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Informationen zum Dokument  BGer 6B_631/2014  Materielle Begründung
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BGer 6B_631/2014 vom 23.09.2014
 
{T 0/2}
 
6B_631/2014
 
 
Urteil vom 23. September 2014
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichter Rüedi,
 
Gerichtsschreiberin Pasquini.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Verlängerung der stationären Massnahme,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelgericht, vom 29. April 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz stelle den Sachverhalt unvollständig fest und wende Art. 59 ff. StGB unrichtig an. Die Voraussetzungen für die Verlängerung der stationären Massnahme gemäss Art. 59 StGB seien nicht gegeben. Es liege keine schwere psychische Störung vor und zwischen seiner psychischen Erkrankung und den Straftaten fehle der Kausalzusammenhang. Zudem sei die Verlängerung der stationären Massnahme nicht verhältnismässig. Überdies gebe die Vorinstanz die relevanten Angaben der sachverständigen Personen nicht korrekt wieder und würdige diese willkürlich (Beschwerde S. 5 ff.).
1
1.2. Die Vorinstanz erwägt, der Kritik des Beschwerdeführers am Gutachten vom 22. Juli 2013 und an den Aussagen des Sachverständigen in der erstinstanzlichen Verhandlung könne nicht gefolgt werden. Der Gutachter äussere sich zu allen relevanten Fragen. Dass sich die heutige Diagnose nicht vollumfänglich mit jener decke, die bei der Anordnung der Massnahme gestellt worden sei, spreche nicht gegen deren Verlängerung. Der Gutachter weise darauf hin, dass die Beurteilung der Persönlichkeitsmerkmale und eine diagnostische Einschätzung durch die fest- sowie fremdstrukturierten langjährigen Haftbedingungen und die sich daraus ergebenden eingeschränkten Entfaltungsmöglichkeiten erschwert seien. Möglicherweise sei es während der Haft zu einer Nivellierung von impulsiven und dissozialen Persönlichkeitsauffälligkeiten gekommen. Der Sachverständige halte fest, mit Blick auf den diagnostischen Störungskomplex seien folgende Veränderungen im Verlauf der Massnahme feststellbar: Eine Abschwächung der störungsrelevanten Persönlichkeitsmerkmale, insbesondere der früher diagnostizierten dissozialen und emotional instabilen Anteile. Aufgrund dieses Befundes könne nicht gesagt werden, die Anlasstaten stünden nicht im Zusammenhang mit der psychischen Störung. Wegen der aktuellen Beurteilung des Gutachters stehe fest, dass der Beschwerdeführer noch an einer psychischen Störung im Sinne von Art. 59 StGB leide. Des Weiteren erachte der Sachverständige auch die Verlängerung der Massnahme als notwendig, um der Rückfallgefahr zu begegnen. Die Basis der effektiven Kriminalprävention bestehe in der (vorläufigen) Aufrechterhaltung einer beschützenden Umgebung und professionellen Betreuung, einer Fortsetzung der Einzelpsychotherapie sowie der laufenden Medikation mit Ritalin und der Sicherung einer Abstinenz von Alkohol. Zusammenfassend hält die Vorinstanz fest, die Voraussetzungen zur Verlängerung der Massnahme seien gegeben (Entscheid S. 4 f. E. 4).
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Erwägung 1.3
 
