BGer 6B_627/2017 | |||
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BGer 6B_627/2017 vom 04.09.2017 | |
6B_627/2017
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Urteil vom 4. September 2017 |
Strafrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Bundesrichter Oberholzer,
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Bundesrichterin Jametti,
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Gerichtsschreiber Briw.
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Verfahrensbeteiligte | |
X.________,
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vertreten durch Advokat Roman Zeller,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Führen eines Motorfahrzeugs trotz Entzug des Führerausweises, Strafzumessung,
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Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, vom 22. Februar 2017.
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Sachverhalt und Erwägungen: |
1. | |
1.1. X.________ war der Führerausweis am 29. Oktober 2014 auf unbestimmte Zeit entzogen worden. Er lenkte am 29. Januar 2015 in Basel einen Personenwagen und überschritt dabei die Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 1 km/h. Am 3. März 2015 fuhr er mit einem Personenwagen von Deutschland her in die Schweiz. Er war bereits mehrfach wegen Fahrens trotz Entzugs des Führerausweises verurteilt worden, zuletzt am 29. Oktober 2013.
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1.2. Das Einzelgericht in Strafsachen verurteilte ihn am 11. April 2016 wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des schweizerischen Führerausweises und Aberkennung des ausländischen Führerausweises sowie wegen Verletzung von Verkehrsregeln zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 50.--, mit bedingtem Strafvollzug, unter Auferlegung einer Probezeit von 5 Jahren, und einer Busse von Fr. 40.--. Es widerrief eine vom Kantonsgericht Basel-Landschaft am 29. Oktober 2013 bedingt ausgesprochene Geldstrafe (wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des schweizerischen Führerausweises und Aberkennung des ausländischen Führerausweises) und verzichtete auf den Widerruf einer von der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft am 2. April 2014 bedingt ausgesprochenen Geldstrafe (wegen Sachbeschädigung).
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Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 22. Februar 2017 auf Berufung von X.________ das Urteil.
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1.3. X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen sinngemäss, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben, ihn von Schuld und Strafe freizusprechen, eventuell die vorinstanzlich ausgesprochene Strafe auf "einen Tagessatz von CHF 10.00, Probezeit 2 Jahre, zu reduzieren", sowie subeventuell die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen, unter Kostenfolgen.
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2. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist auf die Motivation des Entscheids einzugehen und daran im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern die Entscheidung Bundesrecht verletzt (BGE 141 IV 369 E. 6.3; 140 III 115 E. 2).
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Das Bundesgericht ist nicht gehalten, wie ein erstinstanzliches Strafgericht alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen (BGE 140 III 115 E. 2). Es ist auch kein Berufungsgericht und prüft unter dem Titel von Art. 106 Abs. 1 BGG betreffend die Rechtsanwendung von Amtes wegen grundsätzlich nur die erhobenen Rügen, es sei denn, die rechtlichen Mängel lägen geradezu auf der Hand (BGE 142 I 99 E. 1.7.1).
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Die Beweiswürdigung ist Aufgabe des Sachgerichts (Art. 10 Abs. 2 StPO). Soweit der Sachverhalt und damit die Beweiswürdigung der Vorinstanz bestritten werden, hebt das Bundesgericht ein Urteil auf, wenn es willkürlich ist (Art. 9 BV), d.h. sich im Ergebnis (Art. 97 Abs. 1 BGG) als schlechterdings unhaltbar erweist, namentlich wenn ein Beweismittel offensichtlich verkannt wurde (BGE 140 III 264 E. 2.3) oder der Entscheid schlechterdings unhaltbar erscheint, nicht aber bereits, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erschiene (BGE 141 I 49 E. 3.4, 70 E. 2.2). Auf eine abweichende eigene Version des Geschehens und blosse Kritik am Urteil hat das Bundesgericht nicht einzutreten (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1, 317 E. 5.4, 369 E. 6.3; 140 III 264 E. 2.3). Im Übrigen legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG).
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Der Beschwerdeführer beachtet die Eintretensvoraussetzungen nicht.
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3. | |
3.1. Das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 29. Oktober 2013 erging wegen mehrfachen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Entzugs des Führerausweises, begangen mit einem Lieferwagen am 7. April 2010, 20. Juli 2010 und 18. Dezember 2011. Die Polizei Basel-Landschaft, Administrativmassnahmen, ordnete am 29. Oktober 2014 einen Sicherungsentzug auf unbestimmte Zeit an, und zwar wegen schwerer Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. f SVG. Das Massnahmeregister wies damals drei schwere Fälle aus:
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- Sicherungsentzug mit 60 Monaten Sperrfrist, Ablauf am 16.10.2011;
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- 12 Monate Entzug, Ablauf 02.12.2006;
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- 3 Monate Entzug, Ablauf 12.08.2005;
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- die Entzüge datieren vom 17.10.2006, 01.02.2006 und 12.09.2005 / BL (kantonale Akten, act. 64, 65; ADMAS-Auszug in act. 204 f.). Die Fahreignung wurde ihm am 10. Februar 2017 wieder zugesprochen (Urteil S. 6).
