BGer 1C_205/2016 | |||
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BGer 1C_205/2016 vom 10.11.2016 | |
{T 0/2}
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1C_205/2016
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Urteil vom 10. November 2016 |
I. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
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Bundesrichter Merkli, Karlen,
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Gerichtsschreiberin Gerber.
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Verfahrensbeteiligte | |
A. A.________ und B. A.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Spahr,
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gegen
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C. C.________ und D. C.________,
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Beschwerdegegner,
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beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Brauchli,
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Politische Gemeinde Güttingen, 8594 Güttingen, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Dufner,
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Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau, Verwaltungsgebäude, Promenade, Postfach, 8510 Frauenfeld.
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Gegenstand
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Zonenplanänderung,
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Beschwerde gegen das Urteil vom 24. Februar 2016
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des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau.
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Sachverhalt: | |
A. Die Politische Gemeinde Güttingen revidierte 2011 ihre Ortsplanung. Während der öffentlichen Auflage erhoben A.A.________ und B.A.________, Eigentümer der Liegenschaft Nr. 461, Einsprache und verlangten, die Richtplanfläche auf der Liegenschaft Nr. 461 sei von der Landwirtschaftszone in die Wohn- und Gewerbezone WG3 einzuzonen. Die Einsprache wurde abgewiesen und die Zonenplanung ohne die verlangte Einzonung beschlossen.
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Das Departement für Bau und Umwelt (DBU) des Kantons Thurgau wies den Rekurs von A.A.________ und B.A.________ ab. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Thurgauer Verwaltungsgericht am 5. September 2012 gut und wies die Sache an die Gemeinde zurück, um im Sinne der Erwägungen den Teil der Liegenschaft Nr. 461, der gemäss Richtplan zum Siedlungsgebiet gehöre und auf dem bereits Gebäude erstellt wurden (ohne Remise), einer geeigneten Bauzone zuzuweisen.
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B. Die Gemeinde arbeitete daraufhin eine Zonenplanänderung aus, welche die entsprechenden Teile der Liegenschaft Nr. 461 teilweise der WG2 und teilweise der Gewerbezone G zuwies. Der Rest der Parzelle wurde in der Landwirtschaftszone bzw. der Landschaftsschutzzone belassen.
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Am 24. September 2013 erhoben C.C.________ und D.C.________ Einsprache. Sie machten geltend, sie führten auf der Parzelle Nr. 461 einen Landwirtschaftsbetrieb; durch die geplante Zonenänderung werde ihrem Betrieb die Existenzgrundlage entzogen. Sie hätten von vorangegangenen Rechtsmittelverfahren keine Kenntnis gehabt und könnten sich daher erst jetzt gegen die geplante Einzonung des Geländes wehren. Der Gemeinderat wies ihre Einsprache am 19. November 2013 ab.
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Gegen die Zonenplanänderung wurde das Referendum ergriffen. Am 21. Januar 2014 lehnte die Gemeindeversammlung die projektierte Zonenplanänderung ab.
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C. Gegen den Gemeindeversammlungsbeschluss erhoben A.A.________ und B.A.________ Rekurs beim DBU. C.C.________ und D.C.________ wurden als Drittbeteiligte zum Verfahren zugelassen. Am 23. Februar 2015 hiess das DBU den Rekurs gut und wies das Betriebsareal auf Parzelle Nr. 461 entsprechend der vom 6. bis 25. September 2013 öffentlich aufgelegten Zonenplanänderung "X.________" teils der WG2 und teils der Gewerbezone zu.
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D. Dagegen führte die Gemeinde Güttingen Beschwerde beim Verwaltungsgericht Thurgau. Dieses hiess die Beschwerde am 24. Februar 2016 gut, soweit es darauf eintrat, und hob den Rekursentscheid des DBU auf.
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E. Am 3. Mai 2016 haben A.A.________ und B.A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, der verwaltungsgerichtliche Entscheid sei aufzuheben. Es sei festzustellen, dass C.C.________ und D.C.________ nicht zur Verfahrensbeteiligung legitimiert seien und ihnen die Vorinstanz zu Unrecht eine Parteientschädigung für das Beschwerdeverfahren zugesprochen habe. Im Sinn des Entscheids des DBU vom 25. März 2015 sei festzustellen, dass das Betriebsareal auf Parzelle Nr. 461 entsprechend der vom 6. bis 25. September 2013 öffentlich aufgelegten Zonenplanänderung "X.________" der WG2 bzw. der Gewerbezone G zugewiesen werde und dass die Zonenplanänderung im Sinne von Ziff. 4 des Departementsentscheids genehmigt sei.
