BGer 8C_90/2016 | |||
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BGer 8C_90/2016 vom 11.08.2016 | |
{T 0/2}
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8C_90/2016
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Urteil vom 11. August 2016 |
I. sozialrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Maillard, Präsident,
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Bundesrichter Ursprung, Frésard,
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Bundesrichterin Moser-Szeless,
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Bundesrichter Wirthlin,
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Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 8, 8510 Frauenfeld Kant. Verwaltung,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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Öffentliches Personalrecht,
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Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
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vom 25. November 2015.
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Sachverhalt: | |
A. A.________, geboren 1973, war ab 2001 beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Thurgau (AWA) angestellt. Am 1. September 2014 gebar sie ihre Tochter, welche in der Folge aus medizinischen Gründen bis 31. Oktober 2014 hospitalisiert war. A.________ machte deshalb von der Möglichkeit des Aufschubs des Mutterschaftsurlaubs Gebrauch und bezog diesen nach Entlassung ihrer Tochter aus dem Spital ab 1. November 2014. Das AWA regelte mit Verfügung vom 10. September 2014 den Bezug des Mutterschaftsurlaubs neu, indem es festhielt, bis zur Entlassung des Kindes aus dem Spital habe die Arbeitnehmerin keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung und deshalb unbezahlten Urlaub zu beziehen. Die Personalrekurskommission des Kantons Thurgau bestätigte dies mit Entscheid vom 20. Februar 2015.
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B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die dagegen erhobene Beschwerde am 25. November 2015 ab.
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C. A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihr vom 1. September bis 31. Oktober 2014 Lohnfortzahlung zu gewähren; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Festsetzung der Lohnfortzahlung zurückzuweisen.
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Das AWA schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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Erwägungen: | |
1. Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, da die Beschwerde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer durch die Entscheidung besonders berührten Partei mit einem schutzwürdigen Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht wurde und sich das Rechtsmittel gegen einen von einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG) richtet, keine der in Art. 83 BGG erwähnten Ausnahmen greift und die Streitwertgrenze von Art. 85 lit. b BGG überschritten ist.
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Die Beschwerdeführerin bezeichnet ihr Rechtsmittel auch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Da ihre Eingabe die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erfüllt, ist darauf nicht einzutreten (Art. 113 BGG).
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2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
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3. Die Vorinstanz hat die Anordnung des AWA, wonach die Beschwerdeführerin in der Zeit zwischen der Niederkunft und dem aufgeschobenen Beginn der Mutterschaftsentschädigung unbezahlten Urlaub zu beziehen habe, bestätigt.
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Die Beschwerdeführerin macht hingegen geltend, sie habe während dieser Zeit Anspruch auf Lohnfortzahlung wegen Krankheit. Die Betrachtungsweise der Vorinstanz sei geschlechterdiskriminierend, da die männlichen Arbeitnehmer nicht in eine Situation kämen, in welcher sie trotz ärztlich attestierter Krankheit ohne Lohnfortzahlung seien. Zudem verstosse diese Anordnung gegen das auch im öffentlichen Dienstrecht geltende Beschäftigungsverbot in den ersten acht Wochen nach der Niederkunft.
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Streitig ist, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf Lohnersatz für die acht Wochen und fünf Tage zwischen ihrer Niederkunft und dem Beginn der Mutterschaftsentschädigung bei Entlassung ihres Kindes aus dem Spital hat. Nicht streitig ist hingegen, dass sie die Voraussetzungen für den Aufschub der Mutterschaftsentschädigung erfüllt.
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Erwägung 4 | |
4.1. Der Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht nach Art. 49 Abs. 1 BV schliesst in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend regelt, eine Rechtssetzung durch die Kantone aus. In Sachgebieten, die das Bundesrecht nicht abschliessend ordnet, dürfen die Kantone nur Vorschriften erlassen, die nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht beeinträchtigen oder vereiteln. Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts kann als verfassungsmässiges Individualrecht angerufen werden. Das Bundesgericht prüft mit freier Kognition, ob die kantonale Norm mit dem Bundesrecht im Einklang steht (BGE 138 I 468 E. 2.3.1 S. 470 f.; 356 E. 5.4.2 S. 360 f.; 137 I 31 E. 4.1 S. 41).
