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Informationen zum Dokument  BGer 2C_204/2016  Materielle Begründung
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BGer 2C_204/2016 vom 09.12.2016
 
{T 0/2}
 
2C_204/2016
 
 
Urteil vom 9. Dezember 2016
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Donzallaz,
 
Bundesrichter Stadelmann,
 
Gerichtsschreiberin Fuchs.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
1. A.A.________,
 
2. B.A.________,
 
Beschwerdeführer,
 
beide vertreten durch Rechtsanwalt
 
und dipl. Steuerexperte Beat Hunziker,
 
gegen
 
Kantonales Steueramt Aargau,
 
Steuerverwaltung des Kantons Graubünden.
 
Gegenstand
 
Kantons- und Gemeindesteuern 2009,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungs-
 
gerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer,
 
vom 27. Januar 2016.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
A.A.________ kaufte sich im Laufe des Jahres 2006 als unselbständig Erwerbender mit einem Betrag von Fr. 250'000.-- zur Finanzierung der vorzeitigen Pensionierung in die Vorsorgestiftung zugunsten des Personals der X.________ AG ein. Nachdem er von Januar bis März 2009 Taggelder der Arbeitslosenversicherung bezogen hatte und sein Vorsorgekapital auf ein Konto der Freizügigkeitsstiftung Y.________ hatte überweisen lassen, liess er sich am 7. April 2009 sein angespartes Kapital in der Höhe von Fr. yyy auszahlen. Als Grund für die Barauszahlung gab er die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit an. Dazu hatte er am 5. Januar 2009 das Einzelunternehmen Z.________ mit Sitz in U.________ (AG) in das Handelsregister eintragen lassen. Vor der Auszahlung hatte er sich am 1. April 2009 zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern bei der Einwohnerkontrolle U.________ ab- und in V.________ (GR) angemeldet. Am 1. Oktober 2009 meldete sich die Familie erneut in U.________ an.
1
 
B.
 
Mit Verfügungen vom 7. September 2010 besteuerten das Gemeindesteueramt V.________ und die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden die Kapitalzahlung für die Gemeinde, den Kanton und den Bund. Diese Verfügungen sind unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
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C.
 
