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Informationen zum Dokument  BGer 2C_747/2013  Materielle Begründung
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BGer 2C_747/2013 vom 08.09.2014
 
{T
 
0/2
 
}
 
2C_747/2013
 
 
Urteil vom 8. September 2014
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Donzallaz, Kneubühler,
 
Gerichtsschreiberin Mayhall.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. B.________
 
2. C.________,
 
beide vertreten durch Rechtsanwältin Simone Tschopp,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. D.________
 
2. E.________
 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Patrik Gruber
 
Beschwerdegegner,
 
Kantonale Behörde für Grundstückverkehr
 
Gegenstand
 
Bäuerliches Bodenrecht,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, III. Verwaltungsgerichtshof, vom 11. Juni 2013.
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.________ sel. war Eigentümerin der Grundstücke Nr. zzz, Nr. xxx und Nr. yyy des Grundbuchs der Gemeinde U.________. Als Nachkommen hinterliess sie B.________ und C.________ sowie D.________ und E.________.
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B. Auf Gesuch namens der "Erbengemeinschaft A.B.C.D.E.________" von C.________ und deren Ehemann, C.C.________, erliess die kantonale Behörde für Grundstückverkehr am 28. November 2011 eine Verfügung. Mit Dispositivziffer 1 stellte die kantonale Behörde für Grundstückverkehr fest, dass die Grundstücke der Erben der A.________ (Nr. zzz, xxx und yyy) nicht als landwirtschaftliches Gewerbe qualifiziert werden könnten. Den Erben wurde bewilligt, vom Grundstück Nr. zzz ein neues Grundstück mit 2'182 m2 gemäss Situationsplan abzutrennen (Dispositivziffer 2). Dieses neue Grundstück unterstehe ebenfalls nicht dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991 (Dispositivziffer 3).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 26. August 2013 beantragen B.________ und C.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts des Kantons Freiburg vom 11. Juni 2013 sei kostenfällig aufzuheben. Es sei festzustellen, dass das Grundstück U.________-Gbbl. Nr. zzz dem Zerstückelungsverbot unterliege; eventuell sei eine Abparzellierung und Nichtunterstellung einer Teilfläche des Grundstückes U.________-Gbbl. Nr. zzz gemäss Präsidialentscheid der kantonalen Behörde für Grundstückverkehr vom 28. November 2011 zu bewilligen.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 138 I 435 E. 1 S. 439).
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1.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht. Sie richtet sich gegen einen Entscheid einer letzten oberen kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG) über eine gestützt auf das Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991 (BGBB) erlassene Feststellungs- und Bewilligungsverfügung und ist somit zulässig (Art. 89 BGBB; Art. 82 lit. a BGG; Urteil 2C_1208/2012 vom 17. Juli 2013 E. 1, nicht publ. in BGE 139 III 327; STALDER, in: Das bäuerliche Bodenrecht, Kommentar zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht vom 4. Oktober 1991, 2. Aufl. 2011, N. 8 zu Art. 88 und 89).
