BGer 1C_510/2014 | |||
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BGer 1C_510/2014 vom 11.12.2014 | |
{T 0/2}
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1C_510/2014
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Urteil vom 11. Dezember 2014 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Merkli, Chaix,
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Gerichtsschreiber Dold.
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Verfahrensbeteiligte | |
1. A.________,
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2. B.A.________, handelnd durch A.________,
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3. C.A.________, handelnd durch A.________,
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Beschwerdeführer, alle drei vertreten durch Rechtsanwältin Colette Adam-Zaugg,
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gegen
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Bundesamt für Migration, Abteilung Bürgerrecht.
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Gegenstand
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Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 24. September 2014 des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
Erwägungen: |
Erwägung 1 |
Erwägung 2 | |
2.1. Der Beschwerdeführer 1 rügt, das Bundesverwaltungsgericht habe den Sachverhalt willkürlich festgestellt, indem es zum Schluss gekommen sei, dass die Ehe bereits im Zeitpunkt der erleichterten Einbürgerung nicht mehr intakt gewesen sei. Erst nach der erleichterten Einbürgerung habe sie Risse bekommen, auch wenn sie natürlich wie jede andere schon zuvor von Höhen und Tiefen geprägt gewesen sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe zudem unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei Art. 41 Abs. 1 BüG um eine Kann-Vorschrift handle, und deshalb auch keine Interessenabwägung vorgenommen. Unter den konkreten Umständen sei eine Nichtigerklärung unverhältnismässig.
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Erwägung 2.2 | |
2.2.1. Gemäss Art. 27 Abs. 1 BüG kann ein Ausländer nach der Eheschliessung mit einem Schweizer Bürger ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen, wenn er insgesamt fünf Jahre in der Schweiz gewohnt hat, seit einem Jahr hier wohnt und seit drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit dem Schweizer Bürger lebt. Art. 26 Abs. 1 BüG setzt ferner in allgemeiner Weise voraus, dass der Bewerber in der Schweiz integriert ist (lit. a), die schweizerische Rechtsordnung beachtet (lit. b) und die innere und äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (lit. c). Alle Einbürgerungsvoraussetzungen müssen sowohl im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung als auch bei der Einbürgerung selbst erfüllt sein (BGE 140 II 65 E. 2.1 S. 67 mit Hinweis).
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2.2.2. Nach Art. 41 Abs. 1 BüG kann die Einbürgerung vom Bundesamt mit Zustimmung der Behörde des Heimatkantons nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist. Das blosse Fehlen der Einbürgerungsvoraussetzungen genügt nicht. Die Nichtigerklärung der Einbürgerung setzt vielmehr voraus, dass diese "erschlichen", das heisst mit einem unlauteren und täuschenden Verhalten erwirkt worden ist. Arglist im Sinne des strafrechtlichen Betrugstatbestands ist nicht erforderlich. Immerhin ist notwendig, dass der Betroffene bewusst falsche Angaben macht bzw. die Behörde bewusst in einem falschen Glauben lässt und so den Vorwurf auf sich zieht, es unterlassen zu haben, die Behörde über eine erhebliche Tatsache zu informieren. Über eine nachträgliche Änderung in seinen Verhältnissen, von der er weiss oder wissen muss, dass sie einer Einbürgerung entgegensteht, muss der Betroffene die Behörden unaufgefordert informieren. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäss Art. 5 Abs. 3 BV sowie aus der verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflicht nach Art. 13 Abs. 1 lit. a VwVG (SR 172.021). Die Behörde darf sich ihrerseits darauf verlassen, dass die einmal erteilten Auskünfte bei passivem Verhalten des Gesuchstellers nach wie vor zutreffen (BGE 140 II 65 E. 2.2 S. 67 f. mit Hinweisen).
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2.2.3. In verfahrensrechtlicher Hinsicht gilt bei der Nichtigerklärung einer erleichterten Einbürgerung der Untersuchungsgrundsatz (Art. 12 VwVG). Es ist deshalb von der Behörde zu untersuchen, ob die Ehe im massgeblichen Zeitpunkt der Gesuchseinreichung und der Einbürgerung tatsächlich gelebt wurde. Im Wesentlichen geht es dabei um innere Vorgänge, die der Behörde oft nicht bekannt und schwierig zu beweisen sind. Sie kann sich daher veranlasst sehen, von bekannten Tatsachen (Vermutungsbasis) auf unbekannte (Vermutungsfolge) zu schliessen. Es handelt sich dabei um Wahrscheinlichkeitsfolgerungen, die aufgrund der Lebenserfahrung gezogen werden. Der Betroffene ist auch im Verfahren betreffend die Nichtigerklärung bei der Sachverhaltsabklärung mitwirkungspflichtig (BGE 135 II 161 E. 3 S. 165 f. mit Hinweisen).
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2.3. Zu prüfen ist nach dem Ausgeführten, ob der Beschwerdeführer 1 im Zeitpunkt der Einbürgerung einen intakten Ehewillen besass und ob er auf das Fortbestehen einer stabilen ehelichen Gemeinschaft vertrauen durfte. Da sich die Ehegatten rund zehneinhalb Monate nach der erleichterten Einbürgerung definitiv trennten, ging das Bundesverwaltungsgericht richtigerweise von der Vermutung aus, dass dies nicht zutraf.
