BGer 4A_241/2016 | |||
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BGer 4A_241/2016 vom 19.09.2017 | |
4A_241/2016
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Urteil vom 19. September 2017 |
I. zivilrechtliche Abteilung | |
Besetzung
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Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
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Bundesrichterinnen Klett, Hohl, Niquille, May Canellas,
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Gerichtsschreiber Lüthi.
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Verfahrensbeteiligte | |
A.E.________,
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vertreten durch Advokat Dr. Daniel Riner,
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Beschwerdeführerin,
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gegen
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NVB - Nationales Versicherungsbüro Schweiz,
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vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hauri,
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Beschwerdegegner,
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Konkursmasse im Nachlass B.E.________,
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vertreten durch das Konkursamt Liestal.
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Gegenstand
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Haftpflichtrecht,
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Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, vom 2. März 2016.
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Sachverhalt: |
A. | |
A.a. Am 9. Mai 2008 ereignete sich auf der Autobahn A3 eine Auffahrkollision. Der in Deutschland wohnhafte F.________ fuhr von hinten auf die von B.E.________ (Kläger 2) gesteuerte Fahrzeugkombination mit Pferdeanhänger. Dabei wurden u.a. die Stute X.________ und die im Pferdeanhänger mitfahrende A.E.________ (Klägerin 1, Beschwerdeführerin) verletzt.
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Die Kläger, die über keinen eigenen Stall verfügten, hatten die Stute in einem sechs Kilometer von ihrem Wohnhaus entfernten Reitstall untergebracht, der mit dem Auto in wenigen Fahrminuten erreichbar war. Die tägliche Pflege wurde nicht von den Stallbetreibern (wie bei Pensionsställen teilweise üblich), sondern von der Klägerin 1 selber übernommen, welche das Tier bis zum Unfall auch selbst geritten hatte.
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A.b. Das NVB - Nationales Versicherungsbüro Schweiz (Beklagter, Beschwerdegegner) ist ein Verein mit Sitz in Zürich, der gemäss Art. 74 Abs. 2 lit. a SVG die Haftung für Schäden deckt, die durch ausländische Motorfahrzeuge in der Schweiz verursacht werden, soweit nach dem SVG eine Versicherungspflicht besteht.
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B. | |
B.a. Mit Klage vom 31. August 2012 beim Bezirksgericht Brugg machten die Kläger Heilungskosten, eine Affektionsentschädigung sowie den Minderwert der Stute X.________ geltend und beantragten, der Beklagte sei im Sinn einer Teilklage kostenfällig zur Zahlung von Fr. 82'869.25 nebst Zins, unter Vorbehalt des Nachklagerechts, zu verpflichten. Sie beriefen sich darauf, bei der Stute handle es sich um ein Tier, das "im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten" werde im Sinn von Art. 42 Abs. 3 und Art. 43 Abs. 1
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Mit (Zwischen-) Urteil vom 12. November 2013 erkannte das Bezirksgericht, dass der Beklagte den Klägern für Folgen, die für die Stute X.________ aus dem Verkehrsunfall vom 9. Mai 2008 entstanden sind, gestützt auf Art. 41 Abs. 1 OR, Art. 42 Abs. 3 OR und Art. 43 Abs. 1 bis OR vollumfänglich haftpflichtig sei.
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In teilweiser Gutheissung einer vom Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung änderte das Obergericht des Kantons Aargau dieses Urteil und stellte fest, dass der Beklagte den Klägern für Schadenfolgen, die für die Stute X.________ aus dem Verkehrsunfall vom 9. Mai 2008 entstanden sind, lediglich gestützt auf Art. 41 Abs. 1 OR haftpflichtig sei. Weiter stellte es fest, dass es sich bei der Stute X.________ nicht um ein Tier handelt, das im Sinne von Art. 42 Abs. 3 OR und Art. 43 Abs. 1 bis OR "im häuslichen Bereich" gehalten werde. Die Sache wurde daher an das Bezirksgericht zurückgewiesen.
