BGer 6B_664/2013 | |||
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BGer 6B_664/2013 vom 16.12.2013 | |
{T 0/2}
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6B_664/2013
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Urteil vom 16. Dezember 2013 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Mathys, Präsident,
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Bundesrichter Denys, Oberholzer,
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Gerichtsschreiber Briw.
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Verfahrensbeteiligte | |
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
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Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Steiner,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Gewährung von Ausgängen aus humanitären Gründen,
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 30. Mai 2013.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. | |
a) Korrektes Verhalten im Vollzug.
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b) Aktive Teilnahme am therapeutischen Angebot.
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c) Totalabstinenz bezüglich Alkohol, illegaler Suchtmittel und nicht klinikärztlicher Medikamente.
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a) Die Institution gewährt den ersten Ausgang erst nach einem gemeinsamen Standortgespräch mit der Vollzugsbehörde. Die Institution meldet der Vollzugsbehörde besondere Vorkommnisse im Vollzug umgehend schriftlich.
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b) Die Vollzugsbehörde wird vorgängig über den Termin des Ausgangs sowie das geplante Sicherheitskonzept orientiert. Im Anschluss an den Ausgang wird der Vollzugsbehörde ein kurzer schriftlicher Bericht unterbreitet.
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c) Die Institution ist verantwortlich für das Sicherheitskonzept der begleiteten Ausgänge. In jedem Fall haben diese 2 männliche Personen durchzuführen, wovon eine aus dem Sicherheitsdienst zu stammen hat.
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D. |
E. |
Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Die Behördenbeschwerde ist grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 7 und Abs. 3 BGG gegeben. Entsprechend sind die kantonalen Vollzugsbehörden wie das Departement Volkswirtschaft und Inneres sowie das Amt für Justizvollzug von der Beschwerde ausgeschlossen (vgl. BGE 139 I 51 E. 2.3; 133 IV 121 E. 1.1 und 1.2).
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1.2. Die Staatsanwaltschaft ist als Strafverfolgungsbehörde (Art. 12 lit. b StPO) für die gleichmässige Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs verantwortlich. Sie leitet das Vorverfahren, verfolgt Straftaten im Rahmen der Untersuchung, erhebt gegebenenfalls Anklage und vertritt die Anklage (Art. 16 StPO). Art. 236 StPO regelt den vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzug. Dieser stellt eine strafprozessuale Zwangsmassnahme auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Strafvollzug dar (Urteil 1B_715/2012 vom 18. Dezember 2012 E. 2). Soweit der Zweck der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft dem nicht entgegensteht, untersteht die beschuldigte Person mit dem Eintritt in die Vollzugsanstalt dem Vollzugsregime (Art. 236 Abs. 4 StPO). Den Vollzug von Strafen und Massnahmen bestimmen insbesondere die Art. 74 ff. und 372 ff. StGB. Art. 381 StPO begründet die Legitimation der Staatsanwaltschaft zur Ergreifung von Rechtsmitteln nur im Rahmen der StPO (Art. 379 StPO). Nach BGE 139 I 51 kommt ihr aus sachlichen Gründen - jedenfalls in einem bestimmten Umfang (unten E. 1.3) - ebenso die Verantwortung für die gleichmässige Durchsetzung des Vollzugsregimes zu. Die Staatsanwaltschaft ist somit unabhängig von der Ausgestaltung des in der Regel verwaltungsrechtlichen kantonalen Verfahrens beschwerdeberechtigt. Ihr obliegt es, nach pflichtgemässem Ermessen Beschwerde in Strafsachen zu führen.
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1.3. Die Vorinstanz weist in der Vernehmlassung mit Recht darauf hin, dass für den Straf- und Massnahmenvollzug und zu dessen Kontrolle im Kanton Aargau - wie in den anderen Kantonen - spezialisierte Behörden zuständig sind. Der Strafvollzug im Allgemeinen fällt nicht in die Verantwortung der Staatsanwaltschaft.
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1.4. Die Staatsanwaltschaft nahm am kantonalen Verfahren nicht teil. Nach der Rechtsprechung ist sie dennoch legitimiert, den vorinstanzlichen Vollzugsentscheid anzufechten (BGE 139 I 51 E. 2.3; ferner BGE 135 I 63 E. 1.1.1 und 1.1.2).
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1.5. Soweit die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung von einer Bindungswirkung des Rückweisungsentscheids vom 30. Mai 2012 ausgeht, ist festzustellen, dass das Gutachten vom 15. Mai 2013 damals nicht Beurteilungsgrundlage bildete. Die Vorinstanz stützt sich damit in massgebender Weise auf ein neues Beweismittel.
