BGer 1B_317/2016 | |||
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BGer 1B_317/2016 vom 27.09.2016 | |
{T 0/2}
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1B_317/2016
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Urteil vom 27. September 2016 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Merkli, Karlen,
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Gerichtsschreiber Stohner.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm, Untere Grabenstrasse 32, 4800 Zofingen.
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Gegenstand
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Strafverfahren; Sicherheitsleistung,
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Beschwerde gegen die Verfügung vom 10. August 2016 des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Verfahrensleiter.
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Sachverhalt: |
A. | |
A.________ richtete mit Datum vom 22. Mai 2016 eine Anzeige an die Kantonspolizei Aargau, Polizeikommando, gegen den Gemeinderat von Reinach.
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Am 8. Juni 2016 verfügte die Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO (SR 312.0) die Nichtanhandnahme. Diese Verfügung wurde durch die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau am 4. Juli 2016 genehmigt. Am 25. Juli 2016 erhob A.________ gegen die Nichtanhandnahme Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau und ersuchte um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
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Am 10. August 2016 verfügte das Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Verfahrensleiter, dass A.________ innert 10 Tagen ab Zustellung dieser Verfügung für allfällige Kosten eine Sicherheit von Fr. 800.-- zu leisten habe (Art. 383 Abs. 1 StPO). Werde die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet, werde auf die Beschwerde nicht eingetreten (Art. 383 Abs. 2 StPO).
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B. | |
Mit Eingabe vom 24. August 2016 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht. Er beantragt, die Verfügung vom 10. August 2016 sei aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, ihm die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. Eventuell sei die Angelegenheit zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Des Weiteren ersucht A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
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Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht verzichten auf Vernehmlassungen.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Die angefochtene Verfügung vom 10. August 2016 ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Strafsache. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen offen (Art. 78 Abs. 1 und Art. 80 BGG). Es handelt sich um einen Zwischenentscheid, gegen den die Beschwerde unter anderem dann zulässig ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG).
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Die Auferlegung einer Prozesskostensicherheit unter der Androhung, bei Säumnis auf das Rechtsmittel nicht einzutreten, kann in der Regel einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur bewirken, weil dem Betroffenen, der nicht in der Lage ist, die Sicherheit fristgerecht zu leisten, der (endgültige) Prozessverlust droht (Urteile 1B_196/2014 vom 8. Juli 2014 E. 1.2 und 1B_324/2014 vom 17. Dezember 2014 E. 1.2).
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1.2. Die Beschwerde in Strafsachen erfordert gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG ein rechtlich geschütztes Interesse. Der Beschwerdeführer leitet seine Beschwerdelegitimation aus seiner Beteiligung am vorinstanzlichen Verfahren als damaliger Beschwerdeführer bzw. aus seiner Rechtsstellung als potenzieller Privatkläger und damit aus Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG ab. Auf die materiellrechtliche Stellung des Beschwerdeführers im Strafverfahren braucht nicht weiter eingegangen zu werden. Er kann jedenfalls unabhängig von seiner Legitimation in der Sache vor Bundesgericht geltend machen, im vorinstanzlichen Verfahren in seinen Parteirechten verletzt worden zu sein, soweit er wie hier auf diesem Weg keine (indirekte) Überprüfung des Entscheids in der Hauptsache zu erwirken sucht (BGE 138 IV 78 E. 1.3 S. 79 f.; Urteil 1B_324/2014 vom 17. Dezember 2014 E. 1.3). Das Beschwerderecht ist insofern gegeben.
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Erwägung 2 | |
2.1. Der Beschwerdeführer erachtet die Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit als rechtswidrig und damit Art. 383 StPO als verletzt.
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2.2. Gemäss Art. 383 StPO kann die Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz die Privatklägerschaft verpflichten, innert einer Frist für allfällige Kosten und Entschädigungen Sicherheit zu leisten. Art. 136 StPO bleibt vorbehalten (Abs. 1). Wird die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet, so tritt die Rechtsmittelinstanz auf das Rechtsmittel nicht ein (Abs. 2). Nach Art. 136 StPO gewährt die Verfahrensleitung der Privatklägerschaft für die Durchsetzung ihrer Zivilansprüche ganz oder teilweise die unentgeltliche Rechtspflege, wenn die Privatklägerschaft nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (Abs. 1 lit. a) und die Zivilklage nicht aussichtslos erscheint (Abs. 1 lit. b). Die unentgeltliche Rechtspflege umfasst insbesondere die Befreiung von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen (Abs. 2 lit. a).
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2.3. In Art. 383 Abs. 1 Satz 2 StPO wird somit Art. 136 StPO ausdrücklich vorbehalten, welcher bei gegebenen Voraussetzungen von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen befreit. Die Privatklägerschaft kann mithin nur dann zu einer Sicherheitsleistung verpflichtet werden, wenn die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege nicht erfüllt sind. Wird ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt, so ist über dieses vor oder zumindest gleichzeitig mit dem Erlass der Verfügung betreffend Prozesskostensicherheit zu entscheiden. Nur wenn das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen wird, kommt die Einforderung einer Prozesskaution in Betracht (vgl. zum Ganzen auch Urteil 1B_340/2015 vom 24. November 2015 E. 1.2).
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2.4. Im zu beurteilenden Fall hat die Vorinstanz eine Prozesskostensicherheit verfügt, obwohl sie noch nicht über das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege entschieden hat. Dieses Vorgehen verletzt nach dem Gesagten Art. 383 Abs. 1 StPO. Die Verpflichtung zur Bezahlung einer Sicherheitsleistung erweist sich als bundesrechtswidrig, weshalb die angefochtene Verfügung aufzuheben ist. Eine Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz erübrigt sich, da die Beschwerde des Beschwerdeführers und dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege vom 25. Juli 2016 ohnehin vor der Vorinstanz hängig sind.
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Erwägung 3 | |
Die Beschwerde ist gutzuheissen und die angefochtene Verfügung des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Verfahrensleiter, vom 10. August 2016 aufzuheben.
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Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos. Da der Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten ist, steht ihm keine Parteientschädigungen zu (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG; vgl. BGE 133 III 439 E. 4 S. 446; Urteil 1B_169/2015 vom 6. November 2015 E. 4, nicht publ. in: BGE 141 I 211).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und die angefochtene Verfügung des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Verfahrensleiter, vom 10. August 2016 aufgehoben.
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2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
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4. Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Verfahrensleiter, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 27. September 2016
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Der Gerichtsschreiber: Stohner
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