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Informationen zum Dokument  BGer 6B_125/2017  Materielle Begründung
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BGer 6B_125/2017 vom 17.05.2017
 
6B_125/2017
 
 
Urteil vom 17. Mai 2017
 
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Denys, Präsident,
 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
 
Bundesrichter Oberholzer,
 
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Frei,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
1. Amt für Justizvollzug des Kantons Schwyz, Einsiedlerstrasse 55, 8836 Bennau,
 
2. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Postfach 1201, 6431 Schwyz,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Gültiger Strafantrag (Sachbeschädigung),
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, Strafkammer, vom 13. Dezember 2016.
 
 
Sachverhalt:
 
 
A.
 
Das Amt für Justizvollzug des Kantons Schwyz zeigte X.________ am 14. April 2015 an wegen Brandstiftung, weil er seine Zelle in Brand gesetzt hatte. Es erklärte, sich am Strafverfahren gegen ihn als Zivilkläger beteiligen zu wollen, und machte einen Schaden von ca. Fr. 7'000.-- geltend. Das kantonale Strafgericht sprach X.________ am 17. März 2016 der versuchten Brandstiftung schuldig, bestrafte ihn mit 240 Stunden gemeinnütziger Arbeit und verpflichtete ihn, dem Amt für Justizvollzug Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
1
 
B.
 
Auf Berufung der Staatsanwaltschaft und Anschlussberufung von X.________ verneinte das Kantonsgericht Schwyz am 13. Dezember 2016 das Vorliegen einer Brandstiftung bzw. des Versuchs dazu und verurteilte X.________ stattdessen wegen Sachbeschädigung zu 180 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Die Zivilforderung des Amtes für Justizvollzug hiess es im Umfang von Fr. 3'000.-- gut und wies sie im Übrigen ab.
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C.
 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts vom 13. Dezember 2016 sei aufzuheben und das Verfahren gegen ihn wegen Sachbeschädigung mangels gültigen Strafantrags einzustellen. X.________ersucht um unentgeltliche Rechtspflege.
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D.
 
