BGer 6B_567/2014 | |||
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BGer 6B_567/2014 vom 14.10.2014 | |
{T 0/2}
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6B_567/2014
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Urteil vom 14. Oktober 2014 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Mathys, Präsident,
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Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
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Gerichtsschreiberin Andres.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hess,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Vergewaltigung; Verwertbarkeit von Aussagen; willkürliche Beweiswürdigung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 25. April 2014.
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Sachverhalt: |
A. | |
Gemäss Anklage habe X.________ am 2. Februar 2010, mittags, mit seiner damaligen Ehefrau Geschlechtsverkehr gewollt, was diese abgelehnt habe. Er habe in der Küche ein Messer ergriffen, dieses an die rechte Brust und den linken Oberarm seiner Ehefrau gehalten und ihr gedroht, sie zu töten. Die verängstigte Ehefrau sei X.________ ins Schlafzimmer gefolgt, wo dieser gegen ihren Willen an ihr den Geschlechtsverkehr vollzogen habe.
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B. | |
Das Kantonsgericht Luzern sprach X.________ zweitinstanzlich der Vergewaltigung schuldig und verurteilte ihn unter Berücksichtigung des rechtskräftigen erstinstanzlichen Schuldspruchs wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Waffengesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren.
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C. | |
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Kantonsgerichts sei teilweise aufzuheben und er vom Vorwurf der Vergewaltigung freizusprechen. Für die mehrfache Widerhandlung gegen das Waffengesetz sei er mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.-- zu bestrafen. Die beschlagnahmten Messer seien ihm herauszugeben. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Konfrontationseinvernahme seiner früheren Ehefrau (nachfolgend Privatklägerin) sei mangels korrekter Rechtsbelehrung nicht verwertbar.
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1.2. Die Privatklägerschaft wird als Auskunftsperson einvernommen und ist grundsätzlich zur Aussage verpflichtet (Art. 178 lit. a i.V.m. Art. 180 Abs. 2 StPO). Jedoch kann sie die Aussage verweigern, wenn ihr ein Zeugnisverweigerungsrecht zukommt (Art. 180 Abs. 2 i.V.m. Art. 168 ff. StPO). Sie unterliegt nicht der Wahrheitspflicht, weshalb eine Strafbarkeit wegen falschen Zeugnisses gemäss Art. 307 StGB entfällt (vgl. Botschaft vom 21. Dezember 2006 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1211 Ziff. 2.4.4; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 8 zu Art. 180 StPO). Die Strafbehörden machen die Privatklägerschaft zu Beginn der Einvernahme auf ihre Aussagepflicht sowie ihre Zeugnisverweigerungsrechte aufmerksam und weisen sie auf die möglichen Straffolgen einer falschen Anschuldigung, einer Irreführung der Rechtspflege und einer Begünstigung hin (Art. 181 StPO). Unterbleibt der Hinweis auf die Zeugnisverweigerungsrechte und beruft sich die Privatklägerschaft nachträglich auf ein solches Recht, so ist die Einvernahme nicht verwertbar (Art. 180 Abs. 2 i.V.m. Art. 177 Abs. 3 StPO; siehe auch NIKLAUS SCHMID, a.a.O., N. 5 zu Art. 181 StPO).
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1.3. Anlässlich der Konfrontationseinvernahme wurde die Privatklägerin von der befragenden Richterin darauf hingewiesen, dass sie die Wahrheit sagen müsse, und keine falschen Aussagen machen dürfe, sie sonst bestraft würde. Im Verlaufe der Einvernahme erklärte die Richterin, die Privatklägerin müsse nicht aussagen, sie könne die Aussage verweigern. Diesen Hinweis wiederholte sie mehrfach (vorinstanzliche Akten, act. 52 S. 1 und 4). Die Privatklägerin wurde eingangs nicht über ihre Zeugnisverweigerungsrechte informiert, jedoch fälschlicherweise zur Wahrheit ermahnt und implizit auf die Straffolgen nach Art. 307 StGB hingewiesen. Wie die Vorinstanz zu Recht erwägt, führt die falsche Belehrung nicht zur Unverwertbarkeit der Aussagen der Privatklägerin (Urteil S. 17 f. E. 4.1.6.2). Indem sie zur Wahrheit ermahnt wurde, wurde sie strenger belehrt als es das Gesetz für eine Auskunftsperson vorsieht. Es ist nicht ersichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht dargetan, inwiefern sich dies für ihn nachteilig auswirkt. Gleiches gilt hinsichtlich des unterbliebenen Hinweises auf die Zeugnisverweigerungsrechte. Die Privatklägerin sagte aus, obwohl ihr erklärt worden war, dass sie dazu - unabhängig von Zeugnisverweigerungsrechten - nicht verpflichtet sei. Ferner hat sich die anwaltlich vertretene Privatklägerin weder anlässlich ihrer Befragung noch im Rahmen der Stellungnahme zum Beweis auf ein ihr zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht berufen (Urteil S. 18 E. 4.1.6.2; siehe Art. 180 Abs. 2 i.V.m. 177 Abs. 3 StPO). Die Konfrontationseinvernahme der Privatklägerin ist ebenso verwertbar, wie ihre Einvernahmen bei der Polizei (vgl. BGE 133 I 33 E. 2.2 S. 37 f.; 131 I 476 E. 2.2 S. 480 ff.; 129 I 151 E. 3.1 S. 153 f. und E. 4.2 S. 157; je mit Hinweisen).
