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Informationen zum Dokument  BGer 1C_49/2014  Materielle Begründung
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BGer 1C_49/2014 vom 25.06.2014
 
{T 0/2}
 
1C_49/2014
 
 
Urteil vom 25. Juni 2014
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio,
 
Gerichtsschreiber Störi.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Kurt Moll,
 
gegen
 
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, Schermenweg 5, Postfach, 3001 Bern.
 
Gegenstand
 
Anordnung einer Kontrollfahrt,
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 14. August 2013 der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Am 25. Juni 2012 stellte der in Bern wohnhafte deutsche Staatsangehörige A.________ beim Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern das Gesuch um Austausch eines ausländischen Führerausweises.
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B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29. Januar 2014 beantragt A.________, diesen Entscheid der Rekurskommission aufzuheben und die Sache eventuell an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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C. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt und die Rekurskommission beantragen in ihren Vernehmlassungen, die Beschwerde abzuweisen. Denselben Antrag stellt das Bundesamt für Strassen (ASTRA).
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Erwägungen:
 
1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht die Beschwerde nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Die kantonalen Instanzen haben den Austausch des deutschen Führerausweises des Beschwerdeführers vom Bestehen einer Kontrollfahrt abhängig gemacht. Der angefochtene Entscheid schliesst das Verfahren nicht ab. Er stellt daher einen Zwischenentscheid dar, der nach der Rechtsprechung anfechtbar ist, da er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinn von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirkt. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.
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Erwägung 2
 
Nach Art. 42 Abs. 1 lit. a der Verkehrszulassungsverordnung (vom 27. Oktober 1976; SR 741.6; VZV) darf ein ausländischer Motorfahrzeugführer in der Schweiz ein Motorfahrzeug führen, wenn er über einen gültigen nationalen Führerausweis verfügt. Einen schweizerischen Führerausweis benötigt der Ausländer, wenn er seit 12 Monaten in der Schweiz wohnt und sich in dieser Zeit nicht länger als drei Monate ununterbrochen im Ausland aufgehalten hat (Art. 42 Abs. 3bis lit. a VZV). Nach Art. 44 Abs. 1 VZV wird dem Inhaber eines gültigen ausländischen Ausweises der schweizerische Führerausweis der entsprechenden Kategorie erteilt, wenn er auf einer Kontrollfahrt nachweist, dass er die Verkehrsregeln kennt und Fahrzeuge der entsprechenden Kategorie sicher zu führen versteht. Nach Art. 150 Abs. 5 lit. e VZV kann das ASTRA "die Anerkennungsfristen für ausländische Ausweise und Kontrollschilder ändern sowie auf die Kontrollfahrt nach Art. 44 Abs. 1 und die Theorieprüfung nach Artikel 44 Absatz 2 verzichten gegenüber Führern aus Staaten, die in Bezug auf Ausbildung und Prüfung der Schweiz entsprechende Anforderungen stellen." Unbestritten ist, dass Deutschland nach der entsprechenden Länderliste des ASTRA (aktuell in Anhang 2 der Beilage zum Kreisschreiben des ASTRA vom 1. Oktober 2013) zu jenen Ländern gehört, deren Ausweise grundsätzlich gegen schweizerische ausgetauscht werden, ohne dass der Inhaber eine Kontrollfahrt oder eine Theorieprüfung zu absolvieren hätte.
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Erwägung 3
 
