VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_86/2015  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_86/2015 vom 15.10.2015
 
{T 0/2}
 
5A_86/2015
 
 
Urteil vom 15. Oktober 2015
 
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
 
Bundesrichter Schöbi, Bovey,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
C.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Obergericht des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz,
 
Beschwerdegegner,
 
B.________.
 
Gegenstand
 
Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsvertreterin (Platzierung des Kindes),
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
 
des Kantons Aargau, Kammer für Kindes- und Erwachsenenschutz, vom 12. Dezember 2014.
 
 
Sachverhalt:
 
A. Anlässlich der Scheidung von B.________ und D.________ im Jahr 2008 wurde ihnen die elterliche Sorge über das gemeinsame Kind E.________ (geb. 1997) entzogen.
1
B. Am 21. Februar 2013 bestellte der Präsident des Obergerichts Rechtsanwältin C.________ zur unentgeltlichen Rechtsvertreterin der Mutter. Mit Eingabe vom 23. Januar 2013 liess diese die gestellten Begehren von C.________ wiederholen. Am 12. Februar 2013 äusserte sie sich zur Eingabe der Vormundschaftsbehörde und verlangte die superprovisorische Umplatzierung von E.________ in eine geeignete Institution. Nachdem die Schule von E.________ einen Bericht erstattet und sich auch der Vater und die Kindesvertreterin geäussert hatten, liess sich die Mutter über ihre Anwältin am 2. April 2013 erneut vernehmen; sie hielt an den bisher gestellten Anträgen fest und verlangte vorsorgliche Massnahmen zur Kontaktaufnahme zwischen ihr und dem Kind. Eine weitere Stellungnahme erfolgte am 21. Juni 2013 in Bezug auf den psychiatrischen Bericht.
2
C. Gegen die Festsetzung der Entschädigung erhob C.________ eine Beschwerde, welche das Bundesgericht dahingehend guthiess, dass es die Sache zur neuen Beurteilung an das Obergericht zurückwies (Urteil 5A_945/2013 vom 24. Dezember 2013).
3
D. Gegen diesen Entscheid hat C.________ am 2. Februar 2015 erneut eine Beschwerde erhoben. Sie verlangt die Festsetzung der Entschädigung auf Fr. 8'316.-- (inkl. Auslagen von Fr. 150.-- und MWSt von Fr. 616.--), eventualiter die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
4
 
Erwägungen:
 