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Eventualiter sei die Sache ans DBU zurückzuweisen mit der Verpflichtung, die Genehmigung zu erteilen, sobald der neue Richtplan des Kantons Thurgau durch den Bundesrat genehmigt und das Einzonungsmoratorium aufgehoben worden sei. Subeventualiter sei die Sache an die Gemeinde zurückzuweisen mit der Verpflichtung, spätestens innert einem Monat nach Genehmigung des Richtplans des Kantons Thurgau durch den Bundesrat die ursprüngliche Zonenplanänderung "X.________" gemäss Plan Nr. 1185.10 vom 8. September 2012 erneut öffentlich aufzulegen und das Einzonungsverfahren ohne weitere Verzögerungen durchzuführen.
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F. C.C.________ und D.C.________ (im Folgenden: die privaten Beschwerdegegner) und die Gemeinde Güttingen beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das DBU hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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G. Die Beschwerdeführer halten in ihrer Replik vom 15. September 2016 an ihren Anträgen und Ausführungen fest.
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Erwägungen: | |
1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid des Verwaltungsgerichts, der die vom DBU angeordnete Einzonung von Teilen der Liegenschaft Nr. 461 aufhebt.
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1.1. Näher zu prüfen ist, ob es sich um einen End- oder einen Zwischenentscheid handelt.
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Das Verwaltungsgericht führte (in E. 5.4) aus, die Gemeinde werde dereinst, nach Inkrafttreten des revidierten kantonalen Richtplans, ihre Nutzungsplanung im Lichte von Art. 38a und Art. 15 RPG neu überprüfen müssen; die Beschwerdeführer hätten dann die Möglichkeit, ihr Einzonungsgesuch erneut zu stellen bzw. auf den Entscheid VG.2012.56/E vom 5. September 2012 hinzuweisen und dannzumal die Einzonung des streitbetroffenen Teils der Liegenschaft Nr. 461 zu beantragen. Diese Ausführungen sind mehrdeutig: Muss ein neues Einzonungsgesuch gestellt werden, so wäre das bisherige Verfahren abgeschlossen; ist dagegen der Entscheid vom 5. September 2012 weiter massgeblich, spricht dies für die Fortsetzung des bisherigen Verfahrens, d.h. es läge noch kein verfahrensabschliessender Endentscheid vor.
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Den übrigen Erwägungen des Verwaltungsgerichts (insbesondere E. 4.3.2) lässt sich jedoch entnehmen, dass der Entscheid von 2012, der ohne Mitwirkung der privaten Beschwerdegegner ergangen war, den Beschwerdeführern keinen Anspruch auf Einzonung verschaffe. Insofern wurde das Urteil von 2012 wenn nicht ersatzlos aufgehoben (wie die Beschwerdeführer geltend machen), so doch in seiner Tragweite erheblich relativiert, weil auch die Grundsatzfrage, ob die Parzelle Nr. 461 überhaupt einer Bauzone zugewiesen werden soll, wieder offen ist. Unter diesen Umständen erscheint es gerechtfertigt, den angefochtenen Entscheid prozessual als Endentscheid zu qualifizieren, gegen den unmittelbar Beschwerde ans Bundesgericht erhoben werden kann.
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1.2. Die Beschwerdeführer stellen verschiedene Feststellungsanträge, ohne ihr Feststellungsinteresse näher darzulegen. Auf die Zulässigkeit dieser Anträge braucht aber nur näher eingegangen zu werden, wenn die Beschwerde (ganz oder teilweise) gutzuheissen wäre. Mit diesem Vorbehalt ist auf die Beschwerde einzutreten.
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2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens - gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht) prüft es dagegen nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und genügend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen).
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Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
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Die Beschwerdeführer beantragen einen Augenschein des Bundesgerichts zur Frage, ob der streitige Parzellenteil zum weitgehend überbauten Gebiet im Sinne von aArt. 15 RPG gehört, wie vom Verwaltungsgericht im ersten Urteil vom 5. September 2012 angenommen. Es ist aber nicht ersichtlich, inwiefern diese Frage im vorliegenden Verfahren eine Rolle spielt: Die Beschwerdeführer betonen vielmehr selbst, dass nur die Verbindlichkeit des ersten Urteils streitig sei, dessen inhaltliche Richtigkeit (nach damaligem Recht) aber nicht zu überprüfen sei (z.B. Replik Rz. 3 und 23 ff.).
