BGer 1C_111/2014 | |||
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BGer 1C_111/2014 vom 09.10.2014 | |
{T 0/2}
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1C_111/2014
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Urteil vom 9. Oktober 2014 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Karlen, Eusebio,
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Gerichtsschreiber Gelzer.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________ und B.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau,
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C.________,
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vertreten durch Rechtsanwältin Suzanne Dreher.
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Gegenstand
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Zulassung zur gewerbemässigen Vertretung vor Verwaltungsgericht,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau, Präsident,
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vom 29. Januar 2014.
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Sachverhalt: | |
A. Das Amt für Umwelt des Kantons Thurgau verfügte nach Erhalt einer E-Mail der Einzelfirma C.________ vom 19. August 2013, dass diese Firma bis am 30. August 2013 in einer Deponie gelagerten Schlamm, der bestimmte Richtwerte nicht einhalte, zu entsorgen habe. Einen gegen diese Verfügung gerichteten Rekurs wies das Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 21. August 2013 ab.
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B. Gegen diesen Entscheid erhob die Einzelfirma C.________ bzw. ihr Inhaber D.________, vertreten durch A.________ und B.________, mit Eingabe vom 15. Januar 2014 beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau eine Beschwerde. Mit Schreiben vom 16. Januar 2014 teilte der Präsident des Verwaltungsgerichts A.________ mit, die berufsmässige Vertretung durch ihn und B.________ sei unzulässig, weil sie keine zugelassenen Anwälte seien. Im gleichen Schreiben wurde A.________ eine Nachfrist von 10 Tagen gesetzt, um eine durch einen zugelassenen Anwalt oder D.________ persönlich unterzeichnete Beschwerde einzureichen.
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Mit Eingabe vom 21. Januar 2014 an das Verwaltungsgericht machten A.________ und B.________ geltend, sie seien als Vertreter zuzulassen, weil der für das Verwaltungsgericht vorgesehene Anwaltszwang bundesrechtswidrig sei; sollte das Verwaltungsgericht dieser Auffassung nicht folgen, habe es eine beschwerdefähige Verfügung zu erlassen. Mit gleicher Eingabe wurde dem Verwaltungsgericht eine durch Rechtsanwältin Suzanne Dreher unterzeichnete Beschwerde eingereicht.
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Mit Entscheid vom 29. Januar 2014 verfügte der Präsident des Verwaltungsgerichts, dass A.________ und B.________ nicht zur Vertretung der Einzelfirma C.________ bzw. D.________ vor dem Verwaltungsgericht zugelassen werden.
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C. A.________ und B.________ (Beschwerdeführer) erheben in eigener Sache Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, den Entscheid des Präsidenten des Verwaltungsgerichts vom 29. Januar 2014 aufzuheben und die Beschwerdeführer zur Vertretung vor der Vorinstanz zuzulassen.
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Das Verwaltungsgericht und das Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 138 V 318 E. 6 S. 320 mit Hinweis).
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1.2. Die Voraussetzungen für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sind insoweit gegeben, als der angefochtene Entscheid eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG betrifft und keine Ausnahme gemäss Art. 83 BGG gegeben ist.
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1.3. Nach der Rechtsprechung stellt der angefochtene Entscheid, der die Beschwerdeführer als Parteivertreter nicht zulässt, für sie einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG dar (Urteil 2C_688/2009 vom 25. März 2010 E. 1.2 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 1P.587/1997 vom 5. Februar 1998 E. 1c/cc).
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1.4. Die Beschwerdeführer sind zur Beschwerdeführung berechtigt, da sie am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen haben und als direkt Betroffene vom angefochtenen Entscheid besonders berührt sind (Art. 89 Abs. 1 BGG). Da auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
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1.5. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 lit. a, b und c BGG). Die Verletzung des übrigen kantonalen Rechts kann abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen gemäss Art. 95 lit. c und d BGG vor Bundesgericht nicht gerügt werden; zulässig ist jedoch die Rüge, die Anwendung dieses Rechts führe zu einer Vereitelung von Bundesrecht und verletze damit dessen Vorrang gegenüber dem kantonalen Recht (Art. 49 Abs. 1 BV).
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Erwägung 2 | |
2.1. Die Vorinstanz führte zusammengefasst aus, der Bund habe in Zivil- und Strafverfahren für sämtliche kantonalen Gerichte den Grundsatz des Anwaltsmonopols vorgesehen. Jedoch bestimmten weiterhin die Kantone, ob vor ihren kantonalen Verwaltungsgerichten das Anwaltsmonopol gelte. Der Kanton Thurgau habe in § 9 Abs. 3 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 23. Februar 1981 (Verwaltungsrechtspflegegesetz; VRG) die berufsmässige Verbeiständung und Vertretung vor dem Verwaltungsgericht den nach dem Anwaltsgesetz des Bundes (BGFA) zugelassenen Anwälten vorbehalten, d.h. denjenigen Anwälten, die in einem kantonalen Anwaltsregister verzeichnet seien. Da einer der Beschwerdeführer nicht in einem solchen Register verzeichnet sei und der andere über kein Anwaltspatent verfüge, seien die Beschwerdeführer als Vertreter vor dem Verwaltungsgericht nicht zugelassen. Daran ändere nichts, dass vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesgericht in Verwaltungssachen kein Anwaltsmonopol vorgesehen sei.
