BGer 6B_178/2015 | |||
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BGer 6B_178/2015 vom 26.08.2015 | |
{T 0/2}
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6B_178/2015
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Urteil vom 26. August 2015 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Bundesrichter Rüedi,
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Bundesrichterin Jametti,
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Gerichtsschreiber Moses.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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vertreten durch Rechtsanwalt Adolf Spörri,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Entschädigung und Genugtuung,
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Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 6. Januar 2015.
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Sachverhalt: |
A. |
B. |
C. |
Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Der Beschwerdeführer rügte im vorinstanzlichen Verfahren, die Staatsanwaltschaft habe den Abschluss der Untersuchung in Missachtung von Art. 318 Abs. 1 StPO nicht angekündigt und somit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Zudem hätte sie die Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche von Amtes wegen prüfen müssen. Die Vorinstanz erwägt diesbezüglich, die Staatsanwaltschaft habe die Ansprüche geprüft, einen Anspruch auf Entschädigung aber verneint und dem Beschwerdeführer eine Genugtuung zugesprochen. Ob die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Bezifferung seiner Ansprüche hätte geben müssen, könne offenbleiben. Es treffe zu, dass eine Meldung nach Art. 318 Abs. 1 StPO nicht erfolgt sei. Ob dies zur Aufhebung der Einstellungsverfügung führe, könne ebenfalls offenbleiben. Im Beschwerdeverfahren habe sich der Beschwerdeführer zur Entschädigungs- und Genugtuungsfrage äussern können, womit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geheilt sei.
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1.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass im Falle des Freispruchs die Strafbehörde den Anspruch des Beschuldigten auf Entschädigung und Genugtuung gemäss Art. 429 Abs. 2 StPO von Amtes wegen zu prüfen habe. Prüfen bedinge aktives Abklären der Umstände, was die Staatsanwaltschaft nicht getan habe. Vielmehr habe sie ohne Prüfung nach eigenem Gutdünken und somit willkürlich über seine Ansprüche entschieden. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör habe im vorinstanzlichen Verfahren nicht geheilt werden können, zumal diese schwerwiegend gewesen sei. Ein Administrativverfahren sei weder eröffnet noch durchgeführt worden. Einzig im Strafverfahren habe er Ansprüche geltend machen und beziffern können. Es verstosse gegen das Willkürverbot, einen Anspruchsberechtigten in ein Rechtsmittelverfahren zu verweisen, wenn er dieses bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften gar nicht hätte in Anspruch nehmen müssen.
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Erwägung 1.3 | |
1.3.1. Nach Art. 429 Abs. 2 StPO prüft die Strafbehörde den Anspruch auf Entschädigung oder Genugtuung von Amtes wegen. Dies bedeutet lediglich, dass darüber zu befinden ist, ohne dass es eines Antrages der beschuldigten Person bedarf (vgl. Yvona Griesser, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber, Kommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 429 StPO). Was der Beschwerdeführer zur Tragweite dieser Bestimmung vorbringt, ist abwegig. Eine Verletzung von Art. 429 Abs. 2 StPO würde in dieser Hinsicht nur dann vorliegen, wenn die Staatsanwaltschaft die Ansprüche des Beschwerdeführers nicht behandelt hätte, was vorliegend nicht zutrifft.
