BGer 2C_556/2015 | |||
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BGer 2C_556/2015 vom 13.06.2016 | |
{T 0/2}
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2C_556/2015
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Urteil vom 13. Juni 2016 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Stadelmann,
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Bundesrichter Haag,
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Gerichtsschreiber Kocher.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführerin,
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vertreten durch Rechtsanwältin Corinne Todesco,
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gegen
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Assekuranz von Appenzell-Ausserrhoden, selbständige juristische Person des
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kantonalen öffentlichen Rechts, handelnd durch den Verwaltungsrat,
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vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Glaus.
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Gegenstand
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Gebäudeversicherung;
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Schätzungsverfügung Liegenschaft,
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Beschwerde gegen das Urteil des Ober-
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gerichts Appenzell Ausserrhoden, 4. Abteilung,
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vom 27. August 2014.
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Sachverhalt: |
A. | |
Am 16. November 2009 erwarb A.________ (nachfolgend: die Eigentümerin) die in der Gemeinde U.________/AR gelegene Liegenschaft X.________ (Assekuranz-Nr. yyy). Das Gebäude ist bei der "Assekuranz von Appenzell-Ausserrhoden" (nachfolgend: Assekuranz AR), einer selbständigen juristischen Person des kantonalen öffentlichen Rechts, gegen Feuer- und Elementarschaden versichert. Bis im Jahr 2009 wurde die Liegenschaft als Restaurant genutzt, anschliessend als Jugendwohnheim. Die noch unter der Voreigentümerin ausgestellte Schätzungsverfügung vom 18. August 2009 weist für das Hauptgebäude einen Neuwert von Fr. 1'057'100.-- und für Anbau einen solchen von Fr. 285'000.-- aus, insgesamt Fr. 1'342'100.--. Die neue Eigentümerin veranlasste weitere Umbauarbeiten am Hauptgebäude sowie den Anbau des aus Brandschutzgründen erforderlichen Treppenhauses. Die Arbeiten konnten im Mai 2012 abgeschlossen werden. Noch im selben Monat brach im Hauptgebäude eine durch Brandstiftung verursachte Feuersbrunst aus. Durch das Feuer und das Löschwasser entstanden erhebliche Schäden.
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B. | |
In der Schätzungsverfügung vom 2. Juli 2012 setzte die Assekuranz AR den vor dem Schadenfall massgebenden Neuwert der Liegenschaft fest. Zu diesem Zweck ging sie von drei Teilbauten aus ("Jugendheim" Fr. 1'113'400.--, "Anbau Treppenhaus" Fr. 319'000.-- und "Anbau" [Stadel] Fr. 300'400.--), was zu einem Total von Fr. 1'733'000.-- führte. Dies focht die Eigentümerin mit Einsprache an. Sie rügte, dass hinsichtlich des Hauptgebäudes zu Unrecht zwei Teilbauten gebildet worden seien ("Jugendheim" und "Anbau Treppenhaus"), dass die ermittelten Kubikmeterpreise und damit auch das Schadenausmass unzutreffend sei. Mit Entscheid ihres Verwaltungsrates vom 2. Mai 2013 wies die Assekuranz AR die Einsprache ab. Dagegen wandte sich die Eigentümerin an das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden, das die Beschwerde nach Durchführung eines Augenscheins mit Entscheid vom 27. August 2014 (Verfahren O4V 13 31) abwies.
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C. | |
Mit Eingabe vom 26. Juni 2015 erhebt die Eigentümerin beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache an die Assekuranz AR zurückzuweisen. Die Assekuranz AR sei anzuweisen, den Versicherungswert in der Versicherungspolice auf gesamthaft Fr. 1'672'870.-- festzusetzen, dies als Summe der Schätzpositionen Jugendheim (1'644 m3, Fr. 1'446'720.--), Anbau (570 m3, Fr. 182'400.--) und Gewölbekeller (175 m3, Fr. 43'750.--). Eventualiter sei die Assekuranz AR anzuweisen, eine Versicherungspolice im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen zu erlassen.
