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Informationen zum Dokument  BGer 1C_487/2015  Materielle Begründung
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BGer 1C_487/2015 vom 06.01.2016
 
{T 0/2}
 
1C_487/2015
 
 
Urteil vom 6. Januar 2016
 
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
 
Bundesrichter Eusebio, Kneubühler,
 
Gerichtsschreiber Stohner.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt,
 
Rathaus, Marktplatz 9, 4001 Basel, vertreten durch das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt, Bereich Recht, Spiegelgasse 6-12, 4001 Basel.
 
Gegenstand
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Grossen Rats
 
des Kantons Basel-Stadt vom 3. Juni 2015 betreffend das Gerichtsorganisationsgesetz (GOG/BS).
 
 
Sachverhalt:
 
A. Am 3. Juni 2015 verabschiedete der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt zwecks Neuordnung der kantonalen Gerichtsorganisation mehrere Änderungen der Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom 23. März 2005 (KV/BS; SR 131.222.1), ein neues Gerichtsorganisationsgesetz (GOG/BS) sowie verschiedene Änderungen damit zusammenhängender Gesetze. Dieser Beschluss wurde im Kantonsblatt vom 6. Juni 2015 mit dem Hinweis auf die Möglichkeit des Referendums veröffentlicht.
1
Mit Publikation im Kantonsblatt vom 22. Juli 2015 wurde festgestellt, dass die Referendumsfrist des GOG/BS am 18. Juli 2015 unbenutzt abgelaufen und der Erlass in Rechtskraft erwachsen ist; der Regierungsrat werde den Zeitpunkt der Wirksamkeit festlegen.
2
B. Mit Eingabe vom 22. September 2015 führt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt in der Hauptsache, das neue GOG/BS sei einer abstrakten Normenkontrolle zu unterziehen mit dem Ziel, die verfassungswidrigen Elemente der Gesetzgebung zu eliminieren.
3
Mit Vernehmlassung vom 21. Oktober 2015 beantragt das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Basel-Stadt im Namen des Grossen Rats und des Regierungsrats des Kantons Basel-Stadt, auf die Beschwerde sei wegen verspäteter Einreichung nicht einzutreten; eventualiter sei die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen.
4
Am 15. November 2015 fand im Kanton Basel-Stadt die Abstimmung über den Grossratsbeschluss vom 3. Juni 2015 betreffend Änderung der Kantonsverfassung (Revision der Gerichtsorganisation) statt. Die Vorlage wurde mit einem Ja-Stimmenanteil von 84,73 % angenommen.
5
Mit Stellungnahmen vom 30. November 2015 und vom 7. Dezember 2015 hält der Beschwerdeführer an seiner Beschwerde fest.
6
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Ein kantonaler Erlass kann beim Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten angefochten werden (Art. 82 lit. b BGG). Der Ausschlusskatalog von Art. 83 BGG betrifft nur Beschwerden gegen Entscheide und kommt bei der Anfechtung von Erlassen (abstrakte Normenkontrolle) nicht zur Anwendung. Gegen kantonale Erlasse ist unmittelbar die Beschwerde zulässig, sofern kein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann (Art. 87 Abs. 1 BGG). Der Kanton Basel-Stadt kennt keine abstrakte Normenkontrolle gegen kantonale Erlasse (vgl. § 116 Abs. 2 lit. b KV/BS).
7
1.2. Gemäss Art. 101 BGG ist die Beschwerde gegen einen Erlass innert 30 Tagen nach der nach dem kantonalen Recht massgebenden Veröffentlichung des Erlasses beim Bundesgericht einzureichen. Massgebend für den Beginn des Fristenlaufs ist nach der Praxis des Bundesgerichts die Publikation des Erlasses mit der Feststellung, dass derselbe zustande gekommen ist und in Kraft treten kann; unerheblich ist, ob der angefochtene Erlass im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bereits in Kraft stand oder nicht (BGE 130 I 82 E. 1.2 S. 84 f.).
8
Mit der Publikation des Erwahrungsbeschlusses im Kantonsblatt vom 22. Juli 2015, wonach die Referendumsfrist des GOG/BS unbenutzt abgelaufen und der Erlass in Rechtskraft erwachsen ist, hat das Verfahren zur Totalrevision des GOG/BS seinen Abschluss gefunden und die Rechtsmittelfrist zu laufen begonnen (vgl. BGE 133 I 286 E. 1 S. 288). Unter Berücksichtigung der Gerichtsferien (Art. 46 Abs. 1 lit. b BGG) endete die 30-tägige Beschwerdefrist am 14. September 2015. Damit erweist sich die am 24. September 2015 beim Bundesgericht eingegangene Beschwerde als verspätet.
9
 
Erwägung 1.3
 
1.3.1. Der Beschwerdeführer wendet in seiner Replik vom 30. November 2015 ein, die verfassungsmässige Grundlage für die Totalrevision des GOG/BS habe am 22. Juli 2015 noch nicht bestanden, womit das Gesetz zu diesem Zeitpunkt noch nicht hätte in Kraft gesetzt werden können. Das trifft zwar zu, ändert aber nichts daran, dass mit der Publikation am 22. Juli 2015 die Gesetzesrevision definitiv verabschiedet war und - unter dem Vorbehalt des Ausgangs der Verfassungsabstimmung vom 15. November 2015 - in Kraft gesetzt werden konnte. Dementsprechend hat die Publikation des Erwahrungsbeschlusses am 22. Juli 2015 die Beschwerdefrist von Art. 101 BGG ausgelöst (vgl. zum Ganzen auch Urteil 1C_10/2014 vom 4. April 2014 E. 1.2).
10
1.3.2. Schliesslich kann der Beschwerdeführer aus seinem Vorbringen in der Replik, das Justiz- und Sicherheitsdepartement habe sich gegen Treu und Glauben verhalten, nichts zu seinen Gunsten ableiten. In den vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Standpunkts angeführten Schreiben des Justiz- und Sicherheitsdepartements vom 5. August 2015 und vom 3. September 2015 hat sich dieses nicht zum Lauf der Rechtsmittelfrist nach Art. 101 BGG geäussert.
11
2. Auf die Beschwerde ist somit wegen verspäteter Einreichung nicht einzutreten. Damit werden die vom Beschwerdeführer gestellten Verfahrensanträge gegenstandslos.
12
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
13
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt und dem Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 6. Januar 2016
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Fonjallaz
 
Der Gerichtsschreiber: Stohner
 
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