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4.2. Das Gebot der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) ist verletzt, wenn ein Erlass hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn er Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Gleiches muss nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt werden. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich beantwortet werden, je nach den herrschenden Anschauungen und Verhältnissen. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiter Gestaltungsspielraum (BGE 138 I 225 E. 3.6.1 S. 229; 137 I 167 E. 3.5 S. 175; 136 I 1 E. 4.1 S. 5).
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4.3. Nach Art. 16c Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft (Erwerbsersatzgesetz, EOG; SR 834.1) beginnt der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung am Tag der Niederkunft. Bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen kann die Mutter beantragen, dass die Mutterschaftsentschädigung erst ausgerichtet wird, wenn das Kind nach Hause kommt (Art. 16c Abs. 2 EOG). Der Beginn des Entschädigungsanspruchs wird nach Art. 24 Abs. 1 der Verordnung vom 24. November 2004 zum Erwerbsersatzgesetz (EOV; SR 834.11) aufgeschoben, wenn die Mutter den Antrag nach Art. 16c Abs. 2 EOG stellt (lit. a) und durch ein Arztzeugnis nachgewiesen wird, dass das Neugeborene kurz nach der Geburt mindestens drei Wochen im Spital verbleiben muss (lit. b). Der Aufschub beginnt mit dem Tag der Geburt und endet am Tag, an welchem das Neugeborene zur Mutter zurückkehrt oder stirbt (Art. 24 Abs. 2 EOV).
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4.4. Art. 35a Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG; SR 822.11) hält fest, dass Wöchnerinnen während acht Wochen nach der Niederkunft nicht und danach bis zur 16. Woche nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden dürfen.
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4.5. Nach § 20 Abs. 1 der Verordnung des Grossen Rates des Kantons Thurgau vom 18. November 1998 über die Besoldung des Staatspersonals (Besoldungsverordnung, BesVO; RB 177.22) haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall während zwölf Monaten Anspruch auf den vollen Lohn, anschliessend während weiterer zwölf Monate auf 80 % der bisherigen Besoldung. Gemäss § 33 Abs. 1 der Verordnung des Thurgauer Regierungsrates vom 21. September 1999 zur Besoldungsverordnung (RRVBesVO; RB 177.223) ist bei einer Abwesenheit infolge Krankheit und Unfall von mehr als fünf Tagen in der Regel ein Arztzeugnis vorzulegen.
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§ 22 Abs. 1 BesVO statuiert für Mitarbeiterinnen, welche die Voraussetzungen für die Mutterschaftsentschädigung gemäss EOG erfüllen, den Anspruch auf 16 Wochen Urlaub bei voller Besoldung gemäss dem Beschäftigungsgrad vor der Niederkunft. Der Urlaub beginnt in der Regel zwei Wochen vor dem ärztlich bestimmten Niederkunftstermin (Abs. 2). Der Regierungsrat regelt nach Abs. 3 Ziff. 2 den Beginn des Urlaubs in besonderen Fällen, etwa bei Niederkunft vor oder nach dem errechneten Termin.
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Gestützt auf § 22 Abs. 3 BesVO hat der Regierungsrat in § 39a Abs. 3 RRVBesVO festgehalten, dass der bezahlte Urlaub unterbrochen und für diese Zeit unbezahlter Urlaub gewährt wird, wenn eine Mitarbeiterin den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung nach EOG wegen längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen aufschiebt.
