VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2C_270/2015  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2C_270/2015 vom 06.08.2015
 
{T 0/2}
 
2C_270/2015
 
 
Urteil vom 6. August 2015
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Zünd, Präsident,
 
Bundesrichter Seiler, Haag,
 
Gerichtsschreiber Errass.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________, Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Federspiel,
 
gegen
 
Staatssekretariat für Migration.
 
Gegenstand
 
Einreiseverbot,
 
Beschwerde gegen das Urteil des
 
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung III,
 
vom 13. Februar 2015.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
 
B.
 
 
C.
 
 
D.
 
 
E.
 
 
F.
 
Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. Das SEM beantragt Abweisung der Beschwerde.
1
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
 
Erwägung 2
 
 
Erwägung 3
 
3.1. Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt von der Behörde, dass sie die Vorbringen der Parteien tatsächlich hört, ernsthaft prüft und in ihrer Entscheidfindung angemessen berücksichtigt. Die Begründung des Entscheids muss so abgefasst sein, dass ihn der Betroffene gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Sie muss kurz die wesentlichen Überlegungen nennen, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sie ihren Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist, dass sich die Begründung mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt (BGE 138 IV 81 E. 2.2 S. 84; 136 I 184 E. 2.2.1 S. 188 f.; 133 III 439 E. 3.3 S. 445 mit Hinweisen). Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs kann als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die  Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (vgl. zum Ganzen: BGE 137 I 195 E. 2.3 197 f.; 136 V 117 E. 4.2.2.2 S. 126 f.; 133 I 201 E. 2.2 S. 204 f.).
2
3.2. Das SEM hatte in seiner Verfügung vom 5. Juni 2013 ausgeführt:
3
"Der Ausländer wurde durch das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 15. Januar 2009 wegen vollendeter versuchter vorsätzlicher Tötung, Gefährdung des Lebens, Raub, qualifizierter Raub, räuberischer Erpressung und wegen mehrfachen vollendeten Versuchs der Anstiftung zu falschem Zeugnis zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren verurteilt. Mit rechtskräftiger Verfügung des Amtes für Migration des Kantons Luzern vom 28. Juni 2011 wurde die Niederlassungsbewilligung widerrufen und die Wegweisung aus der Schweiz verfügt. Der Ausländer hat bereits davor zu erheblichen Klagen und Verurteilungen Anlass gegeben. Angesichts dieser Umstände ist der Erlass eines Einreiseverbotes gestützt auf Art. 67 Abs. 2 Bst. a AuG angezeigt. Das Verhalten des Ausländers stellt klarerweise eine tatsächliche und hinreichende Gefährdung dar, welche ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Angesichts der Schwere der vom Ausländer wiederholt begangenen Delikte besteht ein sehr hohes öffentliches Sicherheitsinteresse an einer Fernhaltemassnahme. Der Ausländer wurde vor knapp 2 ½ Jahren vorzeitig aus dem Strafvollzug entlassen. Diese Zeit der Bewährung in Freiheit vermag die wiederholte und äusserst schwere Deliktstätigkeit nicht auszugleichen und stellt insbesondere keinen Beweis für ein nachhaltiges Wohlverhalten dar. Der Betroffene hat während Iängerer Zeit im Ausland unter Beweis zu stellen, dass er willens und fähig ist, sich an die geltende Rechtsordnung zu halten. Er kann sich damit für die Dauer des Einreiseverbotes in Bezug auf die Einreise und den Aufenthalt in der Schweiz auch nicht mehr auf das Freizügigkeitsrecht berufen (Art. 5 Abs.1 Anh. I FZA). Aufgrund der schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist klarerweise ein über fünfjähriges Einreiseverbot angezeigt (Art. 67 Abs. 3 AUG)."
4
Aus diesen Erwägungen war für den Beschwerdeführer ersichtlich, dass und aus welchen Gründen das SEM eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung annimmt. Ob diese Gründe zutreffen und ob sie auf hinreichender Abklärung beruhen, ist nicht eine Frage der Begründungspflicht bzw. des rechtlichen Gehörs, sondern der sachverhaltlichen und rechtlichen Überprüfung. Selbst wenn man mit der Vorinstanz davon ausgeht, dass die Begründung ungenügend war, so liegt darin keine derart schwerwiegende Gehörsverletzung, dass eine Heilung durch das den Sachverhalt mit freier Kognition überprüfende Bundesverwaltungsgericht nicht möglich gewesen wäre.
5
3.3. Der Hauptantrag des Beschwerdeführers auf Zurückweisung der Angelegenheit an das SEM wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs erweist sich damit als unbegründet.
6
 
