BGer 1C_878/2013 | |||
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BGer 1C_878/2013 vom 16.05.2014 | |
{T 0/2}
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1C_878/2013
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Urteil vom 16. Mai 2014 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Aemisegger, Chaix,
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Gerichtsschreiber Gelzer.
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Verfahrensbeteiligte | |
1. A.________,
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2. B.B.________ und C.B.________,
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3. D.________,
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4. E.E.________ und F.E.________,
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5. G.G.________ und H.G.________,
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6. I.I.________ und J.I.________,
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7. K.K.________ und L.K.________,
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alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Hutter,
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gegen
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M.________ AG,
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Beschwerdegegnerin,
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Politische Gemeinde Altstätten, vertreten durch den Stadtrat, 9450 Altstätten SG,
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Baudepartement des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 54, 9001 St. Gallen.
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Gegenstand
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Erlass einer Sichtzone, Teilstrassenplan und Baubewilligung; Nichteintreten, Wiederherstellung der Frist,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 8. November 2013 des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. |
Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Ihm liegt eine baurechtliche Streitigkeit und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu Grunde (Art. 82 lit. a BGG). Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (Art. 83 BGG), weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offensteht.
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1.2. Die Beschwerdeführer haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen, sind mit ihren Anträgen unterlegen und werden durch den angefochtenen Nichteintretensentscheid besonders berührt. Sie sind daher gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert, zumal sie die Frage des vorinstanzlichen Nichteintretens thematisiert haben (vgl. Urteil 2C_756/2010 vom 19. Januar 2011 E. 1.1, publ. in: StR 66/2011 S. 431). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Beschwerde einzutreten.
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1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 lit. a, b und c BGG). Die Verletzung des übrigen kantonalen Rechts kann abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen gemäss Art. 95 lit. c und d BGG vor Bundesgericht nicht gerügt werden; zulässig ist jedoch die Rüge, die Anwendung dieses Rechts führe zu einer Verletzung von Bundesrecht, namentlich des verfassungsmässigen Willkürverbots (BGE 138 I 143 E. 2 S. 149 f.). Verweist das kantonale Verfahrensrecht auf bundesrechtliche Normen, kommen diese als subsidiäres kantonales Recht zur Anwendung und sind damit lediglich mit eingeschränkter Kognition überprüfbar (Urteile 9C_170/2013 vom 8. Juli 2013 E. 4.2.1; 2D_8/2013 vom 25. Februar 2013 E. 2.2; je mit Hinweisen).
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1.4. Nach der Praxis des Bundesgerichts verstösst ein Entscheid gegen das Willkürverbot, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, weil er zum Beispiel eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5; 138 I 49 E. 7.1; je mit Hinweisen).
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1.5. Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die Verletzung von Grundrechten prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 127 E. 1.6 S. 130). Wird eine Verletzung des Willkürverbots gemäss Art. 9 BV geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).
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Erwägung 2 | |
2.1. Das St. Galler Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Mai 1965 (VRP; sGS 951.1) weist in der ab dem 1. Januar 2013 gültigen Fassung folgende Regelungen auf:
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" Erster Teil: Allgemeine Bestimmungen
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Art. 1 Geltungsbereich
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1 Dieses Gesetz regelt:
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a) das Verfahren vor den Verwaltungsbehörden des Staates, [...];
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b) den Rechtsschutz in Verwaltungsstreitsachen.
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2 [...]
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Zweiter Teil: Verfahren vor den Verwaltungsbehörden
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Art. 6 [...]
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Art. 30 Zeitbestimmungen
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1 Soweit dieser Erlass nichts anderes bestimmt, finden die Bestimmungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 über die gerichtliche Vorladung, die Form der Zustellung, die Fristen und die Wiederherstellung sachgemässe Anwendung.
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2 Die Gerichtsferien gelten nicht:
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a) im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden;
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b) im Beschwerdeverfahren nach dem Einführungsgesetz zur Bundesgesetzgebung über das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht vom 24. April 2012;
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c) im Beschwerdeverfahren nach dem Einführungsgesetz zur Gesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen;
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d) in Fällen, die der Gerichtspräsident dringlich erklärt.
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3 Die Beteiligten werden auf die Ausnahmen nach Abs. 2 Bst. b bis d dieser Bestimmung hingewiesen.
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Dritter Teil: Rechtsschutz in Verwaltungsstreitsachen
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A. Organisation [...]
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B. Rekurs [...]
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Art. 58 Ergänzende Vorschriften 1 Soweit dieser Abschnitt nichts anderes bestimmt, richtet sich der Rekurs sachgemäss nach den Vorschriften des zweiten Teils dieses Gesetzes über das Verfahren vor den Verwaltungsbehörden.
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2 [...]"