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Erwägung 5 | |
5.1. Sinn und Zweck des Mutterschaftsurlaubs ist es, dass sich die Mutter von Schwangerschaft und Niederkunft erholen kann und ihr die nötige Zeit eingeräumt wird, sich in den ersten Monaten intensiv um ihr Kind zu kümmern, ohne dabei in finanzielle Bedrängnis zu kommen (Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 3. Oktober 2002 [Bericht Komm. NR], BBl 2002 7522, 7545 Art. 16c sowie Protokoll der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 3. Oktober 2002 S. 6; vgl. auch Stéphanie Perrenoud, La protection de la maternité, 2015, S. 1113 f. mit Hinweisen). Zugleich soll damit auch eine Entlastung der Arbeitgeber sowie eine Verbesserung der Chancen von jungen Frauen auf dem Arbeitsmarkt erreicht werden (Perrenoud, a.a.O., S. 1114 mit Hinweis; Streiff/von Kaenel/Rudolph, Arbeitsvertrag, 7. Aufl. 2012, N. 16 zu Art. 342a/b OR).
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5.2. Nach kantonalem Personalrecht haben Angestellte des Kantons Thurgau während eines Jahres Anspruch auf vollen Lohnersatz bei ärztlich attestierter gesundheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, sei dies infolge Unfalls oder infolge einer Krankheit (vgl. E. 4.5). Gestützt auf die kantonalrechtlichen Bestimmungen haben hingegen Mütter, welche nach der Niederkunft infolge Hospitalisation des Neugeborenen den Bezug der Mutterschaftsentschädigung aufgeschoben haben, keinen Anspruch auf Lohnersatz, sondern sind für die Zeit zwischen Niederkunft und Entlassung des Neugeborenen aus dem Spital gezwungen, unbezahlten Urlaub zu beziehen (E. 4.5). Im hier strittigen Fall soll dies auch gelten, obwohl die Beschwerdeführerin im Rahmen der mehr als zwei Monate vor dem errechneten Termin erfolgten Geburt für insgesamt 14 Tage hospitalisiert und danach gemäss ärztlichem Attest während mehrerer Wochen arbeitsunfähig war. Dadurch wird die gesundheitlich bedingte Arbeitsunfähigkeit mit Lohnfortzahlungspflicht nicht anerkannt. Dies kommt einer Ungleichbehandlung mit jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kantons gleich, welche aus gesundheitlichen Gründen infolge Unfalls oder Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert sind und vollen Lohnersatz erhalten. Zu prüfen ist, ob diese Ungleichbehandlung vor Bundesrecht standhält.
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5.3. Im Allgemeinen tritt die gesundheitliche Arbeitsunfähigkeit als Folge einer Krankheit oder eines Unfalles ein (§ 20 Abs. 1 BesVO). Bei der Beschwerdeführerin hingegen war die Niederkunft ursächlich (§ 22 BesVO). Beiden Konstellationen ist gemeinsam, dass die Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung auf gesundheitlichen Gründen beruht. Es gibt keinen sachlichen Grund, einer Arbeitnehmerin, welche aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, zu arbeiten, den Lohnersatz zu verwehren, bloss weil der Grund der gesundheitlich bedingten Arbeitsunfähigkeit im Nachgang zu einer Geburt und nicht als Folge einer Krankheit oder eines Unfalles eintritt. Dies muss umso mehr gelten, als in der Regel von Gesetzes wegen die Arbeitsaufnahme nach der Niederkunft während acht Wochen verboten ist (Art. 35a Abs. 3 ArG). Ob dies auch im vorliegenden Fall zutrifft (vgl. Personalhandbuch Kanton Thurgau, Schwangerschaft und Mutterschaft, S. 1 und S. 10; vgl. E. 4.1 des vorinstanzlichen Entscheids), kann offenbleiben, da die Ungleichbehandlung so oder anders unrechtmässig ist.