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Erwägung 2 | |
2.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung und die Verletzung der Unschuldsvermutung vor.
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2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit Hinweisen; zum Begriff der Willkür BGE 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; je mit Hinweisen) oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge muss klar vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 225 E. 3.2 S. 228 mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445; 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; je mit Hinweisen).
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2.3. Der Beschwerdeführer beschränkt sich grösstenteils darauf, wörtlich seine Ausführungen vor Vorinstanz zu wiederholen, ohne auf deren Erwägungen einzugehen (Beschwerde S. 10-14; Stellungnahme vom 20. Dezember 2013, vorinstanzliche Akten, act. 48; Urteil S. 13 ff. E. 4.1.6). Er verkennt, dass das Bundesgericht keine Appellationsinstanz ist, die in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht eine freie Prüfung vornimmt. Soweit er zum Beweisergebnis frei plädiert und der ausführlichen vorinstanzlichen Beweiswürdigung, lediglich seine Sicht der Dinge gegenüberstellt, ohne sich damit detailliert auseinanderzusetzen, erschöpfen sich seine Ausführungen in einer appellatorischen Kritik. Darauf ist nicht einzutreten. So legt er dar, wie sowohl seine als auch die Aussagen der Privatklägerin zu würdigen seien, und begründet, weshalb die gemeinsame Vorgeschichte auf eine Falschaussage der Privatklägerin hindeute. Ferner argumentiert er, die Privatklägerin habe ihre Kinder beeinflusst, weshalb die Aussagen des älteren Sohnes mit äusserster Vorsicht zu würdigen seien.
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2.4. Soweit die Vorbringen des Beschwerdeführers den qualifizierten Begründungsanforderungen genügen, sind sie nicht geeignet, die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich erscheinen zu lassen. Er zeigt lediglich auf, dass man auch zu einem anderen Beweisergebnis hätte gelangen können. Dies reicht nicht, um Willkür darzutun.
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2.5. Unbegründet ist der Vorwurf, die Vorinstanz auferlege dem Beschwerdeführer die Beweislast, indem sie ausführe, er vermöge die Aussagen der Privatklägerin nicht in Zweifel zu ziehen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz seine Aussagen im Rahmen der Beweiswürdigung analysiert und zum Schluss gelangt, diese seien zwar detailliert, jedoch teilweise nicht schlüssig sowie widersprüchlich, weshalb sie keinen Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen der Privatklägerin zu erwecken vermöchten (Urteil S. 14 f. E. 4.1.6.1). Die Vorinstanz verurteilt den Beschwerdeführer nicht, weil er seine Unschuld nicht beweisen konnte (vgl. zum Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweislastregel BGE 127 I 38 E. 2a S. 40; 120 Ia 31 E. 2c S. 37; je mit Hinweisen).
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Erwägung 3 | |
Der Beschwerdeführer begründet die beantragte Reduktion der Strafe hauptsächlich mit dem verlangten Freispruch vom Vorwurf der Vergewaltigung. Sein Einwand, die Vorinstanz hätte bei der Strafzumessung berücksichtigen müssen, dass die Privatklägerin kein Strafbedürfnis habe, genügt den Begründungsanforderungen ohnehin nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG). Den Antrag, die beschlagnahmten Messer seien herauszugeben, begründet der Beschwerdeführer gar nicht. Auf diese Anträge ist nicht einzutreten.
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Erwägung 4 | |
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 2. Abteilung, und der Privatklägerin schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 14. Oktober 2014
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Mathys
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Die Gerichtsschreiberin: Andres
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