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2.2. Das Verwaltungsgericht erwog zusammengefasst, gemäss Art. 30 Abs. 2 lit. a VRP würden die Gerichtsferien nicht gelten, wenn die Rekursinstanz - wie hier das kantonale Baudepartement - eine Verwaltungsbehörde sei. Eine anderweitige systematische Auslegung scheide aus, da der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen Verfahren vor Verwaltungsbehörden (zweiter Teil) und Verwaltungsstreitsachen (dritter Teil) durch die Verweisung von Art. 58 VRP durchbrochen habe. Da Art. 30 VRP in seiner heutigen Form erst mit der Vereinheitlichung des Zivil- und Strafprozessrechts in das VRP aufgenommen worden sei, stimme die historische Auslegung mit dem geltungszeitlichen Verständnis überein. In seiner früheren Fassung habe Art. 30 VRP bezüglich des Stillstands der Fristen auf das Gerichtsgesetz (sGS 941.1) verwiesen und ergänzend festgehalten, dass die Gerichtsferien im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden nicht gelten. Daran habe der Gesetzgeber anlässlich der Revision von Art. 30 VRP bewusst festgehalten. Art. 30 Abs. 2 lit. a VRP unterscheide zwischen der verwaltungsinternen und -externen Verwaltungsrechtspflege und bezwecke, die Gerichtsferien auf die verwaltungsexternen, gerichtlichen Verfahren zu beschränken. Diese Differenzierung folge einem logisch nachvollziehbaren und sachgerechten Kriterium. Somit ergebe sich auf Grund der grammatikalischen, systematischen, historischen sowie teleologischen Auslegung, dass die Gerichtsferien im Rekursverfahren vor Departementen als Verwaltungsbehörden nicht gelten. Dies entspreche der konstanten Verwaltungsrechtsprechung und der einschlägigen Lehrmeinung.
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2.3. Die Beschwerdeführer rügen, diese Auslegung verstosse gegen das Willkürverbot. Zur Begründung bringen sie dem Sinne nach vor, da sich Art. 30 Abs. 2 lit. a VRP gemäss seinem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes nur auf den zweiten Teil des VRP beziehe, könne die Verweisung in Art. 58 VRP nur zu einer Ausdehnung der Anwendung dieser Bestimmung auf den dritten Teil führen, wenn man die Praxis des Baudepartements und des Verwaltungsgerichts kenne. Da diese Praxis nicht in einer amtlichen Fallsammlung publiziert sei, fehle es an der hinreichenden Transparenz und Verständlichkeit des Gesetzestextes, der den Rechtsuchenden verlässlich zu der vom Baudepartement behaupteten Lösung führe.
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2.4. Mit diesen Ausführungen zeigen die Beschwerdeführer nicht rechtsgenüglich auf, inwiefern es unhaltbar sein soll, gestützt auf die Verweisung in Art. 58 VRP bezüglich der im dritten Teil des VRP nicht geregelten Frage der Gerichtsferien bei Rekursverfahren Art. 30 Abs. 2 lit. a VPR anzuwenden. Dies ist auch nicht ersichtlich, zumal der Verweis in Art. 58 VRP auch ohne Kenntnis der Rechtsprechung erkennbar ist und damit entgegen der Meinung der Beschwerdeführer nicht von einer unzureichenden Transparenz des Gesetzes gesprochen werden kann. Ein Widerspruch zur Systematik des Gesetzes ist auch deshalb zu verneinen, weil sich sie die Nichtgeltung der Gerichtsferien gemäss Art. 30 Abs. 2 lit. b und c VRP auf Beschwerdeverfahren bezieht, womit die Regelung in Art. 30 Abs. 2 VRP auch insoweit streitige Verfahren erfasst. Daran vermag nichts zu ändern, dass gemäss den Ausführungen der Beschwerdeführer die Gerichtsferien historisch betrachtet, die Rechtsuchenden und nicht die Gerichte oder Behörden schützen sollten. Im Übrigen belegt die von den Beschwerdeführern angerufene Literaturstelle nicht, dass das Verwaltungsgericht unter altem Recht entschieden habe, dass bei Rekursen vor dem Regierungsrat Gerichtsferien gelten (vgl. URS PETER CAVELTI, Die Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, 1994, S. 224).
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Erwägung 3 | |
3.1. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, gemäss Art. 30 Abs. 3 VRP müssten die Parteien nicht darauf hingewiesen werden, dass nach Art. 30 Abs. 2 lit. a VRP im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden keine Gerichtsferien gelten. Damit habe vorliegend keine Hinweispflicht bestanden.