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1.3. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 89 Abs. 1 BGG). Vorausgesetzt wird neben der formellen Beschwer, dass ein Beschwerdeführender über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt und einen praktischen, bei ihm eintretenden Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zieht. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführenden durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (BGE 137 II 30 E. 2 S. 33 ff.). Als Parteien des vorinstanzlichen Verfahrens, welche mit ihren Anträgen unterlegen sind, sind die Beschwerdeführenden legitimiert, den vorinstanzlichen Entscheid anzufechten. Auf die Beschwerde ist, vorbehältlich der nachfolgenden Ausführungen, einzutreten.
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1.4. Dem erstmals mit Beschwerde an das Bundesgericht ausdrücklich gestellten Antrag auf Feststellung, dass das Grundstück Nr. zzz U.________ dem Zerstückelungsverbot unterliege, kommt keine selbstständige Bedeutung zu; die Fragewird im vorliegenden Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit der beantragten Abparzellierung vorfrageweise zu entscheiden sein.
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1.5. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254).
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1.6. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich unrichtig festgestellt ist ein Sachverhalt, wenn er willkürliche Feststellungen beinhaltet (BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62).
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2. Die Beschwerdeführenden rügen, die Vorinstanz sei in unzutreffender Anwendung und Auslegung des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) nicht auf die vorinstanzliche Beschwerde gegen die Bewilligung der Abparzellierung eingetreten. Die Eventualbegründung, die Beschwerde sei wegen Zulässigkeit der Abparzellierung gestützt auf Art. 60 Abs. 1 lit. a BGBB ohnehin abzuweisen, sei bundesrechtswidrig.
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2.1. Der Streitgegenstand des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens bestimmt sich nach dem Dispositiv des angefochtenen Entscheids und den Beschwerdeanträgen (BGE 136 II 165 E. 5 S 174; Urteil 2C_961/2013 vom 29. April 2014 E. 3.3; Urteil 2C_930/2012 vom 10. Januar 2012 E. 1.1). Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor Bundesgericht kann nur sein, was bereits Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens war oder richtigerweise hätte sein sollen (BGE 136 II 457 E. 4.2 S. 463; 133 II 35 E. 2 S. 38; Urteil 2C_961/2013 vom 29. April 2014 E. 3.3). Wird ein Nichteintretensentscheid angefochten, bildet Streitgegenstand grundsätzlich nur die Frage, ob die Vorinstanz auf die Beschwerde hätte eintreten müssen (Urteil 2C_272/2012 vom 9. Juli 2012 E. 1.1).
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2.2. Die Beschwerdeführenden hatten im vorinstanzlichen Verfahren beantragt, es sei festzustellen, dass Dispositivziffer 1 des Präsidialentscheids der kantonalen Behörde für Grundstückverkehr vom 28. November 2011 in Rechtskraft erwachsen sei, wonach die Grundstücke U.________ Nr. zzz, Nr. xxx und Nr. yyy kein landwirtschaftliches Gewerbe darstellten. Die Vorinstanz hat diesen Feststellungsantrag der Beschwerdeführenden ohne Begründung nicht behandelt, was mit der Beschwerde an das Bundesgericht nicht gerügt wird. Dieser Feststellungsantrag bildet nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens.
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Erwägung 3
 
