VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2C_730/2013  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2C_730/2013 vom 04.02.2014
 
{T 0/2}
 
2C_730/2013
 
 
Urteil vom 4. Februar 2014
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichterin Aubry Girardin,
 
Bundesrichter Kneubühler,
 
Gerichtsschreiber Wyssmann.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ AG,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben,
 
Eigerstrasse 65, 3003 Bern.
 
Gegenstand
 
Verrechnungssteuer,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 16. Juli 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
2.1. Der Bund erhebt eine Verrechnungssteuer unter anderem auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens (Art. 1 Abs. 1 VStG). Der Verrechnungssteuer unterliegen insbesondere Erträge der von einem Inländer ausgegebenen Aktien (Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG). Steuerbarer Ertrag von Aktien ist jede geldwerte Leistung der Gesellschaft an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte (Art. 20 Abs. 1 der Verordnung vom 19. Dezember 1966 über die Verrechnungssteuer, VStV; SR 642.211). Die von der Generalversammlung beschlossenen Dividenden an die Aktionäre unterliegen daher der Verrechnungssteuer.
1
2.2. Bei Kapitalerträgen entsteht die Verrechnungssteuerforderung im Zeitpunkt, in dem die steuerbare Leistung fällig wird (Art. 12 Abs. 1 VStG). Der Begriff der Fälligkeit der steuerbaren Leistung entspricht grundsätzlich dem zivilrechtlichen Begriff (vgl. BGE 107 Ib 98 E. 3a S. 103; Urteil 2C_551/2009 vom 13. April 2010, E. 2.3 f., in: StR 65/2010 S. 876). Die Steuerforderung selbst wird 30 Tage nach ihrer Entstehung resp. Fälligkeit der steuerbaren Leistung (Art. 12 VStG) ebenfalls fällig (Art. 16 Abs. 1 lit. c VStG). Auf Steuerbeträgen, die in diesem Zeitpunkt noch ausstehen, ist ohne Mahnung ein Verzugszins geschuldet (Art. 16 Abs. 2 VStG).
2
2.3. Steuerpflichtig ist der Schuldner der steuerbaren Leistung (Art. 10 Abs. 1 VSTG). Dieser erfüllt seine Steuerpflicht durch Entrichtung der Steuer oder durch Meldung der steuerbaren Leistung (Art. 11 Abs. 1 VStG). Inländische Aktiengesellschaften haben der Eidgenössischen Steuerverwaltung unaufgefordert innert 30 Tagen nach Genehmigung der Jahresrechnung den Geschäftsbericht oder eine unterzeichnete Abschrift der Jahresrechnung einzureichen sowie auf amtlichem Formular eine Aufstellung einzureichen, aus der unter anderem das Datum der Generalversammlung sowie die beschlossene Gewinnverteilung und ihre Fälligkeit ersichtlich sind (Art. 21 Abs. 1 VStV). Ist für einen Ertrag ein Fälligkeitstermin nicht bestimmt, so beginnt die 30-tägige Frist an demjenigen Tag zu laufen, an dem die Ausrichtung beschlossen worden ist oder, mangels eines solchen Beschlusses, an dem der Ertrag ausgerichtet wird (Art. 21 Abs. 3 VStV).
3
2.4. Wie die Vorinstanz ausgeführt hat, bilden diese Regeln ein lückenloses System, so dass die Entstehung der Verrechnungssteuerforderung auf Dividenden grundsätzlich immer bestimmt werden kann. Entweder legt die Generalversammlung mit dem Beschluss über die Ausrichtung der Dividende deren Fälligkeitstermin fest; in diesem Fall entsteht die Steuerforderung und beginnt die 30-tägige Frist (Art. 16 Abs. 1 lit. c VStG) zu laufen, wenn die Dividende fällig wird. Oder dann bestimmt die Generalversammlung über die Ausrichtung der Dividende, ohne einen Fälligkeitstermin ausdrücklich festzusetzen. In diesem Fall wird die Dividende mit dem Generalversammlungsbeschluss sofort fällig und beginnt die 30-tägige Frist sofort zu laufen.
4
 