3.1. Der Beschwerdeführer verfügt seit dem 30. Juli 1997 über einen deutschen Führerschein der Klassen 1a, 1b, 3, 4 und 5, welcher ihn u.a. zum Führen von Leichtkrafträdern (Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h), von Fahrzeugen der (schweizerischen) Kategorien B (Motorwagen bis zu einem Gesamtgewicht von 3500 kg) sowie C1/C1E berechtigen (Motorwagen mit einem Gesamtgewicht von mehr als 3500 kg und einem Anhänger von mehr als 750 kg) berechtigt. Der Beschwerdeführer hat seit dem 2. Dezember 2005 Wohnsitz in der Schweiz und am 29. Juni 2012 - rund 6 ½ Jahre später - das Gesuch gestellt, seinen ausländischen Führerausweis gegen einen schweizerischen umzutauschen. Nach seinen eigenen Angaben hat er in dieser Zeit regelmässig Motorfahrzeuge geführt; als Beleg dafür liegt eine Bestätigung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts vom 13. Juni 2007 in den Akten, wonach ein zuvor in Deutschland zugelassenes Motorrad Piaggio Vespa des Beschwerdeführers in die Schweiz überführt und hier zugelassen wurde. Aktenkundig ist zudem, dass das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt dem Beschwerdeführer seinen ausländischen Ausweis am 4. Oktober 2013 wieder aushändigte, um ihm das Führen von Motorfahrzeugen im Ausland zu ermöglichen.
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3.2. Der Beschwerdeführer hat es somit versäumt, seinen ausländischen Führerausweis pflichtgemäss innerhalb eines Jahres gegen einen schweizerischen umzutauschen. Nach seiner Darstellung hat er nach seinem Zuzug regelmässig Motorfahrzeuge geführt. Der Umstand, dass er 2007 seinen Motorroller in die Schweiz eingeführt hat, ist zwar kein strikter Beweis, aber immerhin ein schlüssiges Indiz dafür, dass er ihn auch benützt hat. Insgesamt erscheint seine Darlegung, dass er auch nach Ablauf der einjährigen Austauschfrist regelmässig Motorfahrzeuge lenkte, plausibel und glaubhaft. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt hat denn auch nie Zweifel daran geäussert. Die Auffassung der Rekurskommission, es bestehe nach Ziff. 351 der erwähnten Richtlinie eine Fiktion, wonach ein Ausländer, der die Umtauschfrist um mehr als vier Jahre verpasse, während mehr als fünf Jahren (d.h. seit dem Zuzug) kein Motorfahrzeug mehr geführt habe, was seine Fahreignung in Frage stelle, findet in Gesetz und Verordnung keine Stütze und ist damit bundesrechtswidrig.
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3.3. Somit ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seit seinem Zuzug in die Schweiz bis heute regelmässig Motorfahrzeuge gelenkt, es aber versäumt hat, pflichtgemäss innerhalb eines Jahres seinen deutschen Führerausweis auszutauschen. Das Versäumnis des Beschwerdeführers stellt damit objektiv eine mit Busse zu ahndende Übertretung dar (Art. 42 Abs. 3bis VZV i.V.m. Art. 147 Ziff. 1 Abs. 1 und 5 VZV). Dieses Fehlverhalten vermag daher allenfalls Zweifel an seiner Fähigkeit oder seinem Willen zur gewissenhaften Einhaltung seiner administrativen Verpflichtungen zu wecken, nicht aber an seiner Fahreignung, was allein die Anordnung einer Kontrollfahrt rechtfertigen könnte. Weitere Gründe, die Zweifel daran erwecken würden, sind nicht ersichtlich; insbesondere ist der automobilistische Leumund des Beschwerdeführers (jedenfalls in der Schweiz) ungetrübt. Bestehen aber somit keine ernsthaften Zweifel an der Fahreignung des Beschwerdeführers, erweist sich die Anordnung einer Kontrollfahrt als bundesrechtswidrig.
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3.4. Eine langjährige Fahrabstinenz mag zwar durchaus Zweifel an der Fahreignung wecken. Insofern ist es den Strassenverkehrsämtern unbenommen, im Sinne von Ziff. 351 der erwähnten Richtlinien Abklärungen über die Fahrpraxis des Gesuchsstellers vorzunehmen, wenn ein Ausländer seinen Führerausweis pflichtwidrig erst über fünf Jahre nach seinem Zuzug in die Schweiz austauschen will. Sie können ihm indessen nicht ohne Weiteres im Sinne einer (aussergesetzlichen) Fiktion unterstellen, während dieser Zeit keine Motorfahrzeuge geführt zu haben. Viel nahe liegender dürfte in solchen Fällen zumeist sein, dass sich der Ausländer zu wenig um seine mit dem Umzug verbundenen administrativen Pflichten gekümmert und den rechtzeitigen Austausch seines Führerausweises mangels Kenntnis der entsprechenden Vorschriften verpasste. Das ist als Übertretung objektiv strafbar, beeinträchtigt aber die Fahreignung nicht.
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4. Die Beschwerde ist damit gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache ans Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt zurückzuweisen mit der Anweisung, den deutschen Führerausweis des Beschwerdeführers gegen einen schweizerischen auszutauschen. Dem pflichtgemässen Ermessen des Amts wird anheimgestellt, den Beschwerdeführer wegen der erwähnten Übertretung zu verzeigen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
1.1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern vom 14. August 2013 aufgehoben und die Sache ans Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern zurückgewiesen mit der Anweisung, den deutschen Führerausweis des Beschwerdeführers gegen einen schweizerischen auszutauschen.
 
1.2. Der Kanton Bern trägt die Kosten der Rekurskommission von Fr. 900.--.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Der Kanton Bern hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen.
 
4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern und dem Bundesamt für Strassen Sekretariat Administrativmassnahmen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Juni 2014
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Störi
 
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