Erwägung 4
 
4.1. Nach Art. 67 Abs. 2 lit. a AuG (in der hier anwendbaren [vgl. Urteil 2C_862/2013 vom 18. Juli 2014 E. 3.2] Fassung vom 18. Juni 2010, AS 2010 5925) kann ein Einreiseverbot verfügt werden gegenüber Ausländern, die gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz oder im Ausland verstossen haben oder diese gefährden. Das Einreiseverbot wird für eine Dauer von höchstens fünf Jahren verfügt. Es kann für eine längere Dauer verfügt werden, wenn die betroffene Person eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt (Art. 67 Abs. 3 AuG). Da sich der Beschwerdeführer grundsätzlich auf ein Einreiserecht gemäss Art. 1 Abs. 1 Anhang I FZA berufen kann (vorne E. 1), ist auf ihn auch Art. 5 Anhang I FZA anwendbar, wonach die auf Grund dieses Abkommens eingeräumten Rechte nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden dürfen. Nach der an die Praxis des EuGH angeglichenen Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. Art. 16 Abs. 2 FZA) setzen Entfernungs- oder Fernhaltemassnahmen eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den betreffenden Ausländer voraus. Eine strafrechtliche Verurteilung darf dabei nur insofern zum Anlass für eine derartige Massnahme genommen werden, als die ihr zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Art. 5 Anhang I FZA steht somit Massnahmen entgegen, die (allein) aus generalpräventiven Gründen verfügt werden. Während die Prognose über das künftige Wohlverhalten im Rahmen der Interessenabwägung nach rein nationalem Ausländerrecht zwar mitzuberücksichtigen, aber nicht ausschlaggebend ist, kommt es bei Art. 5 Anhang I FZA wesentlich auf das 
7
4.2. Die Formulierung "eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" entspricht derjenigen von Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, welche mit Bundesbeschluss vom 18. Juni 2010 im Rahmen des Schengen Besitzstands von der Schweiz übernommen wurde (AS 2010 5925; BBl 2009 8896; BGE 139 II 121 E. 6.2 S. 129 f.). Die Voraussetzungen für die Verhängung einer mehr als fünfjährigen Einreiseverbots sind strenger als diejenigen nach Art. 5 Anhang I FZA; ob diese Voraussetzungen gegeben sind, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung aller einschlägigen Gesichtspunkte beurteilt werden; die Schwere der Gefahr kann sich namentlich aus der Schwere der bedrohten Rechtsgüter (z.B. schwere Beeinträchtigung des Lebens oder der körperlichen oder sexuellen Unversehrtheit oder Gesundheit), aus der besonderen Schwere grenzüberschreitender Kriminalität, aus der wiederholten Delinquenz und ihrer zunehmenden Schwere oder aus der Abwesenheit einer günstigen Prognose ergeben (BGE 139 II 121 E. 6.3 S. 130 f.).
8
4.3. Eine schwerwiegende Gefahr im Sinne von Art. 67 Abs. 3 AuG wurde vom Bundesgericht verneint in einem Fall, in dem der betreffende Ausländer unter verschiedenen Malen zu Freiheitsstrafen von insgesamt rund 32 Monaten verurteilt worden war hauptsächlich wegen Diebstahls und Widerhandlungen gegen das SVG und das BetmG. Die Delikte wurden zwar nicht je für sich allein, wohl aber in ihrer Gesamtheit, als hinreichend schwer beurteilt für ein Einreiseverbot nach Art. 67 Abs. 2 lit. a AuG i.V.m. Art. 5 Anhang I FZA (BGE 139 II 121 E. 5.5 S. 127 ff.), aber nicht als schwerwiegende Gefahr im Sinne von Art. 67 Abs. 3 Satz 2 AuG: Die Widerhandlungen gegen das BetmG standen im Zusammenhang mit dem eigenen Drogenkonsum, die Delikte wiesen keine zunehmende Schwere auf und deuteten nicht auf besonders verwerfliche Begehung oder organisierte Kriminalität hin; weder qualitativ noch quantitativ war ein hinreichendes Risiko verlässlich dargetan (BGE 139 II 121 E. 6.4 S. 131 f.). Im Urteil 2C_53/2015 vom 31. März 2015 (E. 5.2) bejahte das Bundesgericht hingegen die Voraussetzungen für eine mehr als fünfjährige Dauer des Einreiseverbots in einem Fall, in welchem der Betroffene zunächst unter sieben Malen zu Freiheitsstrafen von insgesamt über elf Jahren, namentlich wegen Diebstahls, Raub, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs und anschliessend zu 20 Jahren Zuchthaus unter anderem wegen Mordes verurteilt worden war; eine Wiederholungsgefahr konnte nicht ausgeschlossen werden, zumal er besonders verwerflich und ohne Skrupel gehandelt hatte.
9
 
