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Informationen zum Dokument  BGer 8C_257/2015  Materielle Begründung
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BGer 8C_257/2015 vom 26.06.2015
 
{T 0/2}
 
8C_257/2015
 
 
Urteil vom 26. Juni 2015
 
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
 
Bundesrichter Frésard, Maillard,
 
Gerichtsschreiberin Polla.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
IV-Stelle des Kantons Zug,
 
Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
A.________, vertreten durch
 
Rechtsanwältin Petra Oehmke,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 26. Februar 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Der 1962 geborene, zuletzt als Bauarbeiter tätig gewesene A.________ bezog ab 1. Januar 2001 eine ganze Rente der Invalidenversicherung (Verfügung vom 23. August 2002). Diesen Anspruch bestätigte die IV-Stelle des Kantons Zug revisionsweise am 2. Oktober 2007. Anlässlich des im November 2012 eingeleiteten Revisionsverfahrens holte sie bei der Abklärungsstelle B.________ ein polydisziplinäres Gutachten ein, welches am 6. Januar 2014 erstattet wurde. Am 28. Mai 2014 verfügte die IV-Stelle gestützt darauf die Rentenherabsetzung auf eine Viertelsrente, da sich der Gesundheitszustand des A.________ deutlich verbessert habe.
1
B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug hiess die dagegen geführte Beschwerde insoweit gut, als es die Verfügung vom 28. Mai 2014 aufhob und A.________ eine Dreiviertelsrente ab 1. Juli 2014 zusprach, im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 26. Februar 2015).
2
C. Die IV-Stelle des Kantons Zug führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid vom 26. Februar 2015 sei aufzuheben und die Verfügung vom 28. Mai 2014 zu bestätigten.
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A.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, soweit darauf einzutreten sei. Eventualiter sei in Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 26. Februar 2015 die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese nach ergänzenden Sachverhaltsabklärungen über den Rentenanspruch neu entscheide. Ferner wird um unentgeltliche Prozessführung ersucht. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.
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Erwägungen:
 