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Der Beschwerdeführer trägt als "Vorgeschichte" vor, bei einer Verkehrskontrolle am 10. April 2010 sei ihm eröffnet worden, dass ihm am 17. Oktober 2006 seine Fahrbewilligung für unbestimmte Zeit aberkannt worden sei. Das "Urteil" sei ihm nicht korrekt zugestellt worden. Der Präsident des Kantonsgerichts Basel-Landschaft habe ihm bei der Verhandlung vom 29. Oktober 2013 zugesichert, der Führerausweis würde ihm wegen der "Delikte" vom 7. April 2010, 20. Juli 2010 und 18. Dezember 2011 nicht entzogen. Deshalb habe er das Urteil akzeptiert. Die Zusicherung möge insoweit zutreffen, als das Strafurteil direkt noch zu keinem Entzug geführt habe, jedoch sei unerwähnt geblieben, dass das folgende Administrativverfahren einen Entzug zur Folge haben könne. Somit sei die von ihm "wahrgenommene" Aussage irreführend und im Ergebnis falsch gewesen. Das Gnadengesuch beim Regierungsrat sei folgenlos geblieben. Die am 11. April 2016 beantragte "Wiederaufnahme des Fehlurteils vom 29. Oktober 2013" habe die Vorinstanz nicht geprüft, sondern habe auf die Rechtskraft hingewiesen und damit sein rechtliches Gehör verletzt.
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Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt des Urteils vom 29. Oktober 2013 in Verkehrsstrafsachen und Administrativmassnahmeverfahren prozesserfahren. Immerhin macht er nicht geltend, vom Sicherungsentzug vom 29. Oktober 2014 keine Kenntnis erhalten zu haben (er war in Kenntnis; erstinstanzliches Urteil S. 3, 4). Die Argumentation entbehrt jeglicher Plausibilität. Der Beschwerdeführer weist selber auf eine von ihm "wahrgenommene" Auskunft und damit auf ein mögliches Missverständnis seinerseits hin. Wie auch immer er die Auskunft verstanden haben will, dadurch würde das Urteil vom 29. Oktober 2013 nicht zu einem Fehlurteil. Es beruht nicht auf einer Auskunft, sondern auf dem Anklagesachverhalt. Darauf ist insgesamt nicht einzutreten.
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3.2. Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, es sei anzumerken, die Vorinstanz habe ihn trotz der Feststellung eines monatlichen Nettoeinkommens von ca. Fr. 3'000.-- zu einem Tagessatz von Fr. 50.-- verurteilt. Die Berechnung berücksichtige seine Ansicht nicht, dass der Ausweisentzug zu Unrecht erfolgt sei. Begründet werde der vorinstanzliche Entscheid nicht, womit sein rechtliches Gehör verletzt sei. Für die Anwendung des Minimalsatzes von Fr. 10.-- spreche, dass er lediglich wenige Meter auf Schweizer Boden gefahren sei, und die Vorinstanz stelle fest, er habe sich seit zwei Jahren nichts mehr zuschulden kommen lassen. Er habe sich mit therapeutischer Hilfe deutlich verbessert. Die Probezeit sei zu Unrecht auf das Maximum von 5 Jahren festgesetzt worden; eine gesetzliche Grundlage führe die Vorinstanz nicht an. Aufgrund seiner Ausführungen sei offensichtlich, dass das fehlende Strafbedürfnis zu einer Strafbefreiung gemäss Art. 52 StGB führe.
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Der Beschwerdeführer fuhr nicht "lediglich wenige Meter", sondern aus Deutschland in die Schweiz sowie in der Stadt Basel. Die Vorinstanz verweist auf die erstinstanzliche Strafzumessung. Sie führt aus, dass mehrere frühere Verwarnungen und Vorstrafen ihn nicht davon abhielten, sich erneut ohne Führerausweis hinter das Steuer zu setzen (Urteil S. 5). Zutreffend erhöht sie die Strafe gestützt auf Art. 49 Abs. 1 StGB und berechnet den Tagessatz auf der Grundlage des "Nettoeinkommens" (BGE 134 IV 60 E. 5.4). Sie beurteilt den bedingten Strafvollzug sowie die Widerrufsfrage nach der einschlägigen Rechtsprechung von BGE 134 IV 140. Bei der ohne Ermessensverletzung festgesetzten Probezeit berücksichtigt sie richtigerweise die drei früheren Ausweisentzüge; die gesetzliche Bestimmung findet sich in Art. 44 Abs. 1 StGB. Die Ansicht, ihn gemäss Art. 52 StGB von Strafe zu befreien (dazu BGE 135 IV 130 E. 5), ist als abwegig zu bezeichnen.
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3.3. Zusammengefasst ergibt sich: Die Administrativmassnahmen sind rechtskräftig. Auf die bloss appellatorischen Einwände zum Sachverhalt ist nicht einzutreten. Die strafzumessungsbezogene Kritik ist unbehelflich. Aus dem Gehörsanspruch ergibt sich nicht, dass das Gericht sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen - insbesondere jede abwegige Ansicht - ausdrücklich widerlegen müsste. Das Gericht kann sich auf die entscheidwesentlichen Punkte beschränken (BGE 143 III 65 E. 5.2; Urteil 6B_656/2017 vom 5. Juli 2017 E. 2). Der Beschwerdeführer konnte das Urteil in voller Kenntnis der Sache anfechten. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist weder dargetan noch ersichtlich.
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4. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem Beschwerdeführer sind die Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 4. September 2017
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Der Gerichtsschreiber: Briw
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