VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_199/2014  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_199/2014 vom 27.11.2014
 
{T 0/2}
 
5A_199/2014
 
 
Urteil vom 27. November 2014
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, Bovey,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Karin Meyer,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
B.A.________,
 
vertreten durch Fürsprecher Rolf Moser,
 
Beschwerdegegnerin,
 
C.A.________,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Sandra Joos.
 
Gegenstand
 
Ungültigkeit der Ehe,
 
Beschwerde gegen den Beschluss und das Urteil
 
des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 5. Februar 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
A. A.A.________ (Jahrgang 1963, schweizerischer Staatsangehöriger) und B.A.________ (Jahrgang 1971, türkische Staatsangehörige) heirateten am 22. Juli 2003. Sie sind die Eltern des am xx.xx.2006 geborenen Kindes C.A.________.
1
B. Am 20. Oktober 2010 reichte A.A.________ beim Bezirksgericht Zürich eine Eheungültigkeits-, evtl. Ehescheidungsklage ein, mit welcher er den Ungültigkeitsgrund von Art. 105 Ziff. 4 ZGB anrief.
2
C. Gegen dieses Urteil hat A.A.________ am 10. März 2014 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben, mit welcher er dessen Aufhebung und die Ungültigerklärung der am 22. Juli 2003 geschlossenen Ehe, eventualiter die Rückweisung der Sache an das Obergericht verlangt. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
3
 
Erwägungen:
 
1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzliches Teilurteil über ein unabhängiges Begehren in einer nicht vermögensrechtlichen Zivilsache; die Beschwerde in Zivilsachen steht offen (Art. 72 Abs. 1, Art. 75 Abs. 1 und Art. 91 lit. a BGG).
4
2. Gegenstand der Beschwerde ist die Frage der Rückwirkung des per 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Eheungültigkeitsgrundes gemäss Art. 105 Ziff. 4 ZGB auf vor diesem Datum geschlossene Ehen. Diese ZGB-Norm wurde eingefügt im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG, SR 242.20) vom 16. Dezember 2005 (vgl. AS 2007 5495).
5
3. Der Beschwerdeführer sieht in diesen Erwägungen Bundesrecht verletzt. Er macht geltend, bei der Ehe handle es sich um einen Dauersachverhalt und der Ungültigkeitsgrund von Art. 105 Ziff. 4 ZGB sei unbefristet. Die Norm sei Bestandteil der öffentlichen Ordnung und Ausdruck eines sozio-politischen Konzepts, weil sie dem Ziel eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen schweizerischer und ausländischer Wohnbevölkerung diene. Als wesentliches Prinzip der aktuellen Ordnung falle Art. 105 Ziff. 4 ZGB mithin in den Anwendungsbereich von Art. 2 SchlT ZGB. Im Übrigen falle der Ungültigkeitsgrund von Art. 105 Ziff. 4 ZGB unter Art. 45 Abs. 2 IPRG und gehöre mithin zum schweizerischen Ordre public. Die Norm betreffe letztlich einen Anwendungsfall des Rechtsmissbrauchs (Scheinehe) und Rechtsmissbrauch dürfe nie geschützt werden; entsprechend könne es auch keinen Vertrauensschutz geben.
6
4. Die Frage der Rückwirkung von Art. 105 Ziff. 4 ZGB auf frühere, gültig geschlossene Ehen wurde vom Bundesgericht bislang nie ausdrücklich entschieden; insbesondere äussern sich die Urteile 2C_841/2009 sowie 2C_327/2010 und 2C_328/2010 entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht zu dieser Frage.
7
5. Aufgrund des Gesagten verstösst der angefochtene Entscheid nicht gegen Bundesrecht und ist die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Angesichts der vorstehenden Erwägungen, welche mit denjenigen der beiden kantonalen Instanzen übereinstimmen, muss die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos bezeichnet werden, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das betreffende Gesuch abzuweisen ist.
8
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien, C.A.________ und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 27. November 2014
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).