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3. Die Beschwerdeführer bestreiten zunächst die Legitimation der privaten Beschwerdegegner zur Beteiligung am kantonalen Rekurs- und Beschwerdeverfahren.
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3.1. Sie machen geltend, die beantragte Einzonung würde die obligatorischen Nutzungsrechte der Beschwerdegegner nicht beschränken: Deren allfällige (von den Beschwerdeführern im Übrigen nicht anerkannten) Rechte als Mieter oder Pächter würden durch die Einzonung nicht beschränkt; insbesondere bleibe der landwirtschaftliche Betrieb auch nach der Umzonung noch zonenkonform oder könne sich zumindest auf die Bestandesgarantie berufen, wie die Gemeinde in ihrer Botschaft zur Gemeindeversammlung bestätigt habe. Im Übrigen hätten die Beschwerdegegner den abweisenden Einspracheentscheid vom 21. November 2013 nicht angefochten, sondern in Rechtskraft erwachsen lassen. Es sei daher willkürlich gewesen, ihnen durch die Beteiligung am Rekurs- und Beschwerdeverfahren gegen den Gemeindeversammlungsbeschluss vom 21. Januar 2014 "durch die Hintertür" erneut die Möglichkeit einzuräumen, den Einzonungsanspruch in Frage zu stellen.
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3.2. Die privaten Beschwerdegegner machen dagegen geltend, die Parzelle Nr. 461 bilde die Grundlage ihres Landwirtschaftsbetriebs, weshalb sie von deren Einzonung geradezu existentiell betroffen seien. Sie hätten anfänglich zusammen mit den Beschwerdeführern eine Betriebszweiggemeinschaft gebildet; seit deren Aufkündigung durch die Beschwerdeführer führten sie den Betrieb allein; zurzeit würden 160 Stück Vieh in den Stallungen auf Parzelle Nr. 461 gehalten. Die Beschwerdeführer versuchten mit allen erdenklichen Mitteln, sie vom Hof zu vertreiben, um das Grundstück einträglicher als Wohn- und Gewerbezone zu nutzen. In einer Bauzone sei ein Landwirtschaftsbetrieb unerwünscht; selbst wenn er dank der Bestandesgarantie theoretisch weitergeführt werden könnte, wären Nutzungskonflikte vorprogrammiert.
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3.3. Das DBU und das Verwaltungsgericht liessen die Beschwerdegegner gestützt auf § 8 Abs. 2 des Thurgauer Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 23. Februar 1981 (VRG/TG; RB 170.1) zum Rekurs- und Beschwerdeverfahren zu. Danach kann Dritten, deren Rechte und Pflichten voraussichtlich durch eine Verwaltungssache berührt werden, von Amtes wegen Gelegenheit geboten werden, sich am Verfahren zu beteiligen. Das Verwaltungsgericht führte aus, hierzu genüge - entsprechend der Regelung der allgemeinen Anfechtungsbefugnis in § 44 VRG/TG - ein schutzwürdiges Interesse tatsächlicher Natur. Praxisgemäss seien nicht nur dinglich Berechtigte, sondern auch Mieter oder Pächter rechtsmittelbefugt. Den Beschwerdegegnern stehe ein obligatorisches Nutzungsrecht an den Gebäuden im Bereich der projektierten Zonenplanänderung zu. Die streitige Einzonung könne durchaus Auswirkungen auf eine künftig mögliche Nutzung dieser Gebäude haben. Die Beschwerdegegner seien daher zur Einsprache legitimiert gewesen und hätten auch ein Rechtsschutzinteresse an allen nachfolgenden Rechtsmittelverfahren.
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3.4. Diese Erwägungen sind aus bundesrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
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Gemäss dem in den Akten liegenden Entscheid des Landwirtschaftsamts vom 26. Oktober 2012 wurde die in Ziff. 2 des Vertrags über die Errichtung einer Betriebszweiggemeinschaft vom 1. Mai 2000 getroffene Abmachung über die Weiternutzung der landwirtschaftlichen Gebäude als Mietvertrag anerkannt; ab 1. Mai 2013 werden die landwirtschaftlichen Nutztiere in den Stallungen auf Parzelle Nr. 461 dem Landwirtschaftsbetrieb der privaten Beschwerdegegner angerechnet.
