BGer 2C_336/2015 | |||
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BGer 2C_336/2015 vom 21.04.2016 | |
{T 0/2}
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2C_336/2015
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Urteil vom 21. April 2016 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Donzallaz,
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Bundesrichter Haag,
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Gerichtsschreiberin Hänni.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________, Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Paul Rechsteiner,
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gegen
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Migrationsamt des Kantons St. Gallen,
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Sicherheits- und Justizdepartement des
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Kantons St. Gallen.
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Gegenstand
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Widerruf der Niederlassungsbewilligung,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 23. Januar/19. Februar 2015.
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Sachverhalt: |
A. | |
A.a. A.________ (geb. 1971) ist türkischer Staatsangehöriger. Er wurde in der Schweiz geboren und lebte von kurz nach der Geburt bis zu seinem 16. Lebensjahr in der Türkei. Am 4. Januar 1987 reiste er im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein. Im April 1991 erhielt er die Niederlassungsbewilligung. A.________ ist Vater einer Tochter (geb. 8. Februar 1997), die bei ihrer von A.________ geschiedenen Mutter lebt.
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A.b. Nach der Feststellung des Privatkonkurses und Verlustscheinen in der Höhe von knapp Fr. 46'000.-- verwarnte das Migrationsamt A.________ am 24. Oktober 1996. Während seines Aufenthalts wurde A.________ mehrfach strafrechtlich verurteilt, worunter:
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- am 3. April 1998 vom Bezirksamt Werdenberg wegen mehrfachen Diebstahls, Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und versuchten Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage zu einer Gefängnisstrafe von 8 Wochen und einer Busse
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- am 20. Januar 2004 vom Fürstlichen Landgericht Vaduz wegen mehrfachen Einbruchsdiebstahls und Versuchs dazu zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten
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- am 28. Juni 2007 vom Kreisgericht Werdenberg-Sargans wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten
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- am 21. August 2007 vom Untersuchungsamt St. Gallen wegen Vergehen und Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 100.-- und einer Busse
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- am 14. Januar 2010 von der Bezirksgerichtskommission Arbon wegen mehrfachen Diebstahls und Versuchs dazu, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs und Versuchs dazu sowie mehrfacher Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten und einer Busse
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- am 17. Dezember 2010 vom Bezirksgericht Arbon wegen Diebstahls, Sachbeschädigung, und Hausfriedensbruchs zu einer Freiheitsstrafe von fünf Wochen
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- am 10. April 2013 vom Kreisgericht Rorschach wegen gewerbsmässigen Diebstahls, unrechtmässiger Aneignung, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Der Vollzug wurde zu Gunsten einer stationären suchttherapeutischen Massnahme aufgeschoben.
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Bereits am 19. Oktober 2007 hatte das Migrationsamt A.________ aufgrund verschiedener strafrechtlicher Verurteilungen und fortlaufender Sozialhilfebezüge ein zweites Mal verwarnt.
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B. Mit Verfügung vom 21. März 2011 widerrief das Migrationsamt die Niederlassungsbewilligung von A.________. Einen hiergegen erhobenen Rekurs beim Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen wies dieses ab. Die dagegen beim Verwaltungsgericht geführte Beschwerde blieb erfolglos (Urteil vom 23. Januar/19. Februar 2015).
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C. Am 27. April 2015 beantragt A.________ dem Bundesgericht, das Urteil vom 23. Januar/19. Februar 2015 aufzuheben. Vom Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung sei abzusehen. Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
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Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde am 27. April 2015 antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt.
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Das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen sowie das Staatssekretariat für Migration beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Am 17. August 2015 liess der Beschwerdeführer dem Bundesgericht eine Verfügung der Eidgenössischen Invalidenversicherung betreffend Zusprechung einer ganzen Invalidenrente zukommen (Invaliditätsgrad von 100%).
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen ausgeschlossen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Gegen Entscheide über den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde jedoch zulässig, weil grundsätzlich ein Anspruch auf das Fortbestehen dieser Bewilligung besteht (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4).
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1.2. Das Bundesgericht ist an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz gebunden, soweit sie sich nicht als offensichtlich unrichtig erweisen oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252; 133 III 393 E. 7.1 S. 398). Zudem ist vom Beschwerdeführer aufzuzeigen, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
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1.3. Das Bundesgericht prüft frei und von Amtes wegen die richtige Anwendung des Bundesrechts und des Völkerrechts (Art. 95 lit. a und b sowie Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten prüft es nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 143 E. 2 S. 149 f.; 137 V 143 E. 1.2 S. 145; 134 I 153 E. 4.2.2 S. 158).
