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Informationen zum Dokument  BGer 2C_55/2017  Materielle Begründung
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BGer 2C_55/2017 vom 31.01.2017
 
{T 0/2}
 
2C_55/2017 / 2C_56/2017
 
 
Urteil vom 31. Januar 2017
 
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Seiler, Präsident,
 
Bundesrichter Zünd,
 
Bundesrichter Haag,
 
Gerichtsschreiber Kocher.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________ GmbH,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Steuerverwaltung des Kantons Thurgau.
 
Gegenstand
 
2C_55/2017
 
Staats- und Gemeindesteuern des Kantons Thurgau, Steuerjahr 2013,
 
2C_56/2017
 
direkte Bundessteuer, Steuerjahr 2013,
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 23. November 2016.
 
 
Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Die X.________ GmbH mit statutarischem Sitz in U.________/ TG wurde im Jahr 2009 gegründet. Sie bezweckt statutengemäss das Erbringen von Dienstleistungen, insbesondere Unternehmensberatung, Rechtsberatung, medizinischen Leistungen und Gutachten. Gesellschafter und Geschäftsführer mit Einzelunterschrift ist A.________, der über ein deutsches Rechtsanwaltspatent verfügt.
1
1.2. Die Steuerpflichtige kam der Pflicht, die Steuererklärung für das Steuerjahr 2013 einzureichen, nicht nach. Aufgrund dessen erliess die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau (KSTV/TG) am 24. November 2014 einerseits eine - anscheinend noch nicht als Verfügung ausgestaltete - Veranlagung; anderseits verfügte sie eine Busse wegen Verletzung von Verfahrenspflichten, was im weiteren Verlauf von keiner Bedeutung mehr ist. Am 29. Dezember 2014 erhob die Steuerpflichtige Einsprache gegen die Veranlagung, worauf die KSTV/TG gewisse Unterlagen nachforderte. Die Steuerpflichtige kam der Aufforderung nicht nach, worauf die KSTV/TG am 2. März 2015 eine Veranlagungsverfügung erliess. Der weitere zeitliche Ablauf stellt sich wie folgt dar:
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- Dienstag, 3. März 2015: Ankunft der Veranlagungsverfügung in der Abhol-Zustellstelle in 85yy V.________/TG (Hauptpoststelle)
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- Mittwoch, 4. März 2015: Ankunft der Veranlagungsverfügung in der Poststelle in 85xx U.________/TG; der oder die Mitarbeitende der Post hinterlässt eine Abholeinladung, wobei eine Abholfrist von zwölf - statt sieben - Tagen vermerkt wird, das heisst bis zum 15. März 2015 (möglicherweise erging die Abholungseinladung bereits am 3. März 2015 in V.________/TG)
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- Donnerstag, 12. März 2015: Rückleitung der nicht abgeholten Veranlagungsverfügung an die KSTV/TG
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- Montag, 16. März 2015: Versand der Veranlagungsverfügung durch die KSTV/TG mit A-Post Plus mit dem Hinweis: "... Ein nicht abgeholter Einschreibebrief gilt jedoch als zugestellt. Um Sie über die getroffenen Massnahmen zu orientieren, lassen wir Ihnen die Verfügung nochmals zugehen, diesmal mit A-Post Plus".
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- Mittwoch, 15. April 2015: Einsprache durch die Steuerpflichtige
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- 21. April 2015: Einspracheentscheid der KSTV/TG (Nichteintreten auf die Einsprache zufolge versäumter Einsprachefrist).
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Am 26. Februar 2016 (Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau) bzw. 23. November 2016 (Entscheid VG.2016.46 / VG.2016.47 des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau) bestätigten die kantonalen Gerichte den Einspracheentscheid vom 21. April 2015.
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1.3. Mit Eingabe beim Bundesgericht vom 16. Januar 2017 (Poststempel) erhebt die Steuerpflichtige "Beschwerde". Sie beantragt, die Entscheide vom 23. November 2016, 21. April 2015 (recte: 26. Februar 2016) und 21. April 2015 seien aufzuheben, und die KSTV/TG sei anzuweisen, auf die Einsprache einzutreten.
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Der Abteilungspräsident als Instruktionsrichter hat von Instruktionsmassnahmen abgesehen (Art. 32 Abs. 1 BGG [SR 173.110]). Die Angelegenheit kann zufolge offensichtlicher Unbegründetheit im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt werden.
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Erwägung 2
 
