BGer 9C_159/2014 | |||
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BGer 9C_159/2014 vom 07.04.2014 | |
{T 0/2}
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9C_159/2014
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Urteil vom 7. April 2014 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Kernen, Präsident,
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Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
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Gerichtsschreiber Traub.
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Verfahrensbeteiligte | |
M.________, vertreten durch
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Rechtsanwalt Rémy Wyssmann,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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IV-Stelle des Kantons Aargau,
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Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Invalidenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 17. Dezember 2013.
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Sachverhalt: | |
A. M.________ bezieht seit Mai 2001 eine halbe Rente der Invalidenversicherung (Verfügung vom 31. Oktober 2002). Im Rahmen eines Revisionsverfahrens ordnete die IV-Stelle des Kantons Aargau eine polydisziplinäre medizinische Begutachtung an (Verfügung vom 29. November 2012). Die hiegegen erhobene Beschwerde war erfolglos (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 15. Oktober 2013, Nichteintretensentscheid des Bundesgerichts vom 15. Januar 2014).
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Mit Eingaben vom 14. und 21. Dezember 2012 hatte M.________ gegen zwei Mitarbeiter der IV-Stelle ein Ausstandsbegehren gestellt. Die Verwaltung wies diese mit Verfügungen vom 8. und 15. April 2013 ab.
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B. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 17. Dezember 2013).
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C. M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit folgenden Rechtsbegehren:
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"1. Das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 17. Dezember 2013 und die Verfügungen der IV-Stelle Aargau vom 8. und 15. April 2013 seien vollumfänglich aufzuheben.
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2. Die Beschwerdesache sei an die kantonale Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese über die Anträge des Beschwerdeführers vom 24. Dezember 2013 entscheide und eine öffentliche Gerichtsverhandlung nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK durchführe.
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3. a) Die Beschwerdesache sei an die kantonale IV-Verwaltung zurückzuweisen und diese sei anzuweisen, das von der Rechtsordnung vorgesehene Vernehmlassungsverfahren durchzuführen und insbesondere die vollständigen schriftlichen Stellungnahmen der gemäss Verfügungen vom 8. und 15. April 2013 von Ausstandsbegehren des Beschwerdeführers vom 14. Dezember 2012 und vom 9. Januar 2013 betroffenen Verwaltungspersonen (C.________ und B.________) einzuholen und diese dem Beschwerdeführer zur Gewährung des rechtlichen Gehörs zuzustellen, worauf die kantonale Instanz neu zu verfügen habe.
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4. Es sei eine öffentliche Verhandlung mit Publikums- und Presseanwesenheit im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK anzusetzen und durchzuführen.
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5. Der vorliegenden Beschwerde sei gestützt auf Art. 103 Abs. 3 BGG die aufschiebende Wirkung zu erteilen.
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6. Das vorliegende Beschwerdeverfahren sei bis zum rechtskräftigen Abschluss des gegen den IV-Sachbearbeiter B.________ eingeleiteten Verfahrens wegen Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses nach Art. 322 StGB zu sistieren.
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7. (...)."
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Erwägungen: | |
1. Das vorliegende Verfahren betrifft einen Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren. Dagegen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (Art. 92 Abs. 1 BGG).
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2. Der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht habe seinen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung (Art. 6 Ziff. 1 EMRK; BGE 137 I 16 E. 2.2 S. 18; 120 V 1 E. 3b S. 7) zu Unrecht abgewiesen. Dabei handelt es sich um eine vom Bundesgericht frei überprüfbare formelle Rechtsfrage.
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2.1. Zunächst ist zweifelhaft, ob sich der Geltungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK überhaupt auf ein Zwischenverfahren (oben E. 1) erstrecken kann (vgl. BGE 131 V 66 E. 3.3 S. 70). Selbst wenn die Frage dort zu bejahen sein sollte, wo einem Zwischenverfahren in der Sache vorentscheidende Bedeutung zukommt (vgl. dazu Urteil 8C_283/2009 vom 18. September 2009 E. 2.2.1 mit Hinweisen [SVR 2010 UV Nr. 3 S. 11]), wäre in solchen Fällen eine minimale Begründung des Parteiantrags (BGE 122 V 47 E. 3a und b S. 55 f.) erforderlich. Dies gälte erst recht, wenn der Verfahrenshergang darauf schliessen lässt, dass der Antrag auf Verzögerungstaktik beruhen, schikanös motiviert oder (sonstwie) rechtsmissbräuchlich sein könnte (vgl. BGE 136 I 279 E. 1 S. 281). Eine solche Begründung enthält die vorinstanzliche Beschwerde nicht. Aus den dortigen Erörterungen ergibt sich ausserdem, dass der Sachverhalt nicht als ausreichend geklärt betrachtet wurde. Soweit der Beschwerdeführer die öffentliche Verhandlung im Hinblick auf eine Beweisabnahme angestrebt hat, beinhaltet der Öffentlichkeitsgrundsatz keinen Anspruch darauf, dass bestimmte Beweismittel öffentlich und in Anwesenheit der Parteien abgenommen werden (vgl. Urteil 9C_559/2007 vom 17. Dezember 2007 E. 1.2 und 1.3 mit Hinweisen).
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Das kantonale Gericht hat demnach zu Recht von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen. Damit entfällt ohne Weiteres auch eine öffentliche Gerichtsverhandlung vor Bundesgericht. Ohnehin wäre der Öffentlichkeitsgrundsatz primär im erstinstanzlichen Rechtsmittelverfahren zu gewährleisten (BGE 122 V 47 E. 3 S. 54 mit Hinweisen).