Erwägung 3
 
3.1. Es ist unbestritten und durch die Vorinstanz erstellt, dass die Generalversammlung der Beschwerdeführerin am 18. Dezember 2007 beschloss, für das Geschäftsjahr 2006 eine Dividende mit Fälligkeit am 30. Juni 2008 auszurichten. Dieser Fälligkeitstermin wurde in der Folge mehrmals verschoben, zunächst durch ausserordentliche Generalversammlung vom 12. Juni 2008 auf den 31. März 2009 und erneut durch ausserordentliche Generalversammlung vom 25. März 2009 auf "voraussichtlich" den 31. Mai 2010. Diese Verschiebungstermine wurden der ESTV jeweils auf dem amtlichen Formular mitgeteilt und von dieser anerkannt.
5
3.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies. Sie wendet ein, die Vorinstanz habe sich mit der Bedeutung des Wortes "voraussichtlich" nicht abschliessend auseinandergesetzt. Die Vorinstanz stütze sich zudem auf Tatsachen, die teilweise nach dem 31. Mai 2010 eingetreten seien. Tatsächlich habe die ausserordentliche Generalversammlung von 25. März 2009 den Fälligkeitstermin vom 31. März 2009 aufgehoben und habe sie mit dem Wort "voraussichtlich" zum Ausdruck gebracht bzw. erklärt, dass der neue Fälligkeitstermin durch eine neue Generalversammlung erst noch festgelegt werden müsse. Dieser Beschluss sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, da die Dividende noch nicht fällig gewesen sei. Solange diese Generalversammlung zur Festlegung des neuen Fälligkeitstermins noch nicht stattgefunden habe, sei weder der "voraussichtliche" Fälligkeitstermin definitiv geworden noch ein neuer Fälligkeitstermin entstanden.
6
3.3. Die Vorinstanz liess offen, ob aktienrechtlich der Dividendenbeschluss der Generalversammlung im Nachhinein derart relativiert werden könne, wie die Beschwerdeführerin das gemacht hat (Urteil E. 3.2). Sie argumentierte vielmehr verrechnungssteuerrechtlich. Sie erwog, das Wort "voraussichtlich" könne im fraglichen Sachzusammenhang nicht die Bedeutung haben, dass der Fälligkeitstermin aufgehoben worden sei. Es handle sich vielmehr um eine Verschiebung des Fälligkeitstermins. Sie schöpfte diese Erkenntnis aus dem Umstand, dass einziges Traktandum der fraglichen Generalversammlung der "Aufschub des Termins für die Ausschüttung der Dividende 2006" gewesen sei. Der "Termin für die Ausschüttung der Dividende" bedeute in der juristischen Fachsprache den Fälligkeitstermin. Es sei folglich darum gegangen, den Fälligkeitstermin zu verschieben. Sowohl bei der ausserordentlichen Generalversammlung 2008 - wo für die Verschiebung des Fälligkeitstermins das Wort "voraussichtlich" noch nicht verwendet worden sei - wie auch 2010 (unter Verwendung des Wortes "voraussichtlich") habe das Traktandum gleich gelautet. Es sei somit mit oder ohne Zusatz immer um die Verschiebung des Fälligkeitstermins gegangen. Eine weitere Generalversammlung für die Festsetzung des Fälligkeitstermins sei somit - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht erforderlich gewesen. Es sei zudem widersprüchlich, wenn die Beschwerdeführerin behaupte, es sei für die Festlegung des Fälligkeitstermins eine Generalversammlung erforderlich, sie aber in weiteren ausserordentlichen Generalversammlungen den Fälligkeitstermin erneut hinausgeschoben habe.
7
3.4. Die Begründung der Vorinstanz überzeugt. Über die Dividendenausschüttung wird regelmässig anlässlich der ordentlichen Generalversammlung, welche die Jahresrechnung abnimmt, beschlossen. Die Dividende wird grundsätzlich sofort fällig, mit der Folge, dass die Steuerforderung sofort entsteht (Art. 12 VStG) und die Verrechnungssteuer innert 30 Tagen (Art. 16 Abs. 1 lit. c VStG) mit dem amtlichen Formular der Eidgenössischen Steuerverwaltung zu entrichten ist. Die Generalversammlung kann aber beschliessen, das die Fälligkeit zu einem späteren Zeitpunkt eintritt (Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, 4. Aufl.1996, § 40 N. 54 und 62 f.). Wie erwähnt, stellen die verrechnungssteuerlichen Regeln über die Entstehung der Steuerforderung (Art. 12 VStG, Art. 21 Abs. 3 VStV) ein lückenloses System dar, das es erlaubt, die Fälligkeit der Leistung und damit die Entstehung der Steuerforderung grundsätzlich immer zu bestimmen (vorstehende E. 2.4). Vorliegend wurde der Fälligkeitstermin mit der ausserordentlichen Generalversammlung vom 25. März 2009 letztmals auf "voraussichtlich" den 31. Mai 2010 verschoben. Eine weiterer Fälligkeitsaufschub innert Frist unterblieb, so dass die Fälligkeit am 31. Mai 2010 definitiv eintrat. In der Tat war für die Fälligkeit nach dem 31. Mai 2010 nichts mehr bestimmt, so dass die Dividende fällig wurde und die 30-Tage-Frist zu laufen begann (Art. 21 Abs. 3 VStV). Die ausserordentliche Generalversammlung vom 5. Oktober 2010 konnte daher rechtlich den Fälligkeitstermin nicht erneut verschieben, nachdem die beschlossene Dividende fällig geworden war.
8
3.5. Im Grunde genommen läuft der Beschluss der ausserordentlichen Generalversammlung vom 5. Oktober 2010, was den Fälligkeitstermin betrifft, auf eine Berichtigung des Beschlusses der ausserordentlichen Generalversammlung vom 25. März 2009 hinaus in dem Sinn, dass der Fälligkeitstermin per 31. Mai 2010 (nachträglich) auf den 31. Mai 2012 verlegt werden soll.
9
 
Erwägung 4
 
 
Erwägung 5
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten sowie dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 4. Februar 2014
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Wyssmann
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).