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1.6. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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Erwägung 2 | |
2.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz verletze mit der Bewilligung "humanitärer Ausgänge" Art. 84 Abs. 6 StGB. Selbst unter Annahme einer gesetzlichen Grundlage könnten diese Ausgänge nicht bewilligt werden, weil der Beschwerdegegner von der Fachkommission zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit von Straftätern (KOFAKO) und dem Amt für Justizvollzug (AJV) aktuell als gemeingefährlich eingestuft werde. Die Vorinstanz stelle kritik- und vorbehaltlos auf das Gutachten vom 15. Mai 2013 ab, obwohl dieses allen früheren Gutachten und Einschätzungen diametral entgegenstehe. Darauf dürfe auch deshalb nicht abgestellt werden, weil es sich ausschliesslich auf ein rund fünfstündiges Gespräch mit dem Beschwerdegegner stütze.
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2.2. Die Vorinstanz führt aus, das Verwaltungsgericht sei im Rückweisungsentscheid vom 30. Mai 2012 (oben Bst. B) klar davon ausgegangen, dass humanitäre Ausgänge zu gewähren seien. Das AJV habe inzwischen bei der IKS Bostadel und dem betreuenden Psychologen neue Berichte eingeholt. Diese seien erneut durchgehend positiv. Aus einem früheren Therapiebericht vom 23. April 2012 ergebe sich, dass die damalige Therapeutin von erheblichen Fortschritten in der Entwicklung des Beschwerdegegners ausging und weitergehende Vollzugslockerungen im Hinblick auf eine später mögliche Entlassung befürwortete.
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2.3. Art. 84 Abs. 6 StGB enthält die Rahmenvorschrift zum Hafturlaub. Die Einzelheiten der Urlaubsgewährung richten sich nach kantonalem Recht und den für den Kanton jeweils massgebenden Konkordatsrichtlinien (Urteile 6B_774/2011 vom 3. April 2012 E. 1 und 6B_368/2008 vom 4. September 2008 E. 3.3.1). Die kantonalen Behörden verfügen im Strafvollzug über ein weites Ermessen. Die Nichtbewilligung von Urlaub oder Ausgang muss sich auf ernsthafte und objektive Gründe stützen (Urteil 1P.622/2004 vom 9. Februar 2005 E. 3.3).
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2.3.1. Der Beschwerdegegner wird nach der letzten Einschätzung der KOFAKO vom 8. November 2010 "noch immer als gemeingefährlich" eingestuft (Entscheid des Regierungsrats vom 27. März 2013 E. 3.3.3). Aufgrund dieser Einstufung ist die persönliche Freiheit des Beschwerdegegners von Gesetzes wegen massiv eingeschränkt. Vollzugslockerungen bedürfen der Rechtfertigung (Urteil 6B_368/2008 vom 4. September 2008 E. 3.3.3).
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2.3.2. Gemäss § 61 Abs. 1 der kantonalen Verordnung über den Vollzug von Strafen und Massnahmen (Strafvollzugsverordnung, SMV/AG) vom 9. Juli 2003 können gemeingefährlichen Straftätern Vollzugslockerungen nur bewilligt werden, wenn sie nicht oder nicht mehr als gemeingefährlich beurteilt werden, oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit oder besonders gefährdeter Dritter durch wirksame begleitende Massnahmen ausreichend sichergestellt werden kann. Für die Ausgangsbewilligung sind die Konkordatsrichtlinien für die Urlaubsgewährung im geschlossenen Vollzug der Institutionen Bostadel, Hindelbank, Lenzburg und Thorberg vom 2. November 2007 zu berücksichtigen. Ein Urlaubsgesuch wird abgelehnt, wenn Fluchtgefahr besteht oder eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu befürchten ist (§ 70 SMV).
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2.3.3. Gemäss Art. 84 Abs. 6 StGB ist dem Gefangenen zur Pflege der Beziehungen zur Aussenwelt, zur Vorbereitung seiner Entlassung oder aus anderen Gründen in angemessenem Umfang Urlaub zu gewähren, soweit sein Verhalten im Strafvollzug dem nicht entgegensteht und keine Gefahr besteht, dass er flieht oder weitere Straftaten begeht.
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2.3.4. Der Strafvollzug muss gemäss Art. 74 StGB die Menschenwürde achten und darf die Rechte des Gefangenen "nur soweit erforderlich" beschränken (vgl. BGE 124 I 203 E. 2b). Art. 74 und 75 StGB schreiben einen auf Humanität und Wiedereingliederung ausgerichteten Strafvollzug vor ( BENJAMIN F. BRÄGGER, in: Basler Kommentar, Strafgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 11 zu Art. 74 StGB). Damit bezieht sich das Strafgesetzbuch insbesondere auf Art. 7 und 10 Abs. 2 BV.
