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Informationen zum Dokument  BGer 5A_217/2013  Materielle Begründung
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BGer 5A_217/2013 vom 10.12.2013
 
{T 0/2}
 
5A_217/2013
 
 
Urteil vom 10. Dezember 2013
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichterin Hohl,
 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Christine Hess-Keller,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Josef Schaller,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Aufschiebende Wirkung der Berufung (Fahrwegrecht),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, 1. Abteilung, vom 6. Februar 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. X.________ ist Eigentümerin des Grundstücks A.________-GBB-xxx. Y.________ ist Eigentümer des benachbarten Grundstückes A.________-GBB-yyy, über welches ein im Grundbuch mit dem Stichwort "Fahrwegrecht mit Unterhaltsabrede" eingetragener Weg führt, der als Zufahrt zu dem auf der Parzelle Nr. xxx gelegenen Hof dient.
1
B. Am 25. April 2012 erliess das Bezirksgericht B.________ auf Gesuch von X.________ hin einen vorsorglichen Massnahmeentscheid, in welchem es die sofortige Entfernung des auf der Erschliessungsstrasse abgestellten Traktoranhängers anordnete und Y.________ unter Strafandrohung verbot, die Durchfahrt auf der Erschliessungsstrasse in Zukunft zu behindern oder zu blockieren. Sodann setzte es X.________ in Ziff. 4 des Dispositivs eine Frist von zwei Monaten ab Rechtskraft des Entscheides zur gerichtlichen Geltendmachung ihres diesbezüglichen Anspruches. In der Rechtsmittelbelehrung erwähnte das Bezirksgericht, dass die Berufung die Rechtskraft und die Vollstreckbarkeit von Entscheiden über vorsorgliche Massnahmen nicht hemme. Der Entscheid wurde X.________ am 26. April 2012 zugestellt.
2
C. Gegen diesen Entscheid hat X.________ am 23. März 2013 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben mit dem Begehren um Anweisung der Vorinstanzen, auf ihre Klage vom 6. Juli 2012 einzutreten und diese materiell zu entscheiden. Mit Präsidialverfügung vom 24. April 2013 wurde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt. In seiner Vernehmlassung vom 20. Juni 2013 hat der Beschwerdegegner auf Abweisung der Beschwerde geschlossen. Das Obergericht hat sich nicht vernehmen lassen.
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Erwägungen:
 
1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in einer Zivilsache (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin hat den Streitwert kantonal auf Fr. 65'000.-- bis Fr. 85'000.-- beziffert und das Obergericht hat festgehalten, dass er den Betrag von Fr. 30'000.-- übersteige. Es besteht kein Anlass, von etwas anderem auszugehen. Die Voraussetzung von Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG ist demnach erfüllt und die Beschwerde in Zivilsachen steht offen.
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2. Vorliegend geht es um die Auslegung von Art. 315 Abs. 4 ZPO. Streitfrage ist, ob die Berufung bei vorsorglichen Massnahmen die formelle Rechtskraft des erstinstanzlichen Entscheides aufschiebt. Wäre dem so, würde die Rechtskraft unbestrittenermassen erst mit dem Rechtsmittelentscheid bzw. mit dem unbenutzten Ablauf der Rechtsmittelfrist eintreten und die Prosequierungsfrist wäre mithin gewahrt.
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3. Nach gängiger Lehre bedeutet formelle Rechtskraft die Unabänderlichkeit des Urteils im betreffenden Verfahren; sie tritt ein, wenn dieses mit keinem ordentlichen Rechtsmittel mehr angefochten werden kann ( GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 1979, S. 362 und 485; KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. Aufl. Bern 1984, S. 145; VOGEL/SPÜHLER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 8. Aufl. Bern 2006, 8. Kap. Rz. 61; STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. Zürich 2013, § 24 Rz. 2; SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. Zürich 2012, Rz. 513; SPÜHLER/DOLGE/GEHRI, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Bern 2010, § 36 Rz. 182; ZINGG, in: Berner Kommentar, N. 97 zu Art. 59 ZPO). Vereinzelt wird diese Definition aber auch kritisiert bzw. als nicht zielführend bezeichnet (etwa MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 2010, S. 239).
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4. Tritt die formelle Rechtskraft eines berufungsfähigen Entscheides nach dem Gesagten erst mit dem Berufungsentscheid oder dem unbenutzten Ablauf der Berufungsfrist ein, so war die zweimonatige Klagefrist vorliegend eingehalten. Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde und der Aufhebung des angefochtenen Nichteintretensentscheides.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. In Gutheissung der Beschwerde wird der Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern vom 6. Februar 2013 aufgehoben und die Sache zur weiteren Behandlung an die kantonalen Instanzen zurückgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
 
3. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 10. Dezember 2013
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli
 
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