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3. Der Beschwerdeführer macht in weiterer Hinsicht eine Verletzung von Art. 29 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK (sowie Art. 61 lit. a ATSG) geltend. Das kantonale Gericht habe ihm das Replikrecht hinsichtlich der Vernehmlassung der IV-Stelle vom 25. November 2013 abgeschnitten, indem es bereits am 17. Dezember 2013 das Urteil erlassen habe. Damit sei seine Stellungnahme vom 24. Dezember 2013 unberücksichtigt geblieben.
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Aus den kantonalen Prozessakten ist ersichtlich, dass die Vernehmlassung mit instruktionsrichterlicher Verfügung vom 27. November 2013 dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zur Kenntnisnahme zugestellt wurde. Nach der Rechtsprechung darf jedenfalls nicht vor Ablauf von zehn Tagen nach Zustellung einer Eingabe davon ausgegangen werden, die Gegenpartei verzichte auf die Ausübung des Replikrechts (Urteil 1B_407/2012 vom 21. September 2012 E. 2.2). Mit dem Entscheid vom 17. Dezember 2013 hat das kantonale Gericht somit nicht verfrüht geurteilt.
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4.
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4.1. Am 5. Dezember 2012 bot die IV-Stelle dem Versicherten Gelegenheit, sich zu einer beabsichtigten vorsorglichen Sistierung der Rente für die Dauer der Abklärungen (namentlich der polydisziplinären Begutachtung) zu äussern. Mit Eingabe vom 14. Dezember 2012 stellte der Versicherte einen Befangenheitsantrag gegen den das Schreiben vom 5. Dezember 2012 unterzeichnenden Sachbearbeiter. In gleicher Weise verfuhr der Beschwerdeführer gegenüber einem zweiten Sachbearbeiter der IV-Stelle, dem er vorwarf, sich gegenüber dem Kanzleipartner des Rechtsvertreters telefonisch betreffend einer anderen Eingabe abschätzig geäussert zu haben (Eingabe vom 21. Dezember 2012). Am 3. März 2014 zeigte der Beschwerdeführer diesen Sachbearbeiter zudem wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses an.
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4.2. Personen, die Entscheidungen über Rechte und Pflichten zu treffen oder vorzubereiten haben, treten in Ausstand, wenn sie in der Sache ein persönliches Interesse haben oder aus anderen Gründen in der Sache befangen sein könnten (Art. 36 Abs. 1 ATSG). Es genügt, dass ein entsprechender Anschein durch objektive Umstände und vernünftige Gründe glaubhaft dargetan erscheint. Für verwaltungsinterne Verfahren gilt dabei nicht der gleich strenge Massstab wie gemäss Art. 30 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK für richterliche Behörden (BGE 137 II 431 E. 5.2 S. 451).
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4.2.1. Selbst wenn die vorsorgliche Sistierung der Rentenleistungen auf unbegründeten Verdachtsmomenten (hinsichtlich eines allfällig unrechtmässigen Leistungsbezugs) beruhen sollte, begründet das Schreiben der IV-Stelle vom 5. Dezember 2012 nicht den Anschein der Befangenheit seines Verfassers, auch nicht unter Berücksichtigung des konkreten Verfahrenshergangs (vgl. Beschwerdeschrift Ziff. 10 S. 17 ff.). Es spielt in diesem Zusammenhang regelmässig keine Rolle, ob die Verfahrensmassnahme richtig oder falsch ist (Urteile 9C_499/2013 vom 20. Februar 2014 E. 5.3 und 5A_472/2009 vom 10. November 2009 E. 6.2 mit Hinweisen).
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4.2.2. Was die angeblichen Äusserungen eines zweiten Sachbearbeiters gegenüber dem Kanzleipartner des Rechtsvertreters angeht, so kann dahingestellt bleiben, ob die Darstellung zutrifft, es seien Worte wie "sinnlos" gefallen, welche "absolute Geringschätzung gegenüber dem Inhalt des fraglichen Schreibens offenbarten". Eine Äusserung des Unverständnisses über eine bestimmte Verfahrensvorkehr überschreitet im Allgemeinen nicht das Mass dessen, was in einer mit offenem Visier geführten Auseinandersetzung zwischen Verwaltung und Rechtsvertretern über den richtigen Verlauf eines IV-Abklärungsverfahrens möglich sein muss. Wird den Rechtsvertretern zugestanden, die Interessen ihrer Mandanten dezidiert in der Sache und pointiert im Ton wahrzunehmen, so wäre es verfehlt, auf der andern Seite jedes Wort von Verwaltungsexponenten auf die Goldwaage zu legen. Sollte das inkriminierte Gespräch tatsächlich wie behauptet stattgefunden haben, so mag es wohl nicht den Gepflogenheiten entsprechen. Zu Stilfragen äussert sich das Bundesgericht indes nicht. Massgebend bleibt, dass nicht anzunehmen ist, angesichts der behaupteten Äusserungen werde der Ausgang des Verwaltungsverfahrens nicht mehr offen sein.
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4.3. Der Beschwerdeführer ersucht um Sistierung des Verfahrens, bis ein gegen den Sachbearbeiter der IV-Stelle eingeleitetes Strafverfahren wegen des Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses (Art. 320 StGB) rechtskräftig abgeschlossen sei. Ohne der strafrechtlichen Beurteilung vorzugreifen, ist an dieser Stelle festzuhalten, dass nach dem Gesagten kein Grund ersichtlich ist, das vorliegende Verfahren auszustellen.
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5. Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung des Schriftenwechsels und mit summarischer Begründung erledigt wird (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG).
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6. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde wird mit diesem Entscheid gegenstandslos.
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7. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Das Gesuch um Sistierung des Verfahrens wird abgewiesen.
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2. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 7. April 2014
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Kernen
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Der Gerichtsschreiber: Traub
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