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Auch wenn dieser Betrieb durch die projektierte Zonenplanänderung zonenkonform bleibt oder sich zumindest auf die Bestandesgarantie berufen kann, ist mit dem DBU (vgl. Rekursentscheid vom 23. Februar 2015 E. 2b) davon auszugehen, dass die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs dieser Grössenordnung in einer Bauzone planungsrechtlich nicht erwünscht ist. Insbesondere bei Tierhaltungsbetrieben kann es aufgrund der Immissionen zu Nutzungskonflikten kommen, die den langfristigen Bestand des Betriebs erschweren und Erweiterungen verunmöglichen. Es bestünde nach einer Einzonung auch keine Aussicht mehr auf eine spätere Verlängerung des Mietverhältnisses. Dies könnte zumindest den längerfristigen Bestand des Landwirtschaftsbetriebs der Beschwerdeführer gefährden.
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Nicht nachvollziehbar ist das Argument der Beschwerdeführer, es sei im Rekursverfahren nicht um raumplanungsrechtliche Interessen, sondern ausschliesslich um die Rechtmässigkeit eines Beschlusses der Gemeindeversammlung gegangen: Mit ihrem Rekurs beantragten (und erreichten) die Beschwerdeführer die Zuweisung der Parzelle Nr. 461 zur Gewerbezone bzw. zur WG2 und damit die von den Beschwerdegegnern bekämpfte Zonenplanänderung.
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3.5. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer hatten die Beschwerdegegner ihre Beteiligungsrechte auch nicht verwirkt.
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Es ist unstreitig, dass sie keine Kenntnis vom Rekursverfahren 2012 hatten und ihnen damals keine Gelegenheit gegeben wurde, sich am Verfahren zu beteiligen. Sie erhoben fristgerecht Einsprache gegen die 2013 erstmals öffentlich aufgelegte Zonenplanänderung. Diese Einsprache wurde vom Gemeinderat abgewiesen; gemäss Rechtsmittelbelehrung begann die Rekursfrist aber erst mit dem Beschluss der Gemeindeversammlung vom 21. Januar 2014 über die "Zonenplanänderung X.________" zu laufen. Damit durften - und mussten - die Beschwerdegegner bis zum Entscheid der Gemeindeversammlung zuwarten. Nachdem diese die Zonenplanänderung abgelehnt hatte, waren die Beschwerdegegner nicht mehr beschwert. Es ist nicht ersichtlich und wird von den Beschwerdeführern auch nicht dargelegt, weshalb sie dennoch Rekurs gegen den (gegenstandslos gewordenen) Einspracheentscheid hätten erheben müssen.
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Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, wenn die kantonalen Instanzen die Beschwerdegegner am Rekurs- und Beschwerdeverfahren beteiligt haben.
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4. Materiell ist vor allem die Tragweite des Rückweisungsentscheids vom 5. September 2012 streitig.
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4.1. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dieser Rückweisungsentscheid habe nicht abschliessend über die Zonierung der Parzelle entschieden und sei deshalb als Zwischenentscheid zu qualifizieren. Die Gemeinde habe somit neu über die ihr richtig erscheinende Zonierung entscheiden müssen. Dabei habe sie § 31 Abs. 4 PBG/TG beachten müssen, wonach das Auflageverfahren in Planungsangelegenheit zu wiederholen sei, wenn die Gutheissung einer Einsprache erhebliche Änderungen des aufgelegten Plans bewirke. Damit solle das rechtliche Gehör aller von der Änderung betroffenen Personen gewahrt werden. Im Verfahren VG.2012.56 vor Verwaltungsgericht wäre dies nicht möglich gewesen, habe der Kreis der möglichen Betroffenen doch nicht festgestanden. Insofern sei die Rückweisung auch zur Gewährung des rechtlichen Gehörs nach § 31 Abs. 4 PBG/TG erfolgt. Erst im Anschluss daran habe beurteilt werden können, ob Einwände von bisher noch nicht gehörten Beteiligten dazu führen müssten, auf die Ein- oder Umzonung zu verzichten. Insofern sei auch über die Grundsatzfrage der Einzonung noch nicht abschliessend entschieden worden.
