BGer 1C_132/2014 | |||
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BGer 1C_132/2014 vom 01.07.2014 | |
{T 0/2}
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1C_132/2014
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Urteil vom 1. Juli 2014 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Merkli, Karlen,
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Gerichtsschreiber Störi.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen, Abteilung Administrativmassnahmen, Frongartenstrasse 5, 9001 St. Gallen,
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Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen.
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Gegenstand
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Führerausweisentzug,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 12. Februar 2014 des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen.
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Sachverhalt: | |
A. A.________ fuhr am 9. September 2012 am Steuer seines Personenwagens auf der Staatsstrasse aus Richtung Oberbüren in Richtung Bischofszell. Im Weiler Sorntal geriet er um 12:34 Uhr in eine automatische Geschwindigkeitsmessung der Kantonspolizei St. Gallen. Sie ergab, dass er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um netto 21 km/h überschritten hatte.
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Am 25. Oktober 2012 entzog das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen A.________ den Führerausweis wegen einer mittelschweren Verkehrsregelverletzung für einen Monat.
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Am 28. Februar 2013 wies die Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen den Rekurs von A.________ gegen den Führerausweisentzug ab.
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Am 12. Februar 2014 wies das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen die Beschwerde von A.________ gegen diesen Rekursentscheid ab.
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B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt A.________, dieses Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und anstelle des Führerausweisentzugs eine Verwarnung auszusprechen oder die Sache eventuell an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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C. Am 11. April 2014 erkannte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu.
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D. Die Verwaltungsrekurskommission, das Verwaltungsgericht und das Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
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Erwägungen: | |
1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über eine Administrativmassnahme im Strassenverkehr. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Bundesrecht, was zulässig ist (Art. 95 lit. a, Art. 97 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. Für die vom Beschwerdeführer ebenfalls erhobene Verfassungsbeschwerde bleibt damit kein Raum.
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2. Führerausweise werden nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften in Anwendung der Art. 16a-16c SVG je nach Schwere und Häufigkeit für bestimmte Zeit, in besonders schwerwiegenden Fällen auch auf unbestimmte Zeit entzogen; durch diese strafähnlichen (BGE 133 II 331 E. 4.2; 120 Ib 504 E. 4b mit Hinweis; Urteil 1C_65/2007 vom 11. September 2007 E. 3.1) Warnungsentzüge soll der Betroffene von der Begehung weiterer Widerhandlungen abgehalten werden.
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Das Gesetz unterscheidet zwischen der leichten, mittelschweren und schweren Widerhandlung (Art. 16a-c SVG). Gemäss Art. 16a SVG begeht eine leichte Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft und ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft (Abs. 1 lit. a). Gemäss Art. 16b SVG begeht eine mittelschwere Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (Abs. 1 lit. a). Eine schwere Widerhandlung im Sinn von Art. 16c lit. a SVG begeht, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Nach einer mittelschweren Widerhandlung wird der Ausweis für mindestens 1 Monat entzogen (Art. 16b Abs. 2 lit. a SVG). Eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindestentzugsdauern ist ausgeschlossen (Art. 16 Abs. 3 SVG).
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3. Der Beschwerdeführer hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstmals Zweifel an der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung vorgebracht und die Edition der technischen Daten des Geräts sowie des konkreten Messprotokolls verlangt. Das Verwaltungsgericht hat es unter Berufung auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Novenverbot und der in Rechtskraft erwachsenen Bussenverfügung abgelehnt, diesen neuen Einwand zu berücksichtigen und auf entsprechende Abklärungen verzichtet.
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Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei willkürlich, auf die Bussenverfügung abzustellen, nachdem im Strafverfahren keine Sachverhaltsabklärungen getroffen worden seien. Da ein Führerausweisentzug eine strafähnliche Sanktion darstelle, könne zudem erwartet werden, dass die Administrativbehörde die "Strafbarkeitsvoraussetzungen" von Amtes wegen und ohne konkreten Antrag des Beschwerdeführers abkläre; das Verwaltungsgericht habe daher Art. 8 ZGB verletzt, indem es die Beweisanträge zur Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung abgelehnt habe.
