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Informationen zum Dokument  BGer 6B_711/2014  Materielle Begründung
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BGer 6B_711/2014 vom 30.10.2014
 
{T 0/2}
 
6B_711/2014
 
 
Urteil vom 30. Oktober 2014
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Mathys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
 
Gerichtsschreiber C. Monn.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Friedrich Müller,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
 
Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Betrug, Nichteintreten auf Berufung infolge Verspätung,
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 13. Juni 2014.
 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1. Am 24. September 2013 verurteilte das Bezirksgericht Bülach den Beschwerdeführer wegen Widerhandlung gegen das BetmG und Betrugs zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 45 Monaten. Nach der Eröffnung des Urteils am 1. Oktober 2013 meldete der Rechtsvertreter am 10. Oktober 2013 die Berufung fristgerecht an. Das begründete Urteil wurde von ihm am 28. April 2014 in Empfang genommen.
 
Der Rechtsvertreter reichte dem Obergericht am 28. Mai 2014 eine Berufungserklärung ein. Er stellte die Anträge, der Beschwerdeführer sei vom Vorwurf des Verbrechens gegen das BetmG freizusprechen, und er sei zu einer bedingten, eventuell teilbedingten Strafe von maximal drei Jahren zu verurteilen. Unter anderem führte der Rechtsvertreter aus, nachdem es bis zum 28. Mai 2014 nicht möglich gewesen sei, mit dem Beschwerdeführer in Verbindung zu treten, so dass eine Besprechung über Inhalt und Umfang der Berufung hätte stattfinden können, würden die Anträge gemäss Art. 399 Abs. 3 StPO ohne genaue Instruktion gestellt.
 
Da die Erklärung vom 28. Mai 2014 verspätet war, trat das Obergericht des Kantons Zürich am 13. Juni 2014 auf die Berufung nicht ein.
 
Der Beschwerdeführer wendet sich ans Bundesgericht und beantragt, der Beschluss des Obergerichts vom 13. Juni 2014 sei aufzuheben und dieses anzuweisen, auf die Berufung einzutreten.
 
2. Da der Rechtsvertreter das begründete Urteil am 28. April 2014 in Empfang nahm, hätte die Berufung spätestens am 19. Mai 2014 (Montag) erklärt werden müssen. Es ist unbestritten, dass die Berufungserklärung vom 28. Mai 2014 verspätet ist. An der Verspätung vermag nichts zu ändern, dass der Rechtsvertreter mit dem Beschwerdeführer innert der Erklärungsfrist keinen Kontakt aufnehmen konnte. Es wäre ihm ohne Weiteres möglich gewesen, rechtzeitig zu handeln. Dass die Vorinstanz auf die Berufung infolge verspäteter Erklärung des Rechtsmittels nicht eintrat, stellt entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters und gemäss ständiger Rechtsprechung auch keinen überspitzten Formalismus dar. Der vorliegende Fall ist mit dem im Urteil 6B_730/2013 vom 10. Dezember 2013 behandelten offensichtlich nicht zu vergleichen (vgl. Pra 2014 Nr. 41 S. 297).
 
Der Rechtsvertreter war im kantonalen Verfahren als amtlicher Verteidiger tätig. Er ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die Vorinstanz wegen seines Versagens hätte einschreiten und die versäumte Frist wiederherstellen müssen (vgl. Beschwerde S. 4/5). Indessen hat er es unterlassen, bei der Vorinstanz ein solches Gesuch zu stellen. Das Bundesgericht kann sich damit folglich im vorliegenden Verfahren nicht befassen.
 
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen. Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
 
3. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um amtliche Verteidigung kann als Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Art. 64 BGG entgegengenommen werden. Dieses ist abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers (vgl. angefochtenen Beschluss S. 3 E. 5 mit Hinweis auf Art. 135 Abs. 4 StPO) ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 30. Oktober 2014
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Mathys
 
Der Gerichtsschreiber: Monn
 
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