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1.3.2. Das rechtliche Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK) verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Angesichts der formellen Natur des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann die materielle Rechtmässigkeit eines Entscheides eine Gehörsverletzung nicht beseitigen. Indessen kann eine - nicht besonders schwerwiegende - Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäss ständiger Rechtsprechung ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann (BGE 137 I 195 E. 2.3.2 mit Hinweisen). Dass die Staatsanwaltschaft den Beschwerdeführer vor der Einstellung des Verfahrens nicht zur Stellungnahme aufforderte, stellt keine derart schwere Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, dass eine Heilung im Rechtsmittelverfahren nicht möglich wäre. Diese ist nicht nur deshalb ausgeschlossen, wenn der Betroffene, um eine Gehörsverletzung geltend zu machen, ein Rechtsmittel ergreifen muss. Dem ist bei der Festsetzung der Kosten und Entschädigungen im Rechtsmittelverfahren Rechnung zu tragen (Urteil 1C_564/2013 vom 30. August 2013 E. 2.3 mit Hinweisen). Derartiges macht der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht geltend, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
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Erwägung 2 | |
2.1. Die Vorinstanz erwägt, allfällige Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche im Zusammenhang mit der Abnahme des Führerausweises seien nicht im Straf-, sondern im Verwaltungs- bzw. Staatshaftungsverfahren geltend zu machen. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht verletze Art. 431 Abs. 1 StPO. Der Entzug des Führerausweises und das Verfügen des Fahrverbotes sei eine Zwangsmassnahme. Da ihm gegenüber rechtswidrig eine Zwangsmassnahme angewandt worden sei, sei ihm eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zuzusprechen. Die Polizei habe als Strafverfolgungsbehörde gehandelt und sei im Zusammenhang mit dem Projekt NEED (Neue Einsatzdoktrin zur Erkennung von Drogen) unter der Anweisung der Staatsanwaltschaft gestanden. Zumal seine Ansprüche im Strafverfahren hätten behandelt werden können, verstosse es gegen Treu und Glauben, wenn die Vorinstanz ihm zumute, ein neues, verwaltungsrechtliches Verfahren einzuleiten.
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2.2. Nach Art. 54 Abs. 3 SVG verhindert die Polizei die Weiterfahrt und nimmt den Führerausweis ab, wenn sich ein Fahrzeugführer in einem Zustand befindet, der die sichere Führung des Fahrzeugs ausschliesst, oder er aus einem anderen gesetzlichen Grund nicht fahren darf. Art. 54 Abs. 5 SVG bestimmt, dass von der Polizei abgenommene Ausweise sofort der Entzugsbehörde zu übermitteln sind; diese entscheidet unverzüglich über den Entzug. Bis zu ihrem Entscheid hat die Abnahme eines Ausweises durch die Polizei die Wirkung des Entzugs. Das Verfahren ist in Art. 33 der Verordnung über die Kontrolle des Strassenverkehrs vom 28. März 2007 (Strassenverkehrskontrollverordnung, SKV; SR 741.013) geregelt. Demnach sind die Abnahme des Führerausweises und die Verhinderung der Weiterfahrt schriftlich zu bestätigen unter Hinweis auf die gesetzliche Wirkung dieser Massnahmen (Abs. 1). Abgenommene Führerausweise sind der Entzugsbehörde des Wohnsitzkantons zu übermitteln; der Polizeirapport ist beizufügen (Abs. 2). Entfallen die Gründe, die zur Abnahme eines Ausweises geführt haben, so ist dieser zurückzugeben (Abs. 3). Art. 54 SVG soll der Polizei erlauben, bei erheblicher Gefährdung der Verkehrssicherheit die erforderlichen Sicherungsmassnahmen zu treffen. Die Regelung gehört zum Polizeirecht (Christof Riedo, in: Basler Kommentar Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 1 zu Art. 54 SVG), weshalb die Bestimmungen der Strafprozessordnung keine Anwendung finden. Die Abnahme des Führerausweises erfolgt nicht im Rahmen eines Strafverfahrens, sondern zuhanden der Entzugsbehörde, welche alleine und unverzüglich über den Entzug bzw. die Rückgabe der durch die Polizei abgenommenen Ausweise zu befinden hat. Dem dem Beschwerdeführer in Anwendung von Art. 30 Abs. 1 SKV überreichten Formular ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen (Akten Vorinstanz; act. 3/4). Dass die Staatsanwaltschaft am Projekt NEED beteiligt gewesen sein soll, ändert an der verwaltungsrechtlichen Qualifikation der in Art. 54 SVG vorgesehenen Massnahmen nichts. Für eine Entschädigung nach Art. 431 Abs. 1 StPO besteht kein Raum. Die Rüge ist unbegründet.