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2.4. Dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, welche der drei Grundformen des Gefangenenurlaubs mit den humanitären Ausgängen gemeint ist. Art. 84 Abs. 6 StGB bestimmt die zulässigen Formen des Urlaubs und deren Voraussetzungen. Er kann nicht in pauschaler Weise angeordnet werden. Einerseits muss jeder Urlaub für sich genommen zulässig und begründet sein und andererseits kann nicht zum Vornherein die Anzahl und Dauer der Urlaube festgeschrieben werden. Das lässt sich erst nach Kenntnis von Zweck und Umständen beurteilen. Sollen Ausgänge "aus therapeutischen, pädagogischen oder humanitären Gründen" (oben E. 2.3.2) bewilligt werden, müssen diese in der individuell-konkreten Vollzugskonzeption im Rahmen von Art. 84 Abs. 6 StGB begründet sein.
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2.5. Art. 75a StGB schreibt besondere Sicherheitsmassnahmen bei Vollzugsöffnungen wie namentlich der Gewährung von Urlaub vor. Unter die "Vollzugsöffnungen" fallen auch "Ausgänge", für die das StGB keine Sonderregeln kennt. Die Kommission nach Art. 62d Abs. 2 StGB beurteilt im Hinblick auf die Bewilligung von Vollzugsöffnungen die Gemeingefährlichkeit des Täters, wenn a) dieser ein Verbrechen nach Art. 64 Abs. 1 StGB begangen hat, und b) die Vollzugsbehörde die Frage der Gemeingefährlichkeit des Gefangenen nicht eindeutig beantworten kann. Beide Voraussetzungen a) und b) sind gegeben.
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2.6. Wie die Beschwerdeführerin vorbringt, stützt sich das Gutachten wesentlich auf ein 5,5-stündiges Gespräch mit dem Beschwerdegegner (Gutachten S. 2, 15 ff.). Der Gutachter folgt einer klinisch-intuitiven Methode, deren prognostische Aussagekraft als vergleichsweise gering eingeschätzt wird ( HEER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 69 zu Art. 64 StGB). In der Praxis gebräuchliche Prognoseinstrumente zieht er - soweit ersichtlich - nicht heran. Die von der Vorinstanz zitierten Aussagen des Gutachtens, auf welche sie sich stützt (oben E. 2.2), sind kaum justiziabel. Sie zeugen von einem therapeutischen, statt gutachterlichen Rollenverständnis gegenüber dem Probanden.
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2.6.1. Nach den Anlasstaten von 1993 und 1994 (oben Bst. A) ist der Beschwerdegegner gemeingefährlich (Art. 75a Abs. 3 StGB). Gegenüber dem Gutachter führte er zum ersten Verbrechen aus, er sei auf das Opfer "zugegangen, ca. einen Meter vor ihm sei er stehen geblieben und habe dann die entsicherte Waffe abgeschossen". Zudem hatte er die Waffe durch das Gebüsch verdeckt auf einen Passanten angelegt. Der "sei dann aber weggegangen". Beim zweiten Verbrechen tötete er die Filialleiterin, nachdem es zuvor zweimal "zu einer Ladehemmung gekommen" war (Gutachten S. 23 und 26). Beide Male war er von einem Kollegen begleitet. Im ersten Fall ging es um ein Auto für einen Raubüberfall und im zweiten um Geld, jeweils zwecks Heroinbeschaffung. Den Autobesitzer erschoss er, um eine Diebstahlanzeige zu verhindern, die Filialleiterin, weil er vergessen hatte, sich zu maskieren. Es handelt sich um Verdeckungsmorde aus nichtigem Anlass. Beim ersten Mord ist der Beschwerdegegner sich "wie eine Maschine vorgekommen", und dass er beim zweiten Mord die Maschinenpistole in der Hand hatte, "sei ein Zufall gewesen, eine Art Automatismus" (Gutachten a.a.O.). Der Beschwerdegegner vermag somit auch nach zwanzig Jahren seine Handlungsverantwortung nicht zu erkennen. Wird er beim Wort genommen, ist er zu einer Impulskontrolle ausserstande.
