BGer 5A_71/2017 | |||
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BGer 5A_71/2017 vom 19.06.2017 | |
5A_71/2017
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Urteil vom 19. Juni 2017 |
II. zivilrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter von Werdt, Präsident,
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Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
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Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.C.________,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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Obergericht Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter,
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Beschwerdegegner.
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Gegenstand
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unentgeltliche Rechtspflege (Entbindung vom Anwaltsgeheimnis, Erbschaft),
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Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden, Einzelrichter, vom 16. Dezember 2016.
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Sachverhalt: |
A. | |
A.C.________ ersuchte die Anwaltsaufsichtskommission des Kantons Appenzell Ausserrhoden im Zusammenhang mit einer erbrechtlichen Streitigkeit, Rechtsanwalt D.________, der ihren verstorbenen Vater vertreten hatte, vom Anwaltsgeheimnis zu entbinden resp. zur Herausgabe von Akten zu verpflichten. Die Anwaltsaufsichtskommission wies das Gesuch mit Entscheid vom 28. April 2016 ab.
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B. | |
A.C.________ erhob am 13. September 2016 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden und verlangte die Rückweisung der Angelegenheit an die Anwaltsaufsichtskommission mit der Anweisung, sämtliche Unterlagen von Rechtsanwalt D.________ einzufordern und den Erben offenzulegen und ihn vom Anwaltsgeheimnis zu entbinden. Eventualiter habe ihn das Obergericht selbst vom Anwaltsgeheimnis zu entbinden und zur Offenlegung der Akten zu verpflichten. Sie ersuchte um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das Beschwerdeverfahren. Das Obergericht wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit mit selbständig eröffnetem Entscheid vom 16. Dezember 2016 ab.
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C. | |
Gegen diesen Entscheid gelangt A.C.________ (Beschwerdeführerin) mit "Beschwerde" und "Verfassungsbeschwerde" vom 27. Januar 2017 an das Bundesgericht. Sie beantragt (wörtlich) :
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- 1.: Das Urteil vom 16. Dezember 2016 des Obergerichts Trogen sei aufzuheben. Es sei durch das Bundesgericht anzuordnen, dass Rechtsanwalt D.________ aus Trogen vom Anwaltsgeheimnis entbunden wird und die vollständigen Akten aus dem Mandat B.C.________ gem. Art. 23/2 (bGs145.52) durch Hinterlegung beim Obergericht Trogen oder der Staatsanwaltschaft Herisau vollständig zur geregelten Einsicht der Erben und Gerichte offenzulegen hat.
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- 2.: Eventualiter sei der Entscheid vom 16.12.16 durch das Bundesgericht mit den in der Beschwerde gestellten Anträgen zur Ausführung an das Obergericht und/oder Anwaltsaufsichtskommission zurückzuweisen und die Ausführung der darin gestellten Anträge (1-5) anzuordnen.
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Die Kosten- und Entschädigungsfolgen seien dem Staat oder D.________ aufzuerlegen und sie sei für ihre Umtriebe mit Fr. 1'800.-- zu entschädigen. Am 12. Februar 2017 ersuchte sie zudem um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
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D. | |
Das Bundesgericht hat die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 141 II 113 E. 1 S. 116; 139 V 42 E. 1 S. 44; je mit Hinweisen).
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1.2. Die Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 BGG), mit dem die unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit verweigert wurde. Das ist ein Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1 S. 131). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1 S. 382). Dort geht es um ein Verfahren betreffend Entbindung vom Anwaltsgeheimnis/Aktenherausgabe und damit um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit. Gegen Endentscheide auf dem Gebiet der Entbindung vom Anwaltsgeheimnis steht die Beschwerde an das Bundesgericht offen (Urteile 2C_586/2015 vom 9. Mai 2016 E. 1.1, nicht publ. in BGE 142 II 307; 2C_1127/2013 vom 7. April 2014 E. 1.1). Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit grundsätzlich auch gegen den Zwischenentscheid gegeben. Steht die Beschwerde in Zivilsachen zur Verfügung, bleibt für die ebenfalls erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde kein Raum (Art. 113 BGG). Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG).