1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG).
5
 
Erwägung 2
 
2.1. Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG [SR 830.1]; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132) und zum revisionsrechtlich massgebenden Vergleichszeitraum (BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114) zutreffend dargelegt, worauf verwiesen wird.
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2.2. Zu ergänzen ist, dass, wenn ein Revisionsgrund vorliegt, der Rentenanspruch in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend ("allseitig") zu prüfen ist, wobei keine Bindung an frühere Beurteilungen besteht (BGE 117 V 198 E. 4b S. 200; Urteile 9C_378/2014 vom 21. Oktober 2014 E. 4.2, 9C_226/2013 vom 4. September 2013 mit weiteren Hinweisen).
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3. Während die Vorinstanz im Rahmen der vorzunehmenden revisionsweisen Rentenanpassung den Anspruch des Versicherten auf eine Dreiviertelsrente bejaht hat, besteht gemäss Beschwerde führender IV-Stelle ein Anspruch auf eine Viertelsrente.
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3.1. Sowohl Vorinstanz als auch IV-Stelle stützten sich in medizinischer Hinsicht auf das - zu Recht als beweiskräftig erachtete - Gutachten der Abklärungsstelle B.________ vom 6. Januar 2014 und die dazu eingeholten Stellungnahmen des RAD-Arztes med. pract. C.________, Facharzt für Allgemeinmedizin (D) vom 7. und 18. Februar 2014. Danach habe sich der Gesundheitszustand aus somatischer Sicht seit der Renten zusprechenden Verfügung vom 23. August 2002 nicht wesentlich verändert, indem der Beschwerdegegner weiterhin an einem Lumbalsyndrom bei degenerativem Wirbelsäulenleiden sowie an einer linksseitigen Knieinstabilität leide. Gemäss den schlüssigen Darlegungen des Gutachters med. pract. D.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, liege jedoch in psychischer Hinsicht eine erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustands vor, da keine psychische Störung mit Krankheitswert mehr diagnostiziert werden konnte. Das im Zeitpunkt der Rentenzusprache vorgefundene depressive Zustandsbild mit Einschränkung der Arbeitsfähigkeit um 70 % sei, möglicherweise bereits seit 2002, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jedoch spätestens seit der Begutachtung im September/Oktober 2013, nicht mehr gegeben, zumal sich in den Akten keinerlei Hinweise für psychiatrische Abklärungen oder Behandlungen seit 2002 fänden. Ab 1. November 2014 habe der Beschwerdegegner zudem wieder eine Tätigkeit im Umfang von 50 % als Schulbusfahrer aufgenommen. Diese Feststellungen der Vorinstanz haben im Lichte der eingeschränkten Kognition (E. 1 hiervor) Bestand.
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3.2. Wird die Frage nach einer anspruchsrelevanten Veränderung des Sachverhalts im Sinne einer revisionsbegründenden erheblichen Gesundheitsveränderung - wie hier - bejaht, ist der Invaliditätsgrad auf der Grundlage eines richtig und vollständig festgestellten Sachverhalts neu und ohne Bindung an frühere Invaliditätsschätzungen zu ermitteln (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10 f. und E. 6 S. 13; E. 2.2 hiervor). Damit ist der vorinstanzliche Entscheid insoweit bundesrechtswidrig, als das kantonale Gericht in Bezug auf die somatischen Beschwerden keine neue Beurteilung zuliess mit der Begründung, nur die psychische Situation habe sich verbessert. Dementgegen ist, wie dargelegt, nach Bejahung eines Revisionsgrundes im Rahmen der vorzunehmenden Neueinschätzung von Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit die gesundheitliche Gesamtsituation zu würdigen. Da die Vorinstanz es aufgrund ihrer unzutreffenden rechtlichen Auffassung unterlassen hat, den gesamten medizinischen Sachverhalt (einschliesslich der somatischen Beschwerden) zu prüfen und die daraus resultierende Arbeitsfähigkeit neu und ohne Bindung an frühere Invaliditätsschätzungen zu ermitteln, ist die vorinstanzliche Feststellung einer 50%igen Arbeitsfähigkeit für eine körperlich leichte, mehrheitlich sitzende Tätigkeit, gestützt auf die Einschätzung des Dr. med. E.________, Spezialarzt für physikalische Medizin und Rehabilitation, speziell Rheumaerkrankungen, im zu Handen der Abklärungsstelle F.________ erstellten rheumatologischen Konsilium vom 22. März 2002 für das Bundesgericht nicht verbindlich. Stichhaltiges, das gegen die Zuverlässigkeit und Beweiskraft des polydisziplinären Gutachtens der Abklärungsstelle B.________ vom 6. Januar 2014 spricht, vermag der Beschwerdegegner nicht vorzubringen. Anlass für seine letztinstanzlich beantragte Rückweisung zu weiteren Sachverhaltsabklärungen besteht nicht. Mit der Beschwerdeführerin ist auf die nachvollziehbare, schlüssige Arbeitsfähigkeitsbeurteilung aus polydisziplinärer Sicht der Gutachter in der Expertise vom 6. Januar 2014 abzustellen. Danach ist der Versicherte für leidensangepasste Tätigkeiten (wechselseitige, leichte, bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit Heben bis 10-15 kg, unter Vermeidung von Zwangshaltungen und starken Kälte- und Nässeexpositionen) bei einer 20%igen Leistungsminderung hinsichtlich einer Vollzeittätigkeit, ganztägig arbeitsfähig.
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4. Zur Bestimmung des trotz Gesundheitsschadens zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommens stellte die Vorinstanz zu Recht auf die vom Bundesamt für Statistik (BFS) herausgegebene Schweizerische Lohnstrukturerhebung (LSE 2010, Tabelle TA1, Total, Anforderungsniveau 4, Männer) ab (BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301), wobei sie u.a die Nominallohnentwicklung bis 2014 berücksichtigte und den von der IV-Stelle vorgenommenen leidensbedingten Abzug von 15 % bestätigte. Dies ist nicht zu beanstanden Bei einer 80%igen (anstelle der vom kantonalen Gericht eingerechneten 50%igen) Restarbeitsfähigkeit resultiert ein Invalideneinkommen von Fr. 43´301.30 und verglichen mit dem vorinstanzlich bestätigten Valideneinkommen von Fr. 74´077.- der von der Beschwerdeführerin in der Verfügung vom 28. Mai 2014 errechnete Invaliditätsgrad von 42 %.
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5. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Art. 64 BGG) sind erfüllt (BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S. 372). Der Beschwerdegegner hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).
12
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 26. Februar 2015 wird aufgehoben und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zug vom 28. Mai 2014 bestätigt.
 
2. Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwältin Petra Oehmke wird als unentgeltliche Anwältin bestellt.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.
 
4. Der Rechtsvertreterin des Beschwerdegegners wird für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.
 
5. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zurückgewiesen.
 
6. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
 
Luzern, 26. Juni 2015
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Leuzinger
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla
 
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