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Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung erheischt, widersprüchliche Urteile nach Möglichkeit zu vermeiden (BGE 136 II 447 E. 3.1; 127 II 302 nicht publ. E. 3a). In strafrechtlicher Hinsicht wurde der Beschwerdeführer für die hier zur Diskussion stehende Geschwindigkeitsüberschreitung wegen einer leichten Verletzung der Verkehrsregeln im Sinn von Art. 90 Abs. 1 SVG verurteilt. Die Bussenverfügung blieb offenbar unangefochten und ist in Rechtskraft erwachsen. Er muss sie sich damit entgegenhalten lassen. Es ist mit Treu und Glauben nicht vereinbar, eine Verkehrsbusse in Rechtskraft erwachsen zu lassen und im anschliessenden Administrativverfahren deren tatsächliche Grundlage in Frage zu stellen (BGE 123 II 97 E. 3c/aa; Urteile 1C_618/2012 vom 29. April 2013 E. 2.3; 1C_249/2012 vom 27. März 2013 E. 2.1.2; 1C_191/2012 vom 21. August 2012 E. 3). Das Verwaltungsgericht hat es daher schon aus diesem Grund zu Recht abgelehnt, die vorher nie beanstandete Geschwindigkeitsmessungsmessung zu überprüfen. Der Beschwerdeführer nennt im Übrigen auch nicht einen konkreten Grund, der deren Ergebnis in Frage stellen würde. Vollends unerfindlich ist zudem, inwiefern das Verwaltungsgericht die (zivilrechtliche) Beweislastregel von Art. 8 ZGB verletzt haben könnte, indem es die beantragten Abklärungen ablehnte.
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4. In der Sache ist unbestritten, dass die signalisierte Höchstgeschwindigkeit im Weiler Sorntal bei 50 km/h liegt und dass das eingangs des Weilers angebrachte Signal 2.30.1 "Höchstgeschwindigkeit 50 generell" gemäss Art. 22 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) für den heranfahrenden Beschwerdeführer gut sichtbar war. Damit hatte sich der Beschwerdeführer an diese Geschwindigkeitsbeschränkung zu halten, gleichgültig darum, dass er sie an dieser Örtlichkeit für unangemessen tief hält, weil der Weiler Sorntal seiner Auffassung nach nicht zum "dichtbesiedelten Gebiet" im Sinn von Art. 4a Abs. 2 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11) gehört, in welchem die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gilt (BGE 126 II 196 E. 2b). Das Verwaltungsgericht hat ihm zu Recht eine Geschwindigkeitsübertretung innerorts von netto 21 km/h vorgehalten, was nach der langjährigen Praxis des Bundesgerichts auch bei günstigen Verhältnissen eine mittelschwere Widerhandlung im Sinn von Art. 16b SVG darstellt (BGE 126 II 196 E. 2a; 124 II 97 E. 2; Urteil 1C_585/2008 vom 14. Mai 2009 E. 2.1; vgl. auch BGE 132 II 234 E. 3.2). Da das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer keine erschwerenden Umstände anlastete und dementsprechend nicht in Betracht zog, den Vorfall als schwere Widerhandlung im Sinn von Art. 16 c SVG einzustufen, konnte es auf weitere Abklärungen über die Gründe, die zur Geschwindigkeitsübertretung führten - etwa ob der Beschwerdeführer das Signal aus mangelnder Aufmerksamkeit übersah oder es bewusst missachtete - verzichten. Eine mittelschwere Widerhandlung zieht einen Führerausweisentzug von mindestens einem Monat nach sich, eine Unterschreitung dieser gesetzlichen Mindestentzugsdauer ist unzulässig.
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5. Die Beschwerde ist damit als offensichtlich unbegründet abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons St. Gallen, der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Strassen Sekretariat Administrativmassnahmen schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 1. Juli 2014
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Störi
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