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B.b. Mit Urteil vom 8. September 2015 wies das Bezirksgericht die Klage kostenfällig ab.
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Der Kläger 2 verstarb nach Zustellung dieses erstinstanzlichen Urteils, aber vor Ablauf der Berufungsfrist. In der Folge erhoben die Klägerin 1 und die beiden mündigen Kinder C.E.________ und D.E.________ als gesetzliche Erben des Klägers 2 Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau. Das Obergericht lehnte es mit Urteil vom 2. März 2016 ab, das Verfahren zu sistieren bis feststehe, wer in die Rechtsstellung des verstorbenen Klägers 2 eintrete. Zugleich wies es die Berufung ab, soweit es darauf eintrat.
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C. | |
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 22. April 2016 beantragte die Klägerin 1 dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. März 2016 sei kostenfällig aufzuheben und die Beschwerdegegnerin [recte: der Beschwerdegegner] sei unter Vorbehalt einer Mehrforderung zur Zahlung von Fr. 82'869.25 nebst Zins zu 5 % seit dem 9. Mai 2008 an sie selber und an die Konkursmasse im Nachlass des Klägers 2 zu verurteilen. Die Sache sei zur Vornahme weiterer Abklärungen und zum neuen Entscheid an das Bezirksgericht, eventualiter das Obergericht zurückzuweisen.
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Im Hinblick auf einen gleichzeitig gestellten Verfahrensantrag verfügte die Präsidentin der I. zivilrechtlichen Abteilung am 23. Mai 2016, das Beschwerdeverfahren 4A_241/2016 in Sachen A.E.________ gegen das NVB - Nationale Versicherungsbüro Schweiz werde eingestellt, bis auch die Konkursmasse im Nachlass B.E.________ gegen das Urteil vom 2. März 2016 Beschwerde erhebe oder Klarheit darüber herrsche, dass sie auf eine Beschwerde verzichtet. Am 4. Januar 2017 teilte das zuständige Konkursamt dem Bundesgericht mit, die Konkursmasse verzichte auf einen Eintritt in den hängigen Prozess.
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Mit Präsidialverfügung vom 6. Januar 2017 wurde das Verfahren wieder aufgenommen und ein von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerde gestelltes Gesuch um Beschwerdeergänzung abgewiesen.
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Mit Eingabe vom 24. Februar 2017 änderte die Beschwerdeführerin ihr Rechtsbegehren zufolge des Verzichts der Konkursmasse und beantragte, die Beschwerdegegnerin [recte: der Beschwerdegegner] sei unter Vorbehalt der Mehrforderung zur Zahlung von Fr. 74'393.90 nebst Zins zu 5 % seit dem 9. Mai 2008 an die Beschwerdeführerin zu verurteilen. Der Beschwerdegegner trägt auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde an. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 | |
Bei Tieren, die " im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten " werden, können die Heilungskosten auch dann angemessen als Schaden geltend gemacht werden, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen (Art. 42 Abs. 3 OR). Im Falle der Verletzung oder Tötung eines solchen Tieres kann das Gericht sodann bei der Bestimmung des Schadenersatzes dem Affektionswert angemessen Rechnung tragen, den dieses Tier für seinen Halter und dessen Angehörige hatte (Art. 43 Abs. 1 bis OR). Art. 42 Abs. 3 und Art. 43 Abs. 1 bis OR wurden 2003 zusammen mit dem neuen Art. 641a ZGB erlassen, wonach Tiere keine Sachen sind. Der gleiche Begriff der Tiere " im häuslichen Bereich " wurde auch in andern im Rahmen dieser Revision angepassten Bestimmungen verwendet, nämlich in Art. 651a Abs. 1 ZGB (richterliche Zusprechung von Tieren), Art. 722 Abs. 1 bis ZGB (Eigentumserwerb bei Fund), Art. 728 Abs. 1 bis ZGB (Ersitzung) und Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1a SchKG (unpfändbare Vermögenswerte).