1. In der Sache geht es um Kindesschutzmassnahmen, d.h. um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit, gegen welche die Beschwerde in Zivilsachen offen steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Folglich kann auch der Entscheid über die Entschädigung mit Beschwerde weitergezogen werden (Urteile 5A_168/2012 vom 26. Juni 2012 E. 1; 5A_380/2014 vom 30. September 2014 E. 1).
5
2. Das Obergericht hat in seinem Entscheid vom 4. März 2014 ausführlich dargelegt, auf welchen Rechtsgrundlagen es zu seinem Resultat gekommen ist. Es ist von der Anwendbarkeit des Dekretes über die Entschädigung der Anwälte (AnwT, SAR 291.150) ausgegangen und hat in Anlehnung an das Eheschutzverfahren eine Grundentschädigung von Fr. 2'000.-- als angemessen betrachtet. Davon hat es einen Abzug von 20 % für die fehlende Verhandlung und Zuschläge von 60 % für die weiteren Stellungnahmen und einen weiteren Zuschlag von 20 % für den Zuständigkeitswechsel, die lange Verfahrensdauer und die relativ umfangreichen Akten gemacht. Daraus hat es ein Honorar von Fr. 3'360.-- errechnet.
6
3. Vorweg ist zu bemerken, dass das Obergericht nach den Vorgaben im Urteil 5A_380/2014 verfahren ist, indem es vom anwendbaren Tarif ausgegangen ist und das Resultat vor dem Hintergrund der konkreten Leistungserbringung angepasst hat, indem es mit detaillierten Ausführungen zum Schluss gelangt ist, dass rund 20 Stunden zu vergüten seien und demnach das sich in abstrakter Weise aus dem Tarif ergebende Honorar von Fr. 3'360.-- auf Fr. 4'400.-- (entsprechend 20 Stunden à Fr. 220.--) anzuheben sei.
7
3.1. An der Sache vorbei geht zunächst die Behauptung der Beschwerdeführerin, das Obergericht habe in einer kompletten Kehrtwendung nur noch auf die Anzahl der Stunden abgestellt, obwohl es um tarifliche Leistungen gehe und sie Anspruch auf eine Vergütung nach Tarif habe (Beschwerde S. 9 und 10). Das Obergericht hat sich keineswegs ausschliesslich an einem Stundenaufwand orientiert; vielmehr haben die betreffenden Ausführungen die Überprüfung des sich aus dem Tarif ergebenden Honorars auf seine Angemessenheit im Sinn von Art. 122 Abs. 1 lit. a ZPO hin zum Gegenstand.
8
3.2. Zu Recht hält die Beschwerdeführerin selber fest (Beschwerde S. 9), dass sie grundsätzlich nach Tarif zu entschädigen ist und deshalb ihre Auflistung der erbrachten Dienstleistungen ausschliesslich der Dokumentation des effektiven Aufwandes gedient habe. Soweit sie das tarifliche Vorgehen des Obergerichtes als willkürlich kritisiert - sowohl die angenommene Grundpauschale von Fr. 2'000.-- sei willkürlich tief (Beschwerde S. 10 f.) als auch die gewährten Zuschläge von 60 % in willkürlicher Weise zu klein (Beschwerde S. 12 f.) - übergeht sie vollständig, dass das Obergericht das tarifliche Resultat deutlich erhöht hat. Von der Sache her kritisiert sie mit anderen Worten den aufgehobenen Entscheid vom 4. März 2014 und nicht den neuen Entscheid vom 12. Dezember 2014. Anfechtungsobjekt im vorliegenden Verfahren ist aber ausschliesslich der letztgenannte Entscheid. Indem sie sich nicht mit der vom Obergericht vorgenommenen Korrektur auseinandersetzt, sondern nach wie vor den Betrag von Fr. 3'360.-- als zu tief kritisiert (Beschwerde S. 14), bleibt ihre Beschwerde unsubstanziiert und vermag sie dem Rügeprinzip nicht zu genügen. Keine Willkür ergibt sich sodann aus isolierten Zitatsplittern aus dem Urteil 5A_945/2013 vom 24. Dezember 2013, welches die ursprünglich bloss auf Fr. 1'300.-- (inkl. Auslagen und MWSt) festgesetzte Entschädigung betraf.
9
3.3. Wenn die Beschwerdeführerin sodann sinngemäss geltend macht, als Fachanwältin hätte ihr das Maximum des in § 9 Abs. 2bis AnwT mit einem Betrag zwischen Fr. 180.-- und Fr. 250.-- vorgesehenen Stundenansatzes gewährt werden müssen, so ist nicht ansatzweise Willkür ersichtlich, hätte doch das Obergericht für die unentgeltliche Rechtspflege verfassungskonform sogar einen tieferen als den aargauischen "Normalansatz" von Fr. 220.-- einsetzen können (vgl. BGE 132 I 201 E. 8.7 S. 217; 137 III 185 E. 5.4 S. 191). An der Sache vorbei gehen auch die diversen Berechnungen der Beschwerdeführerin auf der Basis von Fr. 180.-- und von Fr. 250.--, umso mehr als sie sich ausschliesslich auf ein Endhonorar von Fr. 3'360.-- beziehen (vgl. Beschwerde S. 15); Fakt ist, dass das Obergericht im angefochtenen Entscheid von einem Stundenansatz von Fr. 220.-- ausgegangen und zu einem Honorar von Fr. 4'400.-- gelangt ist. In diesen Kontext müsste die Beschwerdeführerin ihre Willkürrügen setzen; indem sie dies nicht tut, bleibt ihre Beschwerde unsubstanziiert.
10
3.4. Was die konkrete Korrektur des tariflichen Resultates anhand der konkret erbrachten Leistungen anbelangt, steht den Kantonen ein weites Ermessen zu (statt vieler: Urteil 6B_951/2013 vom 27. März 2014 E. 4.2) und das Bundesgericht greift nur bei eigentlichem Ermessensmissbrauch ein (vgl. BGE 132 III 97 E. 1 S. 99; 135 III 121 E. 2 S. 123 f.).
11
4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind bei diesem Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
12
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 700.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird den Parteien und B.________ schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Oktober 2015
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: von Werdt
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).