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Informationen zum Dokument  BGer 6B_16/2015  Materielle Begründung
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BGer 6B_16/2015 vom 12.03.2015
 
{T 0/2}
 
6B_16/2015
 
 
Urteil vom 12. März 2015
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichter Oberholzer,
 
Bundesrichterin Jametti,
 
Gerichtsschreiber Held.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Krumm,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Bahnhofstrasse 29, 8200 Schaffhausen,
 
2. A.E.________,
 
3. B.________,
 
2 + 3 vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli,
 
Beschwerdegegnerinnen.
 
Gegenstand
 
Rechtliches Gehör, Beweisverwertungsverbot; Willkür (mehrfache Förderung der Prostitution; mehrfache sexuelle Nötigung),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 13. August 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 6 StPO und unter mehreren Gesichtspunkten eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Beschwerdegegnerin 1 habe die Untersuchung einseitig geführt und es unterlassen, weitere Tänzerinnen zu den strukturellen Rahmenbedingungen, Arbeitsabläufen und Instruktionen in der "C.________-Bar" zu befragen. Zu Beginn der Strafuntersuchung habe sie die Einvernahme der Beschwerdegegnerin 2 gleichzeitig zu seiner Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht durchgeführt, weshalb weder er noch sein Verteidiger dieser hätten beiwohnen können. Zudem genüge es nicht, lediglich seinem Verteidiger die Möglichkeit einzuräumen, an den Einvernahmen der Beschwerdegegnerin 2 und der "Hauptbelastungsperson" D.E.________ teilzunehmen, denn das Fragerecht stehe dem in der Strafuntersuchung Beschuldigten persönlich zu. Die ausschliesslich im Verfahren gegen Y.________ gemachten Aussagen von F.________, G.________, H.________, I.________ und J.________ seien unverwertbar und aus den Akten zu entfernen, da weder der Beschwerdeführer noch sein Verteidiger mit diesen konfrontiert worden seien. Der von ihm am 15. August 2013 gestellte Beweisantrag, die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 sowie die Auskunftspersonen D.E.________ und K.________ zur (erstinstanzlichen) Hauptverhandlung vorzuladen, sei nicht behandelt worden. In der Berufungsverhandlung sei der Beschwerdeführer nur zur Person befragt worden, und die Vorinstanz habe ihm keine Möglichkeit gegeben, sich zur Sache zur äussern. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die "prozessualen Verfehlungen fundamentalen eurointernationalen rechtstaatlichen Grundprinzipien diametral zuwiderliefen, indem grundlegenden, jahrhundertelang erarbeiteten Beschuldigtenrechten keine Achtung geschenkt" werde, weshalb die Anklagepunkte betreffend die Beschwerdegegnerinnen 2 und 3 nicht rechtsgenügend nachgewiesen seien.
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1.2. Die Vorinstanz erwägt, die Vorladung zur Einvernahme der Beschwerdegegnerin 3 sei dem Verteidiger des Beschwerdeführers zugestellt worden. Dieser habe an der Einvernahme teilgenommen und Ergänzungsfragen stellen können. Die persönliche Teilnahme des Beschwerdeführers wäre möglich gewesen, sei jedoch nicht beantragt worden. Der Verteidiger sei ebenfalls über die Einvernahme der Beschwerdegegnerin 2 informiert worden und habe (aufgrund der gleichzeitig anberaumten Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht) erst ab 10:30 Uhr an der bereits um 9:10 Uhr begonnenen Befragung teilgenommen. Der Verteidiger habe während der Einvernahme Ergänzungsfragen stellen können und hierzu nach Durchsicht des Einvernahmeprotokolls nochmals Gelegenheit bekommen, davon jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die (persönliche) Teilnahme des Beschwerdeführers sei ebenso wenig beantragt worden wie die Verschiebung des Einvernahmetermins oder der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht. Es treffe zu, dass weder der Beschwerdeführer noch dessen Verteidiger zur Einvernahme von F.________ eingeladen worden seien. Die Aussagen seien jedoch nicht entscheidend, da F.________ lediglich die belastenden Aussagen weiterer Zeuginnen bestätige, weshalb ihre Aussagen ohne Verletzung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers berücksichtigt werden könnten. Der Beschwerdeführer habe auch nie eine Konfrontation mit der Zeugin beantragt. Eine Verletzung der Teilnahmerechte des Beschuldigten sei nicht gegeben und sämtliche Aussagen verwertbar.
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Erwägung 1.3
 
1.3.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ist in der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (vgl. dazu Art. 95 ff. BGG), was erfordert, dass sich der Beschwerdeführer konkret mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzt (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88; 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68; je mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen nicht genügt, ist darauf nicht einzutreten (BGE 136 I 65 E. 1.3.1; 134 II 244 E. 2.1).
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1.3.2. Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO). Dazu zählt das Recht, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen, sich zur Sache und zum Verfahren zu äussern oder Beweisanträge zu stellen und Belastungszeugen zu befragen (Art. 3 Abs. 2 lit. c, Art. 107 Abs. 1 lit. b und Art. 147 Abs. 1 StPO; Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK). Eine belastende Zeugenaussage ist danach grundsätzlich nur verwertbar, wenn der Beschuldigte wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Ergänzungsfragen zu stellen (BGE 133 I 33 E. 3.1; Urteil 6B_836/2014 vom 30. Januar 2015 E. 2.3; je mit Hinweisen).
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Erwägung 1.4
 
