 eine Aufenthaltsbewilligung zu Studienzwecken. X.________ war zumindest bis zum 31. Januar 2009 an der Universität Zürich eingeschrieben, ohne während dieser Zeit Prüfungen abzulegen. Mit Schreiben vom 24. September 2008 teilte ihr das Migrationsamt mit, ihre Aufenthaltsbewilligung werde letztmals bis zum 31. Juli 2009 verlängert, weil dann die maximale Aufenthaltsdauer zu Studienzwecken von acht Jahren erreicht sei.
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1.2. Am 30. September 2008 heiratete X.________ den Schweizer Bürger A.________ (geb. 1985). Am 13. Juli 2009 stellte sie ein Gesuch um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Im Verlauf des Gesuchsverfahrens wurden die ehelichen Verhältnisse näher abgeklärt. Anlässlich der polizeilichen Kontrollen konnte A.________ in der gemeinsamen Wohnung nicht angetroffen werden; auch telefonisch war er nie erreichbar. Mehreren Vorladungen zur polizeilichen Einvernahme und zum Erscheinen vor dem Migrationsamt leistete er keine Folge. Ein gegen X.________ angehobenes Strafverfahren wegen Fälschung der Unterschriften ihres Gatten im ausländerrechtlichen Verfahren wurde am 8. März 2011 eingestellt.
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1.3. Mit Verfügung vom 26. April 2011 wies das Migrationsamt das Gesuch um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von X.________ ab. Zur Begründung führte es an, die Ehe mit A.________ sei nur zum Schein eingegangen worden, um der Gesuchstellerin ein Anwesenheitsrecht zu sichern. Ein gegen die Verfügung erhobener Rekurs an die Rekursabteilung der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich blieb erfolglos. Eine dagegen erhobene Beschwerde an das Verwaltungsgericht wies dieses mit Urteil vom 20. Februar 2013 ab.
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1.4. X.________ beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
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Erwägung 2 | |
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig - d.h. in willkürlicher Weise - oder in Verletzung wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die betroffene Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und eindeutig mangelhaft erscheint (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 281; 138 II 331 E. 1.4 S. 336; 137 II 222 E. 7.4 S. 230).
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Erwägung 3 | |
Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Verwaltungsgericht habe gegen Art. 50 Abs. 1 AuG (SR 142.20) verstossen, indem es einen Aufenthaltsanspruch in der Schweiz nach einer dreijährigen Ehedauer verneinte. Darüber hinaus habe die Vorinstanz in unzulässiger und willkürlicher Weise in ihr Recht auf Privatleben (Art. 8 EMRK; Art. 13 BV) eingegriffen.
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Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen:
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3.1. Ausländische Ehegatten von Schweizer Bürgern haben unter Vorbehalt von Art. 51 Abs. 1 AuG Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit ihrem Partner zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AuG). Der Bewilligungsanspruch besteht trotz Auflösens bzw. definitiven Scheiterns der Ehegemeinschaft fort, wenn diese mindestens drei Jahre gedauert und die betroffene ausländische Person sich hier erfolgreich integriert hat (Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG; BGE 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119). Eine (relevante) Ehegemeinschaft liegt vor, solange die eheliche Beziehung tatsächlich gelebt wird und ein gegenseitiger Ehewille besteht. Dabei ist im Wesentlichen auf die nach aussen wahrnehmbare eheliche Wohngemeinschaft abzustellen (BGE 138 II 229 E. 2 S. 231; 137 II 345 E. 3.1.2 f. S. 347). Nach Art. 49 AuG besteht das Erfordernis des Zusammenwohnens nicht, wenn für getrennte Wohnorte wichtige Gründe geltend gemacht werden können und die Familiengemeinschaft fortdauert (vgl. Art. 76 VZAE [SR 142.201]; Urteil 2C_891/2012 vom 7. Juni 2013 E. 2.3 mit zahlreichen Hinweisen; vgl. auch Urteil 2C_635/2009 vom 26. März 2010 E. 4.4 mit Hinweisen).
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3.2. Die Ehe der Beschwerdeführerin erreichte während des Rekursverfahrens im September 2011 eine Dauer von drei Jahren. Zum Zeitpunkt des vorinstanzlichen Urteils lebten die Beschwerdeführerin und ihr Gatte getrennt. Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen konnte ihr Ehegatte jedoch bereits zuvor, anlässlich von wiederholten polizeilichen Kontrollen ab Juli 2009, nie an der gemeinsamen Adresse angetroffen werden. Er war während des gesamten mittlerweile vier Jahre dauernden ausländerrechtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin weder telefonisch erreichbar noch leistete er Vorladungen des Migrationsamtes oder der Polizei je Folge. Auch als die Beschwerdeführerin in Verdacht stand, seine Unterschriften auf drei Dokumenten reproduziert oder kopiert zu haben, äusserte sich ihr Ehegatte hierzu nicht, obwohl er sich offenbar, wie sich aus Steuerunterlagen ergab, zeitweise in der Schweiz aufgehalten hatte. Die Vorinstanz durfte sich demnach auf den Standpunkt stellen, diese Umstände, und auch die an ihn adressierten, ungeöffneten Briefe würden darauf hinweisen, dass er sich nicht oder zumindest nicht regelmässig an der gemeinsamen Adresse aufgehalten hat.