2.1. Die Beschwerde betrifft einerseits die Staats- und Gemeindesteuer des Kantons Thurgau, anderseits die direkte Bundessteuer, jeweils hinsichtlich des Steuerjahrs 2013. Aus diesem Grund sind praxisgemäss zwei Dossiers zu eröffnen. Die aufgeworfene Rechtsfrage nach der ordnungsgemässen Zustellung der Veranlagungsverfügung vom 2. März 2015 ist in beiden Fällen gleichermassen zu beantworten. Es rechtfertigt sich, die Verfahren zu vereinigen und die Beschwerde in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG i. V. m. Art. 24 BZP [SR 273]; BGE 142 II 293 E. 1.2 S. 296).
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2.2. Die Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten liegen vor (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 146 Abs. 2 DBG [SR 642.11] bzw. Art. 73 Abs. 2 StHG [SR 642.14]). Auf die Beschwerde ist einzutreten.
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Erwägung 2.3
 
2.3.1. Das Bundesgericht prüft das Bundesrecht von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.5 S. 157) und mit uneingeschränkter (voller) Kognition (Art. 95 lit. a BGG; BGE 141 V 234 E. 2 S. 236).
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2.3.2. Beruht der angefochtene Entscheid auf kantonalem oder kommunalem Recht, sind die Rügegründe erheblich eingeschränkt. Abgesehen von Art. 95 lit. c und d BGG, die hier nicht interessieren, kann das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung kantonalen (und kommunalen) Verfassungs-, Gesetzes- oder Verordnungsrechts nicht als solche prüfen, sondern lediglich daraufhin, ob dadurch Bundes-, Völker- oder interkantonales Recht verletzt wird (Art. 95 lit. a, b und e BGG; BGE 142 II 369 E. 2.1 S. 372). Dabei beschränkt sich die Überprüfung auf die Verletzung verfassungsmässiger Rechte (BGE 142 V 94 E. 1.3 S. 96; 133 I 201 E. 1 S. 203 mit Hinweisen), insbesondere auf den Aspekt der Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV; BGE 141 I 49 E. 3.4 S. 53; 141 I 221 E. 3.1 S. 224; 141 IV 317 E. 5.4 S. 324).
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2.3.3. Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten (einschliesslich der Grundrechte) und von rein kantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur, falls eine solche Rüge in der Beschwerde überhaupt vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG). Soweit die Beschwerdeschrift diesen Anforderungen nicht genügt, ist auf die Eingabe nicht einzutreten (BGE 142 I 99 E. 1.7.2 S. 106).
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2.3.4. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.3 S.156). Es kann die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, soweit sie offensichtlich unrichtig - das heisst willkürlich - sind oder auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG; 142 V 2 E. 2 S. 5).
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Erwägung 3
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz mit Recht davon ausging, mit der Abholungseinladung vom 3., 
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Erwägung 3.2
 