1.3.1. Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug im Sinne von Art. 59 Abs. 4 StGB beträgt in der Regel höchstens fünf Jahre. Sind die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach fünf Jahren noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme um jeweils höchstens fünf Jahre anordnen. Die Verlängerung der Massnahme nach Art. 59 Abs. 4 StGB setzt somit voraus, dass eine Gefährdung durch den Täter weiterhin besteht, mithin die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach Art. 62 StGB noch nicht erfüllt sind, dem Täter prospektiv also noch keine günstige Prognose gestellt werden kann. Damit eine stationäre Massnahme verlängert werden kann, muss sodann - im Sinne von Art. 59 Abs. 4 StGB - erwartet werden können, dass sich durch die Fortführung der Massnahme der Gefahr weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen lasse (BGE 135 IV 139 E. 2.2.1 mit Hinweisen und E. 2.3.1).
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1.3.2. Das Gericht würdigt Gutachten grundsätzlich frei (vgl. Art. 10 Abs. 2 StPO). In Fachfragen darf es davon aber nicht ohne triftige Gründe abweichen, und Abweichungen müssen begründet werden. Ein Abweichen ist zulässig, wenn die Glaubwürdigkeit des Gutachtens durch die Umstände ernsthaft erschüttert ist. Umgekehrt kann das Abstellen auf nicht schlüssige Gutachten unter Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen gegen das Willkürverbot und gegen Verfahrensrechte der Parteien verstossen. Ob ein Gericht die im Gutachten enthaltenen Erörterungen für überzeugend hält oder nicht und ob es dementsprechend den Schlussfolgerungen des Experten folgen oder ein Ergänzungs- bzw. ein Obergutachten einholen soll, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die mit Beschwerde in Strafsachen wegen Verletzung des Willkürverbots aufgeworfen werden kann. Dasselbe gilt für die Frage, ob ein Gutachten schlüssig ist (BGE 138 III 193 E. 4.3.1; 133 II 384 E. 4.2.3; 132 II 257 E. 4.4.1; 106 IV 236 E. 2a; je mit Hinweisen).
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1.3.3. Die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz kann gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ist oder auf einer Verletzung von schweizerischem Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt nicht (BGE 138 I 49 E. 7.1; 138 V 74 E. 7 S. 82; je mit Hinweisen). Die Rüge der Willkür muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und begründet werden, ansonsten darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 mit Hinweisen).
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1.4. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist einzig die Verlängerung der Massnahmen. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Anordnung der stationären therapeutischen Massnahme wendet oder geltend macht, die damalige Diagnose der dissozialen Persönlichkeitsstörung sei nicht zutreffend (Beschwerde S. 7 Ziff. 13), kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
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1.5. Die Verlängerung der stationären therapeutischen Massnahme und der damit verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Beschwerdeführers sind verhältnismässig. Die von diesem ausgehende Gefahr weiterer Gewaltstraftaten verortet der Gutachter bei Fortbestand der Abstinenz im mittleren Bereich. Er erachtet eine Verlängerung der stationären Massnahme als erforderlich, um eine stabile Senkung des Rückfallrisikos zu erreichen (Gutachten S. 83 f.). Der Eventualantrag des Beschwerdeführers (Beschwerde S. 11 f. Ziff. 16), die stationäre in eine ambulante Massnahme umzuwandeln, erweist sich damit als unbegründet. Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Entscheid S. 5 f. E. 5).
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Erwägung 2
 
2.1. Der Beschwerdeführer bringt sinngemäss vor, seine Alkoholabhängigkeit sei im Rahmen der stationären Massnahme behandelt worden. Aufgrund der Höchstdauer von vier Jahren und weil er gemäss seiner Therapeutin keiner suchtspezifischen Therapie mehr bedürfe, könne die Suchtbehandlung nicht verlängert werden (Beschwerde S. 9 Ziff. 15 und S. 11 Ziff. 16).
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2.2. Sind mehrere Massnahmen notwendig, so kann das Gericht diese zusammen anordnen (Art. 56a Abs. 2 StGB). Die verschiedenen Massnahmen unterstehen allerdings unterschiedlichen Regelungen, so etwa in Bezug auf die Beendigung. Es muss daher immer definiert werden, unter welchem Regime der Vollzug steht. Verschiedene therapeutische Massnahmen lassen sich zwar theoretisch kombinieren. Im Rahmen einer Behandlung nach Art. 59 StGB kann durchaus auch eine Entwöhnungsbehandlung durchgeführt werden (Marianne Heer, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 3 zu Art. 56a StGB, N. 121 zu Art. 59 StGB mit Hinweisen und N. 57 zu Art. 60 StGB mit Hinweis auf BGE 102 IV 234 E. 1 S. 235). Treffen Massnahmen nach Art. 59-61 und Art. 63 StGB zusammen, werden gleichartige Massnahmen wie eine einzige vollzogen ( MARIANNE HEER, a.a.O., N. 6 zu Art. 56a StGB).
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2.3. Gemäss ihrem Dispositiv verlängert die Vorinstanz nicht nur die mit Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt vom 2. Juli 2009 angeordnete stationäre therapeutische Behandlung, sondern gleichzeitig auch die stationäre Suchtbehandlung um zwei Jahre (Entscheid S. 6). Diese Verlängerung der Suchtbehandlung erfolgt ohne Begründung, namentlich der Prüfung der Voraussetzung einer solchen Verlängerung gemäss Art. 60 Abs. 4 StGB. Nach Satz 3 dieser Bestimmung kann eine solche Verlängerung zudem nur für ein Jahr und nicht für zwei Jahre angeordnet werden. Überdies würde die von der Vorinstanz verfügte Verlängerung die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer von vorliegend vier Jahren übersteigen. Die Verlängerung der Suchtbehandlung erweist sich somit in mehrfacher Hinsicht als bundesrechtswidrig und ist aufzuheben.
10
 
Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. 
 
2. 
 
3. 
 
4. 
 
5. 
 
Lausanne, 23. September 2014
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini
 
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