BGer 1C_51/2015 | |||
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BGer 1C_51/2015 vom 08.04.2015 | |
{T 0/2}
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1C_51/2015
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Urteil vom 8. April 2015 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Karlen, Eusebio,
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Gerichtsschreiberin Pedretti.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Reto Aschwanden,
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gegen
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Gemeinderat Sins, Kirchstrasse 14, 5643 Sins, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Höchli,
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Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau, Rechtsabteilung, Entfelderstrasse 22, 5001 Aarau.
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Gegenstand
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Einstellung von Bauarbeiten,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 24. November 2014 des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer.
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Sachverhalt: | |
A. Die A.________ ist Mehrheitseigentümerin der Liegenschaften U.________ und V.________ (Parzellen Nr. xxxx und Nr. xxxx) in Sins. Für die Installation von zwei Luft-Wasser-Wärmepumpen im Aussenbereich reichte sie ein Baugesuch (Nr. 32/2013) ein, wogegen Einwendungen erhoben wurden. Daneben plante sie den Aus- bzw. Einbau von vier Lichtschächten und eine damit verbundene teilweise Öffnung der Kellermauer.
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B. Gegen beide Verfügungen erhob die A.________ Verwaltungsbeschwerde beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) des Kantons Aargau. Dieses präzisierte mit Entscheid vom 5. Dezember 2013, dass die Einstellung der Bauarbeiten sowie die Verpflichtung zur Einreichung eines entsprechenden Baugesuchs sich nur auf die bewilligungspflichtigen Arbeiten zum Einbau von Lichtschächten und zur teilweisen Durchbrechung der Aussenmauer bezögen, nicht jedoch auf die bewilligungsfreien Bauarbeiten im Kellerinnern.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 26. Januar 2014 gelangt die A.________ an das Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts vom 24. November 2014 sowie der Verfügungen vom 16. und 18. September 2013 des Gemeinderats Sins betreffend die Einstellung von Bauarbeiten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Das angefochtene Urteil stellt einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Einstellung von Bauarbeiten auf den Liegenschaften der Beschwerdeführerin und eine damit verbundene Verpflichtung zur Einreichung eines neuen Baugesuchs dar (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Dieser weist den Charakter eines Endentscheids nach Art. 90 BGG auf, da der Baustopp weder im Rahmen eines laufenden Verfahrens angeordnet noch im Zusammenhang mit einem künftigen Baubewilligungsverfahren steht; er entfaltet vielmehr selbstständige Wirkung (Urteil 1P.500/1995 vom 23. November 1995 E. 1a). Ein Ausschlussgrund im Sinne von Art. 83 BGG ist nicht gegeben. Die Beschwerdeführerin ist als direkt betroffene Bauherrin, die am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat, zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
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1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Dieses wendet das Bundesgericht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten - einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem und kommunalem Recht - wird vom Bundesgericht aber nur insoweit geprüft, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Hierzu gelten qualifizierte Begründungsanforderungen (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein.
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2. Gemäss den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin sollen die Lichtschächte am Gebäude U.________ die Ausmasse 140 x 80 x 40 cm sowie 120 x 80 x 115 cm, jene am Gebäude V.________ 140 x 80 x 80 cm und 120 x 80 x 115 cm aufweisen (jeweils Länge x Breite x Tiefe). Als Zugang zu den Lichtschächten seien Öffnungen der Aussenmauer von rund 120 x 90 cm bzw. 120 x 120 cm geplant (jeweils Länge x Breite). Die Lichtschächte dienten der besseren Durchlüftung und der indirekten Belichtung der Kellerräume.