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Erwägung 2 | |
2.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe, d.h. zu einer solchen von mehr als einem Jahr, verurteilt worden ist (Art. 63 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 62 lit. b AuG; BGE 135 II 377 E. 4.2 S. 381; 137 II 297 E. 2). Keine Rolle spielt für das Vorliegen des Widerrufsgrundes, ob die Sanktion bedingt, teilbedingt oder unbedingt ausgesprochen wurde (Urteile 2C_111/2015 vom 26. Juni 2015 E. 2.1; 2C_888/ 2012 vom 14. März 2013 E. 2.1; 2C_515/2009 vom 27. Januar 2010 E. 2.1). Der genannte Widerrufsgrund gilt auch für Niederlassungsbewilligungen ausländischer Personen, die sich seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten (Art. 63 Abs. 2 AuG).
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2.2. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung muss in jedem Fall verhältnismässig sein (vgl. dazu BGE 139 I 16 E. 2.2.2 S. 20 f.; 135 II 377 E. 4.3 S. 381). Dabei sind namentlich die Schwere des Delikts und des Verschuldens des Betroffenen, der seit der Tat vergangene Zeitraum, das Verhalten des Ausländers während diesem, der Grad seiner Integration bzw. die Dauer der bisherigen Anwesenheit sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 135 II 377 E. 4.3 S. 381; vgl. auch Urteil des EGMR i.S.
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Erwägung 3 | |
3.1. Die Vorinstanz hat gestützt auf die Verurteilungen vom 28. Juni 2007 und 10. April 2013 wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs bzw. wegen gewerbsmässigen Diebstahls, unrechtmässiger Aneignung, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs sowie mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes in korrekter Weise festgestellt, dass der Widerrufsgrund von Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. b und Art. 63 Abs. 2 AuG vorliegt. Der Beschwerdeführer bestreitet dies nicht, bringt jedoch vor, das Verwaltungsgericht habe eine unter dem Gesichtswinkel von Art. 96 AuG qualifiziert unrichtige Interessenabwägung vorgenommen.
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3.2. Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz die auf dem Spiel stehenden Interessen im Rahmen von Art. 63 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 62 lit. b und Art. 63 Abs. 2 AuG sowie Art. 8 Ziff. 2 EMRK in zulässiger Weise gegeneinander abgewogen:
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3.2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Verschulden sei zu relativieren, da es sich bei den Straftaten regelmässig um Beschaffungsdelikte ohne pekuniäre Interessen und auch nicht um Gewaltdelikte handelte.
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Ausgangspunkt für das migrationsrechtliche Verschulden ist die vom Strafgericht ausgesprochene Strafe (BGE 134 II 10 E. 4.2 S. 23; 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Der Beschwerdeführer wurde in den Jahren 2007 und 2013 zu Freiheitsstrafen von je über zwölf Monaten verurteilt. Es trifft zwar zu, dass die Einbruchsdiebstähle und die Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz in engem Zusammenhang mit der Drogensucht erfolgten. In den Strafurteilen wurde der Zusammenhang der Delikte zur Drogenabhängigkeit des Beschwerdeführer jedoch bereits strafmildernd berücksichtigt. Auch wenn die strenge Rechtsprechung des Bundesgerichts in Bezug auf Betäubungsmitteldelinquenz aus rein pekuniären Interessen beim Beschwerdeführer nicht zur Anwendung kommt (vgl. BGE 139 II 121 E. 5.3 S. 126 mit Hinweisen, Urteil 2C_1046/2014 vom 5. November 2015 E. 4.2), besteht ein erhebliches ausländerrechtliches Verschulden: D ie jüngste Straftat lag zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils erst drei Jahre zurück. Zuvor ergingen gegen den Beschwerdeführer zahlreiche Strafurteile; er delinquierte teils noch während den strafrechtlichen Probezeiten. Im Jahr 2014 wurde der Beschwerdeführer erneut, wenn auch untergeordnet, straffällig (Busse wegen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes; Besitz und Konsum von Kokain). Die Vorinstanz durfte gestützt auf die längerfristigen Freiheitsstrafen und die stetige Delinquenz von einem erheblichen Verschulden und einem entsprechend grossen öffentlichen Interesse an der Beendigung des Aufenthalts ausgehen. Das öffentliche Interesse wird verstärkt durch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer noch immer verschuldet ist (offene Verlustscheine in der Höhe von etwas mehr als Fr. 30'000.--) und regelmässig Sozialhilfeleistungen beziehen musste (insgesamt knapp Fr. 90'000.--).