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4.2. Die Beschwerdeführer sind dagegen der Auffassung, das Urteil vom 5. September 2012 sei als End- oder zumindest als Teilentscheid zu qualifizieren, habe der Gemeinde doch kein Spielraum mehr zum "Ob" der Einzonung zugestanden, sondern nur noch zum "Wie", d.h. zur konkreten Zonierung (z.B. WG2 oder WG3). Es sei deshalb unzulässig gewesen, der Gemeindeversammlung die Möglichkeit einzuräumen, nochmals über die Grundsatzfrage zu entscheiden, ob die Fläche in der Landwirtschaftszone zu belassen oder einer Bauzone zuzuteilen sei. Der Nichteinzonungsbeschluss der Gemeindeversammlung vom 21. Januar 2014 missachte ein verbindliches Gerichtsurteil, verletze daher in eklatanter Weise das Gewaltenteilungsprinzip (§ 10 der Thurgauer Kantonsverfassung vom 16. März 1987 [KV; SR 131.228]) und stelle eine willkürliche Überschreitung der Gemeindeautonomie (§ 59 Abs. 1 KV) dar.
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Das Verwaltungsgericht habe seinerseits willkürlich entschieden, indem es dieses Verhalten der Gemeinde im angefochtenen Entscheid geschützt habe.
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4.3. Die Beschwerdegegner halten dem entgegen, die Beschwerdeführer hätten 2012 hinter ihrem Rücken und mit falschen Angaben die Zonenplanänderung betrieben; ihnen sei keine Gelegenheit gegeben worden, sich am ersten Rechtsmittelverfahren zu beteiligen. Wäre die Umwandlung von Landwirtschafts- in Bauland bereits verbindlich beschlossen worden, wie die Beschwerdeführer meinten, müsste das Urteil vom 5. September 2012 wegen krasser Verletzung des rechtlichen Gehörs als nichtig erachtet werden. Das Verwaltungsgericht habe stattdessen die Auffassung vertreten, die Wahrung des rechtlichen Gehörs sei schon damals für das Rückweisungsverfahren aufgeschoben worden. Dann aber habe im Rückweisungsverfahren auch über die Grundsatzfrage der Einzonung nochmals befunden werden müssen, da die Gewährung des rechtlichen Gehörs ansonsten zur Farce verkommen wäre.
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4.4. Die Gemeinde Güttingen ist ihrerseits der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe in seinem Rückweisungsentscheid (im Sinne eines Zwischenentscheids) die Zonenplanänderung der dafür gesetzlich zuständigen Gemeinde überlassen. Diese habe im Rahmen ihrer Kompetenzen und Autonomie sowie im dafür vorgesehenen demokratischen Prozess mittels Mehrheitsbeschluss die Ablehnung der Zonenplanänderung beschlossen. Dies sei Ausdruck der Gewaltenteilung und der Gemeindeautonomie und verletze diese Prinzipien nicht.
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4.5. Das ARE kommt aufgrund einer Analyse der raumplanungsrechtlichen Situation zum Ergebnis, dass schon nach altem Recht kein Anspruch der Beschwerdeführer auf Einzonung bestanden habe, weil es sich weder um weitgehend überbautes Gebiet handelt, noch eine parzellenscharfe Richtplanvorgabe bestanden habe. Unter diesen Umständen sei es der kommunalen Planungsbehörde nach Rückweisung der Sache jedenfalls erlaubt gewesen, über die Einzonungsfrage neu zu befinden und zu entscheiden.
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Erwägung 4.6 | |
4.6.1. Rückweisungsentscheide sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich Zwischenentscheide, es sei denn, der unteren Instanz, an die zurückgewiesen wird, verbleibe keinerlei Entscheidungsspielraum mehr (BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127 mit Hinweisen). Vorliegend wies das Urteil vom 5. September 2012 die Sache an die Gemeinde zurück, um einen Teil der Parzelle Nr. 461 einer geeigneten Bauzone zuzuweisen. Damit bestand zumindest hinsichtlich der Art der Bauzone noch ein Ermessensspielraum, weshalb es sich klarerweise um eine Zwischenentscheid handelte. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer wurde dies auch (in E. 4.3.1 des angefochtenen Entscheids) genügend begründet.