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5.4. Daran ändert auch die Absicht des Bundesgesetzgebers, die Arbeitgeber durch die Mutterschaftsentschädigung zu entlasten, nichts. Der eigentliche Zweck der Mutterschaftsentschädigung, den Müttern die Zeit für die Erholung von der Geburt und die intensive Betreuung des Neugeborenen in den ersten Monaten finanziell abzusichern, geht vor. Überdies ist die Anzahl Fälle, bei welchen ein Aufschub und demnach ein Lohnersatz zu Lasten des Arbeitgebers überhaupt in Frage kommt, angesichts der restriktiven Voraussetzungen von Art. 16c Abs. 2 EOG gering (mindestens dreiwöchiger Spitalaufenthalt des Kindes; vgl. Bericht des Bundesrates vom 28. April 2016 als Antwort auf die Postulate 10.3523 Maury Pasquier vom 17. Juni 2010 und 10.4125 Teuscher vom 17. Dezember 2010, S. 15 f.). Weiter ist nicht ausser Acht zu lassen, dass auf Bundesebene Bestrebungen im Gange sind, die Lohnfortzahlung in Fällen des Aufschubs nach Art. 16c Abs. 2 EOG explizit in jedem Fall sicherzustellen (vgl. Bericht des Bundesrates vom 28. April 2016). Zudem hat die Rechtsprechung in Fällen des Aufschubs nach Art. 16c Abs. 2 EOG bei dem Arbeitsrecht des OR unterstellten Frauen eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers (insbesondere gestützt auf die gesetzliche Pflicht der Eltern zur Betreuung ihres Kindes) bejaht (einlässlich Roger Rudolph, Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bei Aufschub der Mutterschaftsentschädigung infolge Spitalaufenthalt des neugeborenen Kindes, ARV 2013 235 ff.; in diesem Sinne auch bereits der Entscheid des Genfer Appellationsgerichts in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten vom 17. Oktober 2008, publiziert in JAR 2009 S. 522 ff.). Auch ist sich die herrschende Lehre einig, dass in diesen Fällen ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht (vgl. etwa Streiff/von Kaenel/Rudolph, a.a.O., N. 16 zu Art. 324a/b OR; Jürg Brühwiler, Einzelarbeitsvertrag, 3. Aufl. 2014, N. 22 zu Art. 324a OR S. 185 und N. 3 zu Art. 329f OR S. 279; Portmann/Rudolph, Basler Kommentar, Obligationenrecht, Band I, 6. Aufl. 2015, N. 41 zu Art. 324a OR und N. 5 zu Art. 329f OR; Rudolph, a.a.O., S. 239 mit Hinweisen; Sabine Steiger-Sackmann, in: Steiger-Sackmann/Mosimann [Hrsg.], Recht der Sozialen Sicherheit, 2014, Rz. 32.73; Perrenoud, a.a.O., S. 1153 ff. und S. 1349; a.M. wohl Frank Emmel, in: Huguenin/Müller-Chen [Hrsg.], Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Vertragsverhältnisse Teil 2, 3. Aufl. 2016, N. 1 zu Art. 329f OR; vgl. auch Jean-Michel Duc, L'allocation de maternité et la coordination avec les autres prestations des assurances, AJP 2005 S. 1010 f.). Diese Bestrebungen stehen denn auch in Einklang mit der verfassungsrechtlichen Grundlage für die Mutterschaftsentschädigung (Art. 116 Abs. 3 BV), wonach die wirtschaftlichen sprich finanziellen Folgen von Mutterschaft abgesichert werden sollen (vgl. etwa Bericht des Bundesrates vom 28. April 2016 S. 3 sowie Gächter/Filippo, Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 22 ff. zu Art. 116 BV).
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5.5. Ob diese Ungleichbehandlung allein genügt, um in allen Fällen des Aufschubs des Mutterschaftsurlaubs nach Art. 16c Abs. 2 EOG einen Anspruch auf Lohnersatz zu begründen, kann offenbleiben, wie sich aus der nachfolgenden Erwägung ergibt.