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1.3. Anfechtungsobjekt vor Bundesgericht ist einzig der Entscheid des Obergerichts (Art. 75 Abs. 1 BGG). Der angefochtene Entscheid befasst sich mit dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im kantonalen Beschwerdeverfahren. Auch das vorliegende bundesgerichtliche Verfahren beschränkt sich daher auf die Frage der unentgeltlichen Rechtspflege. Das heisst, die Beschwerdeführerin kann nur Anträge zur umstrittenen unentgeltlichen Rechtspflege stellen. Sie macht hingegen direkt ihre Forderungen in der Hauptsache geltend (Entbindung vom Anwaltsgeheimnis, Aktenherausgabe; vgl. Sachverhalt Bst. C). Im Eventualbegehren verweist sie zusätzlich auf die "in der Beschwerde gestellten" Anträge (Sachverhalt Bst. C, Ziff. 2 letzter Satz) und meint damit wohl die kantonale Beschwerde vom 13. September 2016. Begehren Ziff. 1 bis 4 der kantonalen Beschwerde betrafen die Hauptsache. In der dortigen Ziff. 5 beantragte sie weiter eine Entbindung von den Gerichtskosten; diese seien der Anwaltskommission, dem Staat oder D.________ aufzuerlegen.
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Über die Hauptbegehren hat die Vorinstanz noch gar nicht entschieden. Insofern kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden. Ebensowenig genügt ein blosser Verweis auf Begehren einer vorangegangenen Rechtsschrift, muss die Beschwerde doch sowohl die Begehren als auch deren Begründung enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 133 II 396 E. 3.2 S. 400 zu den Begründungsanforderungen und die Unzulässigkeit blosser Verweise).
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1.4. Immerhin kann die Beschwerdebegründung für die Auslegung der Begehren beigezogen werden (BGE 136 V 131 E. 1.2 S. 136). Wird angenommen, dass die Beschwerdeführerin sinngemäss vorab eine Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege verlangt, damit (unentgeltlich) über die anderen Begehren geurteilt werden kann, müsste sie aufzeigen, dass und weshalb ihr Ersuchen um Entbindung vom Anwaltsgeheimnis resp. um Aktenherausgabe von der Vorinstanz zu unrecht als "aussichtslos" beurteilt wurde.
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Die Beschwerdeführerin kritisiert als erstes in appellatorischer Weise, dass die vom Gesetz vorgesehene Aussichtslosigkeitsprüfung (Art. 117 ff. ZPO) verfassungswidrig sei. Die Verfassung selbst macht allerdings dieselbe Einschränkung (Art. 29 Abs. 3 BV). Weiter empört sie sich über die ihrer Ansicht nach dem Anwaltsstand gewährten Privilegien, die Rechtsmissbrauch fördern würden. Mit dem eigentlichen Argument der Vorinstanz, dass nämlich die Anwaltskommission dem Ersuchen der Beschwerdeführerin (Entbindung vom Anwaltsgeheimnis, Verpflichtung zur Herausgabe von Akten) gar nicht nachkommen konnte, weil die Kommission hierfür in der gegebenen Konstellation nicht zuständig sei, setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander. Dass der betroffene Anwalt möglicherweise eine andere Auskunft gab, ist für dieses Verfahren irrelevant. Die Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann.
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Der Beschwerdeführerin steht es frei, allfällige Informations- und Herausgabeansprüche gegen D.________ im bereits hängigen erbrechtlichen Verfahren geltend zu machen.
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Erwägung 2 | |
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist abzuweisen. Wie die vorstehenden Erwägungen aufzeigen, konnte die Beschwerde von Beginn weg keinen Erfolg haben (Art. 64 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.
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3. Die Gerichtskosten von Fr. 400.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
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4. Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. Juni 2017
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Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: von Werdt
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Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann
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