Erwägung 5
 
 
Erwägung 6
 
6.1. Die Vorinstanz hatte in E. 5.3 ausgeführt, weitere Strafuntersuchungen (neben des Fahrens in fahrunfähigem Zustand vom 24. Mai 2013) würden noch laufen, während eine Untersuchung wegen einfacher Körperverletzung, Sachbeschädigung und Drohung im Dezember 2014 vorläufig abgeschlossen worden sei. Der Beschwerdeführer bringt vor, ein Verfahren wegen angeblicher einfacher Körperverletzung sei am 4. März 2015 definitiv eingestellt worden. Dabei handelt es sich um ein unzulässiges echtes Novum (vorne E. 2). Zudem hat die Vorinstanz gar nicht auf eine Verurteilung wegen Körperverletzung abgestellt.
10
6.2. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, der Umstand, dass er die am 15. Januar 2009 ausgesprochene Strafe in der offenen Strafanstalt Wauwilermoos habe verbüssen dürfen, zeuge, dass er auch nach Ansicht der Strafvollzugsbehörden nicht gemeingefährlich sei. Dies hat er indessen vor Bundesverwaltungsgericht nicht vorgebracht, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre. Darauf ist deshalb nicht einzugehen.
11
6.3. Sodann rügt der Beschwerdeführer als unhaltbar, dass die Vorinstanz von einer schlechten Legalprognose ausgegangen sei; aus den Berichten von Frau Dr. B.________, die den Beschwerdeführer im und nach dem Strafvollzug therapeutisch begleitet habe, vom 15. November 2012 und vom 18. November 2011 gehe hervor, dass keine besondere Anzeichen für eine relevante Rückfallgefahr bestünden.
12
6.3.1. Vor der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer diese Berichte weder erwähnt noch beigelegt. Er macht jedoch geltend, der Bericht vom 15. November 2012 sei im Verfahren betreffend Widerruf der Niederlassungsbewilligung eingereicht worden; derjenige vom 18. November 2011 befinde sich bei den Migrationsakten, deren Beizug er beantragt.
13
6.3.2. Neue Tatsachen und Beweismittel im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG sind Tatsachen, die weder im vorangegangenen Verfahren vorgebracht noch von der Vorinstanz festgestellt worden sind. Eine Tatsache, die sich aus den vorinstanzlichen Akten ergibt, ist nicht neu; hat die Vorinstanz sie zu Unrecht nicht berücksichtigt, kann dies als offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung gerügt werden (BGE 136 V 362 E. 3.3.1 S. 364 f.). Dies bezieht sich aber nur auf die Akten des laufenden Verfahrens. Hingegen können Akten eines 
14
6.3.3. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die vorliegend angerufenen Aktenstücke befänden sich im Dossier des laufenden Verfahrens und seien von der Vorinstanz zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, sondern er beruft sich auf Akten aus anderen Verfahren. Dies ist erstmals vor Bundesgericht unzulässig, so dass darauf nicht einzugehen ist.
15
6.4. Es ist somit vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt auszugehen.
16
 