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Es ist unbestritten, dass die Stute X.________ von der Beschwerdeführerin nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wurde. Zu prüfen ist, ob sie ein "im häuslichen Bereich" gehaltenes Tier ist. Das Bundesgericht musste bislang noch nie zu diesem Begriff Stellung nehmen.
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Erwägung 2 | |
Während das Bezirksgericht unabhängig davon, dass die Stute in einiger räumlicher Distanz zum Wohnort der Kläger untergebracht worden war, den Begriff " im häuslichen Bereich " als erfüllt betrachtete, da es aufgrund der mit der Revision verfolgten Zwecke massgeblich darauf ankomme, dass die Eigentümer das Pferd selber pflegten und eine entsprechende Bindung zu ihm unterhielten, stellte die Vorinstanz massgeblich auf den Wortlaut ab. Dieser lasse zwar eine Tierhaltung in der unmittelbaren Umgebung noch zu, jedoch könne bei einer Entfernung von sechs Kilometern nicht mehr vom häuslichen Bereich die Rede sein.
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Die kantonalen Gerichte konnten sich auf je unterschiedliche Auffassungen in der Lehre stützen. Zwar wird allgemein angenommen, ein Tier müsse nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht im Haus selber gehalten werden; zum häuslichen Bereich könne auch ein separater Stall gezählt werden (ohne nähere Eingrenzung: INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 2016, S. 122 Rz. 18.04). Jedoch unterscheiden sich die Lehrmeinungen hinsichtlich der Frage, bis zu welcher Distanz dies möglich ist. Ein Teil will den "häuslichen Bereich" auf die unmittelbare Wohnumgebung beschränkt wissen (ROLAND BREHM, Berner Kommentar, 4. Aufl. 2013, N. 70 zu Art. 42 OR "einige Schritte vom Haus entfernten Stall "; CHRISTOPH MÜLLER, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 3. Aufl. 2016, N. 18 zu Art. 42 OR; GEORGES VONDER MÜHLL, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Band I, 2. Aufl. 2016, N. 11a zu Art. 92 SchKG " heimhaltungstaugliche Haustiere [...], welche nach ihrer Wesensart und Beschaffenheit zu einem häuslichen oder sonst engen räumlichen Zusammenleben mit dem Menschen geeignet sind ". Wohl auch FRANZ WERRO, La responsabilité civile, 2. Aufl. 2011, § 1 Rz. 186 und derselbe, in: Commentaire romand, Code des obligations, Band I, 2. Aufl. 2012, N. 33 zu Art. 42 OR " l'écurie voisine "). Nach anderer Auffassung ist der entscheidende Gesichtspunkt die besonders enge Beziehung; dies bedinge eine gewisse Häufigkeit der Kontakte, so dass es mehr auf die zeitliche Intensität als die örtliche Nähe ankomme (PETER KREPPER, Affektionswert-Ersatz bei Haustieren, AJP 2008 S. 710; BERNHARD ISENRING, Das Haustier in der Zwangsvollstreckung, BlSchKG 2004 S. 44; OMBLINE DE PORET, Le statut de l'animal en droit civil, 2006, S. 291 Rz. 943; EVELINE SCHNEIDER KAYASSEH, Haftung bei Verletzung oder Tötung eines Tieres - unter besonderer Berücksichtigung des Schweizerischen und U.S.-Amerikanischen Rechts, 2009, S. 58" in einer nahegelegenen Ortschaft in einem Stall"; BRUNNER/WICHTERMANN, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Band II, 5. Aufl. 2015, N. 3 zu Art. 651a ZGB. Wohl auch: MICHEL OCHSNER, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 80 zu Art. 92 SchKG " tous les animaux de compagnie "). Zwei Autoren nennen Pferde ausdrücklich und verstehen sie ohne Differenzierung (falls nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten) als Tiere im " häuslichen Bereich " (CHRISTINE CHAPPUIS, Les nouvelles dispositions de responsabilité civile sur les animaux, in: Le préjudice, Journée de la responsabilité civile 2004, Chappuis/Winiger [Hrsg.], 2005, S. 19 f.; ISENRING, a.a.O., S. 45).
