BGer 1C_155/2016 | |||
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BGer 1C_155/2016 vom 03.08.2016 | |
{T 0/2}
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1C_155/2016
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Urteil vom 3. August 2016 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Eusebio, präsidierendes Mitglied, Bundesrichter Chaix, Kneubühler.
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Gerichtsschreiber Störi.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern.
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Gegenstand
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Wiederzulassung als Motorfahrzeugführer,
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Beschwerde vom 24. Februar 2016 gegen den
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Entscheid der Rekurskommission des Kantons Bern
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für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern.
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Sachverhalt: |
A. | |
Am 6. März 2014 annullierte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern den Führerausweis auf Probe von A.________ und ordnete an, ein neuer Lernfahrausweis könne ihm frühestens ab dem 15. Dezember 2014 und nur gestützt auf ein positives, höchstens drei Monate altes verkehrspsychologisches und -medizinisches Gutachten erteilt werden.
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A.________ unterzog sich am 23. April 2015 der verkehrsmedizinischen und am 30. April 2015 der verkehrspsychologischen Untersuchung beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern, Abteilung Verkehrsmedizin (VMPP). Dieses erstellte am 2. Oktober 2015 zu Handen des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts das Gutachten, worin es die Fahreignung "derzeit" verneinte.
| 2 |
Am 8. Oktober 2015 stellte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt A.________ das Gutachten zu, riet ihm, dessen Empfehlungen zu befolgen und teilte ihm mit, aufgrund des negativen Gutachtens könne eine Wiederzulassung als Motorfahrzeugführer zurzeit nicht erfolgen.
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Mit Eingabe vom 14. Oktober 2015 machte A.________ geltend, das Gutachten sei nicht aktuell, da die entsprechenden Untersuchungen bereits rund 5 Monate zuvor durchgeführt worden seien. Seither habe er die Drogenabstinenz weitergeführt, seinen Alkoholkonsum reduziert und sich im Internet über die Wirkungen von Drogen und Alkohol im Strassenverkehr informiert. Er ersuche darum, das Gutachten zu ergänzen bzw. zu aktualisieren und sei bereit, daran mitzuwirken und sich baldmöglichst einer Kurzbegutachtung zu stellen.
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Am 21. Oktober 2015 teilte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt A.________ mit, die Entzugsverfügung vom 6. März 2014 sei nach wie vor gültig und es liege in seiner Verantwortung, ein positives Gutachten beizubringen.
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Mit Eingabe vom 28. Oktober 2015 hielt A.________ fest, dass das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt das Gutachten in Auftrag gegeben und die Fragen formuliert habe; es sei auch dem Amt erstattet worden, welches daher verpflichtet sei, seine Einwände gegen das Gutachten zu prüfen. Falls es dazu nicht bereit sei, ersuche er um einen anfechtbaren Entscheid über die Wiederzulassung zum Verkehr.
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Am 11. November 2015 verfügte das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt, die Zulassung zum motorisierten Strassenverkehr werde A.________ in Anwendung von Art. 15a Abs. 5 SVG und Art. 11 Abs. 4 VZV verweigert.
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A.________ focht diese Verfügung bei der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern an mit dem Antrag, sie aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung ans Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt zurückzuweisen. Die Rekurskommission wies die Beschwerde am 24. Februar 2016 ab.
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B. | |
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, diesen Rekursentscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz, eventuell ans Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt, zurückzuweisen mit der Anweisung, das Gutachten des VMPP vom 2. Oktober 2015 ergänzen bzw. aktualisieren zu lassen.
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C. | |
Die Rekurskommission und das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Denselben Antrag stellt das Bundesamt für Strassen (ASTRA).
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A.________ hält an der Beschwerde fest.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über eine Administrativmassnahme im Strassenverkehr. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Bundesrecht, was zulässig ist (Art. 95 lit. a, Art. 97 Abs. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist.