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3. Nach Art. 22 Abs. 1 RPG dürfen Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. Bauten und Anlagen im Sinne dieser Bestimmung sind künstlich geschaffene und auf Dauer angelegte Einrichtungen, die in fester Beziehung zum Erdboden stehen und geeignet sind, die Vorstellung über die Nutzungsordnung zu beeinflussen, sei es, dass sie den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen (BGE 113 Ib 314 E. 2b S. 315 f.). Die Baubewilligungspflicht soll es der Behörde ermöglichen, das Bauprojekt in Bezug auf die räumlichen Folgen vor der Ausführung auf die Übereinstimmung mit der raumplanerischen Nutzungsordnung und der übrigen einschlägigen Gesetzgebung zu überprüfen. Massstab dafür ist die Frage, ob mit der Realisierung des Vorhabens im Allgemeinen, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, so wichtige räumliche Folgen verbunden sind, dass ein Interesse der Öffentlichkeit oder der Nachbarn an einer vorgängigen Kontrolle besteht (BGE 139 II 134 E. 5.2 S. 139 f.).
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3.1. Gemäss § 59 Abs. 1 des Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen des Kantons Aargau vom 19. Januar 1993 (BauG; SAR 713.100) bedürfen alle Bauten und Anlagen und ihre im Hinblick auf die Anliegen der Raumentwicklung, des Umweltschutzes oder der Baupolizei wesentliche Umgestaltung, Erweiterung oder Zweckänderung sowie die Beseitigung von Gebäuden der Bewilligung durch den Gemeinderat. In § 49 BauV werden die Bauvorhaben aufgezählt, welche keine Baubewilligung benötigen. Dazu gehören insbesondere Kleinstbauten mit einer Grundfläche bis 5 m
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3.2. Vorliegend soll ein Schacht erweitert und drei neue Lichtschächte eingebaut werden. Als Anschluss dazu soll die Kellermauer an zwei Stellen durchbrochen und zu den dahinterliegenden Räumen hin geöffnet werden. Das Verwaltungsgericht qualifizierte dieses Bauvorhaben als Umbau und nicht als Kleinbaute, weil die baulichen Massnahmen mit bestehenden Bauten verbunden seien. Anders zu entscheiden bedeute, dass sämtliche Bauvorhaben an bestehenden Gebäuden, welche die Masse von Kleinbauten einhielten - wie Kamine, Balkone, Vordächer, Wandklimageräte etc. - von der Bewilligungspflicht auszunehmen seien, unbesehen von deren Auswirkungen auf die Öffentlichkeit oder die Nachbarschaft. Zudem sprächen vertretbare Gründe für die Annahme, dass das dokumentierte Bauvorhaben bewilligungspflichtig sei. Es berief sich dabei auf die Praxis, wonach das Baubewilligungsverfahren auch dazu dienen könne, die Bewilligungspflicht genauer zu prüfen. Demnach sei ein solches schon dann durchzuführen, wenn gute Gründe für das Vorliegen eines baurechtlich relevanten Tatbestands bestünden.
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3.3. Der Wortlaut von § 49 Abs. 2 lit. b BauV spricht von Kleinstbauten. Dieser Begriff erfasst in erster Linie die Errichtung solcher Vorhaben oder allenfalls deren Anbau an eine andere Baute, nicht aber die Änderung bestehender Gebäude. Dies wird nur schon durch die genannten Beispiele verdeutlicht: Gerätehäuschen und Fahrradunterstände stellen typischerweise freistehende oder an ein anderes Gebäude angebaute Kleinvorhaben dar. Bei den geplanten und teilweise bereits begonnen Bauarbeiten handelt es sich aber weder um selbstständige Bauten noch um Anbauten. Durch den Ein- bzw. Ausbau von Lichtschächten und der teilweisen Durchbrechung der Gebäudehülle werden die Wohnhäuser vielmehr bautechnisch umgestaltet. Die baulichen Massnahmen sind untrennbar mit ihnen verbunden, bilden Bestandteile davon und können nur schwerlich isoliert vom Rest betrachtet werden. Es ist daher vertretbar, das Bauvorhaben als Umbau und nicht als Kleinstbaute zu betrachten.