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2.4. Das Bundesverwaltungsgericht führt im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer 1 habe in seiner ersten Stellungnahme gegenüber dem BFM den überraschenden Tod seines Vaters im Sommer 2009 als einen wichtigen Auslöser für das eheliche Zerwürfnis genannt. Dies habe nach seinen eigenen Angaben bei ihm eine grosse Trauer ausgelöst, wofür seine Ex-Gattin aber kein richtiges Verständnis aufgebracht habe. Aus dieser Situation heraus habe es angeblich immer häufiger Streitigkeiten gegeben, was im November 2009 zur provisorischen und später zur definitiven Trennung geführt habe. Als das BFM einen Beleg für den Todesfall verlangt habe, sei indessen herausgekommen, dass der Vater gar nicht im Sommer 2009, sondern bereits im Juli 2007 gestorben war. Wenn auch die geschiedene Ehefrau darauf hingewiesen habe, dass dieser Todesfall eine Belastung für die Ehe gewesen sei, müsse dies vor dem Hintergrund des wirklichen Datums als ein Anzeichen dafür gewertet werden, dass die Eheprobleme bereits einige Zeit vor der erleichterten Einbürgerung begannen.
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2.5. Der Beschwerdeführer 1 bringt vor, er und seine Ex-Ehefrau hätten unabhängig voneinander angegeben, dass die Ehekrise erst einige Zeit nach der erleichterten Einbürgerung eingetreten sei. Zwar hätten ihnen der Tod des Vaters, die Überstunden und das Nierenleiden schon vorher viel Kraft abverlangt, diese Herausforderungen hätten sie aber nur noch mehr zusammengeschweisst. Trotz ihrer gleichlautenden Angaben habe die Vorinstanz nicht auf die eindeutige Aktenlage abgestellt. Damit habe sie den Sachverhalt offensichtlich falsch festgestellt. Im Zweifel sei zudem stets eine Annahme zugunsten des betroffenen Bürgers zu treffen, was das Bundesverwaltungsgericht unterlassen habe. Auch habe es keine zusätzlichen Beweiserhebungen angestellt, obwohl hierfür genügend Zeit zur Verfügung gestanden hätte.
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2.6. Es trifft im Grundsatz zu, dass eine Ehe trotz bestehender Beziehungsprobleme als intakt bezeichnet werden kann, insbesondere wenn sich die Ehegatten bemühen, die Probleme zu überwinden. Der Beschwerdeführer 1 verkennt jedoch, dass Verwaltungs- und Gerichtsbehörden im Verfahren der Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung nicht umhin können, von objektiv feststellbaren Umständen auf die Bewusstseinslage und den Willen des Beschwerdeführers 1 zu schliessen. Wenn objektive Umstände auf seit längerem andauernde, gravierende Eheprobleme hinweisen und die Überlebensfähigkeit der Ehe im Zeitpunkt der Einbürgerung als fraglich erscheint, ist es wie bereits dargelegt am Beschwerdeführer aufzuzeigen, weshalb er dennoch Grund hatte, auf die Beständigkeit der Ehe zu vertrauen. Der Hinweis des Beschwerdeführers 1, er habe an der Ehe festhalten wollen und habe sich nicht bewusst sein können, dass seine Ehefrau sich von ihm trennen wollte, reicht dafür nicht (vgl. Urteil 1C_340/2008 vom 18. November 2008 E. 2.3.2).
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Erwägung 3 | |
3.1. Gemäss Art. 41 Abs. 3 BüG erstreckt sich die Nichtigkeit auf alle Familienmitglieder, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtigerklärten Einbürgerung beruht, sofern nicht ausdrücklich anders verfügt wird. Der Sinn dieser Vorschrift liegt darin, Einbürgerungen, die auf eine Täuschung der Behörden zurückgehen, den Bestand zu verweigern. Die Nichtigerklärung muss nach der Gesetzesformulierung jedoch nicht zwingend alle eingebürgerten Familienmitglieder erfassen (BGE 135 II 161 E. 5.3 S. 170 mit Hinweis).
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3.2. Das Bundesverwaltungsgericht hält im angefochtenen Entscheid fest, den beiden nach der erleichterten Einbürgerung geborenen Kindern des Beschwerdeführers 1 drohe weder die Staatenlosigkeit noch befänden sie sich mit gut zwei Jahren bzw. zehn Monaten in einem Alter, das unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit dem Einbezug in die Nichtigerklärung entgegenstehen könnte.
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3.3. In der Beschwerdeschrift wird nichts vorgebracht, was den vorinstanzlichen Entscheid in diesem Punkt als bundesrechtswidrig erscheinen liesse. Kritisiert wird pauschal eine "gewissermassen automatische Ausweitung der gegen den Vater ausgesprochenen Sanktion" sowie der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht das öffentliche Interesse an einem Entzug des Bürgerrechts und das persönliche Interesse der beiden Kinder an dessen Fortbestand nicht gegeneinander abgewogen habe. Nach dem Ausgeführten ist jedoch der Vorinstanz darin zuzustimmen, dass die Ausdehnung der Nichtigerklärung auf die eingebürgerten Familienmitglieder dem Regelfall entspricht und das Absehen davon die Ausnahme darstellt. Inwiefern unter den vorliegenden Umständen eine derartige Ausnahme gegeben sein sollte, legen die Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Die sinngemäss vorgetragene Rüge, Art. 41 Abs. 3 BüG sei verletzt, erweist sich damit als unbegründet.
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Erwägung 4 |
Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1.
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2.
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3.
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Lausanne, 11. Dezember 2014
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Dold
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