3.1. Das BGBB ist anwendbar auf einzelne oder zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehörende landwirtschaftliche Grundstücke, die ausserhalb der Bauzone liegen und für welche die landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist (örtlicher Geltungsbereich; Art. 2 Abs. 1 BGBB). Als landwirtschaftlich gilt ein Grundstück, das für die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Nutzung geeignet ist (Art. 6 Abs. 1 BGBB; so auch die Definition der Landwirtschaftszone in Art. 16 Abs. 1 lit. a RPG; sachlicher Geltungsbereich; BGE 128 III 229 E. 2 S. 230 f.). Gemäss der vorinstanzlichen und für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellung liegt das Grundstück Nr. zzz U.________ in der Landwirtschaftszone. Das BGBB ist anwendbar.
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3.2. Der 3. Titel des BGBB enthält öffentlich-rechtliche Beschränkungen des Verkehrs mit landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken und unterstellt gesetzlich definierte privatrechtliche Rechtsgeschäfte einer Bewilligungspflicht. Die erteilte Bewilligung bewirkt die Gültigkeit des privatrechtlichen Rechtsgeschäfts und ist eine privatrechtsgestaltende Verwaltungsverfügung ( STALDER, a.a.O., N. 16 ff. zu Vorbem. zu Art. 61-69 BGBB).
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3.3. Eigentümerin des Grundstücks Nr. zzz U.________ ist die Erbengemeinschaft A.________, bestehend aus den Beschwerdeführenden und den Beschwerdegegnerinnen. Eine unverteilte Erbschaft steht im Gesamteigentum der Erbengemeinschaft, bestehend aus sämtlichen Miterben (Art. 602 Abs. 1 und 2 ZGB), wobei das Recht eines jeden Miterben auf die ganze Sache geht (Art. 652 ZGB). Mit Präsidialentscheid vom 28. November 2011 genehmigte die kantonale Behörde für Grundstückverkehr die Grundstücksteilung als ein einseitiges privatrechtliches Rechtsgeschäft, das nicht auf einer Willenserklärung des Gesamteigentümers - der Erbengemeinschaft, bestehend aus den Beschwerdeführenden und den Beschwerdegegnerinnen - beruhte, sondern auf derjenigen von C.________ und damit eines für die Erbengemeinschaft nicht handlungsberechtigten Vertreters. Die nachfolgende Gewährung des rechtlichen Gehörs an die Beschwerdegegnerinnen und die wiedererwägungsweise erlassene Verfügung vom 20. Februar 2012 vermochte diesen Mangel bereits deswegen nicht zu heilen, weil B.________ das Gesuch um Erlass der Verfügung der kantonalen Behörde für Grundstückverkehr nicht gestellt und sich der für das Bundesgericht verbindlichen vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung seine Zustimmung zu einer Abparzellierung nicht entnehmen lässt.
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4. Das angefochtene vorinstanzliche Urteil ist auch deswegen aufzuheben, weil eine Abtrennung des Teilgrundstücks mangels Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 60 Abs. 1 lit. a BGBB Bundesrecht verletzt.
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4.1. Die Vorinstanz ist auf das Rechtsmittel der Beschwerdeführenden mit der Hauptbegründung nicht eingetreten, deren Verhalten sei treuwidrig. Das kantonale Amt für Grundstückverkehr habe deren Rechtsbegehren entsprochen, weshalb es nicht angehe, den Grundsatz der Abparzellierung jetzt wieder in Frage zu stellen.
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4.2. Da die Vorinstanzdie Zulässigkeit der Abparzellierung auch materiell beurteilt hat, ist, wie weiter oben ausgeführt, auch hierauf einzugehen (E. 2.1 f.).
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4.2.1. Die Beschwerdeführenden wenden sich mit verschiedenen Argumenten gegen die Abparzellierung eines Areals in der Grösse von 4500 m2. von der Parzelle U.________ Nr. zzz.
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4.3. Gemäss der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung teilte das kantonale Bau- und Raumplanungsamt mit Schreiben vom 17. Juni 2010 die Auffassung der kantonalen Behörde für Grundstückverkehr, wonach die auf dem Grundstück Nr. zzz U.________ erstellten Gebäude für die landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet seien. Weder aus dem erstellten Sachverhalt noch aus den Akten ergibt sich jedoch, dass dem kantonalen Bau- und Raumplanungsamt die beabsichtigte künftige Nutzung der abzuparzellierenden Fläche unterbreitet und dieses deren Rechtmässigkeit mit einer rechtskräftigen Verfügung festgestellt hätte. Die mit erstinstanzlicher Verfügung vom 28. November 2011, teilweise abgeändert durch die Verfügung vom 14. März 2012, erteilte bodenrechtliche Ausnahmebewilligung vom Zerstückelungsverbot ist damit bundesrechtswidrig. Der Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils erweist sich als begründet, und die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen.
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5. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, soweit die Aufhebung des angefochtenen vorinstanzlichen Urteils beantragt wird. Das Urteil vom 11. Juni 2013 des Kantonsgerichts Freiburg als Verwaltungsgericht wird aufgehoben.
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Die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 4'000.- - werden den unterliegenden Beschwerdegegnerinnen auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerinnen haben die Beschwerdeführenden für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg vom 11. Juni 2013 wird aufgehoben.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdegegnerinnen auferlegt.
 
3. Die Beschwerdegegnerinnen haben die Beschwerdeführenden mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.
 
4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Freiburg, III. Verwaltungsgerichtshof, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 8. September 2014
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall
 
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