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3.2.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, den vorinstanzlichen Ausführungen zum Rückfallrisiko könne nicht gefolgt werden. Im Rehabilitationszentrum X.________ finde er stützenden und strukturierenden Halt. Da ihm am 1. Oktober 2014 auch eine ganze Invalidenrente zugesprochen worden sei, könne er sich den Aufenthalt im Rehabilitationszentrum vollständig selbst finanzieren und sich definitiv von der Sozialhilfe lösen.
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Entgegen der Vorbringen sind die Ausführungen zur Rückfallgefahr der Vorinstanz bundesrechtskonform. Bereits im Jahr 2007 war der Beschwerdeführer nach einer knapp vierjährigen stationären Massnahme mit Methadonprogramm entlassen worden. Er konsumierte nach kurzer Zeit wieder Suchtmittel; neben Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz erfolgten verschiedene Diebstähle und Einbruchsdiebstähle. Die Strafgerichte stellten eine "unbelehrbare und uneinsichtige Einstellung" bezüglich der Delikte fest. Die Vorinstanz hat sodann ein psychiatrisches Gutachten vom 10. März 2012 herangezogen, das beim Beschwerdeführer ein "hohes strukturelles Rückfallrisiko" vermutet. Weder die zwei ausländerrechtlichen Verwarnungen noch die strafrechtlichen Probezeiten konnten den Beschwerdeführer von weiterer Delinquenz abhalten. Nach den Vorbringen soll sich die Situation des Beschwerdeführers gegenwärtig stabilisiert haben. Dies ist dem Beschwerdeführer zwar zugute zu halten. Indessen wurde er noch kurz vor seiner bedingten Entlassung aus der stationären Massnahme verschiedentlich positiv auf Kokain getestet. Aufgrund der engmaschigen Überwachung während der stationären Massnahme im Rehabilitationszentrum lassen sich zudem nur beschränkt positive Prognosen für das längerfristige künftige Legalverhalten ableiten (vgl. Urteile 2C_210/2014 vom 17. März 2014 E. 3.3.2; 2C_899/2012 vom 2. April 2013 E. 3.4; vgl. auch BGE 137 II 233 E. 5.2.2 S. 236 f.).
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Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Rückfallgefahr sei auch durch den Bezug einer nunmehr ganzen Invalidenrente vollständig gebannt, ist dem entgegenzuhalten, dass er sich bereits im August 2012, rund einen Monat nach Zusprache der halben Invalidenrente, sogleich wieder eines Einbruchsdiebstahls schuldig machte. Ob das Bundesgericht die am 1. Oktober 2014 und damit nach dem vorinstanzlichen Urteil ergangene Rentenverfügung überhaupt berücksichtigen könnte, kann vor diesem Hintergrund offenbleiben (vgl. Art. 99 BGG). Ohnehin könnten anlässlich der Prüfung des Widerrufs einer Bewilligung auch generalpräventive Überlegungen miteinfliessen (Urteile 2C_140/2014 vom 24. Oktober 2014 E. 4.2; 2C_867/2013 vom 1. Mai 2014 E. 3.1; 2C_991/2013 vom 8. April 2014 E. 3.1).
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3.2.3. Zu prüfen bleiben die persönlichen Verhältnisse beim Beschwerdeführer. Er wurde in der Schweiz geboren und lebte danach bis zu seinem 16. Lebensjahr in der Türkei. Er hält sich seit knapp 30 Jahren in der Schweiz auf. Sein Interesse, nach einer derart langen Aufenthaltsdauer und einer partiellen Stabilisierung der Drogensucht weiterhin in der Schweiz zu leben, ist als hoch einzustufen. Über vertiefte soziale Bindungen in der Schweiz verfügt der Beschwerdeführer demgegenüber nicht. Seine Tochter ist mittlerweile volljährig, und die Vorinstanz hat keinen regelmässigen Kontakt des Beschwerdeführers zu ihr feststellen können. Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK nunmehr eine enge Beziehung zu seiner in der Schweiz lebenden Schwester geltend. Diese kann nur anspruchsbegründend sein, wenn ein sog. Abhängigkeitsverhältnis besteht (vgl. BGE 137 I 284 E. 1.3 S. 287; 135 I 143 E. 3.1 S. 148; 122 II 1 E. 1e S. 5). Ein solches wird vorliegend nicht belegt. Wie die Vorinstanz unter Berücksichtigung der zahlreichen Verurteilungen zurecht erwog, ist der Beschwerdeführer sodann in der Schweiz nicht sozial integriert. Er konnte keiner regelmässigen Berufstätigkeit nachgehen und ist verschuldet. Der angerufene Schutz des Privatlebens nach Art. 8 EMRK vermag ihm keinen Aufenthaltsanspruch zu vermitteln (BGE 130 II 281 E. 3.2.1 S. 286; Urteile 2C_573/2014 vom 4. Dezember 2014 E. 1.2.1; 2C_536/2013 vom 30. Dezember 2013 E. 2.2; je mit Hinweisen).