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4.6.2. Die Qualifikation als Zwischenentscheid bedeutet aber nur, dass der Rückweisungsentscheid nicht in Rechtskraft erwächst, sondern noch zusammen mit dem Endentscheid vor Bundesgericht angefochten werden kann (Art. 93 Abs. 3 BGG; vgl. z.B. Entscheid 1C_123/ 2015 vom 3. Juni 2015 E. 3 und 4). Dagegen sind Rückweisungsentscheide für das weitere Verfahren grundsätzlich verbindlich, und zwar sowohl für die erste Instanz, an welche die Sache zurückgewiesen wird, als auch im zweiten Umgang für das Gericht, das den Rückweisungsentscheid erlassen hat (zur vergleichbaren Bindungswirkung bundesgerichtlicher Rückweisungsentscheide vgl. BGE 135 III 334 E. 2 S. 335 ff. mit Hinweisen; HEIMGARTNER/WIPRÄCHTIGER, Basler Kommentar BGG, 2. Aufl. 2011, Art. 61 Rz. 26-28). Die sachliche Reichweite der Bindung ergibt sich aus Dispositiv und Begründung des Rückweisungsentscheids (vgl. z.B. Urteil 2C_570/2015 vom 20. Januar 2016 E. 1.2-1.8).
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4.6.3. Im Urteil vom 5. September 2012 hatte das Verwaltungsgericht die Weisung erteilt, dass ein (näher umschriebener) Teil der Parzelle Nr. 461 der Bauzone zuzuteilen sei; dies spricht für die Auffassung der Beschwerdeführer, dass der Gemeinde nur noch zum "Wie" ein Ermessen zustand (d.h. zur konkret vorzusehenden Bauzone).
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Dagegen ist dem Verwaltungsgericht zuzustimmen, dass den einspracheberechtigten Beschwerdegegnern das rechtliche Gehör gewährt werden musste, und zwar nicht nur zur Art der Bauzone, sondern auch zur Grundsatzfrage der Einzonung. Wie und in welchem Verfahren dies geschieht, bestimmt sich in erster Linie nach dem kantonalen Verfahrensrecht. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach dies im Einspracheverfahren nach § 31 Abs. 4 PBG/TG auf Gemeindestufe zu geschehen habe, lässt keine Willkür erkennen, sondern trägt dem Anspruch der Einsprecher auf Behandlung ihrer Einwände durch die zuständige Behörde Rechnung (vgl. Urteil 1C_442/2007 vom 21. April 2008 E 2.4, in: ZBl 111/2010 S. 339; RDAF 2011 I S. 400).
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Damit war es auch nicht willkürlich, den Rückweisungsentscheid in diesem Sinne auszulegen, d.h. die Weisung zur Einzonung bestimmter Teile der Parzelle Nr. 461 unter den (stillschweigenden) Vorbehalt zu stellen, dass nicht Einsprachen von bisher noch nicht gehörten Verfahrensbeteiligten den Verzicht auf die Einzonung erfordern.
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4.6.4. Die Beschwerdeführer kritisieren weiter, das rechtliche Gehör sei den Beschwerdegegnern lediglich im Einspracheverfahren vor dem Gemeinderat zu gewähren gewesen und nicht durch Zulassung des Referendums und Ablehnung der Zonenplanänderung an der Gemeindeversammlung. Nach der gesetzlichen Kompetenzordnung (§ 4 des Thurgauer Planungs- und Baugesetzes vom 21. Dezember 2011 [PBG/TG; RB 700]) hatte jedoch die Gemeindeversammlung als oberstes Gemeindeorgan die Möglichkeit, den Entscheid über eine Zonenplanänderung an sich zu ziehen und abweichend vom Einspracheentscheid des Gemeinderats zu entscheiden. An der Gemeindeversammlung wurde den Beschwerdeführern als Gesuchssteller wie auch den Beschwerdegegnern als Einsprecher Gelegenheit gegeben, ihre Standpunkte mündlich darzulegen. Im Ergebnis folgte die Gemeindeversammlung dem Antrag der Beschwerdegegner und korrigierte damit den Einspracheentscheid des Gemeinderats.
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4.7. Nach dem Gesagten durfte das Verwaltungsgericht willkürfrei die Bindungswirkung seines Urteils vom 5. September 2012 verneinen und einen erneuten Entscheid der Gemeinde über die Einzonungsfrage auf Einsprache der am Verfahren zuvor nicht beteiligten Beschwerdegegner für zulässig erklären.
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5. Zu prüfen sind noch die Rügen im Zusammenhang mit dem Einzonungsmoratorium.