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3.4. Im Übrigen sind die Erwägungen der Vorinstanz auch nicht bundesrechtswidrig: Die Gebäude U.________ und V.________ stellen unbestrittenermassen Bauten im Sinne von Art. 22 Abs. 1 RPG dar, da sie auf Dauer angelegt sind, in fester Beziehung zum Erdboden stehen und geeignet sind, den Raum äusserlich zu beeinflussen. Sie weisen eine erhebliche Aussenwirkung auf und sind klarerweise bewilligungspflichtig. Damit einher geht, dass ein Umbau dieser Wohnhäuser grundsätzlich ebenfalls einer Baubewilligung bedarf, stellt er doch eine Änderung von Bauten gemäss Art. 22 Abs. 1 RPG dar. Zu verneinen wäre dies allenfalls, wenn es sich um unbedeutende Arbeiten handeln würde. Bereits aus den Angaben der Beschwerdeführerin zum Bauvorhaben geht jedoch hervor, dass der geplante und teilweise schon begonnene Umbau von beachtlichem Ausmass ist. Es werden nicht nur Lichtschächte ein- bzw. ausgebaut; vor allem werden auch die Kellermauern durchbrochen und somit neue Fassadenöffnungen eingefügt und die von aussen wahrnehmbare Gebäudestruktur verändert. Wären diese Änderungen bereits beim Bau der beiden Wohnhäuser vorgenommen worden, hätten hierfür revidierte Baupläne eingereicht werden müssen. Unter diesen Umständen wäre die Baubewilligungspflicht bereits von Bundesrechts wegen zu bejahen.
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3.5. Insgesamt sprechen vorliegend somit vertretbare Gründe für die Durchführung des Baubewilligungsverfahrens. Die neben Art. 22 Abs. 1 RPG von der Beschwerdeführerin erwähnten bundesrechtlichen Bestimmungen sind jedoch nicht einschlägig, legen sie doch fest, dass die Baubewilligungsvoraussetzungen des RPG ergänzt bzw. im kantonalen Recht Ausnahmen zum Grundsatz der Zonenkonformität innerhalb von Bauzonen formuliert werden können ( WALDMANN/HÄNNI, Handkommentar zum Raumplanungsgesetz, 2006, N. 64 ff. zu Art. 22 RPG und N. 1 zu Art. 23 RPG). Ebenso wenig kann die Beschwerdeführerin aus der Aussage, andere Liegenschaften würden vergleichbare Lichtschächte aufweisen, etwas zu ihren Gunsten ableiten, denn sie belegt nicht, dass diese ohne Baubewilligung erstellt werden durften. Sodann ist auf die erhobenen Sachverhaltsrügen nicht einzutreten, da sie entweder nicht in rechtsgenüglicher Weise erhoben wurden (Art. 42 Abs. 2 bzw. Art. 106 Abs. 2 BGG) oder für den Ausgang des Verfahrens nicht entscheidend sind (Art. 97 Abs. 1 BGG).
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4. § 159 Abs. 1 BauG sieht vor, dass die Einstellung der Arbeiten angeordnet werden kann, wenn durch die Errichtung von Bauten oder Anlagen ohne Bewilligung, unter Verletzung einer solchen oder auf andere Weise ein unrechtmässiger Zustand geschaffen wird. Ist nach dem Gesagten für das Vorhaben ein Baubewilligungsverfahren durchzuführen, wurden die Bauarbeiten aber eigenmächtig und ohne Einhaltung des formellen Baurechts bereits begonnen, kann willkürfrei davon ausgegangen werden, dass die Baueinstellung rechtmässig war. Ebenso vertretbar ist es, die bedeutenden öffentlichen Interessen an der konsequenten Durchsetzung des Bewilligungsverfahrens und an der Vermeidung von allfälligen Anordnungen auf Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands stärker zu gewichten als die privaten Interessen an einer raschen Realisierung des Bauvorhabens, womit der Baustopp verhältnismässig erscheint.
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5. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin für das Gerichtsverfahren kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG) und ihr steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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3. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.
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4. Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Gemeinderat Sins, dem Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Rechtsabteilung, und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 8. April 2015
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Die Gerichtsschreiberin: Pedretti
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