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Erwägung 6 | |
6.1. Die freie Wahl der Mütter, vom bundesrechtlich vorgesehenen Aufschub der Mutterschaftsentschädigung nach Art. 16c Abs. 2 EOG Gebrauch zu machen, wird durch die thurgauische Regelung wesentlich beeinträchtigt. Sie könnten aus finanziellen Gründen gezwungen sein, sich trotz Erfüllung der restriktiven Voraussetzungen von Art. 16c Abs. 2 EOG gegen einen Aufschub zu entscheiden. Damit aber wird die Erreichung des von Art. 16c Abs. 2 EOG verfolgten Zwecks, der Mutter die Möglichkeit zu geben, sich in den ersten Monaten zu Hause selbst intensiv um das Kind kümmern zu können (vgl. etwa Bericht Komm. NR, BBl 2002 7522, 7545 zu Art. 16c), wesentlich erschwert oder gar aus finanziellen Überlegungen verunmöglicht. Der kantonalrechtlich vorgesehene zwangsweise Bezug von unbezahltem Urlaub für die Zeit zwischen Niederkunft und aufgeschobenem Beginn der Mutterschaftsentschädigung infolge Hospitalisation des Kindes ist umso stossender, als eine Mutter, auch wenn sie bei bester Gesundheit ist und arbeiten könnte, dies in der Regel in den ersten acht Wochen nach der Geburt nicht tun darf (Art. 35a Abs. 3 ArG) und durch eine vorzeitige Arbeitsaufnahme ihren Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung erst noch verwirkt (Art. 16d Satz 2 EOG; BGE 139 V 250; vgl. auch Streiff/von Kaenel/Rudolph, a.a.O., N. 7 zu Art. 329f OR). Eine tatsächlich freie Wahl ist unter diesen Umständen nicht gewährleistet.
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6.2. Damit erweist sich die kantonale Regelung insofern als bundesrechtswidrig, als sie die Verwirklichung des Bundesrechts übermässig erschwert oder verhindert (Art. 49 Abs. 1 BV; vgl. auch Bernhard Waldmann, Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 20 zu Art. 49 BV und Alexander Ruch, St. Galler Kommentar, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, N. 17 zu Art. 49 BV). Daran ändert nichts, dass auch andere Kantone eine ähnliche Lösung in ihrem Personalrecht vorgesehen haben (vgl. dazu den Anhang zum Bericht des Bundesrates vom 28. April 2016, S. 44 ff.).
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Erwägung 7 | |
7.1. Im vorliegenden Fall ist die Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin nach ihrer Niederkunft eingetreten und durch ärztliche Atteste ausgewiesen. Im Rahmen der Gleichbehandlung mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kantons, welche aus gesundheitlichen Gründen infolge eines Unfalles oder einer Krankheit arbeitsunfähig sind und vollen Lohnersatz erhalten, und unter Beachtung des Vorranges von Bundesrecht hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf vollen Lohnersatz zu Lasten ihres Arbeitgebers.
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7.2. Da sich die Lohnfortzahlungspflicht bereits aus den genannten Gründen ergibt, erübrigt sich eine Prüfung des Falles unter dem Aspekt der Geschlechtergleichbehandlung wie es die Beschwerdeführerin geltend macht. Ebenfalls braucht nicht geprüft zu werden, ob bei Aufschub der Mutterschaftsentschädigung auch ohne persönliche Arbeitsunfähigkeit der Mutter gestützt auf die elterliche Betreuungspflicht Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht (vgl. E. 5.4).
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8. Das Verfahren ist kostenpflichtig. Das unterliegende AWA hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen. Die Entscheide des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 25. November 2015 und der Personalrekurskommission des Kantons Thurgau vom 20. Februar 2015 sowie die Verfügung des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Thurgau vom 10. September 2014 werden aufgehoben und es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf vollen Lohnersatz für die Zeit vom 1. September bis 31. Oktober 2014 hat.
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2. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
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4. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Personalrekurskommission des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
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Luzern, 11. August 2016
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Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Maillard
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Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold
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