BGer 9C_108/2014 | |||
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BGer 9C_108/2014 vom 26.09.2014 | |
{T 0/2}
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9C_108/2014
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Urteil vom 26. September 2014 |
II. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Kernen, Präsident,
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Bundesrichter Meyer, Bundesrichterinnen Pfiffner, Glanzmann, Bundesrichter Parrino,
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Gerichtsschreiberin Dormann.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Tomas Poledna,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Krankenkasse Wädenswil, Schönenbergstrasse 28, 8820 Wädenswil,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Krankenversicherung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Januar 2014.
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Sachverhalt: | |
A. Die 1940 geborene A.________ war bei der Stiftung Krankenkasse Wädenswil (nachfolgend: Krankenkasse) im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung versichert, als ihr behandelnder Arzt im Februar 2010 Laboruntersuchungen in Auftrag gab, die am 22. März 2010 mit Fr. 378.60 in Rechnung gestellt wurden. Mit Verfügung vom 13. Juli 2012 verneinte die Krankenkasse ihre Leistungspflicht für die Laboranalysen mit der Begründung, diese fielen in den Behandlungskomplex einer nicht kassenpflichtigen alternativmedizinischen Therapie. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 14. August 2012 fest.
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B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 6. Januar 2014 ab.
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C. A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, die Krankenkasse habe die Kosten von Fr. 378.60 für die Laboranalysen zurückzuerstatten, zuzüglich Verzugszinsen von 5 % ab 14. Juni 2012.
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Die Krankenkasse lässt sich nicht vernehmen. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen: | |
1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist - wozu auch Unvollständigkeit gehört (Urteil 9C_395/2009 vom 16. März 2010 E. 2.4) - oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Folglich ist das Bundesgericht weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S. 140).
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Erwägung 2 | |
2.1. Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen (Art. 25 Abs. 1 KVG). Dazu gehören u.a. die ärztlich verordneten Analysen (Art. 25 Abs. 2 lit. b KVG). Die Leistungen nach den Artikeln 25-31 müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein (Art. 32 Abs. 1 KVG).
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2.2. Es ist unbestritten, dass die verrechneten Analysen verschiedenen Positionen der Analyseliste (Anhang 3 der Verordnung vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung [KLV; SR 832.112.31]; Art. 28 KLV in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 und Art. 52 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 KVG) entsprechen. Die Vorinstanz hat indessen die Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Laboruntersuchungen verneint und folglich unter Verweis auf die allgemeinen Voraussetzungen gemäss Art. 32 KVG eine Leistungspflicht der Krankenkasse verneint.
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3.
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3.1. Beim Zusammentreffen von Massnahmen, die zu den Pflichtleistungen zählen, und solchen, für die keine oder nur eine beschränkte Leistungspflicht besteht, kommt es zunächst darauf an, ob die Massnahmen in einem engen Konnex zueinander stehen. Ist dies zu bejahen, so gehen sie in ihrer Gesamtheit dann nicht zu Lasten der Kasse, wenn die nichtpflichtige Leistung überwiegt (BGE 120 V 200 E. 7b/bb S. 214 mit weiteren Hinweisen). Auch wenn diese Rechtsprechung in Anwendung der bis Ende 1995 geltenden Normen erfolgte, ist kein Grund für ein Abweichen (vgl. BGE 138 III 359 E. 6.1 S. 361; 137 V 282 E. 4.2 S. 291; 134 V 72 E. 3.3 S. 76) ersichtlich (vgl. BGE 130 V 532 E. 6.1 S. 544; SVR 2012 IV Nr. 55 S. 198, 9C_477/2011 E. 4.2.3; GEBHARD EUGSTER, Bundesgesetz über die Krankenversicherung [KVG], 2010, N. 70 zu Art. 25 KVG).
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3.2. Die Vorinstanz hat verbindlich (E. 1) festgestellt, der behandelnde Arzt habe nicht schlüssig begründet, inwiefern die durchgeführten Analysen Aufschluss über die bereits bekannten Diagnosen (Hypercholesterinämie, Hypertonie und Arthrose) hätten geben können. Weitere, auf einen Nährstoffmangel zurückzuführende Verdachtsdiagnosen habe er nicht genannt. Mit den Analysen habe auch kein Entscheid über die Notwendigkeit oder Art einer (klassisch-) medizinischen Behandlung getroffen werden können, da der Arzt die Substitution mit Mikronährstoffen schon zuvor als sinnvoll erachtet habe.
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Sodann geht aus der undatierten Stellungnahme des behandelnden Dr. med. B.________ betreffend "Überprüfung Ihrer Leistungspflicht" klar hervor, dass die Analysen "Basis einer individuellen Mikronährstofftherapie" bildeten, die er für "immer sinnvoll im Rahmen einer komplementären und präventivmedizinischen Unterstützung und Stabilisierung der Gesamtsituation eines Patienten" hielt.
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3.3. Damit steht fest, dass die Analysen ausschliesslich im Hinblick auf eine geplante Mikronährstofftherapie durchgeführt wurden und die beiden Massnahmen in einem engen Konnex zueinander stehen. Dass dabei die eine lediglich auf diagnostische Erkenntnis gerichtet ist und die andere eine Behandlung darstellt, ändert daran nichts, erachten doch die Versicherte und ihr Arzt die Analysen für die Durchführung der Therapie als unabdingbar. Das bedeutet gleichzeitig, dass die therapeutische Massnahme überwiegt.
