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Informationen zum Dokument  BGer 6B_351/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_351/2013 vom 29.11.2013
 
{T 0/2}
 
6B_351/2013
 
 
Urteil vom 29. November 2013
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
 
Gerichtsschreiber Faga.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Krishna Müller,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Fristgerechte Berufung (Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz),
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, vom 7. März 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Vorinstanz erachtet die Anmeldung der Berufung am 8. Oktober 2012 als verspätet. Sie legt eingehend dar, dass das erstinstanzliche Urteil anlässlich der Hauptverhandlung vom 21. September 2012 in rechtsgenügender Weise eröffnet wurde und die Berufung, da kein Sonderfall im Sinne von BGE 138 IV 157 vorlag, innert 10 Tagen anzumelden war. In der Folge erwägt die Vorinstanz, dass diese Frist am 1. Oktober 2012 ungenutzt abgelaufen sei. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, ob die mit der schriftlichen Entscheidbegründung erfolgte Berichtigung eine neue Rechtsmittelfrist auslöste, und verneint dies. Schliesslich legt sie dar, dass der Beschwerdeführer aus der Rechtsmittelbelehrung des begründeten Entscheids nichts zu seinen Gunsten abzuleiten vermag (Entscheid S. 5 ff.).
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1.2. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Dies bedingt, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Wohl wendet das Bundesgericht Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dies setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die minimalen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt (BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Das Bundesgericht prüft in der Regel nur jene rechtlichen Fragen, zu denen sich der Beschwerdeführer äussert (BGE 135 I 91 E. 2.1 S. 93 mit Hinweis).
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1.3. Der Beschwerdeführer stellt sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, das erstinstanzliche Urteil sei am 21. September 2012 mangelhaft eröffnet worden. Massgebend für die Fristauslösung sei die am 27. September 2012 zusammen mit der Berichtigung erfolgte Zustellung des begründeten Entscheids. Dies habe auch aus der Rechtsmittelbelehrung abgeleitet werden dürfen. Der Beschwerdeführer sieht seinen Anspruch auf ein gerechtes Verfahren verletzt (Art. 29 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 3 StPO). Er rügt eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und von Art. 127 Abs. 2 StPO. Der vorinstanzliche Entscheid sei im Übrigen überspitzt formalistisch und widerspreche Treu und Glauben (Art. 9 BV und Art. 3 StPO).
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Erwägung 1.4
 