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3.2. Die Beschwerdeführer wenden ein, selbst wenn mit dem Verwaltungsgericht angenommen würde, Art. 30 Abs. 2 lit. a VRP schliesse in Verbindung mit Art. 58 VRP auch bei Rekursverfahren vor Verwaltungsbehörden Gerichtsferien aus, könne Art. 30 Abs. 3 VRP willkürfrei nur so ausgelegt werden, dass in allen Verwaltungsstreitsachen gemäss dem dritten Teil des Gesetzes auf die mögliche Nichtgeltung der Gerichtsferien hinzuweisen sei. Es gebe keinen sachlichen Grund, bezüglich der Hinweispflicht danach zu unterschieden, ob ein Rekurs bei einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht erhoben werde. Zudem sei nach der Rechtsprechung die Hinweispflicht gemäss Art. 145 Abs. 3 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) absoluter Natur. Dies müsse auch in der St. Galler Verwaltungsrechtspflege gelten, da gemäss Art. 30 Abs. 1 VRP Art. 145 Abs. 3 ZPO analog anwendbar sei. Die Beschwerdeführer hätten sich daher in guten Treuen darauf verlassen dürfen, dass in der Rechtsmittelbelehrung darauf hingewiesen werde, falls die Gerichtsferien im konkreten Fall nicht gelten. Damit verletze der gegenteilige Entscheid des Verwaltungsgericht den Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 5 Abs. 3 und Art. 9 BV.
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3.3. Art. 30 Abs. 3 VRP sieht bezüglich der Nichtgeltung der Gerichtsferien in Verfahren vor Verwaltungsbehörden gemäss Art. 30 Abs. 2 lit. a VRP anerkanntermassen keine Hinweispflicht vor.Kommt diese Bestimmung gemäss Art. 58 VRP auch bei Rekursverfahren vor Verwaltungsbehörden zur Anwendung, ist durchaus vertretbar anzunehmen, damit entfalle in diesen Rekursverfahren eine Hinweispflicht. Dies lässt sich sachlich damit rechtfertigen, dass Gerichtsferien bei Verfahren vor Gerichten traditionell verankert sind, was bei Verfahren vor Verwaltungsbehörden nicht zutrifft. Entsprechend sieht auch Art. 22a VwVG keine Pflicht zum Hinweis auf die Nichtgeltung von Gerichtsferien vor (vgl. BGE 139 III 78 E. 5.4.3 S. 86). Nach Art. 30 Abs. 1 VRP finden die Bestimmungen der ZPO über die Fristen sachgemäss Anwendung, soweit das VRP nichts anderes bestimmt. Da Art. 30 VRP Ausnahmen von der Geltung der Gerichtsferien vorsieht (Abs. 2) und die entsprechende Hinweispflicht regelt (Abs. 3), ist die Hinweispflicht gemäss Art. 145 Abs. 3 ZPO aufgrund einer abweichenden Regelung im VRP nicht anwendbar. Damit ist unerheblich, dass die in Art. 145 Abs. 3 ZPO vorgesehene Hinweispflicht absoluter Natur ist (BGE 139 III 78 E. 5.4.3 S. 86). Das Verwaltungsgericht hat somit weder kantonales Recht willkürlich anwendet, noch den Grundsatz des Handelns nach Treu und Glauben verletzt, wenn es vorliegend in Anwendung von Art. 30 Abs. 3 VRP eine Pflicht zum Hinweis auf die Nichtgeltung der Gerichtsferien verneinte.
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Erwägung 4 | |
4.1. Gemäss Art. 148 Abs. 1 ZPO kann das Gericht auf Gesuch einer säumigen Partei eine Nachfrist gewähren oder zu einem Termin erneut vorladen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie kein oder nur ein leichtes Verschulden trifft. Bei der im Einzelfall vorzunehmenden Abgrenzung zwischen leichtem und schwerem Verschulden im Sinne von Art. 148 Abs. 1 ZPO steht den Gerichten ein Ermessensspielraum zu ( DENIS TAPPY, in: Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 19 zu Art. 148 ZPO; NICCOLÒ GOZZI, in: Basler Kommentar, ZPO, 2. Aufl. 2013, N. 11 zu Art. 148 ZPO; BARBARA MERZ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 15 zu Art. 148 ZPO). Ein Irrtum über die Tragweite einer verfahrensrechtlichen Rechtsregel kann bei juristischen Laien unter Umständen als leichtes Verschulden qualifiziert werden. Bei Rechtsanwälten stellt ein solcher Irrtum jedoch grundsätzlich ein schweres Verschulden dar ( GOZZI, a.a.O., N. 27 f. zu Art. 148 ZPO; NINA J. FREI, in: Berner Kommentar, ZPO, Bd. I., 2012, N. 20 zu Art. 148 ZPO; vgl. auch: HAUSER/SCHWERI, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, 2002, N. 34 und 48 zu § 199 GVG, N. 31 zu § 199 GVG). Auch ein Rechtsanwalt trifft indessen kein Verschulden, wenn er bezüglich der Bedeutung einer Verfahrensregelung auf eine publizierte Rechtsprechung abstellte, von der lediglich in nicht publizierten Entscheiden abgewichen wurde (BGE 99 II 349 E. 2b S. 350; vgl. auch: BGE 134 III 534 E. 3.2.3.3 S. 539). Er darf grundsätzlich auch auf Angaben in Rechtsmittelbelehrungen vertrauen. Der Vertrauensschutz versagt indessen, wenn für ihn ein Mangel in der Rechtsmittelbelehrung allein schon durch Konsultierung der massgebenden Verfahrensbestimmung ersichtlich gewesen wäre, weshalb er eine entsprechende "Grobkontrolle" vorzunehmen hat (BGE 135 III 374 E. 1.2.2.1 S. 376; 138 I 49 E. 8.3.2 S. 54; je mit Hinweisen).