1.4.1. Der Einwand, die Staatsanwaltschaft habe in Verletzung von Art. 6 StPO die Untersuchung einseitig geführt, bildet nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids. Der Beschwerdeführer legt zudem nicht dar, inwiefern die Befragung weiterer, nicht mit Namen benannter Tänzerinnen sich auf das Beweisergebnis bezüglich der strukturellen Rahmenbedingungen, Arbeitsabläufe und Instruktionen im Cabaret "C.________-Bar" hätten auswirken können. Im Übrigen war es ihm unbenommen, den Beweisantrag im erstinstanzlichen und im Berufungsverfahren erneut zu stellen.
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1.4.2. Auch die gegen die Verwertbarkeit der Einvernahme der Beschwerdegegnerin 2 erhobenen Einwände nehmen keinen Bezug auf die vorinstanzlichen Erwägungen und erweisen sich zudem als unbegründet. Nicht nachvollziehbar ist, dass die Einvernahme der Beschwerdegegnerin 2 zeitgleich mit der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht durchgeführt worden ist, zumal die Beschwerdegegnerin 1 vom gerichtlichen Verhandlungstermin Kenntnis gehabt haben muss. Die zeitgleiche Terminierung zog vorliegend jedoch keine Verletzung der Verfahrensrechte des Beschwerdeführers nach sich. Der damalige Verteidiger des Beschwerdeführers war vorgängig über den Einvernahmetermin (und die Gerichtsverhandlung) informiert und hat weder die Verschiebung noch die Wiederholung der Einvernahme verlangt (Art. 147 Abs. 3 StPO). Er hat sowohl an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht als auch - unter Einräumung des Fragerechts - an der Einvernahme der Beschwerdegegnerin 2 teilgenommen. Dass die Beschwerdegegnerin 1 die Terminkollision bewusst herbeigeführt habe, um seine Verfahrensrechte auszuhebeln, rügt der Beschwerdeführer nicht.
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1.4.3. Als unzutreffend erweist sich die Rüge, der Beschwerdeführer habe anlässlich der Berufungsverhandlung keine Möglichkeit gehabt, sich zur Sache zur äussern. Unverständlich ist, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer nur zur Person und nicht auch zur Sache einvernommen hat, denn gemäss Art. 341 Abs. 3 StPO - der auch im Berufungsverfahren Anwendung findet (Art. 405 Abs. 1 StPO) - befragt die Verfahrensleitung zu Beginn des Beweisverfahrens die beschuldigte Person eingehend zu ihrer Person, zur Anklage und zu den Ergebnissen des Vorverfahrens. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich jedoch aus dem knapp gehaltenen Hauptverhandlungsprotokoll, dass er sich im Rahmen des letzten Wortes aus freien Stücken zur Sache geäussert hat. Dass er hierbei von der Vorinstanz inhaltlich oder zeitlich beschränkt worden sei, rügt der Beschwerdeführer nicht und lässt sich auch dem Protokoll nicht entnehmen. Weder der Verteidiger noch der Beschwerdeführer haben anlässlich der Berufungsverhandlung dessen nochmalige Befragung zur Sache verlangt. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, welche weiteren Sachvorbringen er noch hätte darlegen wollen und inwieweit diese für den Ausgang des Verfahrens ausschlaggebend sein sollten.
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Erwägung 2
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine "willkürliche Würdigung betr. Nötigung und Förderung der Prostitution sowie bezüglich der Mittäterschaft". Aus den Akten und dem angefochtenen Entscheid gehe hervor, dass sowohl die Tänzerinnen als auch die Bardamen ausgesagt hätten, der Beschuldigte sei jeweils nach Hause gegangen, wenn Y.________ als Stellvertreter vor Ort gewesen sei. Dass er Kenntnis vom Verhalten des Mitbeschuldigten Y.________ gehabt habe, könne nicht als erstellt betrachtet werden.
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2.2. Was der Beschwerdeführer gegen die Annahme von Mittäterschaft vorbringt, geht an der Sache vorbei, soweit seine Rüge überhaupt den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG genügt. Mit seinem Einwand, keine Kenntnis vom Verhalten des Mitbeschuldigten Y.________ gehabt zu haben, weicht er von den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz ab (das Wissen des Täters ist Tatfrage; vgl. BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 133 IV 9 E. 4.1 S. 17; je mit Hinweisen), ohne aufzuzeigen, inwieweit diese willkürlich sein sollten. Zudem setzt er sich in Widerspruch zu seinen eigenen Aussagen, wonach Y.________ in den Tänzerinnen Prostituierte gesehen und mit diesen immer mal wieder vulgär gesprochen habe, um seine Vorstellungen durchzusetzen. Er (der Beschwerdeführer) habe dessen Denkweise zu einem gewissen Grad abgedeckt, damit sie keinen Krach bekämen. Letztlich wird vom Beschwerdeführer nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich, inwiefern unterschiedliche Anwesenheitszeiten in der Bar gegen ein arbeitsteiliges (mittäterschaftliches) Zusammenwirken sprechen.
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Erwägung 3
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 12. März 2015
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Der Gerichtsschreiber: Held
 
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