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Erwägung 3 | |
Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen (BGE 140 III 616 E. 3.3 S. 620 f., 206 E. 3.5.4 S. 214; 140 IV 1 E. 3.1 S. 5, 28 E. 4.3.1 S. 34; 140 V 8 E. 2.2.1 S. 11; je mit Hinweisen).
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Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, unter anderem, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Norm wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben (BGE 140 II 129 E. 3.2 S. 131; 140 IV 108 E. 6.4 S. 111; 140 V 213 E. 4.1 S. 216 f.; je mit Hinweisen). Eine historisch orientierte Auslegung ist für sich allein nicht entscheidend; anderseits vermag aber nur sie die Regelungsabsicht des Gesetzgebers (die sich insbesondere aus den Materialien ergibt) aufzuzeigen, welche wiederum zusammen mit den zu ihrer Verfolgung getroffenen Wertentscheidungen verbindliche Richtschnur des Gerichts bleibt, auch wenn es das Gesetz mittels teleologischer Auslegung oder Rechtsfortbildung veränderten, vom Gesetzgeber nicht vorausgesehenen Umständen anpasst oder es ergänzt (BGE 140 III 616 E. 3.3 S. 621; 138 III 359 E. 6.2 S. 361; 137 V 13 E. 5.1 S. 17; vgl. auch BGE 140 III 206 E. 3.5.3 S. 213 f.).
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3.1. Der deutsche ( "im häuslichen Bereich") und der französische Text ("milieu domestique") stimmen überein und gehen von einer räumlichen Einschränkung aus. Der - für das schweizerische Recht ungewohnte - Begriff " im häuslichen Bereich " wurde aus § 811c Abs. 1 der deutschen ZPO übernommen und erfasst dort Tiere im räumlichen Machtbereich des Tierhalters (GOETSCHEL/BOLLIGER, Das Tier im Recht, 2003, S. 147; DE PORET, a.a.O., S. 289 f. Rz. 937 ff.). Wegen dieser vorausgesetzten räumlichen Nähe schliesst die deutsche Lehre überwiegend ein Reitpferd, das ausserhalb des Wohngrundstücks des Halters zum Beispiel in einem gemieteten Reitstall gehalten wird, aus (URS PETER GRUBER, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band 2, 4. Aufl. 2012, N. 3 zu § 811c ZPO mit Hinweisen).
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Demgegenüber ist der italienische Ausdruck "animali domestici " weiter. Ein Haustier ist ein Tier, das vom Menschen versorgt wird und in seiner Umgebung lebt; es ist der Gegenbegriff zum Wildtier (so auch die Gegenüberstellung in Art. 12 i.V.m. Art. 35 Abs. 1 der bei Erlass dieser Bestimmungen in Kraft gewesenen Tierschutzverordnung vom 27. Mai 1981 [aTSchV; AS 1981 575 und 580]; ähnlich nunmehr Art. 2 Abs. 1 der Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 [TSchV; SR 455.1]; vgl. auch Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 1983, S. 551" nicht frei lebendes, an den Menschen gewöhntes Tier "). Innerhalb des so abgegrenzten Begriffs der Haustiere wird unterschieden zwischen den Nutztieren und den Tieren, die der Mensch aus emotionalen Gründen hält (GOETSCHEL/BOLLIGER, a.a.O., S. 83; DE PORET, a.a.O., S. 288 Rz. 932). Ausgehend von dieser Abgrenzung würde das (domestizierte) Freizeitpferd tel quel unter den italienischen Text "animali domestici " fallen. Stellt man aber auf den deutschen und französischen Wortlaut ab, kommt es darauf an, wie gross die räumliche Distanz zur Wohnung des Tierhalters ist. Eine Distanz von sechs Kilometern wie vorliegend wäre nicht mehr der häusliche Bereich.
