VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 6B_365/2015  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 6B_365/2015 vom 17.06.2015
 
{T 0/2}
 
6B_365/2015
 
 
Urteil vom 17. Juni 2015
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Jametti, Einzelrichterin,
 
Gerichtsschreiberin Unseld.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
 
2. Y.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Gloor,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Nichtanhandnahme (Körper- und Ehrverletzung durch Mobbing),
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 16. März 2015.
 
 
Die Einzelrichterin zieht in Erwägung:
 
1. X.________ stellte mit Schreiben vom 5. November 2014 Strafantrag gegen Y.________ wegen Körper- und Ehrverletzung durch Mobbing sowie materieller Schädigung. Y.________ war der Vorgesetzte von X.________ in der Dienstabteilung Wasserversorgung der Stadt Zürich. Die Staatsanwaltschaft nahm die Strafuntersuchung nicht an die Hand, wogegen X.________ am 20. November 2014 rechtzeitig Beschwerde erhob.
 
2. Das Obergericht wies die Beschwerde am 16. März 2015 ab. Es ging davon aus, dass das Strafgesetzbuch auch ohne explizite Mobbing-Strafnorm zahlreiche Straftatbestände enthalte, die unter den Begriff Mobbing fallen könnten (Körperverletzung, Ehrverletzungsdelikte). Als städtischer Angestellter sei Y.________ Beamter, sodass zur Eröffnung einer Strafuntersuchung eine obergerichtliche Ermächtigung vorausgesetzt sei. Deren Fehlen sei vorliegend jedoch ohne Bedeutung, da mangels einer plausiblen Tatsachengrundlage kein hinreichender Anfangsverdacht vorliege. Damit könne auch offenbleiben, ob X.________ den Strafantrag innert Frist gestellt habe.
 
3. X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, der Beschluss des Obergerichts vom 16. März 2015 sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft sei zur Strafverfolgung zu ermächtigen.
 
4. Vorerst ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme legitimiert ist. Zur Beschwerde ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 BGG). Das Anfechtungsinteresse der Privatklägerschaft wird nur insoweit geschützt, als sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Strafantragstellern wird das Rechtsschutzinteresse insoweit zugestanden, als es um das Strafantragsrecht als solches geht (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG). Die Beschwerdeführerin hat gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG darzulegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind. Handelt es sich um eine Beschwerde gegen eine Nichtanhandnahme eines Verfahrens, so hat die Beschwerdeführerin vermutlich noch keine zivilrechtlichen Ansprüche angemeldet. Trotzdem muss sie vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen).
 
5. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, ob und welche Zivilforderungen sie geltend machen wird und inwiefern die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sich auf diese Forderungen auswirken kann. Sie erwähnt aber in ihrer Beschwerde, sie könne mit Krankenberichten belegen, dass die bei ihr diagnostizierten Depressionen ihre Ursache in den Konflikten am Arbeitsplatz hätten. Sie habe sich wegen des Entzuges des Bürotisches eine Woche wegen Rückenschmerzen krank melden müssen und sei wegen Depressionen während 32 Wochen arbeitsunfähig gewesen (Beschwerde S. 3). Daraus ist zu schliessen, dass sie ihren direkten Vorgesetzten für den Schaden haftbar machen will, den sie durch dessen Verhalten erlitten hat.
 
6. Angestellte der Wasserversorgung der Stadt Zürich stehen in einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis. Für Schäden, die sie durch rechtswidrige amtliche Tätigkeit oder Unterlassung verursachen, haftet die Gemeinde kausal (Art. 46 der Verfassung des Kantons Zürich [LS 101]; vgl. auch § 6 Abs. 1 i.V.m. § 2 des Haftungsgesetzes des Kantons Zürich vom 14. September 1969 [HG; LS 170.1]). Dem Geschädigten steht kein Anspruch gegen den Angestellten zu (§ 6 Abs. 4 HG). Eine Rückgriffsmöglichkeit des Gemeinwesens auf einen fehlbaren Angestellten besteht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit (§ 15 Abs. 1 HG). Die Beschwerdeführerin müsste somit ihre Forderungen gegen die Stadt Zürich aus Staatshaftung richten. Nach ständiger Rechtsprechung können indessen öffentlich-rechtliche Ansprüche aus Staatshaftung nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 131 I 455 E. 1.2.4 S. 461; 128 IV 188 E. 2.2 f. S. 191 f.; Urteile 6B_1108/2014 vom 30. Januar 2015 E. 2; 6B_351/2015 vom 27. April 2015 E. 2; je mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin kann ihre Beschwerdelegitimation somit nicht auf Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG abstützen.
 
7. Bleibt zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin gegebenenfalls in ihrer Eigenschaft als Strafantragstellerin zur Beschwerde legitimiert ist. Mit dieser Beschwerdeberechtigung soll die bundesweit einheitliche Anwendung der Bestimmungen zum Strafantrag sichergestellt werden; einen Anspruch darauf, den Entscheid in der Sache überprüfen zu lassen, ist damit jedoch nicht gegeben ( MARC THOMMEN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 63 zu Art. 81 BGG). In ihrer Beschwerde ficht die Beschwerdeführerin die Begründung der Vorinstanz an und stellt sich auf den Standpunkt, es hätten sehr wohl Anhaltspunkte bestanden, dass die Mobbing-Vorwürfe zuträfen; entsprechend hätte die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung der von ihr erhobenen Vorwürfe an die Hand nehmen müssen, da die Umstände nicht zweifelsfrei feststünden (Beschwerde S. 3). Es geht somit nicht um das Strafantragsrecht als solches, sondern um eine inhaltliche Überprüfung des vorinstanzlichen Beschlusses. Soweit sie sich gegen die Beweiswürdigung wendet, ist die Beschwerdeführerin jedoch nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG nicht legitimiert.
 
8. Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner 2 ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.
 
 
Demnach erkennt die Einzelrichterin:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. Juni 2015
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Einzelrichterin: Jametti
 
Die Gerichtsschreiberin: Unseld
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).