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Informationen zum Dokument  BGer 6B_714/2013  Materielle Begründung
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BGer 6B_714/2013 vom 25.03.2014
 
{T 0/2}
 
6B_714/2013
 
 
Urteil vom 25. März 2014
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
 
Gerichtsschreiber Briw.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.X.________,
 
2. B.X.________,
 
3. C.X.________,
 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Hans Werner Meier,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1.  Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
 
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
 
2. Y.________,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Fahrlässige Tötung, Genugtuung usw.,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 23. Mai 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
- sprach den Privatklägern 1 und 2 zu Lasten von Y.________ je eine Genugtuung von Fr. 10'000.-- zu und wies die Genugtuungsklage der Privatklägerin 3 ab;
1
- verpflichtete Y.________, den Privatklägerinnen 1 und 2 die auf je Fr. 2'828.75 festgesetzten Parteikosten sowie der Privatklägerin 3 von den auch für sie auf Fr. 2'828.75 festgesetzten Parteikosten 4/5 im Betrag von Fr. 2'263.-- zu ersetzen;
2
- wies die Gerichtskasse Baden an, dem unentgeltlichen Rechtsvertreter des Privatklägers 2 ein amtliches Honorar von Fr. 2'828.75 auszuzahlen;
3
- auferlegte Y.________ 14/15 der bezirksgerichtlichen Verfahrenskosten und der Privatklägerin 3 1/15 im Betrag von Fr. 1'056.50;
4
- und verpflichtete die Privatklägerin 3, der Gerichtskasse Baden die Entschädigung für die amtliche Verteidigung von Y.________ von Fr. 6'404.95 zu 1/15 und damit im Betrag von Fr. 565.75 zu ersetzen.
5
 
C.
 
- Y.________ sei zu Schadenersatz von Fr. 8'538.45 und Fr. 2'078.-- sowie Genugtuungszahlungen an die Privatkläger 1 und 2 von je Fr. 20'000.-- und die Privatklägerin 3 von Fr. 10'000.-- zu verpflichten;
6
- Y.________ habe die Privatkläger für das Verfahren vor Bundesgericht angemessen zu entschädigen;
7
- für das erstinstanzliche Verfahren seien Fr. 6'789.25 und Fr. 502.90 MWSt sowie für das Berufungsverfahren Fr. 5'000.-- und Fr. 370.37 MWSt als Prozessentschädigung festzulegen;
8
- dem Privatkläger 2 sei für das obergerichtliche und das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen, das erstinstanzliche amtliche Honorar sei zu bestätigen, und der Honoraranspruch für das Berufungsverfahren sei ebenfalls als unentgeltliches Honorar zuzusprechen;
9
-eventuell sei die Sache an das Obergericht zurückzuweisen;
10
- die Kosten seien Y.________ aufzuerlegen;
11
- der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren.
12
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 4
 
4.1. Bei Tötung eines Menschen kann das Gericht unter Würdigung der besonderen Umstände den Angehörigen eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen (Art. 47 OR). Eine Genugtuung kann auch bei leichtem Verschulden zugesprochen werden (Art. 47 in Verbindung mit Art. 41 OR). Bemessungskriterien sind vor allem die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen, ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten sowie die Aussicht auf Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrages (BGE 132 II 117 E. 2.2.2). Die Bemessung ist ein Entscheid nach Billigkeit. Sie ist nicht schematisch vorzunehmen, sondern muss dem Einzelfall angepasst werden. Dabei kann in zwei Phasen vorgegangen werden, indem zuerst ein Basisbetrag festgelegt und anschliessend die besondere individuelle Situation berücksichtigt wird (BGE 132 II 117 E. 2.2.3).
13
4.2. Nicht jede immaterielle Unbill rechtfertigt die Zusprechung einer Genugtuung. Vorausgesetzt sind nach Art. 47 OR "besondere Umstände". Die Verletzung muss damit einen relativ hohen Intensitätsgrad aufweisen. Anspruchsberechtigt sind insbesondere die Eltern und die Geschwister des Getöteten. Massgebend ist neben dem Verwandtschaftsgrad die Intensität der Beziehung. Die Eltern sind anspruchsberechtigt, auch wenn das Kind erwachsen war und nicht im elterlichen Haushalt lebte, jedoch ist die Genugtuung in diesem Fall herabzusetzen (Urteil 1C_106/2008 vom 24. September 2008 E. 3.2.2). Der Anspruch der Geschwister setzt voraus, dass der Getötete im gleichen Haushalt lebte oder das Geschwister aufgrund eines derart engen Kontakts "durch den Verlust einen aussergewöhnlich schweren seelischen Schmerz erleidet" ( FELLMAMM/KOTTMANN, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Band I, 2012, S. 939 Rz. 2645 f.). Der Genugtuungsanspruch kann ganz wegfallen oder reduziert werden, wo die Beziehungen "so lose oder wenig herzlich waren, dass man von einem wahren Leid nicht sprechen kann" (a.a.O., Rz. 2649).
14
4.3. Die Vorinstanz hält fest, bei der fahrlässigen Tötung von D.X.________ handle es sich um eine tragische Folgen zeitigende Unachtsamkeit bzw. Unsorgfalt. Der Beschwerdegegner habe das Opfer nicht bemerkt und unbewusst fahrlässig gehandelt. Das Opfer sei 30 Jahre alt gewesen und habe seit ca. neun Jahren nicht mehr bei den Beschwerdeführern 1 und 2 (den Eltern) gelebt. Unter diesen Umständen habe die Beziehung nicht mehr dieselbe Intensität aufgewiesen, die bei einem jüngeren Kind in der Obhut der Eltern oder bei täglichem Verkehr anzunehmen wäre. Die erstinstanzlich zugesprochene Genugtuung erweise sich als zu hoch (mit Hinweis auf Urteil 6S.700/2001 vom 7. November 2002 E. 2.3 und 2.4: Genugtuung Fr. 15'000.--; ferner Urteil 6B_305/2012 vom 22. Januar 2013 E. 4 betreffend fahrlässige Tötung: Genugtuung Fr. 10'000.-- an die Mutter).
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Erwägung 5
 
 
Erwägung 6
 
 
Erwägung 7
 
 
Erwägung 8
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege des Beschwerdeführers 2 wird teilweise gutgeheissen und im Übrigen abgewiesen.
 
3. Den Beschwerdeführerinnen 1 und 3 werden die Gerichtskosten von Fr. 2'600.-- auferlegt.
 
4. Rechtsanwalt Hans Werner Meier wird für die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers 2 aus der Bundesgerichtskasse eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- ausgerichtet.
 
5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. März 2014
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Briw
 
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