BGer 2C_446/2014 | |||
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BGer 2C_446/2014 vom 05.03.2015 | |
{T 0/2}
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2C_446/2014
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Urteil vom 5. März 2015 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Zünd, Präsident,
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Bundesrichter Seiler, Stadelmann,
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Gerichtsschreiberin Petry.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.C.________, Beschwerdeführer,
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vertreten durch Advokatin Martina Horni,
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gegen
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Amt für Migration Basel-Landschaft,
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Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.
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Gegenstand
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Widerruf Niederlassungsbewilligung; Abweisung des Gesuchs um Familiennachzug,
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Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 8. Januar 2014.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. | |
Mit Präsidialverfügung vom 15. Mai 2014 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 |
Erwägung 2 | |
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und Art. 96 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 139 II 404 E. 3 S. 415). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft solche Rügen nur, wenn sie in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden sind (BGE 136 II 304 E. 2.5 S. 314).
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2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine entsprechende Rüge ist rechtsgenüglich substanziiert vorzubringen (BGE 137 II 353 E. 5.1 S. 356, 133 II 249 E. 1.4.3 S. 254).
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Erwägung 3 | |
3.1. Die Niederlassungsbewilligung kann nach Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG, auf den sich die Vorinstanz gestützt hat, widerrufen werden, wenn der Ausländer in schwerwiegender Weise gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen hat oder diese gefährdet oder die innere oder die äussere Sicherheit gefährdet. Dieser Widerrufsgrund gilt auch, wenn sich der Betroffene - wie hier - mehr als 15 Jahre ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufgehalten hat (Art. 63 Abs. 2 AuG; BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 19). Der Widerruf muss verhältnismässig sein (Art. 96 Abs. 1 AuG), was sich bei Ausländern, die sich auf Art. 8 EMRK berufen können, auch aus dessen Ziff. 2 ergibt (BGE 139 I 145 E. 2.2 S. 147 f.).
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3.2. Im Rahmen von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG muss, anders als beim Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG, nicht eine Verurteilung zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe (d.h. zu einer Strafe von mindestens einem Jahr, BGE 137 II 297 E. 2.1 S. 299; 135 II 377 E. 4.2 und E. 4.5 S. 379 ff.) vorliegen. Ein schwerwiegender Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung liegt in erster Linie vor, wenn die ausländische Person durch ihre Handlungen besonders hochwertige Rechtsgüter wie namentlich die körperliche, psychische und sexuelle Integrität eines Menschen verletzt oder gefährdet hat. Indes können auch vergleichsweise weniger gravierende Pflichtverletzungen als "schwerwiegend" im Sinne von Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG bezeichnet werden: So ist ein Widerruf der Niederlassungsbewilligung namentlich auch dann möglich, wenn sich eine ausländische Person von strafrechtlichen Massnahmen bzw. ausländerrechtlichen Verwarnungen nicht beeindrucken lässt und damit zeigt, dass sie auch zukünftig weder gewillt noch fähig ist, sich an die Rechtsordnung zu halten (BGE 139 I 16 E. 2.1 S. 19, 137 II 297 E. 3.3 S. 303; Urteil 2C_881/2012 vom 16. Januar 2013 E. 4.3.1). Somit kann auch eine Summierung von Verstössen, die für sich genommen für einen Widerruf nicht ausreichen würden, einen Bewilligungsentzug rechtfertigen, wobei nicht die Schwere der verhängten Strafen, sondern die Vielzahl der Delikte entscheidend ist (Urteil 2C_160/2013 vom 15. November 2013 E. 2.1.1). Auch das Nichterfüllen von öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Verpflichtungen kann gegebenenfalls einen schwerwiegenden Verstoss gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen, wenn die Verschuldung mutwillig erfolgt ist (Art. 80 Abs. 1 lit. b VZAE; Urteil 2C_699/2014 vom 1. Dezember 2014 E. 3.2; Urteil 2C_160/2013 vom 15. November 2013 E. 2.1.1).