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz beantragt sinngemäss die Abweisung der Beschwerde. Das Kantonsgericht Schwyz und das Amt für Justizvollzug verzichten auf eine Vernehmlassung.
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Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
1.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, es liege kein gültiger Strafantrag im Sinne von Art. 30 StGB vor, weshalb seine Verurteilung wegen Sachbeschädigung gemäss Art. 144 Abs. 1 StGB bundesrechtswidrig sei.
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1.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdegegner 1 habe sich zwecks Verfolgung eines Schadens von ca. Fr. 7'000.-- im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer als Zivilkläger konstituiert, was in Anlehnung an Art. 118 Abs. 1 StPO grundsätzlich als Strafantrag qualifiziert werden könne, impliziere doch der Wille, adhäsionsweise als Zivilkläger einen bezifferten Schaden geltend zu machen, den Willen hinsichtlich einer diesbezüglichen Strafverfolgung. Weder aufgrund des aktenkundigen Formulars noch ansonsten ergäben sich Hinweise, dass der Beschwerdegegner 1 eine Sachbeschädigung von der Strafverfolgung habe ausnehmen wollen, weshalb die rechtliche Einordnung des Sachverhalts als Brandstiftung angesichts des explizit geltend gemachten Schadens nicht einschränkend wirke und der Beschwerdeführer zufolge rechtzeitigen Strafantrags wegen Sachbeschädigung verurteilt und bestraft werden könne.
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1.3. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
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1.3.1. In sachverhaltlicher Hinsicht ist festzustellen, dass der Beschwerdegegner 1 den Beschwerdeführer wegen Brandstiftung angezeigt hat (Urteil, S. 2). Dem zweiseitigen Formular "Strafantrag/Privatklage" ist zu entnehmen, dass er unter Ziffer 1 "Strafantrag" keine der drei Möglichkeiten (Strafantragstellung, Kenntnisnahme der Strafantragsfrist, Verzicht auf Strafantragstellung) angekreuzt und unter Ziffer 2 "Privatklage" mittels Kreuz explizit darauf verzichtet hat, sich als Strafkläger am Verfahren zu beteiligen, sich hingegen ausdrücklich als Zivilkläger konstituierte und Schadenersatz in der Höhe von Fr. 7'000.-- geltend machte.
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1.3.2. Nach der Praxis des Bundesgerichts liegt ein gültiger Strafantrag vor, wenn die antragsberechtigte Person innert Frist bei der zuständigen Behörde ihren bedingungslosen Willen zur Strafverfolgung des Täters so erklärt, dass das Strafverfahren ohne weitere Willenserklärung weiterläuft (BGE 141 IV 380 E. 2.3.4 S. 387; 131 IV 97 E. 3.1; je mit Hinweisen). Weiss die antragsberechtigte Person zwar um das Vorliegen einer Straftat, vermag sie aber aufgrund fehlender Detailkenntnisse noch nicht einzuschätzen, ob es sich um ein Offizial- oder ein Antragsdelikt handelt, beginnt die Antragsfrist zu laufen und muss die antragsberechtigte Person sicherheitshalber stets einen Strafantrag einreichen, will sie nicht nur ein Offizialdelikt, sondern auch ein damit allfällig einhergehendes Antragsdelikt verfolgt wissen (vgl. BGE 129 IV 1 E. 3.1; Urteil 6B_267/2008 vom 9. Juli 2008 E. 3.3 mit Hinweis). Treffen verschiedene Tatbestände zusammen, steht es der antragsberechtigten Person frei, falls sie eine Anzeige in Bezug auf Offizialdelikte einreicht, auf eine Strafverfolgung von daneben einhergehenden Antragsdelikten zu verzichten (BGE 115 IV 1 E. 2a; Urteil 6B_267/2008 vom 9. Juli 2008 E. 3.3; je mit Hinweisen).
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1.3.3. Wohl hat der Beschwerdegegner 1 mangels Kreuz an entsprechender Stelle nicht ausdrücklich auf die Strafverfolgung des Beschwerdeführers wegen des Antragsdelikts der Sachbeschädigung verzichtet. Ebenso wenig hat er aber für den Fall, dass es nur noch um ein Antragsdelikt gehen sollte, seinen Willen zur Strafverfolgung ausreichend kund getan. Vielmehr kann sein ausdrücklicher Verzicht auf die Konstituierung als Strafkläger implizit dahingehend verstanden werden, dass ihm die Strafverfolgung im Vergleich zur Durchsetzung seiner zivilrechtlichen Forderung letztlich weniger wichtig erschien. Die bei der Anzeige eines Offizialdelikts angemeldete adhäsionsweise Geltendmachung einer Zivilforderung allein genügt entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen jedenfalls nicht, um als Verlautbarung des bedingungslosen Willens zur Strafverfolgung eines Täters auch bezüglich allfälliger Antragsdelikte zu gelten, insbesondere zumal eine Zivilforderung unabhängig von einem Strafverfahren durchgesetzt werden kann und der Privatkläger nicht auf eine Strafverfolgung in jedem Fall angewiesen ist.
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1.3.4. Die Beschwerdegegnerin 2 macht geltend, der Beschwerdegegner 1 habe gemeint, aufgrund anderer gleich gelagerter Fälle davon ausgehen zu dürfen, dass der Beschwerdeführer wegen des zur Anzeige gebrachten Offizialdelikts der Brandstiftung verurteilt würde und sich deshalb die Antragstellung wegen eines allfälligen anderen Delikts erübrige. Diese Argumentation greift nicht, da gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung im Zweifelsfall stets Strafantrag gestellt werden muss, wenn noch nicht sicher einzuschätzen ist, ob es sich bei der zu verfolgenden Tat um ein Offizial- oder ein Antragsdelikt handelt. Wenn ein Geschädigter - wie offenbar der Beschwerdegegner 1 - fälschlicherweise davon ausgeht, es liege ein klarer Fall von Brandstiftung und damit ein Offizialdelikt vor, und es in der Folge unterlässt, sicherheitshalber zusätzlich Strafantrag wegen allfälliger Antragsdelikte zu stellen, wirkt sich dies bezüglich des Strafverfahrens zu seinem Nachteil aus, lässt ihm aber die Möglichkeit einer Durchsetzung seiner Schadenersatzforderung auf dem Zivilweg unbenommen.
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1.3.5. Die Beschwerdegegnerin 2 bringt vor, dem Beschwerdegegner 1 dürfe nicht zum Nachteil gereichen, dass er nicht auf die Idee gekommen sei, sicherheitshalber auch noch Strafantrag zu stellen, da inhaltlich an den Strafantrag keine übertriebenen Anforderungen zu stellen seien. Letzteres mag zutreffen. Vorliegend geht es indes nicht um inhaltliche Aspekte eines gestellten Strafantrags, sondern um die formelle Frage, ob überhaupt ein solcher rechtsgültig gestellt wurde.
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1.3.6. Zusammenfassend bringt der Beschwerdeführer zu Recht vor, die Angaben auf dem Strafantrags- bzw. Privatklageformular könnten und müssten dahingehend verstanden werden, dass der Beschwerdegegner 1 eine adhäsionsweise Beurteilung seiner Zivilforderung wünschte für den Fall, dass der Beschwerdeführer wegen des Offizialdelikts der Brandstiftung verurteilt würde. Hingegen verzichtete er mangels entsprechender Antragstellung auf die Strafverfolgung von einhergehenden Antragsdelikten.
13
 
Erwägung 2
 
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Schwyz hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Die Entschädigung ist praxisgemäss seinem Rechtsvertreter auszurichten. Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.
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 Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz vom 13. Dezember 2016 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
 
2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3. Der Kanton Schwyz hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Alexander Frei, eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.
 
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 17. Mai 2017
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Denys
 
Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler
 
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