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3.3. Die Beschwerdeführerin behauptet zwar, in dieser Zeit mit ihrem Gatten zusammengelebt und eine im Sinne von Art. 50 AuG relevante Ehegemeinschaft gebildet zu haben; sie substanziiert indes in keiner Weise, inwiefern die Feststellungen der Vorinstanz, wonach sich der Ehegatte nicht (oder nicht regelmässig) bei ihr aufgehalten habe, offensichtlich unrichtig sein sollten und wie sich die Wohngemeinschaft stattdessen gestaltet habe (vgl. E. 2). Sie verweist einzig auf einen bereits der Vorinstanz eingereichten Arztbericht, der dokumentieren soll, dass die Beschwerdeführerin unter der (vor dem Verwaltungsgericht erstmals vorgebrachten) Trennung von ihrem Gatten litt. Inwiefern für diese Trennung wichtige Gründe im Sinne von Art. 49 AuG vorgelegen haben sollen bzw. die Ehegatten beabsichtigten, die eheliche Gemeinschaft überhaupt fortzuführen, wird nicht vorgebracht. Mangels tatsächlich gelebter Ehegemeinschaft kann die Beschwerdeführerin demnach keinen Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG für sich ableiten. Dass ein Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG vorliegen soll, behauptet die Beschwerdeführerin nicht, und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob sich die Beschwerdeführerin (von Anfang an) rechtsmissbräuchlich auf eine inhaltsleere Ehe berief, wie dies die Vorinstanz angenommen hatte (BGE 136 II 113 E. 3.2 S. 115 ff.; Urteil 2C_177/2013 vom 6. Juni 2013 E. 3.1 mit Hinweisen).
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3.4. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine Verletzung von Art. 8 EMRK und Art. 13 BV (Recht auf Privatleben) sowie Art. 9 BV vor. Sie sehe sich gestützt auf die lange Aufenthaltsdauer einer ausserordentlichen Härte gegenüber, nach Chile zurückkehren zu müssen.
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3.4.1. Das Verwaltungsgericht hat sich ausführlich mit den privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in der Schweiz auseinandergesetzt (Dauer ihres Aufenthalts; Sprache; Arbeitsstelle; Familie; Rückkehr in ihr Heimatland). Diese war als Kind im Familienverbund in die Schweiz eingereist. Demgegenüber verbrachte sie, nachdem ihre Familie im Jahr 1993 nach Chile zurückgereist war, die prägenden Jugendjahre von gut elf bis knapp 20 Jahren in der Heimat und erwarb dort die Maturität. Im Oktober 2001 begab sie sich zu Studienzwecken erneut in die Schweiz. Wie die Vorinstanz korrekt darlegt, ist der Aufenthalt zu Studienzwecken in der Regel auf acht Jahre befristet (Art. 23 Abs. 3 VZAE). Dass mit der Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken eine zeitlich beschränkte Bewilligung ausgestellt wurde, musste der Beschwerdeführerin bewusst gewesen sein, als sie um Aufenthalt ersuchte.
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3.4.2. Aus dem angerufenen Recht auf Schutz des Privatlebens ergibt sich nur dann ein Aufenthaltsrecht, wenn die betroffene Person über besonders intensive, über die normale Integration hinausgehende private Bindungen gesellschaftlicher oder beruflicher Natur oder entsprechende vertiefte soziale Beziehungen zum ausserfamiliären bzw. ausserhäuslichen Bereich verfügt (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286; 126 II 377 E. 2c S. 384 ff.; 120 Ib 16 E. 3b S. 22). Die Beschwerdeführerin war während ihres Aufenthalts zwar für ein Hochschulstudium immatrikuliert, hatte hingegen keine Prüfungen abgelegt und in einem Call-Center gearbeitet. Eine besonders enge, einen Anspruch auf Aufenthalt in der Schweiz begründende Beziehung beruflicher Natur ergibt sich aus diesen Umständen entgegen ihrer Ansicht nicht. Auch leben ihre Eltern nach wie vor in Chile; gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen unterhält die Beschwerdeführerin einen engen Kontakt zu ihrer Mutter. Dass ihr aufgrund einer privaten Verwurzelung eine Rückkehr in die Heimat nach einem Aufenthalt zu Studiumszwecken nicht zumutbar sein soll, ist vor diesem Hintergrund nicht dargetan.
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Erwägung 4 | |
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Kammer, und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 13. September 2013
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Die Gerichtsschreiberin: Hänni
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