C.a. Am 22. und 28. Februar 2013 besteuerte auch die Steuerkommission U.________ die erfolgte Kapitalzahlung (Jahressteuer der Kantons- und Gemeindesteuern 2009 resp. der direkten Bundessteuer 2009 von je Fr. yyy). Die dagegen erhobenen Einsprachen sind noch pendent.
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C.b. Am 22. August 2013 veranlagte die Steuerkommission U.________ die Ehegatten betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2009 zu einem steuerbaren Einkommen von Fr. yyy und zu einem steuerbaren Vermögen von Fr. yyy (satzbestimmend Fr. yyy). Die Kapitalauszahlung vom 7. April 2009 erfasste sie dabei abweichend von den im Februar 2013 erlassenen Verfügungen als übriges Einkommen, da sie die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit nicht als gegeben und damit die Voraussetzungen für eine Barauszahlung nicht als erfüllt erachtete. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (Einspracheentscheid der Steuerkommission vom 30. Oktober 2013; Entscheid des Spezialverwaltungsgerichts des Kantons Aargau, Abteilung Steuern, vom 25. Juni 2015; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 27. Januar 2016).
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D.
 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. März 2016 beantragen A.A.________ und B.A.________ die Aufhebung der interkantonalen Doppelbesteuerung für die Kapitalzahlung aus Vorsorge, indem das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und der Kanton Aargau angewiesen werde, die Kapitalzahlung bei der Bestimmung des steuerbaren Einkommens der Steuerperiode 2009 von der Besteuerung auszunehmen. Eventualiter sei die Veranlagungsverfügung des Kantons Graubünden vom 7. September 2009 (recte: 2010) bezüglich der Sondersteuer auf Kapitalabfindung des Kantons Graubünden und der Gemeinde V.________ aufzuheben und der Kanton Graubünden und die Gemeinde V.________ anzuweisen, ihnen die bezahlten Steuern samt Vergütungszins zurückzuerstatten.
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Das Verwaltungsgericht und das Kantonale Steueramt des Kantons Aargau beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die ESTV hat sich - ohne einen Antrag zu stellen - vernehmen lassen. Die ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Steuerverwaltung des Kantons Graubünden beantragt die Gutheissung der Beschwerde, eventualiter die Gutheissung des Eventualantrags der Beschwerdeführer.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den verfahrensabschliessenden Entscheid einer letzten kantonalen Instanz in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 BGG i.V.m. Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]). Auf die Beschwerde ist - mit nachfolgender Einschränkung (E. 1.2) - einzutreten.
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1.2. Bei Beschwerden wegen interkantonaler Kompetenzkonflikte kann auch eine allenfalls bereits rechtskräftige Veranlagung eines anderen Kantons für dieselbe Steuerperiode mit angefochten werden (vgl. Art. 100 Abs. 5 BGG), obwohl es sich dabei in der Regel nicht um ein Urteil im Sinne von Art. 86 BGG handelt (BGE 133 I 300 E. 2.4 S. 307; 133 I 308 E. 2.4 S. 313). Im vorliegenden Fall richtet sich die Beschwerde gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau. Die Beschwerdeführer stellen zudem den Eventualantrag, es seien die bereits rechtskräftigen Veranlagungsverfügungen des Kantons Graubünden und der Gemeinde V.________ bezüglich der Sondersteuer auf Kapitalabfindung aufzuheben und der Kanton Graubünden und die Gemeinde V.________ anzuweisen, die bezahlten Steuern samt Vergütungszins zurückzuerstatten. Damit gelten letztere Veranlagungsverfügungen als mit angefochten und richtet sich die vorliegende Beschwerde materiell auch gegen den Kanton Graubünden, welcher aus diesem Grund zur Vernehmlassung eingeladen wurde.
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Allerdings folgt aus dem Doppelbesteuerungsverbot nicht auch die Verpflichtung zur Leistung eines Vergütungszinses. Ein entsprechender Anspruch müsste sich aus dem massgebenden kantonalen Recht ergeben. Dass dies für den Kanton Graubünden zutrifft, wird in  der Beschwerde nicht dargetan, weshalb auf dieses Begehren nicht  eingetreten werden kann (Urteile 2P.65/2006 vom 31. August 2006 E. 1.2, in: RDAF 2006 II S. 518; 2P.2/2003 vom 7. Januar 2004 E. 1.3, in: ASA 73 S. 420, StE 2004 A 24.24.3 Nr. 2; vgl. auch Urteile 2C_191/2007 vom 11. Oktober 2007 E. 3.2, in: ASA 78 S. 663 und 2C_411/2008 vom 28. Oktober 2008 E. 3.2;  LOCHER/LOCHER, Die Praxis der Bundessteuern, III. Teil: Interkantonale Doppelbesteuerung, Bd. 5, § 12, III C, 2, Nr. 8).
9
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Bei der Prüfung verfügt das Bundesgericht über volle Kognition und wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist daher weder an die in der Beschwerde vorgebrachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann die Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (Motivsubstitution; BGE 141 V 234 E. 1 S. 236). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem (einschliesslich kommunalem) und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht hingegen nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232).
10
Das Bundesgericht prüft die Anwendung des harmonisierten kantonalen Steuerrechts durch die kantonalen Instanzen grundsätzlich gleich wie Bundesrecht mit freier Kognition (Art. 95 lit. a BGG). In den Bereichen, in denen das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 209 f.; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteil 2C_837/2014 vom 23. Februar 2015 E. 2.2).
11
1.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich, ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 115 E. 2 S. 117). Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
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Erwägung 2
 
Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügen, indem die Vorinstanz ihre Wohnsitzverlegung als geplantes Konstrukt zur Steuerersparnis bezeichnet habe, ohne die angebotenen Beweise (Wohnsitzverlegung der Eltern bzw. Schwiegereltern und Zeugenaussagen von Bezugspersonen in V.________) zu würdigen, ist auf Folgendes hinzuweisen: Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 124 I 49 E. 3a S. 51; 124 I 241 E. 2 S. 242; je mit Hinweisen). Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237; 136 I 229 E. 5.2 S. 236; je mit Hinweisen). Die Vorinstanz hat dargelegt, weshalb sie nicht von einer Wohnsitzverlegung in den Kanton Graubünden aus privaten Gründen ausging. Der Entscheid konnte von den Beschwerdeführern denn auch ohne Weiteres angefochten werden. Im Übrigen erweist sich diese Frage, wie noch zu sehen ist und worauf schon die Vorinstanz richtig hingewiesen hat, ohnehin nicht als relevant. Die Rüge der Gehörsverletzung ist unbegründet.
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Erwägung 3
 
3.1. Eine gegen Art. 127 Abs. 3 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn eine steuerpflichtige Person von zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, die einem anderen Kanton zusteht (virtuelle Doppelbesteuerung). Im vorliegenden Fall beansprucht der Kanton Aargau die Steuerkompetenz für die Kapitalzahlung, obschon die Beschwerdeführer für diese unbestrittenermassen bereits im Kanton Graubünden rechtskräftig veranlagt worden sind. Damit liegt eine aktuelle Doppelbesteuerung vor.
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3.2. Nach Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG (SR 831.42) bildet die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit einen gesetzlichen Barauszahlungsgrund. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Barauszahlungsgrund erfüllt, werden diese Kapitalleistungen separat und zu einer vollen Jahressteuer besteuert (Art. 11 Abs. 3 StHG, vgl. auch § 45 Abs. 1 lit. a des Steuergesetzes des Kantons Aargau vom 15. Dezember 1998 [StG/AG; SAR 651.100]). Es handelt sich um eine erhebliche steuerliche Privilegierung der Kapitalleistungen gegenüber den Rentenleistungen, da Letztere vollumfänglich und progressionswirksam mit dem übrigen Einkommen zu versteuern sind. Gemäss Art. 68 Abs. 1 Satz 2 StHG in der Fassung vom 15. Dezember 2000 (AS 2001 1050; nachfolgend: StHG 2000) sind die Kapitalleistungen in dem Kanton steuerbar, in dem der Steuerpflichtige im Zeitpunkt der Fälligkeit seinen Wohnsitz hat (vgl. mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 den gleich lautenden Art. 4b Abs. 1 Satz 2 StHG in der Fassung vom 22. März 2013 [AS 2013 2397]; betreffend die direkte Bundessteuer vgl. Art. 105 Abs. 4 DBG [SR 642.11] in der Fassung vom 22. März 2013 [AS 2013 2397], zu Art. 216 Abs. 1 DBG in der Fassung vom 14. Dezember 1990 [AS 1991 1184] aber BGE 142 II 182 E. 2.4 S. 191 ff.).
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Die Vorinstanz hat das Vorliegen eines gesetzeskonformen Barauszahlungsgrunds im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. b FZG mangels Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit verneint. Die Beschwerdeführer rügen eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung. Sie machen geltend, die Vorinstanz gelange vereinfacht dargestellt zum Schluss, eine effektive Erwerbsabsicht liege nur vor, wenn sie tatsächlich zu einem steuerbaren Erfolg führe. Diese vereinfachte Betrachtung aus der ex post-Perspektive verkenne, dass der Beschwerdeführer bei seinen Dispositionen im Jahr 2009 noch nicht gewusst habe, ob seine Bemühungen um eine selbständige Erwerbstätigkeit von Erfolg gekrönt sein würden.
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3.3. Für den Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit kennzeichnend ist die Tätigkeit einer natürlichen Person, mit der diese auf eigenes Risiko, unter Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital, in einer von ihr frei gewählten Arbeitsorganisation, dauernd oder vorübergehend, haupt- oder nebenberuflich, in jedem Fall aber mit der Absicht der Gewinnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilnimmt.  Untergeordnete Anhaltspunkte sind etwa die Beschäftigung von Personal, das Ausmass der Investitionen, ein vielfältiger, wechselnder Kundenstamm und das Vorliegen eigener Geschäftsräumlichkeiten (BGE 125 II 113 E. 5b S. 120 [direkte Bundessteuer]; 138 II 251 E. 2.4.2 S. 256 f. [Mehrwertsteuer]; 134 V 250 E. 3.1 S. 252 f. [AHV]). Die Prüfung ist von Fall zu Fall aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen Umstände vorzunehmen. Die einzelnen Gesichtspunkte dürfen dabei nicht isoliert betrachtet werden und können auch in unterschiedlicher Intensität auftreten (BGE 138 II 251 E. 2.4.2 S. 257 f.; 125 II 113 E. 5b S. 120 f.). Die Steuerbehörden sind bei der Beurteilung, ob eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt oder aufgenommen wurde, nicht an die Beurteilung der Vorsorgeeinrichtung gebunden; denn diese ist nicht mit Verfügungsbefugnis ausgestattet (vgl. Urteile 2C_248/2015 / 2C_249/2015 vom 2. Oktober 2015 E. 3.3; 2C_156/2010 vom 7. Juni 2011 E. 3.3).
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Umstritten ist vorliegend einzig, ob das Merkmal der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr mit der Absicht der Gewinnerzielung zu bejahen ist. Diese sog. Gewinnstrebigkeit weist ein subjektives und ein objektives Moment auf: Zum einen muss die Absicht, Gewinn zu erzielen, gegeben sein; zum anderen muss aber auch die Tätigkeit zur nachhaltigen Gewinnerzielung geeignet sein (Urteile 2C_375/2015 vom 1. Dezember 2015 E. 7.1, in: RDAF 2016 II S. 88; 2C_188/2015 / 2C_189/2015 vom 23. Oktober 2015 E. 2.2; 2C_206/2011 / 2C_247/2011 vom 12. April 2011 E. 4).
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3.4. Die Vorinstanz hat sich eingehend mit der Frage auseinandergesetzt und die Gewinnstrebigkeit aus verschiedenen Gründen verneint: Betreffend die behaupteten Umsätze mit Familienmitgliedern seien keine Unterlagen eingereicht worden, die eine Tätigkeit des Beschwerdeführers als Vermögensverwalter nachweisen würden. Dasselbe gelte in Bezug auf bestimmte, vorgebrachte Geschäftsvorfälle. Die eingereichten Rechnungen enthielten keinen Hinweis, welche Dienste in Anspruch genommen worden seien. In den Jahren 2009 bis 2013 seien keine Reise- und Fahrzeugkosten verbucht worden, weshalb die Liste der nicht erfolgreichen Kundenkontakte zurückhaltend zu würdigen sei. Angesichts der geringen Anzahl an Kundenkontakten könnten die Bemühungen, neue Kunden zu gewinnen, nicht als ernsthaft bezeichnet werden. Dem Beschwerdeführer sei es somit nicht vorrangig um die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit, sondern um den vorzeitigen Bezug seines Freizügigkeitsguthabens und um die Reduktion der Steuerlast gegangen. Der bezogene Betrag sei auch nicht in den Geschäftsbüchern verbucht und somit nicht für Geschäftszwecke verwendet worden. Unabhängig davon, dass das Gesetz die Investition des bezogenen Kapitals ins Geschäft nicht verlange, erscheine es zumindest als ungewöhnlich, dass das gesamte Kapital bezogen worden sei, zumal es naheliegend gewesen wäre, lediglich einen Teilbezug zu tätigen oder den nicht für die Selbständigkeit benötigten Betrag wieder in eine Freizügigkeitseinrichtung einzuzahlen.
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Diesen Ausführungen (vgl. im Einzelnen das angefochtene Urteil E. 2.1) halten die Beschwerdeführer nichts Konkretes entgegen. Sie werfen der Vorinstanz lediglich vor, sie verkenne, dass der Beschwerdeführer bei seinen Dispositionen im Jahr 2009 noch nicht gewusst habe, ob seine Bemühungen erfolgreich sein würden. Zwar ist den Beschwerdeführern insofern zuzustimmen, als eine erfolgreiche Gewinnerzielung nicht zum Voraus festzustehen braucht. Allerdings setzen sie dem Vorwurf, keine genügenden Nachweise über die tatsächliche Tätigkeit als Vermögensverwalter eingereicht zu haben, nichts entgegen, womit sie diese Vorhaltung nicht zu widerlegen vermögen. Praxisgemäss wird es ausserdem als deutliches Indiz für die mangelnde subjektive oder objektive Gewinnstrebigkeit gewertet, wenn eine Tätigkeit auf Dauer nichts einbringt. Wer wirklich eine Erwerbstätigkeit ausübt, wird sich in der Regel nach andauernden beruflichen Misserfolgen von der Zwecklosigkeit seiner Tätigkeit überzeugen lassen und diese aufgeben. Führt er sie dennoch weiter, ist anzunehmen, dass dafür in subjektiver Hinsicht andere Motive als der Erwerbszweck massgebend sind. Dies trifft etwa dann zu, wenn eine Tätigkeit aus blosser Liebhaberei oder als Hobby betrieben wird (vgl. mit zahlreichen Beispielen auf die Rechtsprechung Urteil 2C_375/2015 vom 1. Dezember 2015 E. 7.4.1, in: RDAF 2016 II S. 88). Die Tätigkeit als Vermögensverwalter ist nicht ohne Weiteres vergleichbar mit den in der Rechtsprechung teilweise als Liebhaberei oder Hobby bezeichneten Tätigkeiten in den Bereichen etwa der Landwirtschaft, der Kunstmalerei oder des Weinhandels. Insofern erscheint es fraglich, ob dem Beschwerdeführer eine fehlende subjektive Gewinnstrebigkeit unterstellt werden kann. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass in den Jahren 2009 bis 2013 stets ein Verlust von Fr. 10'000.-- bis Fr. 15'000.--, im Jahr 2013 noch Fr. 3'600.--, zu verzeichnen war (vgl. im Einzelnen das Urteil des Spezialverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2015 E. 4.5.3.1). Angesichts der ungenügenden Nachweise für die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Vermögensverwalter und der doch mehrjährigen Verbuchung von Verlusten erscheinen gesamthaft betrachtet die Zweifel der Vorinstanz an der Absicht der Gewinnerzielung berechtigt. Die Feststellung, es habe keine selbständige Erwerbstätigkeit vorgelegen, erweist sich damit nicht als offensichtlich unrichtig oder unvollständig (vgl. E. 1.4).
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3.5. Es ist somit festzuhalten, dass mangels Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ein Barauszahlungsgrund nicht gegeben war. Die Barauszahlung (Kapitalleistung) diente somit nicht der Vorsorge, weshalb eine separate Besteuerung gemäss Art. 11 Abs. 3 StHG i.V.m. Art. 68 Abs.1 StHG 2000 nicht zulässig gewesen wäre. Vielmehr greift gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich die ordentliche Besteuerung und ist die Kapitalauszahlung zusammen mit dem übrigen Einkommen ordentlich zu versteuern (Urteil 2C_156/2010 vom 7. Juni 2011 E. 4.3). Das Bundesgericht hat allerdings in diesem, auch von den Verfahrensbeteiligten zitierten Entscheid den Fall vorbehalten, dass eine nicht rechtmässig bezogene oder zweckentfremdet verwendete Barauszahlung an die Vorsorgeeinrichtung zurückbezahlt bzw. wieder ihrem Zweck zugeführt wird. Im vorliegenden Fall wurde diese Frage bislang nicht abgeklärt. Die Beschwerdeführer drücken jedenfalls vor Bundesgericht die Bereitschaft aus, die Kapitalzahlung wieder zurückzubezahlen. Wenn das kantonale Steueramt Aargau in diesem Zusammenhang rügt, dass die Beschwerdeführer die Rückzahlung erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren anbieten würden, verkennt es, dass aus Sicht der Beschwerdeführer in Bezug auf die Kapitalleistung rechtskräftige Steuerveranlagungen des Kantons Graubünden bestehen und es somit kein Anlass für eine Rückzahlung gegeben hatte. Zudem liegen noch pendente Veranlagungsverfügungen der Steuerkommission U.________ vom Februar 2013 vor, die ebenfalls von einer Barauszahlung ausgegangen waren.
21
Des Weiteren steht fest, dass die Steuerkommission U.________ zu Recht von ihrer Zuständigkeit ausgegangen ist. Die Beschwerdeführer hatten Ende der Steuerperiode 2009 ihren Wohnsitz unbestrittenermassen in der Gemeinde U.________. Die Steuererhebungs- und -bezugskompetenz für das Steuerjahr 2009 kommt deshalb der Gemeinde U.________ resp. dem Kanton Aargau zu (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 StHG 2000).
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Auf die Vorbringen der Verfahrensbeteiligten bezüglich der umstrittenen Wohnsitznahme im Kanton Graubünden braucht bei diesem Ergebnis nicht weiter eingegangen zu werden. Insbesondere kann offen bleiben, wo die Beschwerdeführer zum "Zeitpunkt der Fälligkeit" gemäss Art. 68 Abs. 1 Satz 2 StHG 2000 ihren Wohnsitz hatten (vgl. dazu Urteil 2C_245/2009 vom 20. Oktober 2009 E. 3.3 ff. und 4.3, in: ASA 79 S. 399, StE 2010 B 21.2 Nr. 26, StR 65/2010 S. 471, wonach im Falle der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit bei gegebenen Barauszahlungsvoraussetzungen auf die Fälligkeit und nicht auf die tatsächliche Auszahlung abzustellen ist).
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3.6. Nach dem Gesagten ist die Angelegenheit an das kantonale Steueramt Aargau resp. die Steuerkommission U.________ zu entsprechender Sachverhaltsergänzung und Neubeurteilung zurückzuweisen. Diese wird zu prüfen haben, ob die Beschwerdeführer die Barauszahlung wieder ihrem ursprünglichen Zweck zuführen wollen bzw. können. Nur wenn dies nicht möglich sein sollte, ist die Kapitalzahlung als übriges Einkommen ordentlich zu veranlagen. Der vom Steueramt Aargau in seiner Vernehmlassung zitierte BGE 133 V 205 steht im Übrigen einer Rückzahlung nicht entgegen, ging es in jenem Fall doch insbesondere um die Rückforderungsberechtigung der Vorsorgeeinrichtung. Weiter wird die Steuerkommission U.________ die pendenten Veranlagungsverfügungen vom Februar 2013 aufzuheben haben. Ebenso werden das Gemeindesteueramt V.________ und die kantonale Steuerverwaltung Graubünden die Veranlagungen vom 7. September 2010 zu revidieren und die erhaltenen Steuerbeträge zurückzuerstatten haben.
24
 
Erwägung 4
 
4.1. Die vorliegende Beschwerde ist demnach insoweit gutzuheissen, als das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen an die Steuerkommission U.________ zurückzuweisen und die Veranlagungen der Kapitalleistung (betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern) durch den Kanton Graubünden resp. die Gemeinde V.________ aufzuheben und die entsprechenden Beträge zurückzuerstatten sind. Die Beschwerdeführer unterliegen aber insoweit, als die Vorinstanz einen Barauszahlungsgrund mangels Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit zu Recht verneinen durfte. Die Gerichtskosten sind daher im Umfang des Unterliegens (Art. 65 und 66 Abs. 1 BGG) den Kantonen Aargau und Graubünden, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis Vermögensinteressen wahrnehmen (Art. 66 Abs. 4 BGG), sowie den Beschwerdeführern (als Ehegatten unter solidarischer Haftung) aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 5 BGG).
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4.2. Die Kantone Aargau und Graubünden haben den Beschwerdeführern aufgrund deren (teilweisen) Obsiegens eine angemessene Parteientschädigung für das bundesgerichtliche Verfahren auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Den beiden in ihren amtlichen Wirkungskreisen ebenfalls teilweise obsiegenden Kantonen steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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4.3. Die Festsetzung der Kosten und Entschädigung für die vorinstanzlichen Verfahren wird dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau übertragen (Art. 67 i.V.m. Art. 68 Abs. 5 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde gegen den Kanton Aargau wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 27. Januar 2016 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an den Kanton Aargau zurückgewiesen.
 
2. Die Beschwerde gegen den Kanton Graubünden wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Kanton Graubünden wird angewiesen, die Steuerveranlagungen betreffend Kapitalzahlung im Jahr 2009 aufzuheben und die bereits bezogenen Kantons- und Gemeindesteuern zurückzuerstatten.
 
3. Die Gerichtskosten von Fr. 13'000.-- werden zu je Fr. 4'000.-- den Kantonen Aargau und Graubünden und zu Fr. 5'000.-- den Beschwerdeführern (als Ehegatten unter solidarischer Haftung) auferlegt.
 
4. Die Kantone Aargau und Graubünden haben die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr. 1'000.-- zu entschädigen.
 
5. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen der kantonalen Rechtsmittelverfahren an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
 
6. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Dezember 2016
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Die Gerichtsschreiberin: Fuchs
 
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