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2.2. Die Beschwerdeführer rügen, das in § 9 Abs. 3 VRG vorgesehene Anwaltsmonopol sei bundesrechtswidrig, weil damit faktisch die bundesrechtlichen Vorschriften vereitelt würden, die für die Vertretung in Verwaltungsverfahren vor dem Bundesgericht und dem Bundesverwaltungsgericht kein Anwaltsmonopol vorsähen. Es sei widersinnig, dass eine Partei für das Verfahren vor der Vorinstanz das Anwaltsmonopol zu beachten habe, obwohl sie im vorangehenden kantonalen und dem nachgelagerten bundesrechtlichen Verfahren in der Wahl der Vertretung frei sei.
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2.3. Nach dem in Art. 49 Abs. 1 BV verankerten Vorrang des Bundesrechts dürfen die Kantone in Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht abschliessend ordnet, nur solche Vorschriften erlassen, die nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht beeinträchtigen oder vereiteln (BGE 139 I 195 E. 4 mit Hinweisen).
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2.4. Die Kompetenz zur Regelung der Parteivertretung in den Verfahren vor den kantonalen Verwaltungsgerichten steht mangels bundesrechtlicher Bestimmungen den Kantonen zu ( HANS NATER, in: Kommentar zum Anwaltsgesetz, Fellmann/Zindel [Hrsg.], N. 7 zu Art. 3 BGFA; BOHNET/MARTENET, Droit de la profession d'avocat, 2009, S. 111). Der Kanton Thurgau und andere Kantone haben für die Verfahren vor ihren Verwaltungsgerichten die Geltung des Anwaltsmonopols vorgesehen ( KASPAR SCHILLER, Schweizerisches Anwaltsrecht, 2009, S. 67 Fn. 246; WALTER FELLMANN, Anwaltsrecht, 2010, S. 276 Rz. 738; vgl. auch NATER, a.a.O., N. 6 zu Art. 3 BGFA). In der Lehre wird die Meinung vertreten, für die bundesgerichtlichen Verfahren sei grundsätzlich ein umfassendes Anwaltsmonopol gerechtfertigt ( LAURENT MERZ, in: Basler Kommentar zum BGG, 2. Aufl. 2011, N. 14. zu Art. 40 BGG; vgl. auch SCHILLER, a.a.O., S. 67 Rz. 297). Der Bundesrat sah in seinem Entwurf zum Bundesgerichtsgesetz für die Vertretung vor Bundesgericht generell das Anwaltsmonopol vor. Der Nationalrat beschränkte in der Herbstsession 2004 die Geltung dieses Monopols vor Bundesgericht jedoch auf Zivil- und Strafsachen, weil er an der damals geltenden Rechtslage nichts ändern wollte. Der Ständerat, der zunächst der Ansicht des Bundesrats gefolgt war, schloss sich der Meinung des Nationalrats an und stimmte für die Beibehaltung des Status quo (BGE 134 III 520 E. 1.4 S. 523 mit Hinweisen). Entsprechend sieht Art. 40 BGG für die Vertretung vor Bundesgericht in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kein Anwaltsmonopol vor (BGE 134 III 520 E. 1.2 S. 522). Dieses Monopol gilt auch für Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht (Art. 37 VGG in Verbindung mit Art. 11 VwVG; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-6799/2007 vom 4. Dezember 2007 E. 3.2; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, S. 136 Rz. 3.4; WALTER FELLMANN, Anwaltsrecht, 2010, S. 275 Rz. 736).
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2.5. Durch das Anwaltsmonopol gemäss § 9 Abs. 3 VRG wird die Möglichkeit der Wahl der Vertretung für das bundesgerichtliche Verfahren nicht eingeschränkt, da eine Partei nicht verpflichtet ist, sich in diesem Verfahren von derselben Person vertreten zu lassen wie im kantonalen Verfahren. Daran vermag nichts zu ändern, dass Parteien aus Praktikabilitätsgründen häufig im bundesgerichtlichen Verfahren ihren bisherigen Rechtsvertreter beibehalten. Demnach führt § 9 Abs. 3 VRG nicht zu einer Vereitelung der Bestimmungen über die Geltung des Anwaltsmonopols vor dem Bundes- und Bundesverwaltungsgericht. Auch der Zweck dieser Bestimmungen wird nicht verletzt, da der Bundesgesetzgeber mit der in Art. 40 BGG vorgesehenen Beschränkung des Anwaltsmonopols auf Zivil- und Strafverfahren an der damals geltenden Rechtslage nichts ändern wollte und daher nicht angenommen werden kann, er habe das vorbestehende Anwaltsmonopol gemäss § 9 Abs. 3 VRG und gleiche Regelungen in anderen Kantonen für unzulässig erklären wollen. Die Rüge der Verletzung des Vorrangs von Bundesrecht erweist sich demnach als unbegründet.
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3. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesen Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens werden die Beschwerdeführer dafür kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau, der C.________ und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Präsident, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 9. Oktober 2014
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Gelzer
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