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3.2. Sinn und Zweck der Gesetzesrevision sprechen für eine Auslegung, die überhaupt nicht auf ein räumliches Kriterium abstellt. Es ging darum, der affektiven Beziehung eines Menschen zu einem Tier Rechnung zu tragen und es insofern nicht mehr wie eine Sache zu betrachten (Art. 641a Abs. 1 ZGB). Dass gerade zu einem Pferd diese Beziehung eine sehr enge sein kann, ist notorisch. Damit eine enge Beziehung entstehen kann, muss ein genügender Umgang in zeitlicher Hinsicht bestehen. Die örtliche Nähe spielt dann nur insofern eine (indirekte) Rolle, als bei zu grosser Distanz häufige Kontakte nicht oder weniger möglich sind (i.d.S. zutreffend KREPPER, a.a.O., S. 710).
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3.3. Aus der Entstehungsgeschichte der verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen ergeben sich keine eindeutigen Hinweise.
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Einerseits war im Rahmen der allgemeinen Ausführungen immer wieder statt von Tieren " im häuslichen Bereich " bzw. im "milieu domestique" vom Haustier (animal domestique) die Rede, welches dem von diesen Bestimmungen nicht erfassten Nutztier gegenübergestellt wurde (Kommissionssprecher Epiney, AB 2002 S 65; Kommissionssprecher Siegrist, AB 2002 N 1252 und 1257). Da das Freizeitpferd zweifellos kein Nutztier ist, spricht die hier verwendete Abgrenzung für ein weites Verständnis des strittigen Begriffs. Im Hinblick auf nach Art. 42 Abs. 3 OR zu deckende Heilungskosten wurde mit dem nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehaltenen Pferd als Beispiel begründet, dass solche Kosten verhältnismässig zu sein hätten (Kommissionssprecher Epiney, a.a.O., 65). Auch damit wurde das Pferd undifferenziert als Tier " im häuslichen Bereich " verstanden.
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Andererseits wurden im Rahmen der Kommissionsberichte Bemerkungen zu einzelnen Bestimmungen gemacht, die Pferde ausschliessen. So heisst es im Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats zur parlamentarischen Initiative " Tier ist keine Sache " und zur parlamentarischen Initiative " Wirbeltiere. Gesetzliche Bestimmungen " vom 18. Mai 1999 zum neuen Art. 722 Abs. 1 bis ZGB (Eigentumserwerb bei Fund), mit den Tieren im häuslichen Bereich seien "Tiere gemeint, zu denen der Besitzer eine besonders enge Beziehung hat, unabhängig davon, ob sie im Haus, im Garten oder im Stall gehalten werden. Eingeschränkt wird der Geltungsbereich durch die Bedingung, dass diese Tiere nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden. In die Interessenabwägung einzubeziehen ist aber auch der wirtschaftliche Wert eines Tieres. Wer beispielsweise ein Pferd findet, kann sich nicht oder nur ausnahmsweise auf diese Bestimmung berufen, selbst dann nicht, wenn er eine enge Beziehung zum Tier entwickelt hat" (BBl 1999 8942 f. Ziff. 332.1. Wörtlich gleich: Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerats zur parlamentarischen Initiative " Die Tiere in der schweizerischen Rechtsordnung " vom 25. Januar 2002, BBl 2002 4170 Ziff. 3.3.2.1). Schliesslich bemerkte der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 27. Februar 2002 zu diesem Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Ständerats (BBl 2002 5808 Ziff. 2.2), der neu vorgeschlagene Art. 92 [Abs. 1] Ziff. 1a SchKG werde wohl keine praktischen Wirkungen zeitigen, denn es könne davon ausgegangen werden, dass bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, kaum Aussichten auf einen Verwertungserlös bestünde. Gerade bei einem Freizeitpferd dürfte diese Aussage aber in aller Regel nicht zutreffen. Auch vorliegend hatte das Pferd X.________ nach den Feststellungen der Vorinstanz einen Vorunfallwert von Fr. 17'500.--.