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Erwägung 2 | |
2.1. Der Führerausweis auf Probe verfällt mit der zweiten Widerhandlung, die zum Entzug des Ausweises führt (Art. 15a Abs. 4 SVG). Ein neuer Lernfahrausweis kann danach frühestens ein Jahr nach der (zweiten) Widerhandlung und nur auf Grund eines positiven verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden (Art. 15a Abs. 5 SVG). Dieses darf nicht älter als drei Monate sein (Art. 11 Abs. 4 VZV). Diese Befristung soll offensichtlich sicherstellen, dass sich das Gutachten auf die Fahreignung in jüngster Vergangenheit bezieht und dementsprechend aktuell ist, sodass wegen der zeitlichen Nähe davon ausgegangen werden kann, dass sie weiterbesteht und der Lernfahrausweis aus verkehrsmedizinischer bzw. -psychologischer Sicht wieder erteilt werden kann. Der Stichtag, für den das Gutachten die Fahreignung bescheinigt, darf daher nach Art. 11 Abs. 4 VZV bei dessen Zustellung an die Administrativbehörde - hier ans Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt - klarerweise nicht mehr als drei Monate zurückliegen.
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2.2. Der Führerausweis auf Probe des Beschwerdeführers ist verfallen, und er bestreitet nicht, dass ihm ein Lernfahrausweis nur gestützt auf ein positives verkehrspsychologisches und -medizinisches Gutachten wieder erteilt werden kann. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt hat in seiner Entzugsverfügung vom 6. März 2014 dem Beschwerdeführer zwar empfohlen, ein solches Gutachten rechtzeitig beim VMPP einzuholen. In der Folge hat indessen (aus unbekannten und aufgrund der Akten nicht verständlichen Gründen) nicht der Beschwerdeführer, sondern das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt dieses Gutachten in Auftrag gegeben. Es wurde dementsprechend auch dem Amt erstattet und von diesem anschliessend dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme zugestellt. Dieser hat umgehend eingewendet, das Gutachten sei nicht aktuell, und angeboten, sich für dessen Aktualisierung einer Kurzbegutachtung zu unterziehen. Ohne auf diese Ausführungen einzugehen, hat sich das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt auf den Standpunkt gestellt, der Beschwerdeführer sei seiner Obliegenheit nicht nachgekommen, seine Fahreignung durch ein Gutachten nachzuweisen, weshalb ihm zurzeit kein Lernfahrausweis erteilt werden könne.
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2.3. Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt hat das Gutachten in Auftrag gegeben, und es wurde ihm erstattet. Die Gutachter benötigten nach der medizinischen Untersuchung und Befragung des Beschwerdeführers vom 23. April 2015 und dem explorativen Interview vom 30. April 2015 allerdings rund fünf Monate für die Erstellung des Gutachtens, welches vom 2. Oktober 2015 datiert. Es bezieht sich auf die Fahreignung des Beschwerdeführers am 23. bzw. 30. April 2015 und damit nicht auf einen Stichtag innerhalb der letzten drei Monate vor der Zustellung ans Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt. Selbst wenn es positiv ausgefallen wäre, hätte dem Beschwerdeführer gestützt darauf der Lernfahrausweis nicht wieder ausgehändigt werden dürfen, weil die Frist nach Art. 11 Abs. 4 VZV nicht eingehalten wird. Das Gutachten war somit für den Beschwerdeführer von vornherein untauglich, was sowohl den spezialisierten Verkehrsmedizinern des VMPP als insbesondere auch dem sachkundigen Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt hätte bewusst sein können und müssen.
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2.4. Damit liegt kein aktuelles positives verkehrspsychologisches und -medizinisches Gutachten über die Fahreignung des Beschwerdeführers vor, was Voraussetzung für die Erteilung eines Lernfahrausweises wäre (vgl. oben E. 2.1). Insofern erweist sich die von der Rekurskommission im angefochtenen Entscheid geschützte Weigerung des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts, ihn zum motorisierten Strassenverkehr zuzulassen, jedenfalls im Ergebnis als rechtmässig. Es ist Sache des Beschwerdeführers, seine Fahreignung mit einem (aktuellen) Gutachten nachzuweisen.
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Erwägung 3 | |
Die Beschwerde ist somit abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern, der Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern und dem Bundesamt für Strassen, Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 3. August 2016
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Das präsidierende Mitglied: Eusebio
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Der Gerichtsschreiber: Störi
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