BGer 6B_411/2013 | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
BGer 6B_411/2013 vom 20.11.2013 | |
{T 0/2}
| |
6B_411/2013
|
Urteil vom 20. November 2013 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
| |
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied,
| |
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
| |
Bundesrichter Oberholzer,
| |
Gerichtsschreiber Faga.
|
Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
| |
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Damke,
| |
Beschwerdeführerin,
| |
gegen
| |
1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
| |
2. B.________ Ltd.,
| |
3. C.________ AG,
| |
2 und 3 vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marco Barbatti,
| |
Beschwerdegegnerinnen.
| |
Gegenstand
| |
Unlauterer Wettbewerb, Markenrechtsverletzung; Willkür etc.,
| |
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, vom 27. März 2013.
|
Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. |
Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234 mit Hinweisen; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51; 136 III 552 E. 4.2 S. 560; je mit Hinweisen).
| 1 |
1.2. Unbestritten ist, dass die D.________ AG die F.________ AG mit einer Werbekampagne beauftragte, die F.________ AG der G.________ AG den Auftrag zur Beschaffung der Duftbäumchen erteilte und diese die Duftbäumchen bei einem ausländischen Produzenten besorgte. Unbestritten ist auch, dass die F.________ AG vor der Produktion ein Muster von der G.________ AG erhielt und darauf den Auftrag zur Produktion der für die Werbekampagne vorgesehenen Duftbäumchen (nachfolgend: "Weihnachtsbäumchen") erteilte (vgl. zum unbestrittenen Sachverhalt die auf S. 8 ff. des vorinstanzlichen Entscheids zitierten erstinstanzlichen Feststellungen). Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin die markenrechtlich geschützte Form der durch die C.________ AG (Beschwerdegegnerin 3) vertriebenen Raumerfrischer (nachfolgend: M.________-Baum) kannte.
| 2 |
1.3. Die Beschwerdeführerin vermag nicht aufzuzeigen, inwiefern diese Beweiswürdigung willkürlich sein sollte. Ihre Argumentation geht im Wesentlichen an der Sache vorbei. Sie bringt etwa vor, die Vorinstanz begründe ihre Kenntnis vom M.________-Baum einzig damit, dass sie (die Beschwerdeführerin) das Layout der Weihnachtskampagne mit der Form, der Grösse etc. des "Weihnachtsbäumchens" gesehen habe. Aus der Kenntnis des Layouts lasse sich nicht ableiten, dass sie die Form des M.________-Baums gekannt habe. Einen solchen Schluss, der in der Tat widersinnig wäre, zieht die Vorinstanz indes klarerweise nicht. Vielmehr befasst sie sich in den von der Beschwerdeführerin wiedergegebenen Erwägungen mit der Kenntnis bezüglich des
| 3 |
Erwägung 2 | |
Die Beschwerdeführerin argumentiert, sie habe in Bezug auf die ihr zur Last gelegten Vorwürfe der Markenrechtsverletzung (Art. 61 Abs. 1 lit. b MSchG) und des unlauteren Wettbewerbs (Art. 3 Abs. 1 lit. d und Art. 23 Abs. 1 UWG) nicht eventualvorsätzlich gehandelt, da sie weder Namen noch Form des M.________-Baums gekannt habe. Damit widerspricht sie teilweise (betreffend den Markennamen) ihren eigenen Zugeständnissen im Untersuchungsverfahren. Sie richtet sich gegen tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz, ohne darzutun, dass und inwiefern diese willkürlich sind (E. 1. hievor). In welcher Hinsicht die Vorinstanz bei der von ihr festgestellten Sachlage eine eventualvorsätzliche Verletzung des Markenrechts der B.________ Ltd. (Beschwerdegegnerin 2) und ein unlauteres Verhalten gegenüber der Beschwerdegegnerin 3 zu Unrecht bejaht und damit Bundesrecht verletzt hat, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Darauf ist nicht einzutreten.
| 4 |
3.
| 5 |
3.1. Die Beschwerdeführerin bringt zum Verhältnis von MSchG und UWG vor, es sei strafrechtlich von unechter Konkurrenz auszugehen, wobei das UWG vom MSchG als lex specialis verdrängt werde. Sachverhaltselemente, welche "zusätzlich zu Art. 3 lit. d UWG eine weitergehende Verletzung von Immaterialgüterrechten darstellen würden", zeige die Vorinstanz nicht auf. Der Schuldspruch wegen unlauteren Wettbewerbs verletze Bundesrecht (Beschwerde S. 14 f.).