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3.3. Der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 63 Abs. 1 lit. b AuG lässt sich Folgendes entnehmen:
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3.4. Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz erwogen, der Beschwerdeführer sei seit seinem Jugendalter kontinuierlich negativ aufgefallen und habe durch sein Verhalten auch besonders hochwertige Rechtsgüter verletzt. Er habe sowohl im Jugend- als auch im Erwachsenenalter eine Vielzahl von Delikten begangen. Zwar sei er nach Erreichen der Mündigkeit nicht mehr im Gewaltbereich straffällig geworden, im Rahmen seiner mehrfachen Widerhandlungen im Strassenverkehrsbereich, insbesondere dem Fahren mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration und dem Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit innerorts, habe er jedoch eine erhebliche Gefährdung von Leib und Leben von Drittpersonen in Kauf genommen. Darüber hinaus sei er wegen Vergehen gegen das Waffengesetz verurteilt worden. Er lasse sich von den verhängten Strafen, Bussen und mehrfachen Führerausweisentzügen in keiner Weise beeindrucken bzw. von weiteren Verstössen abhalten, was den Schluss nahe lege, dass er weder gewillt noch fähig sei, die hiesige Rechtsordnung zu respektieren.
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3.5. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, er habe den grössten Teil seiner Verfehlungen im Jugendalter begangen. Ihm nun neun und mehr Jahre später diese Verfehlungen im Rahmen der ausländerrechtlichen Massnahme entgegenzuhalten, erscheine höchst fragwürdig, zumal es anfänglich nicht konkret darum gegangen sei, aufgrund dieser Delikte eine ausländerrechtliche Massnahmeprüfung in die Wege zu leiten. Vielmehr habe das Migrationsamt einzig im Rahmen des Familiennachzugs überhaupt erst begonnen, seine Situation abzuklären.
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3.6. Es ist unbestritten, dass im vorliegenden Fall das Verhalten des Beschwerdeführers seit seinem Jugendalter immer wieder zu Klagen Anlass gegeben hat, was zweifelsohne eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung offenbart.
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Erwägung 4 | |
4.1. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung soll nur verfügt werden, wenn er nach den gesamten Umständen angemessen und verhältnismässig erscheint (BGE 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20). Bei der entsprechenden Interessenabwägung sind insbesondere die Schwere des Fehlverhaltens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz und die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen.
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4.2. Die Vorinstanz hat erwogen, dass einer Rückkehr des Beschwerdeführers in den Kosovo keine unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen, zumal noch Verwandte und insbesondere seine Ehefrau dort leben. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der heute 28-jährige Beschwerdeführer seit seinem achten Lebensjahr in der Schweiz lebt und somit die prägenden Kinder- und Jugendjahre hier verbracht hat. Er hat die Wirtschaftsmittelschule abgeschlossen und verfügt seit 2012 über eine feste Anstellung bei einem Transportunternehmen, womit er als beruflich integriert bezeichnet werden kann. Zudem liegen weder Betreibungen noch Verlustscheine gegen ihn vor.
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Erwägung 5 | |
5.1. Die Beschwerde gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist daher gutzuheissen, das angefochtene Urteil entsprechend aufzuheben und der Beschwerdeführer förmlich zu verwarnen.
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5.2. Aufgrund dieses Ergebnisses ist der Antrag des Beschwerdeführers auf materielle Behandlung des Familiennachzugs gutzuheissen und das angefochtene Urteil auch in diesem Punkt aufzuheben. Das Migrationsamt ist anzuweisen, auf das Gesuch um Familiennachzug zugunsten der Ehefrau des Beschwerdeführers einzutreten.
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5.3. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind keine Gerichtskosten geschuldet (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Der Kanton Basel-Landschaft hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Für die Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens ist die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1.
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2.
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3.
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4.
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4.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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4.2. Der Kanton Basel-Landschaft hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
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4.3. Zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens wird die Sache an das Kantonsgericht Basel-Landschaft zurückgewiesen.
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5.
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Lausanne, 5. März 2015
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Zünd
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Die Gerichtsschreiberin: Petry
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