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Die Assekuranz AR und die Vorinstanz beantragen die Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 28. September 2015 äussert die Eigentümerin sich abschliessend zum Vernehmlassungsergebnis.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 BGG [SR 173.110]), sodass auf die Beschwerde einzutreten ist.
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Erwägung 1.2 | |
1.2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Bei der Prüfung verfügt das Bundesgericht über uneingeschränkte (volle) Kognition und wendet es das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 140 III 86 E. 2 S. 88).
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1.2.2. Beruht der angefochtene Entscheid auf kantonalem oder kommunalem Recht, sind die Rügegründe erheblich eingeschränkt. Der Eingriff in kantonales oder kommunales Recht bildet nur insofern einen eigenständigen Beschwerdegrund, als die Verletzung kantonaler verfassungsmässiger Rechte (Art. 95 lit. c BGG) oder kantonaler Bestimmungen zum Stimm- und Wahlrecht (Art. 95 lit. d BGG) geltend gemacht wird. Abgesehen davon kann das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung kantonalen (und kommunalen) Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsrechts nicht als solche prüfen, sondern lediglich daraufhin, ob dadurch Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht verletzt wird (Art. 95 lit. a, b und e BGG; BGE 141 I 36 E. 5.4 S. 43; 141 I 172 E. 4.3 S. 176).
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1.2.3. Dabei steht die Prüfung im Vordergrund, ob eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) vorliegt (BGE 141 I 70 E. 2.2 S. 72; 138 I 162 E. 3.3 S. 166; 136 I 241 E. 2.5.2 S. 250). Willkür in der Rechtsanwendung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 141 I 49 E. 3.4 S. 53; 141 I 172 E. 4.3.1 S. 177; 141 IV 305 E. 1.2 S. 308 f.).
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1.2.4. Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem (einschliesslich kommunalem) und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht in jedem Fall nur, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2.2 S. 60). Wird keine Verfassungsrüge erhoben, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine Verfassungsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 141 I 36 E. 1.3 S. 41; 139 I 229 E. 2.2 S. 232).
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1.2.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, wozu auch die Beweiswürdigung zählt (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375; 140 III 264 E. 2.3 S. 266), berichtigen oder ergänzen, soweit sie offensichtlich unrichtig - das heisst willkürlich - sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 142 V 2 E. 2 S. 5; 141 V 657 E. 2.1 S. 659 f.). Zudem muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein, was in der Beschwerde klar und substanziiert aufzuzeigen ist. Auf Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, geht das Bundesgericht nicht ein (Art. 97 Abs. 1 BGG; 141 IV 317 E. 5.4 S. 324; 141 V 439 E. 1.2 S. 442).
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1.3. Bei der "Assekuranz von Appenzell-Ausserrhoden" handelt es sich um eine selbständige juristische Person des öffentlichen Rechts (Art. 2 des Gesetzes [des Kantons Appenzell Ausserrhoden] vom 30. April 1995 über die Gebäude- und Grundstückversicherung [bGS/AR 862.1; nachfolgend: GGVG/AR]).
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Erwägung 2 | |
2.1. Formelle Rügen und Sachverhaltsrügen sind vorab zu behandeln (BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237). Die Eigentümerin macht neben den materiellrechtlichen Einwänden (hinten E. 3) sinngemäss eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend (Beschwerde, Ziff. 2.4). Sie beruft sich hierzu auf die Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV und den diese konkretisierenden Art. 110 BGG. Im Einzelnen wirft sie dem Obergericht vor, fälschlicherweise mit eingeschränkter Kognition vorgegangen zu sein. Beim Verwaltungsrat der Assekuranz AR handle es sich um keine richterliche Behörde im Sinne von Art. 110 BGG.