Erwägung 7
 
7.1. Bei der massgeblichen sachverhaltlichen Ausgangslage kann nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art. 67 Abs. 2 lit. a AuG verstossen hat und dass auch die Voraussetzungen nach Art. 5 Anhang I FZA für eine Einschränkung seines Einreiserechts erfüllt sind. Namentlich hat die Vorinstanz nicht auf rein generalpräventive Gründe abgestellt, sondern auf das persönliche Verhalten des Beschwerdeführers und die damit verbundene Gefährdung der öffentlichen Ordnung (vgl. BGE 139 II 121 E. 5.5 S. 127 ff.; Urteil 2C_1045/2011 vom 18. April 2012 E. 2.4). Der Beschwerdeführer beanstandet denn vor Bundesgericht (neben der Gehörsverletzung) auch lediglich noch, ein Einreiseverbot von mehr als fünf Jahren sei bundesrechtswidrig.
17
7.2. Der Beschwerdeführer bestreitet zu Recht nicht, dass er mit seiner wiederholten Delinquenz zunehmend wichtigere und sehr hochrangige Rechtsgüter verletzt hat. Seine Delikte wiegen deutlich schwerer als diejenigen, die in BGE 139 II 121 zur Diskussion standen; sie sind eher vergleichbar mit denjenigen, die im Urteil 2C_53/2015 zu beurteilen waren (vgl. vorne E. 4.3), wobei hier allerdings die ausgesprochenen Strafen deutlich tiefer sind als dort. Doch fällt ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer wiederholt schwerwiegende Delikte gegen Leib und Leben begangen hat (vgl. angefochtenes Urteil E. 7.5) und auch nach dem vorsätzlichen Tötungsversuch vom 2. Dezember 2001 am 29. Januar 2003 erneut einen qualifizierten Raub beging. Dies lässt grundsätzlich auf eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung schliessen. Der Beschwerdeführer bringt dagegen hauptsächlich vor, dass die begangenen schweren Taten nunmehr über 12 Jahre zurückliegen und er sich mittlerweilen fast sieben Jahre mehrheitlich in Freiheit aufgehalten habe, ohne (ausser im Bagatellbereich) straffällig geworden zu sein. Dies zeige, dass er jedenfalls keine aktuelle und schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit mehr darstelle.
18
7.3. Es trifft zu, dass die schweren Delikte gegen Leib und Leben in den Jahren zwischen 2000 und 2003 erfolgten und somit relativ lange zurückliegen. Das allein schliesst freilich eine schwerwiegende Gefahr im Sinne von Art. 67 Abs. 3 Satz 2 AuG nicht aus. Im zitierten Urteil 2C_53/2015 wurde eine solche Gefahr angenommen, obwohl die Verurteilung wegen des Tötungsdelikts im Jahre 1999 erfolgt war und der Betroffene seit 2009 aus dem Strafvollzug entlassen war. Wie die Vorinstanz mit Recht erwogen hat, wird Wohlverhalten in der engmaschigen Betreuung während des Strafvollzugs (mit Einschluss einer bedingten Entlassung) erwartet und lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf das Verhalten in Freiheit zu (vgl. Urteile 2C_601/2013 vom 7. Januar 2014 E. 2.2.1; 2C_125/2010 vom 28. Oktober 2010 E. 3.4; 2C_331/2010 vom 16. September 2010 E. 3.3). Zudem hat der Beschwerdeführer in Freiheit weiterhin delinquiert, wenn auch nicht in schwerwiegendem Masse. Die Vorinstanz nennt zudem weitere Faktoren, die auf eine schlechte Legalprognose schliessen lassen (vorne E. 5) und die sachverhaltlich nicht in Frage gestellt sind (vorne E. 6). Unter diesen Umständen ist eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu bejahen, so dass die Voraussetzungen für ein längeres als fünfjähriges Einreiseverbot erfüllt sind.
19
 