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4.2. Das Verwaltungsgericht erwog, die Wiederherstellung von Fristen beurteile sich gemäss der Verweisung in Art. 30 VRP nach Art. 148 Abs. 1 ZPO. Das Baudepartement habe das ihm gemäss Art. 148 Abs. 1 ZPO zustehende Ermessen bei der Abgrenzung zwischen leichtem und schwerem Verschulden nicht überschritten, wenn es dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer ein schweres Verschulden angelastet habe. Er habe sich offenkundig im Irrtum über die Geltung der Gerichtsferien befunden, was angesichts des klaren Wortlauts von Art. 30 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 58 VRP nicht entschuldbar sei. Dass die Gerichtsferien vor verwaltungsinternen Rekursinstanzen nicht gelten würden, ergebe sich nicht bloss aus einer Verwaltungspraxis, die der Rechtsuchende nicht kennen musste. Er wisse genau, dass hierbei zwischen verwaltungsinterner und -externer Rechtspflege differenziert werde. Diese gesetzlich getroffene Unterscheidung sei dem Rechtskundigen gemeinhin geläufig. Selbst wenn das Gesetz auslegungsbedürftig wäre, entspreche es im Bereich der gesetzlichen Fristen nicht der zu erwartenden Sorgfalt, einfach das für sich günstigere Auslegungsergebnis zu wählen und letztlich auf die Wiederherstellung zu vertrauen.
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4.3. Die Beschwerdeführer machen gelten, ihr Rechtsanwalt habe aus dem Wortlaut und der Systematik des seit Januar 2011 gültigen Gesetzestextes schliessen dürfen, die Gerichtsferien hätten im vorliegenden Fall Geltung. Weiter habe er aus Art. 30 Abs. 1 VRP in Verbindung mit Art. 145 Abs. 3 ZPO ableiten dürfen, dass in der Rechtsmittelbelehrung hätte darauf hingewiesen werden müssen, falls die Gerichtsferien nicht gelten. Die gegenteilige Praxis habe der Rechtsvertreter nicht gekannt und nicht kennen müssen, da sie nicht in einer amtlichen Entscheidsammlung publiziert worden sei und auch in der Literatur nicht darauf verwiesen werde. Demnach sei die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Auslegung der massgeblichen Gesetzesbestimmungen sei klar und eindeutig, unhaltbar. Selbst wenn der Rechtsvertreter mit einer anderen Auslegung des Gesetzes hätte rechnen sollen, könne ihm höchstens ein leichtes Verschulden angelastet werden. Die gegenteilige Annahme stelle eine offenkundige Ermessensüberschreitung dar, was das Verwaltungsgericht willkürlich verneint habe.
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4.4. Gemäss der vorstehenden Erwägungen hätte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer bereits gestützt auf die Konsultierung der massgebenden Gesetzesbestimmungen erkennen können, dass im Rekursverfahren vor dem Baudepartement als Verwaltungsbehörde keine Gerichtsferien gelten. Zudem war die Rechtsmittelbelehrung nicht mangelhaft, weil sie gemäss willkürfreier Auslegung des VRP keinen Hinweis auf die Nichtanwendbarkeit der Gerichtsferien aufzuweisen brauchte. Unter diesen Umständen haben die Vorinstanzen ihr Ermessen bei der Beurteilung des Verschuldens des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer nicht überschritten und sind nicht in Willkür verfallen, wenn sie ihm ein schweres Verschulden anlasteten. Dies wird dadurch bestätigt, dass die von ihm vertretene Rechtsauffassung weder in der Rechtsprechung noch in der Lehre eine Stütze findet.
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Erwägung 5 |
Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
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3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Politischen Gemeinde Altstätten, dem Baudepartement des Kantons St. Gallen und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 16. Mai 2014
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Gelzer
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