Die Vorinstanz gibt die bundesgerichtliche Praxis zur Zustellungsfiktion zutreffend wieder (BGE 142 IV 201 E. 2.3 S. 204 f.). Aufgrund ihrer Eingabe vom 29. Dezember 2014, welches sie gegen die Veranlagung und die Bussenverfügung gerichtet hatte, nahm die Steuerpflichtige an einem Verfahrensverhältnis teil. Ein solches verpflichtet die Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten und unter anderem dafür zu sorgen, dass behördliche Akte, die das Verfahren betreffen, ihnen zugestellt werden können (BGE 141 II 429 E. 3.1 S. 431 f.). Von einer verfahrensbeteiligten Person wird namentlich verlangt, dass sie für die Nachsendung ihrer an die bisherige Adresse gelangenden Korrespondenz besorgt ist, dass sie der Behörde gegebenenfalls längere Ortsabwesenheiten mitteilt oder eine Stellvertretung ernennt (BGE 139 IV 228 E. 1.1 S. 230, mit Hinweisen). Zu den Anforderungen an die Abholungseinladung hat das Bundesgericht sodann erkannt, die Behörde müsse sich auf dem zuzustellenden Schriftstück zu erkennen geben. Dabei sei aber ausreichend, dass der Absender auf dem Briefumschlag erkennbar ist, wogegen es erlässlich ist, dass der Absender auch aus der Abholungseinladung hervorgeht (BGE 142 IV 286 E. 1.6.2 und 1.6.3 S. 287 ff.).
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3.3. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die insoweit unbestritten und daher für das Bundesgericht verbindlich sind (Art. 105 Abs. 1 BGG; vorne E. 2.3.4), hat die Schweizerische Post AG die Abholungseinladung, mit welcher der Eingang einer nicht näher bezeichneten eingeschriebenen Briefpostsendung angezeigt wurde, 
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3.4. Die Steuerpflichtige will auf die Zustellung des mit A-Post Plus versandten Schreibens vom 16. März 2015 vertraut und angenommen haben, dass eine Frist erst damit zu laufen begonnen habe. Die Verfügung vom 2. März 2015 sei nicht mehr zur Abholung bereit gestanden, als sie sie habe abholen wollen. Dementsprechend müsse das mit A-Post Plus versandte Schreiben massgebend sein. Diese Ansicht findet weder im Verfassungs- noch im kantonalen Verfahrensrecht eine Stütze. Denn für den Beginn der Abholfrist ist nach der geschilderten Praxis einzig massgebend, dass die Abholungseinladung in den Machtbereich der Adressatin oder des Adressaten gelangt ist. Dies war unstreitig der Fall, wobei zugunsten der Steuerpflichtigen anzunehmen ist, die Abholungseinladung sei am 4. März 2015 in das Postfach gelegt worden. Damit setzte der Fristenlauf aber unmittelbar ein. Es mag zwar stossend sein, wie die Steuerpflichtige durchaus nachvollziehbar darlegt, dass die Abholungseinladung eine überlange Frist auswies, zumal der Tag, an welchem sie ins Postfach gelegt wurde, nicht ersichtlich ist. Zumindest im vorliegenden Fall hat das Verhalten der Schweizerischen Post AG aber zu keinen namhaften Prozessnachteilen geführt.
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3.5. Aufgrund dessen, dass die KSTV/TG ausserordentlich rasch reagierte und die Verfügung bereits am 16. März 2015 mit A-Post Plus nachlieferte, verblieben der Steuerpflichtigen vom 17. März bis zum 10. April 2015 24 Tage, an welchen sie reagieren konnte. Das Schreiben vom 16. März 2015 ist unzweideutig als blosse Orientierung ausgestaltet. Auch eine rechtsunkundige Person hätte daraus vernünftigerweise nicht schliessen können, die Frist habe erstmals bzw. nochmals eingesetzt. Zu den Einwänden der Steuerpflichtigen, welche die Möglichkeit der Verlängerung der Abholfrist, den fehlenden Aufdruck des Absenders und generell die "Weltfremdheit" der Zustellungsfiktion betreffen, hat das Bundesgericht in publizierten Entscheiden Stellung genommen (vorne E. 3.2). Soweit überhaupt Rügen vorliegen, die den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG genügen (vorne E. 2.3.3), vermögen diese eine Verfassungsverletzung nicht aufzuzeigen.
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3.6. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.
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4. Nach dem Unterliegerprinzip (Art. 65 i. V. m. Art. 66 Abs. 1 BGG) sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Steuerpflichtigen aufzuerlegen. Dem Kanton Thurgau, der in seinem amtlichen Wirkungskreis obsiegt, steht keine Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 3 BGG).
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Verfahren 2C_55/2017 und 2C_56/2017 werden vereinigt.
 
2. Die Beschwerde im Verfahren 2C_56/2017 wird abgewiesen.
 
3. Die Beschwerde im Verfahren 2C_55/2017 wird abgewiesen.
 
4. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 31. Januar 2017
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Seiler
 
Der Gerichtsschreiber: Kocher
 
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