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Den Ausführungen in den Räten selber ist höheres Gewicht beizumessen als solchen in vorbereitenden Berichten. Daher sprechen die Materialien insgesamt eher für ein weites Verständnis des strittigen Begriffs, das nicht entscheidend auf die räumliche Distanz abstellt.
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3.4. Das Ergebnis einer Auslegung muss in sich stimmig sein und darf nicht an einem unhaltbaren Wertungswiderspruch leiden. Eine Auslegung, nach welcher ein Pferd, das in einem Stall in näherer Umgebung der Wohnung gehalten wird, als Tier "im häuslichen Bereich" qualifiziert würde, ein Pferd in einem einige Kilometer entfernten Stall aber nicht, obwohl ihm die Pferdehalter den gleichen Aufwand an Pflege und Kontakt zukommen lassen und sich so ihre (zumindest) vergleichbare Affektion manifestiert, lässt sich im Hinblick auf den Gesetzeszweck nicht rechtfertigen. Wenn überhaupt, müsste die räumliche Abgrenzung dann eine engere sein in dem Sinn, dass nur Tiere, die mit ihren Haltern in deren Heim gleichsam als Hausgenossen zusammenleben, den geschützten Begriff erfüllen. Pferde würden die Qualifizierung dann nie erfüllen, egal ob sie in der näheren Umgebung oder weiter weg gehalten werden. Da im Gesetzgebungsprozess aber ausdrücklich auch auf die Haltung in einem separaten Stall hingewiesen wurde, verbietet sich eine derart enge Auslegung.
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Angesichts der erwähnten Hinweise im Gesetzgebungsprozess namentlich zu Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1a SchKG lässt sich fragen, ob Pferde - sie bereiten ja vor allem Mühe bei der Abgrenzung - wegen ihres Wertes nicht erfasst sein sollten. Mit andern Worten, ob der Gesetzgeber davon ausging, Pferde würden nicht in die geschützte Kategorie fallen, andernfalls er nicht hätte ausführen können, die Verwertung der von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1a SchKG erfassten unpfändbaren Tiere würde ohnehin kaum zu einem Erlös führen. Ob und inwiefern ein hoher Verkehrswert eines Tieres bei der Auslegung zu berücksichtigen ist, betrifft allerdings primär, wenn nicht gar ausschliesslich, diese betreibungsrechtliche Norm, denn dort stehen den Interessen des Tierhalters die Gläubigerinteressen entgegen, die wiederum in Relation zum Wert des Tieres stehen. Ob dieser Interessenkonflikt allenfalls ein restriktiveres Verständnis von "im häuslichen Bereich" bei Art. 92 Abs. 1 Ziff. 1a SchKG oder womöglich eine spezifisch auf die Bedürfnisse des Betreibungsrechts zugeschnittene, weitere Interpretation des Haltens zu "Vermögenszwecken" rechtfertigen könnte, braucht hier nicht behandelt zu werden - für die zivilrechtlichen Bestimmungen und insbesondere für Art. 42 Abs. 3 und Art. 43 Abs. 1 bis OR ist solches jedenfalls nicht angezeigt.
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3.5. Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass jedenfalls auch ein Pferd, das zwar in einiger Distanz zum Wohnort seines Halters gehalten wird, von seinem Halter oder dessen Familie aber selber gepflegt wird, so wie diese ein im Haus (oder unmittelbar daneben) lebendes Haustier täglich selber versorgen würden, als "im häuslichen Bereich" gehaltenes Tier im Sinne von Art. 42 Abs. 3 und Art. 43 Abs. 1
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Erwägung 4 | |
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdegegner kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. März 2016 wird aufgehoben und die Sache wird zur neuen Beurteilung an das Bezirksgericht Brugg zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.
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3. Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.
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4. Die Sache wird zur Neuverteilung der Gerichtskosten des Berufungsverfahrens an das Obergericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.
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5. Dieses Urteil wird den Parteien, der Konkursmasse im Nachlass B.E.________ und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 19. September 2017
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Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Die Präsidentin: Kiss
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Der Gerichtsschreiber: Lüthi
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