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5.1. Die Beschwerdeführer machen geltend, zum Zeitpunkt des umstrittenen Gemeindeversammlungsbeschlusses sei Art. 38a Abs. 2 RPG noch nicht in Kraft gewesen. Das Einzonungsmoratorium dürfe nicht dazu führen, früher ergangene Urteile einfach ungeschehen zu machen. Vorliegend sei der Grundsatzentscheid zur Einzonung eines Teils von Parzelle Nr. 461 schon 2012 gefällt worden. Jedenfalls aber wäre das Verwaltungsgericht vor einem Verzicht auf die Umsetzung dieses Entscheids verpflichtet gewesen zu prüfen, ob und wie weit es mit der ab 1. Mai 2014 geltenden Rechtslage unvereinbar sei.
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5.2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist Art. 38a Abs. 2 RPG grundsätzlich auf alle Einzonungen anwendbar, über die am 1. Mai 2014 noch nicht kantonal letztinstanzlich entschieden war (BGE 141 II 393 E. 3 S. 399 f.). Vorliegend ergingen sowohl der Rekursentscheid des DBU als auch der angefochtene verwaltungsgerichtliche Entscheid nach Inkrafttreten der RPG-Revision vom 15. Juni 2012, (am 1. Mai 2014), weshalb dessen Übergangsbestimmungen zur Anwendung gelangen. Daran ändert der Zwischenentscheid vom 5. September 2012 nichts (zumal damit ohnehin noch nicht verbindlich über die Einzonungsfrage entschieden war).
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Das Verwaltungsgericht hätte die vom DBU angeordnete Einzonung daher allenfalls mit einer (vorgängig oder gleichzeitig beschlossenen) Kompensation durch Auszonung einer gleich grossen Fläche bestätigen bzw. wiederherstellen dürfen (Art. 52a Abs. 2 lit. a RPV). Da eine solche Kompensation unstreitig nicht erfolgt war, durfte es die Beschwerde der Gemeinde schon aus diesem Grund gutheissen, ohne materielle Prüfung des Gemeindeversammlungsbeschlusses.
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Die von den Beschwerdeführern verlangte Prüfung wäre vor Inkrafttreten des revidierten kantonalen Richtplans auch kaum möglich: Art. 38a Abs. 1 RPG setzt den Kantonen Frist für die Anpassung ihrer Richtplanung an die Anforderungen des revidierten RPG (revArt. 6, 8 und 8a RPG). Neu müssen die kantonalen Richtpläne Vorgaben zur Grösse des Siedlungsgebiets und seiner Verteilung im Kanton enthalten (Art. 8a lit. a RPG) und sicherstellen, dass die Bauzonen den Anforderungen von Art. 15 RPG entsprechen (lit. d). Bis dies geschehen ist, können die Bestimmungen des revArt. 15 RPG, welche auf die kantonale Richtplanung verweisen oder sie voraussetzen, nicht angewendet werden. Aus diesem Grund sieht Art. 38a Abs. 2 RPG während der Übergangszeit vor, dass die Fläche der rechtskräftig ausgeschiedenen Bauzonen im Kanton nicht vergrössert werden darf, um die Richtplanänderung bzw. die allenfalls gebotene Bauzonenredimensionierung nicht negativ zu präjudizieren (zur Publikation bestimmtes Urteil 1C_315/2015 vom 24. August 2016 E. 2.2).
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5.3. Es ist somit bundesrechtskonform, Parzelle Nr. 461 während der Übergangszeit in der Landwirtschaftszone zu belassen und über den Einzonungsantrag der Beschwerdeführer erst nach Genehmigung des revidierten kantonalen Richtplans zu entscheiden. Die Gemeinde wird dabei die neuen Richtplanvorgaben und das revidierte RPG zu berücksichtigen haben, ohne Bindung an die 2013 öffentlich aufgelegte Zonenplanänderung. Die Eventual- und Subeventualanträge der Beschwerdeführer auf Rückweisung an das DBU bzw. an die Gemeinde, um nach Ablauf des Einzonungsmoratoriums die Zonenplanänderung vom 8. Dezember 2012 zu genehmigen bzw. erneut öffentlich aufzulegen, sind daher ebenfalls abzuweisen.
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6. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.
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3. Die Beschwerdeführer haben C.C.________ und D.C.________ für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien, der Politischen Gemeinde Güttingen, dem Departement für Bau und Umwelt und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 10. November 2016
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Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Fonjallaz
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Die Gerichtsschreiberin: Gerber
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