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Erwägung 3 | |
3.1. Hinsichtlich der Anwaltskosten des Beschwerdeführers erwägt die Vorinstanz, dass diese im Kontext der Wiederaushändigung des Führerausweises standen. Im Strafverfahren sei der Beizug eines Anwaltes nicht geboten gewesen, zumal die Staatsanwaltschaft keine Untersuchungshandlungen durchgeführt habe und für den Beschwerdeführer von Anfang an klar sein musste, dass nach der Untersuchung der Blut- und Urinprobe das Strafverfahren wegen Führens eines Fahrzeugs in fahrunfähigem Zustand eingestellt werden würde. Dem Beschwerdeführer sei daher keine Entschädigung für anwaltliche Aufwendungen zuzusprechen.
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3.2. Der Beschwerdeführer rügt, der Beizug eines Rechtsanwaltes sei im Zusammenhang mit dem Fahrverbot erfolgt. Weil zu diesem Zeitpunkt das Ergebnis der Blut- und Urinprobe noch nicht bekannt gewesen sei, habe die Vollmacht auch die Vertretung im Strafverfahren umfasst, welches bei einem positiven Befund durchzuführen gewesen wäre. Dies rechtfertige den Beizug eines Anwaltes. Zudem habe sich die Mandatierung eines Rechtsvertreters nur auf das Strafverfahren beziehen können, weil gar kein anderes Verfahren hängig gewesen sei.
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3.3. Für die Rückgabe des von der Polizei eingezogenen Ausweises ist - nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut - einzig die Verwaltungsbehörde zuständig. Allfällige damit im Zusammenhang stehende Vertretungskosten können daher nicht im Strafverfahren geltend gemacht werden. Ob ein Verwaltungsverfahren förmlich eröffnet wurde oder nicht, ist belanglos. Im Strafverfahren hat die beschuldigte Person, im Fall des Freispruchs oder der Einstellung des Verfahrens, Anspruch auf die Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO). Der Staat übernimmt die entsprechenden Kosten nur, wenn der Beistand angesichts der tatsächlichen oder der rechtlichen Komplexität notwendig war und der Arbeitsaufwand und somit das Honorar des Anwalts gerechtfertigt waren (Urteil 1B_536/2012 vom 9. Januar 2013 E. 2.1 mit Hinweis). Die blosse Eröffnung eines Strafverfahrens und die damit verbundene Möglichkeit, dass die beschuldigte Person sich einer Straftat schuldig gemacht haben könnte, rechtfertigt alleine den Beizug eines Rechtsbeistandes nicht, solange die Staatsanwaltschaft keine konkreten Verfahrenshandlungen (wie etwa die Einvernahme der beschuldigten Person) anordnet. Die Rüge ist unbegründet.
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Erwägung 4 | |
4.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Polizeibeamten hätten ihm den Führerausweis entzogen, obwohl, ausser den erweiterten Pupillen, keine weiteren Hinweise auf eine verminderte Fahrtauglichkeit bestanden. Die Massnahme sei nicht verhältnismässig gewesen. In der Folge sei die Angelegenheit nicht beschleunigt behandelt worden.
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4.2. Nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides ein rechtlich geschütztes Interesse hat. Der Beschwerdeführer muss ein aktuelles praktisches Interesse an der Behandlung der Beschwerde haben. Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass das Gericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet. Es dient damit der Prozessökonomie (BGE 136 I 274 E. 1.3 mit Hinweisen). Ob die Abnahme des Führerausweises rechtmässig erfolgte und ob die Behörde die Sache beförderlich genug behandelt hat, ist nur noch im Rahmen allfälliger Entschädigungsansprüche von Bedeutung, die nicht im Strafverfahren geltend gemacht werden können. Auf die Rüge ist nicht einzutreten.
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Erwägung 5 |
Erwägung 6 |
Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 26. August 2015
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Der Gerichtsschreiber: Moses
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