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3.4. Der Umstand, dass ein Arzt die Analysen verordnete, genügt nicht per se, diese als Pflichtleistung zu qualifizieren. Entgegen der Auffassung der Versicherten ist nach dem Gesagten für die umstrittene Leistungspflicht ausschlaggebend (E. 3.1), ob die Mikronährstofftherapie eine Pflichtleistung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung darstellt.
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Erwägung 3.5 | |
3.5.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Mikronährstoffmedizin sei ein etablierter, auch schulmedizinisch anerkannter Bereich der Komplementärmedizin. Für die entsprechende Therapie gelte die aus Art. 33 Abs. 1 KVG abgeleitete Pflichtleistungsvermutung, sofern sie nicht in Anhang 1 KLV von der Leistungspflicht ausgenommen werde. Gemäss Ziff. 10 Anhang 1 KLV treffe dies im Bereich der Komplementärmedizin einzig auf die Störfeldtherapie zu.
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3.5.2. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf zwei Publikationen aus dem Jahr 2012 betreffend medizinische Studien über die Wirkung von "selenium and coenzyme Q10 supplementation" resp. "multivitamins" beruft, kann sie nichts für sich ableiten: Die darin enthaltenen Erkenntnisse lassen nicht darauf schliessen, dass die Mikronährstoff- oder orthomolekulare Medizin auch ein Teilgebiet der klassischen (Schul-) Medizin bildet oder dass die konkret geplante Mikronährstofftherapie eine wissenschaftlich anerkannte und somit prinzipiell wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche Massnahme darstellt.
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3.5.3. Zwar gilt für ärztliche Behandlungen grundsätzlich die aus Art. 33 Abs. 1 KVG abgeleitete Pflichtleistungsvermutung. Davon ausgenommen sind die in Anhang 1 KLV aufgenommenen Leistungen, der demnach als Negativ- oder Ausschlussliste konzipiert ist (vgl. Art.33 lit. a der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV]; BGE 131 V 338 E. 3.1; EUGSTER, KVG, a.a.aO. N. 7 und 8 zu Art. 33 KVG). Indessen gilt die Pflichtleistungsvermutung nicht für schlichtweg jede ärztliche Leistung. Besteht ein breiter Konsens darüber, dass eine bestimmte Behandlung von vornherein keine kassenpflichtige Leistung darstellt, erübrigt sich auch eine Aufnahme in die Negativliste.
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Komplementärmedizinische Leistungen (vgl. Botschaft vom 30. August 2006 über die Volksinitiative «Ja zur Komplementärmedizin», BBl 2006 S. 7601 f. Ziff. 4.1) gehören regelmässig in den Bereich der Zusatzversicherungen gemäss VVG (SR 221.229.1). So bieten diverse Gesellschaften den entsprechenden Versicherungsschutz an (vgl. statt vieler http://www.helsana.ch/de/private/versicherungen/zusatzversicherung/ambulant/sana; http://www.kpt.ch/de/produkte/zusatzversicherungen/Seiten/natura.aspx). Auch ärztliche Leistungserbringer teilen diese Auffassung (vgl. z.B.http://www.drcarmine.ch/category/komplementaermedizin/kosten-uebernahme/; http://www.drkessler.ch/de/komplementaermedizin/orthomolekular/orthomolekular.php). In der Regel fehlt für komplementärmedizinische Leistungen ein ausreichender Wirksamkeitsnachweis ( GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 587 f. Rz. 567), und fallen sie im Gegensatz zu Pflichtleistungen auch nicht unter den Tarifschutz von Art. 44 KVG ( GÄCHTER/RÜTSCHE, Gesundheitsrecht, 3. Aufl. 2013 Rz. 386). Eine Ausnahme bilden lediglich die in Ziff. 10 Anhang 1 KLV erwähnten Behandlungsmethoden, die unter bestimmten Voraussetzungen als Pflichtleistungen anerkannt sind - mehrheitlich indessen erst (wieder) seit Januar 2012 und lediglich provisorisch (vgl. GÄCHTER/RÜTSCHE, a.a.O., Rz. 113 f.). In diesem Sinn kommt Anhang 1 KLV in Bezug auf die Komplementärmedizin eher der Charakter einer Positivliste zu. Dass die orthomolekulare Medizin resp. die in concreto geplante Therapie einer der komplementärmedizinischen Fachrichtungen von Ziff. 10 Anhang 1 KLV zuzurechnen sein soll, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin behauptet denn auch nicht, gegenüber der Krankenversicherung die Übernahme der Mikronährstofftherapie verlangt zu haben.
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3.5.4. Hinzu kommt, dass es laut Angaben des Dr. med. B.________ (E. 3.2) bei der geplanten Mikronährstofftherapie nicht um die gezielte Behandlung eines konkreten oder konkret drohenden Gesundheitsschadens (vgl. Art. 25 KVG; EUGSTER, KVG, a.a.O., N. 2 zu Art. 26 KVG), sondern um die "präventivmedizinische Unterstützung und Stabilisierung der Gesamtsituation" der Versicherten (E. 3.2) ging. Damit handelte es sich um eine der Prävention dienende Leistung, die von der Krankenversicherung ohnehin nur unter den restriktiven Voraussetzungen von Art. 26 KVG zu übernehmen ist. Dass diese in concreto erfüllt sein sollen, wird nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich (vgl. Art. 12 bis 12e KLV).
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3.6. Nach dem Gesagten besteht für die Mikronährstofftherapie und somit auch für die ihr vorausgegangenen Analysen keine Leistungspflicht aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Die Beschwerde ist unbegründet.
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4. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 26. September 2014
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Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Kernen
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Die Gerichtsschreiberin: Dormann
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