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2.6.2. Der Gutachter betrachtet es als auffällig, dass der Beschwerdegegner "nicht dazu neigte, hier etwa Empathie oder Betroffenheit zu betonen, auch zeigte er keine ausgestaltete Demonstration von Reue" (Gutachten S. 44). Der Gutachter interpretiert dieses Verhalten nicht als bedenklich. Er nimmt vielmehr an, hätte der Beschwerdegegner lediglich taktisch gehandelt, hätte er betont, wie bestürzt er über das zugefügte Leid gewesen sei. Er habe sich auf ein kritisches Hinterfragen seiner damaligen Gedankengänge und Entscheidungsprozesse eingelassen. Demgegenüber hatte die KOFAKO festgehalten, trotz jahrelanger therapeutischer Behandlungen gehe aus den vorliegenden Therapieberichten nicht eindeutig hervor, ob eine tiefgründige Einsicht in die problematischen und deliktrelevanten Problembereiche seiner Persönlichkeit stattgefunden hatte (verwaltungsgerichtliches Urteil vom 30. Mai 2012 S. 11).
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2.6.3. Der Gutachter erwähnt, dass die beteiligten Betreuer, Behörden und Therapeuten immer wieder darauf hinwiesen, dass nicht sicher beurteilt werden könne, ob die vom Beschwerdegegner gezeigten prosozialen Verhaltensweisen einer authentischen positiven Veränderung entsprechen oder nur im Sinne guter Anpassungsfähigkeit als angelernt zu betrachten sind. Nach Ansicht des Gutachters ist diese Gegenthese "nicht haltbar, da nicht belegbar". Die Frage "latent gefährlicher Einstellungen oder unterdrückter Verhaltensmuster" sei auch deshalb wenig sinnvoll, da sie im gesicherten Haftrahmen ohne Lockerungen nicht verifizierbar sei, sondern lediglich Raum für spekulative Mutmassungen lasse (Gutachten S. 50). Mit dieser Zurückweisung entzieht sich der Gutachter dem Zweck der Begutachtung. Die Legal- oder Gefährlichkeitsprognose gehört zu den (umstrittenen) Aufgaben der forensischen Psychiatrie. Es geht um die Einschätzung über die Wahrscheinlichkeit eines individuellen Verhaltens in einem bestimmten zeitlichen und situativen Kontext ( HEER, a.a.O., NN. 60, 65, 69 ff.). Die Erforschung der Täterpersönlichkeit, insbesondere ihrer Gefährlichkeit, ist das zentrale Problem. Individuelle Kriminalprognosen sind Wahrscheinlichkeitsaussagen über das künftige Legalverhalten von Personen. Es gibt prinzipiell keine sicheren Prognosen und damit keine einfachen Ja/Nein-Antworten (Urteil 6B_368/2008 vom 4. September 2008 E. 3.2 mit Hinweis auf HEINZ SCHÖCH, Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 12. Aufl., Berlin 2008, NN. 28 und 145 vor § 61 StGB). Das ist bekannt. Trotz prinzipieller Problematik müssen Gerichte unter Beizug der gesetzlich vorgeschriebenen Begutachtungen die Legalprognose vornehmen.
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2.7. Das Verwaltungsgericht hielt in seinem Urteil vom 30. Mai 2012 (S. 17) fest, die ablehnende Argumentation des Regierungsrats würde im Ergebnis dazu führen, dass bei gemeingefährlichen Straftätern die Gewährung von begleiteten Ausgängen gänzlich ausgeschlossen wäre. Das widerspreche Art. 84 Abs. 6 StGB sowie § 61 SMV/AG (oben E. 2.3.2) und wäre mit dem Sozialisierungsziel von Art. 75 Abs. 1 StGB nicht vereinbar.
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2.8. Die Rahmenbedingungen für die Ausgänge (oben Bst. C) belegen, dass die Vorinstanz von der zitierten Unbedenklichkeitserklärung des Gutachtens (oben E. 2.2) nicht überzeugt ist. Wie die Beschwerdeführerin vorbringt, steht die Unbedenklichkeitserklärung in "diametralem" Gegensatz zu der Einschätzung der KOFAKO, welche sogar empfahl, auf die Bezeichnung "Vollzugsöffnungen" zu verzichten, während nach dem Gutachten "bei entsprechenden schrittweisen Lockerungen" "keine Bedenken gegen eine Fortführung der Resozialisierung im Rahmen des offenen Strafvollzugs" bestehen (Gutachten S. 63).
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2.9. Das Bundesgericht kann die Sache nicht abschliessend entscheiden. Auf das Gutachten kann in dieser Form nicht abgestellt werden. Massgebend ist weiterhin die Beurteilung der KOFAKO vom 8. November 2010. Die Vorinstanz wird zunächst der Beschwerdeführerin Gelegenheit geben müssen, ihren Standpunkt darzulegen.
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Erwägung 3 |
Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 30. Mai 2013 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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2. Das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
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3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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4. Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners, Rechtsanwalt Dr. Bruno Steiner, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 16. Dezember 2013
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Mathys
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Der Gerichtsschreiber: Briw
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