| 6 |
3.2. Die Vorinstanz erwägt, betreffend die Beschwerdegegnerin 2 als Markeninhaberin seien die lauterkeitsrechtlich relevanten Elemente in der Markenrechtsverletzung enthalten, weshalb kein zusätzlicher Schuldspruch zu erfolgen habe. Gegenüber der Beschwerdegegnerin 3 als Lizenznehmerin sei hingegen der Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs erfüllt. Die Verwechslungsgefahr sei erwiesen. Die fragliche Marke sei kennzeichnend und damit individualisierend. Sie habe sich im Geschäftsverkehr etabliert und durchgesetzt. Die Marktposition der Beschwerdegegnerin 3 erscheine deshalb als schutzwürdig (Entscheid S. 39 f.).
| 7 |
3.3. Erfüllt die Markenrechtsverletzung nach Art. 61 MSchG auch die Voraussetzungen eines unlauteren Verhaltens im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG, geht der speziellere Tatbestand des MSchG vor (BGE 117 IV 45 E. 2c S. 46; 117 IV 475 E. 1b S. 476 mit Hinweis; David Rüetschi, in: Markenschutzgesetz, 2009, N. 41 zu Art. 61 MSchG). Die Strafbestimmungen stehen in unechter Konkurrenz (Killias/Gilliéron, in: Basler Kommentar zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2013, N. 50 zu Art. 23 UWG). Die neben dem markenrechtlichen Schutz ergänzende Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG ist von Bedeutung, wenn ein Schutz über das MSchG nicht möglich ist oder wenn Umstände vorliegen, die einzig lauterkeitsrechtlich zu berücksichtigen sind (Spitz/Brauchbar Birkhäuser, in: Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2010, N. 48 zu Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG). Denkbar ist der Rückgriff auf den Schutz nach UWG mit Blick auf die in UWG und MSchG unterschiedlich ausgestaltete Strafantragsberechtigung (Schaffner/Spitz, in: Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2010, N. 46 und Fn. 135 zu Art. 23 UWG).
| 8 |
3.4. Das Lauterkeitsrecht betrifft im Unterschied zum übrigen Kennzeichenschutz (Marke, Firma und Name) nicht nur die Frage, ob zwei Zeichen miteinander verwechselbar sind. Vielmehr geht es auch darum, ob ein bestimmtes Verhalten geeignet ist, durch eine Verwechslungsgefahr das Publikum irrezuführen. Das Lauterkeitsrecht schützt die Interessen aller am Wettbewerb Beteiligten und geht über den Schutz durch Spezialgesetze wie das MSchG hinaus (Spitz/Brauchbar Birkhäuser, a.a.O., N. 6 zu Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG; Reto Arpagaus, in: Basler Kommentar zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2013, N. 6 zu Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG). Die Beschwerdegegnerin 3 machte im vorinstanzlichen Verfahren keine markenschutzrechtlichen Ansprüche geltend, nachdem die erste Instanz deren Strafantragsrecht unter Hinweis auf ihre nicht exklusive Lizenz verneint hatte (vgl. dazu Rüetschi, a.a.O., N. 35 zu Art. 61 MSchG; Corsin Blumenthal, Der strafrechtliche Schutz der Marke, 2002, S. 407 f.). Hingegen wird das Strafantragsrecht im Sinne von Art. 23 Abs. 2 UWG von der Vorinstanz bejaht. Dies rügt die Beschwerdeführerin nicht. Auf die vorinstanzlichen Erwägungen kann verwiesen werden (Entscheid S. 7 f.; vgl. auch Philippe Spitz, in: Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, N. 14 zu Art. 9 UWG; Rüetschi/Roth, in: Basler Kommentar zum Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 2013, N. 5 f. zu Art. 9 UWG). Der Beschwerdegegnerin 3 steht demnach einzig der Schutz nach UWG offen. Die Beschwerdeführerin hat durch die Werbekampagne zum einen das Markenrecht der Beschwerdegegnerin 2 verletzt, indem sie im Sinne von Art. 61 Abs. 1 lit. b MSchG unter der nachgemachten Marke Waren in den Verkehr bringen liess. Zum anderen hat sie nach den zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen eine Verwechslungsgefahr geschaffen und ist die Marktposition der Beschwerdegegnerin 3 schutzwürdig (Entscheid S. 40). Mithin ist der lauterkeitsrechtliche Kennzeichenschutz zu bejahen. Gegenteiliges wird von der Beschwerdeführerin nicht dargetan. Ihr Hinweis auf den Zivilprozess dringt nicht durch, da vor dem Zürcher Handelsgericht einzig die Markeninhaberin und nicht die Beschwerdegegnerin 3 Klägerin war. Das Verhalten der Beschwerdeführerin tangiert verschiedene Rechtsgutträger. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie zwischen Art. 61 Abs. 1 lit. b MSchG und Art. 3 Abs. 1 lit. d UWG echte Konkurrenz annimmt.
| 9 |
Erwägung 4 |
Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
| |
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
| |
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
| |
Lausanne, 20. November 2013
| |
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
| |
des Schweizerischen Bundesgerichts
| |
Das präsidierende Mitglied: Schneider
| |
Der Gerichtsschreiber: Faga
| |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |