BGer 2C_724/2016 | |||
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BGer 2C_724/2016 vom 21.12.2016 | |
{T 0/2}
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2C_724/2016
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Urteil vom 21. Dezember 2016 |
II. öffentlich-rechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Seiler, Präsident,
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Bundesrichter Stadelmann, Haag,
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Gerichtsschreiber Klopfenstein.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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vertreten durch Advokat Guido Ehrler,
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gegen
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Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt.
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Gegenstand
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Haftentlassung (unentgeltliche Prozessführung im Haftentlassungsverfahren),
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Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 24. Juni 2016.
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Sachverhalt: | |
A. Mit Verfügung vom 19. Mai 2014 widerrief das Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt die Niederlassungsbewilligung des A.________ (geb. 1984, von Kamerun) und wies ihn aus der Schweiz weg. Mit Verfügung des Migrationsamts vom 15. Februar 2016 wurde er in Ausschaffungshaft gesetzt, deren Rechtmässigkeit von der Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht des Appellationsgerichts Basel-Stadt als Verwaltungsgericht (Entscheid vom 17. Februar 2016) wie auch vom Bundesgericht (Urteil vom 14. März 2016, 2C_220/2016) bestätigt wurde. Mit Verfügung vom 13. Mai 2016, bestätigt durch die Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen am 18. Mai 2016, wurde die Haft für weitere drei Monate verlängert.
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B. Am 22. Juni 2016 reichte A.________ beim Migrationsamt ein Gesuch um Wiedererwägung des Widerrufs der Niederlassungsbewilligung, eventualiter um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus medizinischen Gründen, ein. Mit Eingabe vom 23. Juni 2016 ersuchte er zudem, anwaltlich vertreten, das Appellationsgericht um Haftentlassung sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Haftentlassungsverfahren. Mit Urteil vom 24. Juni 2016 wies die Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen das Haftentlassungsgesuch und den Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ab. Es wurden keine Kosten erhoben.
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C. A.________ erhebt mit Eingabe vom 24. August 2016 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit dem Antrag, das Urteil vom 24. Juni 2016 sei aufzuheben, soweit darin das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen worden sei. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt äussert sich, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen. Das Migrationsamt des Kantons Basel Stadt und das Staatssekretariat für Migration verzichten auf Vernehmlassung.
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Erwägungen: | |
1. Der Beschwerdeweg betreffend die hier einzig streitige Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege folgt dem zulässigen Beschwerdeweg in der Hauptsache (Ausschaffungshaft), weshalb hier die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer, dem die unentgeltliche Rechtspflege verweigert wurde, ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG), wobei einzig die unentgeltliche Verbeiständung zur Diskussion steht, nachdem die Vorinstanz ohnehin keine Verfahrenskosten erhoben hat.
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Erwägung 2 | |
2.1. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist bei der erstmaligen ausländerrechtlichen Haftprüfung eine unentgeltliche Verbeiständung nicht vorbehaltlos geboten, sondern nur, wenn besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Natur bestehen; dies u.a. auch deshalb, weil - anders als bei Strafvollzug oder Untersuchungshaft - die Haft weitgehend vom Verhalten des betroffenen Ausländers selber abhängt und er sich der Haft jederzeit entziehen kann, indem er seiner Ausreisepflicht nachkommt (BGE 122 I 275 E. 3b S. 276 f.; 124 II 1 E. 2c S. 4 f.). Allerdings darf einem bedürftigen Häftling im Haftverlängerungsverfahren nach drei Monaten auf Gesuch hin der unentgeltliche Rechtsbeistand grundsätzlich nicht verweigert werden (BGE 139 I 206 E. 3.3.1 S. 214; 134 I 92 E. 3.2.2 und 3.2.3 S. 100). Diese Praxis wird u.a. damit begründet, das Art. 5 Ziff. 4 EMRK eine richterliche Haftprüfung vorschreibt (BGE 134 I 92 E. 3.2.4 S. 101). Allerdings genügt eine einmalige richterliche Genehmigung, weshalb diese Praxis für das Rechtsmittelverfahren nicht ohne weiteres gilt, so dass dort die unentgeltliche Rechtspflege verweigert werden kann, wenn die Anträge aussichtslos sind (Urteile 2C_393/2009 vom 6. Juli 2009 E. 4.2; 2C_1143/2014 vom 7. Januar 2015 E. 3; 2C_262/2016 vom 12. April 2016 E. 4).
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2.2. Die richterliche Genehmigung der Haft erfolgt jeweils für eine bestimmte Zeitdauer, die für die meisten Hafttatbestände gesetzlich festgelegt ist. Schon vor Ablauf dieser Dauer ist Haftentlassungsgesuch möglich (Art. 80 Abs. 5 AuG). Im Haftentlassungsgesuch ist zu prüfen, ob die Haftvoraussetzungen (noch) erfüllt sind (Urteile 2C_952/2011 vom 19. Dezember 2011 E. 3.2; 2C_1017/2012 vom 30. Oktober 2012 E. 3). Mit einem Haftentlassungsgesuch kann geltend gemacht werden, dass aufgrund geänderter Umstände die Haftgründe nicht mehr gegeben sind; es ist dann zu prüfen, ob sie weiterhin vorliegen (BGE 140 II 409 E. 2.2 S. 411 f. und 2.3.1 S. 412; 124 II 1 E. 3a S. 5 f.). Hingegen kann ein Haftentlassungsgesuch wie in anderen Rechtsbereichen nicht dazu dienen, Gerichtsentscheide immer wieder in Frage zu stellen. Ist eine Haft für eine bestimmte Dauer gerichtlich überprüft und bestätigt worden, ergibt sich auch aus Art. 5 Ziff. 4 EMRK nicht, dass sie jederzeit ohne besonderen Anlass einer erneuten gerichtlichen Beurteilung unterzogen werden kann. Eine Gutheissung eines Haftentlassungsgesuch setzt vielmehr voraus, dass neue Umstände geltend gemacht werden, die im gerichtlichen Haftbestätigungsentscheid noch nicht berücksichtigt werden konnten und die zur Folge haben, dass die Haft unzulässig wird.
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2.3. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann deshalb auch ein Haftentlassungsgesuch aussichtslos sein, wenn es bloss mit Umständen begründet wird, die von vornherein für die Rechtmässigkeit der Haft nicht rechtserheblich sind oder die bereits im Rahmen der gerichtlichen Genehmigung der Haft überprüft wurden und sich seither nicht geändert haben. In solchen Fällen der Aussichtslosigkeit besteht auch kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung (Art. 29 Abs. 3 BV).
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Erwägung 3 | |
3.1. Vorliegend hatte der Beschwerdeführer sein Haftentlassungsgesuch mit dem von ihm eingereichten Wiedererwägungsgesuch betreffend Widerruf der Niederlassungsbewilligung, eventualiter Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, begründet. Es bestehe keine Untertauchensgefahr. Da für den Fall eines Wegweisungsvollzugs eine Verletzung von Art. 3 EMRK geltend gemacht werde, sei der Wegweisungsvollzug nicht absehbar. Schliesslich sei der Haftvollzug wegen der gesundheitlichen Beschwerden nicht mit Art. 80 Abs. 5 AuG vereinbar.
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Die Vorinstanz führte dazu aus, es sei aktuell nicht absehbar, ob das Migrationsamt auf das Wiedererwägungsgesuch eintreten und wie es allenfalls in der Sache entscheiden werde. Schon im Zeitpunkt der verfügten Wegweisung im Jahre 2014 sei bekannt gewesen, dass der Beschwerdeführer an einer Krebserkrankung leide, doch habe er es unterlassen, dem Migrationsamt dazu nähere Angaben zu machen. Zur Zeit bedürfe der Beschwerdeführer keiner Therapie. Mit dem Haftentlassungsgesuch sei dem Entscheid über das Wiedererwägungsgesuch nicht vorzugreifen. Es liege aktuell jedenfalls ein rechtskräftiger Wegweisungsentscheid vor. In Bezug auf die Trennung des Beschwerdeführers von seinem Sohn verursache die Haft keine anderen Umstände, als sie im Falle einer rechtzeitigen Ausreise bestanden hätte. Auch spreche der aktuelle Gesundheitszustand nicht gegen seine Hafterstehungsfähigkeit. Das Haftentlassungsgesuch sei daher zum jetzigen Zeitpunkt abzuweisen, doch werde die Haft zu beenden sein, wenn sich die zu dieser Beurteilung führenden Voraussetzungen in den nächsten Tagen oder Wochen ändern würden, was das Migrationsamt ohnehin laufend zu überprüfen habe. Da aber einen Tag nach Einreichung des Wiedererwägungsgesuchs nicht mit einem Handeln der Migrationsbehörde habe gerechnet werden können, sei das Haftentlassungsgesuch von vornherein aussichtslos geworden.
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3.2. Diese Beurteilung ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden: Zunächst ist daran zu erinnern, dass im Haftverfahren die Rechtmässigkeit der Wegweisung grundsätzlich nicht zu überprüfen ist: Der Haftrichter kann Wegweisungsentscheide nur dann in Frage stellen, wenn sie augenfällig unzulässig bzw. derart offensichtlich falsch sind, dass sie sich letztlich als nichtig erweisen (BGE 130 II 56 E. 2 S. 58; 128 II 193 E. 2.2.2 S. 198; 125 II 217 E. 2 S. 220). Allein darin, dass gegen die Wegweisung ein Wiedererwägungsgesuch eingereicht wurde, kann daher für sich allein kein Grund für eine Haftentlassung bestehen, ausser wenn die geltend gemachten Wiedererwägungsgründe derart offensichtlich auf der Hand liegen, dass sie das Weiterdauern der Haft als augenfällig unzulässig erscheinen lassen. Solche Gründe liegen hier nicht vor: Der blosse Umstand, dass ein Ausländer in ein Land ausgewiesen werden soll, in dem der Stand der medizinischen Versorgung schlechter ist als hier und die betroffene Person im Falle einer Wegweisung deshalb eine wesentliche Verschlechterung ihrer Lebenssituation oder eine signifikante Reduktion ihrer Lebenswahrscheinlichkeit hinnehmen muss, stellt ausser in sehr aussergewöhnlichen Umständen keine Verletzung von Art. 3 EMRK dar (Urteile EGMR 26565/05 vom 27. Mai 2008,
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3.3. Es war aus diesen Gründen rechtmässig, dass die Vorinstanz das Haftentlassungsgesuch als aussichtlos betrachtete und die unentgeltliche Rechtspflege verweigerte. Die Beschwerde ist abzuweisen.
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4. Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtsgebühren verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Aus den in E. 3.2 genannten Gründen ist auch die Beschwerde an das Bundesgericht aussichtslos, weshalb das hier gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ebenfalls abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG), soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
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2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
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3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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4. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt, Einzelrichterin für Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 21. Dezember 2016
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Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Seiler
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Der Gerichtsschreiber: Klopfenstein
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