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3.2.4. Der Beschwerdeführer leidet unter einer Störung durch multiplen Substanzgebrauch, einem Abhängigkeitssyndrom sowie einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Die Vorinstanz hat eine länderspezifische Recherche unter Mitberücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorgenommen und festgestellt, dass sich das türkische Gesundheitswesen spezifisch in allen Bereichen der Suchttherapie stark weiterentwickelt hat. In zahlreichen Teilen des Landes finden sich nach ihren Feststellungen Institutionen, die Therapie- und Substitutionsmöglichkeiten für Drogenabhängige anbieten. Sie seien teilweise ambulant wie auch stationär mit psychologischer Betreuung ausgestaltet. Die Substanzabhängigkeit des Beschwerdeführers vermag die Unzumutbarkeit einer Rückkehr in sein Herkunftsland somit nicht zu begründen (vgl. Urteile 2C_396/2014 vom 27. März 2015 E. 4.5; 2C_407/2013 vom 15. November 2013 E. 4.5). Auch die weiteren Vorbringen zum Gesundheitszustand sind - wenn sie überhaupt hinreichend substanziiert sind - nicht geeignet, die vorinstanzlichen Feststellungen zu den Behandlungsmöglichkeiten in der Türkei entscheidrelevant infrage zu stellen (vgl. BGE 139 II 393 E. 5.2 S. 403; 128 II 200 E. 5.3 S. 209 f.; Urteil 2C_743/2014 vom 13. Februar 2015 E. 3.4.1). Gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen leben sodann der Vater des Beschwerdeführers und zwei Schwestern in der Türkei. Auch wenn der Beschwerdeführer zu ihnen keinen regelmässigen Kontakt unterhielt, ist er wegen der in seinem Heimatland verbrachten Jugendjahre sowohl mit der Sprache als auch mit den dortigen soziokulturellen Gegebenheiten hinreichend vertraut. Insgesamt sind die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz wegen seiner langen Anwesenheit und seines gesundheitlichen Zustandes bedeutend. Aufgrund der wiederholten Delinquenz und einer erheblichen Rückfallgefahr überwiegen sie aber das sicherheitspolizeiliche Interesse nicht, seinen Aufenthalt zu beenden. Der angefochtene Entscheid verletzt hinsichtlich des Bewilligungswiderrufs kein Bundesrecht.
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3.3. Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, die Vorinstanz habe Art. 29 Abs. 3 BV verletzt, indem sie die unentgeltliche Rechtspflege verweigert habe. Das Verwaltungsgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Beschwerde sei aussichtslos. Angesichts der langen Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner gesundheitlichen Situation sowie des Umstands, dass er keine Gewaltdelikte verübte, erscheint es sachgerecht, dass eine gerichtliche Behörde die Beendigung seines Aufenthalts überprüft. Das Verwaltungsgericht hätte dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung gewähren sollen (Art. 29 Abs. 3 BV). Das vorinstanzliche Urteil ist insofern aufzuheben und die Sache zwecks diesbezüglicher Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen (Art. 68 Abs. 5 BGG).
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4. Die Beschwerde ist demnach im Wesentlichen unbegründet und abzuweisen. Insoweit der Beschwerdeführer obsiegt, sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG) und hat der Kanton St. Gallen dem Beschwerdeführer eine reduzierte Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Der Beschwerdeführer ersucht auch für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Nach dem detailliert ausgearbeiteten Urteil der Vorinstanz, das die Rechtsprechung präzis wiedergibt, sind die Voraussetzungen für die unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr erfüllt (Art. 64 Abs. 1 BGG). Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Prozessführung ist infolge Aussichtslosigkeit abzulehnen. Im Umfang des Unterliegens trägt er die bundesgerichtlichen Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG) soweit es nicht infolge des teilweisen Obsiegens gegenstandslos geworden ist. Dem Kanton St. Gallen sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen; das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 23. Januar/19. Februar 2015 wird insofern aufgehoben, als darin die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung verweigert wurde. Die Sache wird diesbezüglich im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
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3. Die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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4. Der Kanton St. Gallen hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 500.-- auszurichten.
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D. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 21. April 2016
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Die Gerichtsschreiberin: Hänni
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