Erwägung 8
 
8.1. Auch wenn die Voraussetzungen für eine längere Dauer des Einreiseverbots erfüllt sind, muss dieses verhältnismässig sein (Art. 5 Abs. 2 BV; Art. 96 AuG). Der Beschwerdeführer macht vor allem geltend, die Vorinstanz habe sein Recht auf Familienleben ungenügend berücksichtigt; das zehnjährige Einreiseverbot erschwere die Beziehung zu Frau und Kindern und verletze Art. 5 und Art. 11 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie sowie Art. 8 EMRK. Zudem sei es ihm auch verunmöglicht, seine Schwiegereltern in Portugal zu besuchen, was eine weitere unnötige und unzulässige Einschränkung darstelle.
20
8.2. Ein Einreiseverbot führt in jedem Fall dazu, dass der Betroffene seine Angehörigen in der Schweiz nicht besuchen kann. Darin allein kann keine Unverhältnismässigkeit erblickt werden, wäre doch sonst das Instrument des Einreiseverbots gegenüber allen Personen mit Familienangehörigen in der Schweiz per se unzulässig. Zu prüfen ist, ob besondere Umstände dem Einreiseverbot bzw. seiner Dauer entgegenstehen.
21
8.3. In Bezug auf die Verhältnismässigkeitsprüfung ist zu beachten, dass der Beschwerdeführer aufgrund des rechtskräftigen Widerrufs der Niederlassungsbewilligung ohnehin nicht zusammen mit seiner Familie in der Schweiz wohnen kann. Die zusätzliche Konsequenz der Einreisesperre besteht darin, dass er auch nicht besuchsweise zu seiner Familie in die Schweiz einreisen kann (Art. 5 Abs. 1 lit. d AuG), es sei denn, dass das Einreiseverbot vorübergehend aufgehoben wird (Art. 67 Abs. 5 AuG). Hingegen ist kein Grund ersichtlich, weshalb es nicht umgekehrt der Frau und den Kindern möglich sein sollte, den Beschwerdeführer in seiner Heimat zu besuchen und in diesem Rahmen das Familienleben aufrechtzuerhalten. Für das Aufrechterhalten der familiären Beziehungen spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob die Besuche in der Schweiz oder im Kosovo stattfinden. Die zusätzlichen Erschwernisse, die sich aus Besuchen im Kosovo ergeben, hat sich der Beschwerdeführer durch sein eigenes Verhalten selber zuzurechnen, zumal ihn auch die Heirat und die Geburt seiner Kinder und die vorangegangenen Verwarnungen nicht von seiner schwerwiegenden Delinquenz abhalten konnten. Damit sind auch die Voraussetzungen für einen Eingriff in das Familienleben gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK gegeben (vgl. Urteil 2C_1045/2011 vom 18. April 2012 E. 2.4). Dass das Einreiseverbot auch für die EU-Staaten gilt (und damit auch für Portugal, wo die Schwiegereltern des Beschwerdeführers leben), ergibt sich aus der massgeblichen völkerrechtlichen Regelung (Art. 5 Abs. 1 lit. d sowie Art. 13 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 562/2006 des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen [Schengener Grenzkodex] i.V.m. dem Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands [SAA, SR 0.362.31] und dem Notenaustausch vom 28. März 2008 zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft betreffend die Übernahme des Schengener Grenzkodexes [SR 0.362.380.010]).
22
 
Erwägung 9
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwalt Jürg Federspiel, U.________, als Rechtsbeistand beigegeben. Rechtsanwalt Federspiel wird aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.
 
3. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung III, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. August 2015
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Zünd
 
Der Gerichtsschreiber: Errass
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).