1.4.1. Nachdem der Beschwerdeführer durch seinen erbetenen Verteidiger, Rechtsanwalt Krishna Müller, eine Woche vor der Hauptverhandlung die Zustimmung zur Durchführung des abgekürzten Verfahrens sowie (teilweise) sein Geständnis widerrufen hatte, bezeichnete die erste Instanz am 14. September 2012 den bisherigen amtlichen Verteidiger als Hauptvertreter im Sinne von Art. 127 Abs. 2 StPO. Ob die Wahl des Hauptvertreters durch den Beschwerdeführer hätte erfolgen respektive die erste Instanz den Beschwerdeführer zu einer entsprechenden Erklärung hätte anhalten müssen, ist mit Blick auf die knappe Frist bis zur Hauptverhandlung und die bereits am 9. Juli 2012 erfolgte Mandatierung fraglich, kann aber mit der Vorinstanz offenbleiben. Beide Rechtsbeistände kamen überein und informierten das Gericht, dass einzig Rechtsanwalt Y.________ vor Schranken plädieren würde, was die Vorinstanz zu Recht unterstreicht (vorinstanzliche Akten pag. 859). Dass der Beschwerdeführer mit diesem Vorgehen seiner Rechtsvertreter und der Beibehaltung des amtlichen Verteidigers als Hauptvertreter nicht einverstanden war, geht aus dem erstinstanzlichen Verhandlungsprotokoll nicht hervor. Soweit er sich vor Bundesgericht auf den Standpunkt stellt, das amtliche Mandat hätte richtigerweise sistiert werden müssen, ist er damit nicht zu hören. Der Grundsatz von Treu und Glauben verbietet es, der Vorinstanz bekannte rechtserhebliche Einwände vorzuenthalten und diese erst nach einem ungünstigen Entscheid im anschliessenden Rechtsmittelverfahren zu erheben (BGE 133 III 638 E. 2 S. 640; 117 Ia 491 E. 2a S. 495; je mit Hinweisen). Die Rüge ist nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer macht weder eine Rechtsverweigerung geltend, noch legt er eine solche dar. Dass er eine entsprechende Rüge im erstinstanzlichen Verfahren oder vor Vorinstanz erhoben hätte, geht aus den Akten (insbesondere pag. 859 ff., 892 f. und 914 ff.) nicht hervor. Sein Verhalten bzw. sein Zuwarten widerspricht Treu und Glauben. Ausserdem ist insofern der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft und der Entscheid nicht letztinstanzlich im Sinne von Art. 80 Abs. 1 BGG. Die Bezeichnung von Rechtsanwalt Y.________ als Hauptvertreter ist nicht zu beanstanden.
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1.4.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, nach der Urteilseröffnung sei seinem erbetenen Verteidiger das Urteilsdispositiv nicht ausgehändigt worden, weshalb es an einer rechtsgenügenden Entscheideröffnung fehle. Die Rüge ist unbegründet. Wird das Urteil im Anschluss an die Urteilsberatung mündlich eröffnet und kurz begründet, händigt das Gericht den Parteien das Urteilsdispositiv aus oder (insbesondere bei Abwesenheit) stellt es ihnen innert fünf Tagen zu (vgl. Art. 84 Abs. 1 und 2 StPO). Nachdem das Gericht den Entscheid am 21. September 2012 mündlich verkündet und dem amtlichen Verteidiger im Dispositiv ausgehändigt hatte, war das Urteil eröffnet. Gleichermassen hätte die alleinige Zustellung durch Postsendung rechtsgültig an die Adresse des amtlichen Verteidigers als Hauptvertreter erfolgen können (vgl. Art. 127 Abs. 2 und Art. 87 Abs. 3 StPO, wobei Art. 87 Abs. 3 StPO auf amtlich bestellte Verteidiger analog anzuwenden ist, Urteil 1B_700/2011 vom 7. Februar 2012 E. 2.1). Deshalb vermag der Beschwerdeführer aus dem Umstand, dass die erste Instanz dem erbetenen Verteidiger kein zusätzliches Entscheiddispositiv aushändigte, nichts für sich abzuleiten. Zudem ist seine Argumentation, der erbetene Verteidiger sei "von einer schriftlichen Eröffnung" ausgegangen, wenig überzeugend und mit dem Verfahrensprotokoll nicht in Einklang zu bringen. Die mündliche und schriftliche Eröffnung erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers und beider Rechtsbeistände (vorinstanzliche Akten pag. 864 und 874 f.). Zudem hält die Vorinstanz fest, dass der erbetene Verteidiger nicht opponierte, als das Entscheiddispositiv einzig dem amtlichen Verteidiger übergeben wurde.
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1.4.3. Das schriftlich begründete Urteil sowie eine Berichtigung im Sinne von Art. 83 StPO gingen dem amtlichen Verteidiger am 27. September 2012 zu. Die Vorinstanz legt dar, es könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass mit der Berichtigung (betreffend den Verweis auf die zur Anwendung gelangenden revidierten Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes, vgl. vorinstanzliche Akten pag. 871 und 878) eine materielle Änderung des Entscheids verbunden gewesen sei. Sie lässt die Frage offen und begründet, weshalb der fraglichen Berichtigung im vorliegenden abgekürzten Verfahren keine Relevanz zukommt und die Frist zur Anmeldung der Berufung am 1. Oktober 2012 ablief (Entscheid S. 8 f.). Mit den zutreffenden vorinstanzlichen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Die Beschwerde genügt diesbezüglich den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht. Es kann auf den vorinstanzlichen Entscheid verwiesen werden.
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1.4.4. In der Rechtsmittelbelehrung des unbegründeten Entscheiddispositivs wird korrekterweise die Bestimmung von Art. 399 Abs. 1 StPO wiedergegeben. Zusätzlich werden die Parteien informiert, dass die Fristansetzung zur Berufungserklärung später mit der Zustellung des begründeten Urteils erfolgt. In der schriftlichen Begründung beginnt die Belehrung folgendermassen: "Wird gegen dieses Urteil Berufung erhoben, ist innert 20 Tagen seit Zustellung [...] eine schriftliche Berufungserklärung einzureichen (Art. 399 Abs. 3 StPO) [...]" (vorinstanzliche Akten pag. 871 und 882). Der Beschwerdeführer behauptet, er habe mit Blick auf diesen Wortlaut davon ausgehen dürfen, dass entweder bereits Berufung erhoben worden sei oder aber erneut Berufung angemeldet werden könne. Letzteres habe er (am 8. Oktober 2012) vorsichtshalber gemacht.
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1.4.5. Die 10-tägige Frist zur Anmeldung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil vom 21. September 2012 endete am 1. Oktober 2012 (Art. 399 Abs. 1 und Art. 90 Abs. 1 StPO). Deshalb bleibt das Telefongespräch des erbetenen Verteidigers mit dem erstinstanzlichen Gericht vom 9. Oktober 2012 irrelevant. Nicht näher einzugehen ist auf den pauschalen Vorwurf an die Adresse des früheren amtlichen Verteidigers, dessen Nachlässigkeit respektive der Verzicht auf eine Berufungsanmeldung dürfe dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen. Dieser hatte es in der Hand, nach der Urteilseröffnung durch seinen erbetenen Verteidiger das Rechtsmittelverfahren fristgerecht einzuleiten, nachdem er dessen Erfolgsaussichten (im Gegensatz zum amtlichen Verteidiger) als intakt einschätzte.
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1.4.6. Indem die Vorinstanz in Anwendung von Art. 403 Abs. 1 lit. a StPO auf die Berufung nicht eintritt, verletzt sie weder Bundes- noch Völkerrecht.
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Erwägung 2
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. November 2013
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Faga
 
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