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2.2. Der Eigentümerin ist nicht zu folgen. Gemäss Art. 110 BGG haben die Kantone, soweit sie aufgrund des BGG als letzte kantonale Instanz ein Gericht einzusetzen haben, zu gewährleisten, dass dieses selbst oder eine vorgängig zuständige andere richterliche Behörde den
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2.3. Abgesehen davon, dass die Eigentümerin ihre Rüge nicht in der erforderlichen Form vorbringt (Art. 106 Abs. 2 BGG; vorne E. 1.2.4), erweist sie sich in der Sache ohnehin als unbegründet.
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Erwägung 3 | |
3.1. Gemäss Art. 16 Abs. 1 GGVG/AR sind die Gebäude zum Neuwert versichert. Unter dem Neuwert ist der Kostenaufwand zu verstehen, der für die Erstellung eines gleichartigen Gebäudes zur Zeit der Schätzung erforderlich wäre (Art. 13 Satz 2 der Verordnung [des Kantons Appenzell Ausserrhoden] vom 23. Oktober 1995 über die Gebäude- und Grundstückversicherung [bGS/AR 862.11; nachfolgend: GGVV/AR]). Bei der Ermittlung der Versicherungswerte ist auf mittlere ortsübliche Preise abzustellen (Art. 17 Abs. 1 GGVG/AR). Der ermittelte Versicherungswert wird den Versicherten schriftlich mitgeteilt und dient einzig Versicherungszwecken (Art. 17 Abs. 3 GGVG/AR). Die Versicherten und die Assekuranz AR können jederzeit eine Neuschätzung verlangen (Art. 17 Abs. 2 GGVV/AR). Die Entschädigung darf nicht zu einer Bereicherung der Geschädigten führen (Art. 26 GGVG/AR). Wird ein Gebäude wiederhergestellt, zahlt die Assekuranz höchstens die Versicherungssumme aus (Art. 27 Abs. 1 GGVG/AR).
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3.2. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 1.2.5) ermittelte die Assekuranz AR den Neuwert des Gebäudes anhand der Bauabrechnung vom 26. Juni 2012 sowie der Schätzungsverfügung vom 18. August 2009. Diese letzte Schätzung beruhte auf zwei Schätzpositionen (Wohnhaus/Restaurant einerseits, Anbau/Stadel anderseits). Der Schätzungsverfügung vom 2. Juli 2012 liegen drei Schätzpositionen (die bisherigen beiden und neu der Anbau/Treppenhaus) zugrunde. Anlass dafür bildete, so die vorinstanzlichen Ausführungen, der Umstand, dass aufgrund einer internen Schätzeranweisung vom 11. Oktober 2010 eine separate Schätzposition zu bilden gewesen sei, weil die ausgewiesenen Baukosten einen wesentlich höheren Kubikmeterpreis ergaben.
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Erwägung 3.3 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
3.3.1. Die Argumentation der Eigentümerin in der Sache selbst zielt auf eine - verglichen mit der Schätzungsverfügung vom 2. Juli 2012 - gesamthaft leicht verminderte Versicherungssumme (Fr. 1'672'870.-- anstelle von Fr. 1'733'000.--). Im Einzelnen ergeben sich freilich recht erhebliche Verschiebungen. So schlägt sie den neuen Anbau (Treppenhaus) integral dem Jugendheim zu, scheidet sie den Gewölbekeller, der bisher dem Jugendheim zugerechnet worden war, aus (zu einem Ansatz von Fr. 250.-- pro m3) und bewertet sie den alten Anbau (Stadel) mit noch Fr. 320.-- m3. Die Umgruppierung, verbunden mit dem erhöhten Ansatz, führt im Bereich des Jugendheims zu einem Anstieg des Neuwerts von Fr. 1'113'400.-- auf Fr. 1'446'720.--. Die massgebenden Parameter können wie folgt zusammengefasst werden:
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